Die Mitglieder haben entschieden: Der VfL Bochum 1848 darf zukünftig seinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgliedern und in eine GmbH & Co KGaA überführen. Auf der in vielerlei Hinsicht historischen Mitgliederversammlung am 7. Oktober 2017 votierte die deutliche Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder für die Pläne seitens der Vereinsführung.
2.708 anwesende Mitglieder stimmten am Ende darüber ab, was einen neuen Teilnehmerrekord für eine VfL-Jahreshauptversammlung bedeutete. Die Jahrhunderthalle, die in Anbetracht zu erwartender Massen extra angemietet worden war, musste in Teilbereichen zur Stehplatzarena umfunktioniert werden. Dennoch verliefen die Diskussionen und Abstimmungen über sämtliche relevanten Tagesordnungspunkte trotz aller Emotionalität weitestgehend sachlich und fair.
Positive Entwicklung, neuer Transferrekord
Aufsichtsrat und Vorstand wurden nach der Präsentation ihrer Berichte mit großer Mehrheit entlastet, die wirtschaftlichen Kennzahlen zeigen weiterhin eine positive Entwicklung. So lag der Gesamtertrag des Vereins mit 33,1 Mio. Euro ca. 0,9 Mio. Euro über dem Niveau der Vorsaison. Der Jahresüberschuss lag mit 2,7 Mio. Euro ca. 0,1 Mio. Euro über dem Überschuss aus der Saison 2015/16. Ein wichtiger Nebeneffekt der positiven wirtschaftlichen Entwicklung ist die Reduktion der Nettofinanzschulden im Geschäftsjahr 2016/17 um ca. 1,4 Mio. Euro auf ca. 3,5 Mio. Euro zum 30.06.2017. Somit konnte der Verein seine Nettofinanzschulden in den letzten drei Jahren in etwa halbieren. Am Ende der laufenden Saison 2017/18 plant der Verein eine weitere Reduktion seiner Nettofinanzschulden. Auch das Eigenkapital ist zum 30.06.2017 erstmalig seit mehreren Jahren wieder positiv.
Nach wie vor hat für den Vorstand die sukzessive Stärkung des Lizenzspieleretats eine besondere Priorität. Der Spieleretat belief sich in der abgelaufenen Saison auf 9,3 Mio. Euro und wird voraussichtlich in der laufenden Saison auf 11,4 Mio. Euro gesteigert.
In der laufenden Saison 2017/18 plant der Verein die Fortschreibung der positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Der Gesamtertrag soll erneut die 30-Millionen-Grenze überschreiten. Der Jahresüberschuss für die Saison 2017/18 soll gemäß der aktuellen Planung ca. 0,37 Mio. Euro betragen, könnte aber z. B. durch weitere Einnahmen im DFB-Pokal noch gesteigert werden.
Die Transfererlöse erreichten in der abgelaufenen Saison 2016/17 mit 6,2 Mio. Euro einen neuen Rekordwert.
Rekord auch bei der Mitgliederzahl: 10.358
Besonders stolz zeigte sich der kaufmännische Vorstand Wilken Engelbracht über den starken Zuwachs der Mitgliederzahl. Die Zahl der VfL-Mitglieder stieg von 5.634 im Jahr 2015 auf 10.358 in diesem Jahr – ein weiterer Vereinsrekord. „Es ist toll zu sehen, dass die Bemühungen und die Kreativität des Vereins belohnt wurden. Das macht deutlich, wie viel Unterstützung und Zuspruch unser Verein im Ruhrgebiet nach wie vor unterhält. Diesen Weg werden wir fortsetzen.“
Ausgliederung: 80,19 % dafür
Die mit Spannung erwartete Abstimmung über die Ausgliederung brachte ein eindeutiges Ergebnis: 80,19 % der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder votierten dafür, 533 dagegen (16 Enthaltungen, eine ungültige Stimme). Hans-Peter Villis, der Aufsichtsratsvorsitzende des VfL Bochum 1848, zeigte sich darüber hoch erfreut: „Ein historischer Tag für den VfL Bochum! Wir haben die Mitglieder mit guten Argumenten und sehr viel Arbeit überzeugt. Wie sich der Verein hier präsentiert hat, verdient Anerkennung und Respekt. Wir danken aber auch denen, die diesen Vorgang kritisch begleitet und ihre Argumente sachlich vorgetragen haben und gehen davon aus, dass sie auch weiterhin dem VfL treu verbunden sind.“
Wilken Engelbracht betonte noch einmal, dass jetzt die eigentliche Arbeit erst beginne: „So sehr uns das Ergebnis auch freut: Noch gibt es keinen oder keine strategischen Partner, die wir sofort präsentieren könnten. Hierzu werden wir in den kommenden Wochen und Monaten viele Gespräche führen.“
und jetzt alle:
SELL YOUR DEMOCRACY !
