Viele Innenstädte im Ruhrgebiet sterben – In Waltrop kann man gerade gut erkennen warum!

Es gibt immer mehr Leerstände in der Waltroper Innenstadt. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Viele Innenstädte im Ruhrgebiet machen, wie viele hier aus ihrem eigenen Alltag sicherlich wissen,  gerade eine sehr schwere Zeit durch. Da bildet auch das 30.000-Einwohner Städtchen Waltrop im Kreis Recklinghausen, in dem ich lebe, keine Ausnahme. Immer mehr Leerstand ist auf Seiten der Ladenlokale in der Fußgängerzone zu verzeichnen. In den vergangenen Jahren haben wir uns damit hier im Blog der Ruhrbarone  schon häufiger beschäftigt.

Auch der Wochenmarkt, vor Jahren noch einer der attraktivsten im gesamten Ruhrgebiet, schlittert derzeit in eine deutlich erkennbare Krise. Viele Markthändler sind in den vergangenen Jahren ersatzlos verschwunden. Gründe dafür gibt es sicherlich viele. Das geht von der Konkurrenz der Lebensmittel-Discounter bis hin zu den vergleichsweise unattraktiven Arbeitszeiten und Verdienstmöglichkeiten der Marktbeschicker.

Wer kürzlich neu hinzukam, war (sowohl auf der Seite der Geschäfte als auch auf der der Markthändler) im Vergleich zum Angebot der Vorgänger, häufig  nur  von minderer Attraktivität bzw. Klasse (Stichwort 1-Euro-Shop).

Die generelle Abwärtsbewegung wurde im Laufe der vergangenen Jahre von immer mehr Zeitgenossen beobachtet, und soll nun offenbar auch (endlich) von der Lokalpolitik entschlossen bekämpft werden. Doch das scheint komplizierter als gedacht, denn erhebliche Widerstände tun sich dabei auch von unerwarteter Seit auf: den Händlern selber.

Viele Fußgängerzonen im Ruhrgebiet kämpfen inzwischen um ihre Daseinsberechtigung. Auch in Waltrop wurde schon vor Jahren darüber diskutiert, zumindest einen Teil von ihr wieder für den Autoverkehr freizugeben, schlicht weil an den ‚äußeren Rändern‘ nichts mehr los ist, kaum noch attraktive Geschäfte beheimatet sind.

Der Wochenmarkt, der in Waltrop traditionell immer mittwochs und samstags stattfindet und auf der auf dem im Volksmund nach ihm benannten ‚Marktplatz‘ neben der Stadthalle beheimatet ist, schrumpft zusehends. Auch schon in der Zeit vor Corona. Ein Trend, der unumkehrbar zu sein scheint.

Da der Wochenmarkt die verkehrsgünstig gelegenen Parkplätze auf dem ‚Marktplatz‘ blockiert, wenn er stattfindet, kamen findige Leute schon vor Jahren auf die Idee, den Wochenmarkt doch vielleicht besser zukünftig in die Fußgängerzone zu verlegen. Dies hätte den großen Vorteil, dass die Parksituation in der Innenstadt ohne viel Aufwand deutlich verbessert werden könnte, und zugleich mehr Leben in die inzwischen vom Aussterben bedrohte Fußgängerzone zurückkehren würde.

Doch dagegen wehrten sich vor Jahren noch die verbliebenen Pächter der Ladenlokale in der Fußgängerzone. Diese befürchteten, dass die in der Fußgängerzone untergebrachten Markthändler in den zur Diskussion stehenden Stunden die Sicht auf ihre Schaufenster und die Eingänge zu den Geschäften erheblich zustellen würden und sie damit Kundschaft kosten könnten.

Jetzt, wo die Zahl der Geschäftsinhaber noch weiter zurückgegangen ist, und von den verbliebenen immer mehr die existentielle Gefahr erkannt zu haben scheinen, kommt der Widerstand plötzlich von der anderen Seite.

Ein neuerlicher Vorstoß von Teilen der Lokalpolitik und des örtlichen Stadtmarketings, den Wochenmarkt dauerhaft in die Fußgängerzone zu verlegen, sieht sich mit erheblichen Bedenken der Markthändler konfrontiert.

Diese wehren sich zum Teil mit erschreckend kurzsichtigen Argumenten gegen eine Verlegung des Martes in die Fußgängerzone. So weiß die Lokalzeitung aktuell davon zu berichten, dass einige abstruse Argumente von Händlern und deren Kunden vorgebracht werden. Diese gehen tatsächlich von einem längeren Fußweg bis zur nächstgelegenen Bushaltestelle, einer schlechteren Zugänglichkeit der öffentlichen Toiletten, über fehlende Stromanschlüsse, einem veränderten Charakter des Marktes, bis hin zu der Befürchtung, dass die Stammkundschaft bei einem neuen Standort nicht den Weg zu ihren vertrauten Händlern finden könnte. In Summe nichts, was sich nicht zumindest innerhalb weniger Tage bis Wochen lösen ließe. Geradezu grotesk ist aus meiner Sicht die Befürchtung, dass es für die Händler dort in den Wintermonaten durch die ‚Häuserschluchten‘ kälter sei, als auf dem offenen (und zugigen 😉 ) Marktplatz. Eine irre Diskussion, wie ich finde!

Da fragt man sich als an der grundsätzlichen Stadtentwicklung interessierter Bürger ja schon, wie kurzsichtig und egoistisch manche Menschen denn eigentlich sind.

Denn, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann bzw. sollte, darüber sind sich eigentlich alle einig. Denn eine grundsätzliche Trendwende der in den vergangenen Jahren zu beklagenden Entwicklung ist weder bei den Ladenlokalen noch bei den Markthändlern zu erwarten. Beide Angebotsformen befinden sich in einem harten Verdrängungswettbewerb. Die Anzahl der Händler dürfte sich in den kommenden Jahren beiderseits zweifelsohne noch weiter reduzieren.

Es kann daher nur im Interesse aller sein, die verbliebenen Kräfte der Händler zu bündeln, um die sterbende Innenstadt im Sinne aller wieder attraktiver zu machen und die Fußgängerzone so häufig wie möglich mit mehr Leben zu füllen. Diese irrwitzigen Detaildebatten sind nur kontraproduktiv und beschleunigen den Niedergang der Region!

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