Nennt mich ruhig altmodisch, aber Computerzocker sind für mich einfach keine echten Sportler. Dementsprechend habe ich auch eine gerade erhaltene Pressemeldung des VfL Bochum aus dem Bereich eSports direkt gelöscht.
Ein paar Sekunden später, habe ich sie wieder aus dem virtuellen Papierkorb geholt. Einfach deshalb, weil ich es durchaus spannend finde darüber zu diskutieren.
Wie sieht das unsere sportinteressierte Leserschaft hier? Wenn der VfL Bochum heute meldet ‚Mit einer fulminanten Aufholjagd in der Rückrunde schließt das FIFA eSports-Team des VfL Bochum 1848 die diesjährige VBL Club Championship auf Platz sechs ab. Somit dürfen die Bochumer zwei Spieler –je einer für Playstation 4 und einer auf der Xbox –zum VBL Grand Final am 28. und 29. März 2020 in Köln entsenden.‘ ist das dann für euch eine Sportmeldung?
Ich habe in den 1980er- und 1990er-Jahren selber über Jahre hinweg intensiv Computerspiele gespielt. Ich wäre damals jedoch nie auf die Idee gekommen, zu behaupten, dass ich den schulfreien Nachmittag mit ‚Sport‘ verbracht hätte. Im Gegenteil, meine Eltern und die meiner Freunde waren damals stets bemüht uns zum ‚richtigen Sport‘ einmal an die frische Luft zu locken.
Im Vergleich zu heutigen Zeiten, wo Schule und Uni gefühlt noch mehr Zeit im Leben junger Menschen beanspruchen als früher, dürfte sich das ‚Problem‘ eher noch vergrößert haben. Seit Jahren jedenfalls sehe ich in unserer Siedlung schon keine Kinder und Jugendlichen draußen auf der Straße mehr Fußball oder Rollhockey spielen, so wie wir das damals noch regelmäßig gemacht haben. Fast alle Sportvereine in der Stadt klagen über Nachwuchssorgen.
Ich will gerne einräumen, dass virtuell Fußball zu spielen sicherlich gewisse Geschicke erfordert, die mit dem ‚echten‘ Sport durchaus verwandt sind. Aber dass Bundesligavereine eine separate eSports-Abteilung unterhalten, so wie die Bochumer, das ist für mich dann doch eher ein zusätzliches Geschäftsfeld eines Profiklubs als eine ernstzunehmende Abteilung des Sportvereins VfL.
Nicht grundlos nehmen andere Vereine den eSport bisher nicht in ihr Angebot auf. So weigert sich der BVB seit Jahren den Schwarzgelben eine Abordnung von professionellen Konsolenspielern zu verpassen. Dort ist man offenkundig noch immer der Meinung, dass das dem Profil des Klubs nicht gut zu Gesicht stehen würde.
In Bochum sieht man das seit einiger Zeit anders. Bei einem Verein, bei dem der sportliche Erfolg seit Jahren ausbleibt, kann man das von der Logik her vielleicht auch nachvollziehen. Erfolgsmeldungen aus dem Bereich eSports, so wie die heute verschickte, stehen dem Klub halt grundsätzlich gut zu Gesicht.
Aber ist das dann wirklich ein sportlicher Erfolg? Was meint ihr?
E-"Sport" ist nur dann sinnvoll, wenn er zur Markenbildung beiträgt, insbesondere wenn Jüngere an den Verein gebunden werden.
Ich glaube aber, dass es vor allem ein Zuschuss-Geschäft ist. So wie vor Jahren der Frauenfußball, der ja auch kein eigenes Leben entwickelt hat. Eine Mode. Geht vorüber.
Zitat: "Im Vergleich zu heutigen Zeiten, wo Schule und Uni gefühlt noch mehr Zeit im Leben junger Menschen beanspruchen als früher, dürfte sich das ‚Problem‘ eher noch vergrößert haben."
Heute gehen die diversen Tätigkeiten ineinander über. Ein Freund berichtete mir von seinem Neffen, der zur Zeit fürs Abi lernt. Während der Bursche paukt, schaut er parallel Let's-play-Videos und hört Podcasts.
Gegenwärtig sieht es nicht so aus, als sei E-Sport eine vorübergehende Mode. Im Zuge der allgemein voranschreitenden Digitalisierung ist das ein nur folgerichtiges Phänomen mit viel Luft nach oben.