Tja, auch der Vfl musste sich halt entscheiden. Fußballromantik oder die wirtschaftliche Lücke zu den anderen Teams noch einmal etwas zu schliessen versuchen…
Ich kann die Mitglieder des VfL Bochum zu dieser Entscheidung nur beglückwünschen. Die Mitglieder haben demokratisch entschieden und eine Mehrheit von über 80 % der Stimmen spricht eine mehr als deutliche Sprache.
Die Ausgliederung der Profibateilung in eine Kapitalgesellschaft ist heutzutage aus mehreren gewichtigen Gründen notwendig und geboten. In der 1. Liga haben bereits 15 der 18 Klubs für ihre Profiabteilung eine Kapitalgesellschaft gegründet. Die vom VfL gewählte Rechtsform der GmbH & Co. KGaA ist dabei besonders geeignet.
Die Profiklubs machen heutzutage hohe Millionenumsätze, in der 1. Liga liegt der Umsatz der meisten Klubs bei über 100 Millionen Euro, die beiden Topklubs überschreiten sogar 400 Millionen Euro bzw. 500 Millionen Euro.
Der VfL Bochum erzielt immerhin ein Jahresumsatz in Höhe von 33 Millionen Euro.
Was eingetragene Vereine angeht, muss laut Gesetz ein gemeinnütziger Zweck im Vordergrund stehen, nicht ein Wirtschaftsbetrieb. Deshalb streiten Rechtsexperten schon seit Jahren darüber, ob ein Fußballprofiklub überhaupt noch komplett als e. V. betrieben werden darf.
Viele realisieren auch nicht, dass die Profiabteilung für einen e. V. auch ein Haftungsrisiko darstellt. Durch Bildung einer Kapitalgesellschaft wird der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eingeständig erfasst und der e. V. wird aus der Haftung genommen, der e. V. wird also dadurch vor einer evtl. wirtschaftlichen Schieflage des Profi-Geschäftsbetriebes geschützt.
Eine Kapitalgesellschaft ermöglicht es auch, dass sich strategische Partner zu einem gewissen Prozentsatz finanziell beteiligen.
Das sind aber nur einige der Gründe, die ganz klar für die Ausgliederung des Profibereiches sprechen.
Trotz Ausgliederung hält ja der eingetragene Verein weiter die Mehrheit an der Kapitalgesellschaft und deshalb haben auch die Mitglieder weiter ihre Mitwirkungsmöglichkeiten und wählen zudem ja auch die führenden Köpfe.
Es ist auch falsch, wenn einige befürchten, wenn eine Kapitalgesellschaft gegründet werde, könne dann ein Investor den Klub übernehmen. Denn unabhängig von der derzeit noch geltenden 50 + 1-Regel, müssten ja die Mitglieder des eingetragenen Vereines mit satzungsändernder Mehrheit dem zustimmen. Ohne Zustimmung einer sehr großen Mehrheit der Mitglieder des e. V. wäre also eine Übernahme durch einen Investor gar nicht möglich. Und eine solche Mehrheit der Mitglieder käme bei Traditionsklubs wie dem VfL Bochum niemals zustande.
Der VfL Bochum hat die Weichen für die Zukuft richtig gestellt und schafft die Voraussetzungen dafür, dass der Klub wettbewerbsfähig bleibt. Was man daraus macht, liegt natürlich an der Klubführung.
Dass die Mitgliederversammlung offenbar auch mit unschönen Szenen endete, Gegner der Ausgliederung Böller zündeten usw., ist ein Unding. Die Mitglieder konnten demokratisch abstimmen und zur Demokratie gehört es, dass man Mehrheiten akzeptiert, gerade wenn sie so eindeutig ausgefallen sind wie beim VfL.
Diejenigen, die für diese Auseinandersetzungen sorgten, wären auch die ersten, die bei einem Abrutschen des VfL oder sogar bei einem Abstieg aus der 2. Liga auf die Barrikaden gingen. Der VfL hat die Weichen dafür gestellt, dass der Klub dauerhaft mindestens 2. Liga spielt und sich die Chancen erhält, auch mal wieder erstklassig zu werden, was immer schwieriger wird. Die Mehrheit der Gesellschaft bleibt beim e. V. und die Mitglieder haben weiter Mitwirkungsrechte.