Vom Mullah-Regime in den Tod getrieben: Iranischer Journalist nimmt sich das Leben

Kianush Sanjari 2009 Foto: پژمان – آرشیو پژمان Lizenz: CC BY-SA 3.0

Im Iran sorgte der per Tweet angekündigte Freitod eines inhaftierten Journalisten als Protest gegen die Mullah-Diktatur für großes Aufsehen. Von unserem Gastautor Thomas von der Osten-Sacken.

Mit diesem Tweet verabschiedete sich der iranische Journalist und Menschenrechtsaktivist Kianoosh Sanjari von dieser

Welt und seinen Million Followern:


Kianoosh Sanjari

»Mein Leben wird nach diesem Tweet enden, aber vergessen wir nicht, dass wir für die Liebe zum Leben sterben und nicht für den Tod. (…) Protest ist das Recht jedes iranischen Bürgers.«

Sanjari hatte zuvor gedroht diesen Schritt zu gehen: Sollten die politischen Gefangenen Fatemeh Sepehri, Nasrin Shakarami, Toomaj Salehi und Arsham Rezaei, die während Protesten gegen die Ermordung von Mahsa Amini festgenommen wurden, nicht bis zum 13. November freigelassen werden, »werde ich meinem Leben aus Protest gegen die Diktatur von Khamenei und seinen Verbündeten ein Ende setzen. Vielleicht dient es als Erwachen! Lange lebe der Iran.«

Die Gefangenen wurden nicht enthaftet, und so zog Sanjari die Konsequenz: »Versprechen müssen eingehalten werden. Niemand sollte für die Äußerung seiner Überzeugungen inhaftiert werden. Protest ist das Recht jedes iranischen Bürgers.«

In Psychiatrie gesperrt

Im Iran sorgte dieser Selbstmord für großes Aufsehen, der Tweet wurde tausendfach geteilt und Sanjari als Held von allen gefeiert, die sich ein Ende der Mullah-Diktatur herbeisehnen. Wie kaum ein anderer verkörperte er Widerstand gegen das Regime und Dissidenz, wofür er immer wieder lange Haftstrafen und auch die Einweisung in eine psychiatrische Klinik in Kauf nahm.

Kianoosh Sanjari wurde zwischen 1999 und 2007 wegen seines prodemokratischen und menschenrechtlichen Engagements wiederholt von den iranischen Behörden festgenommen und inhaftiert. 2007 floh er aus dem Iran und erhielt mit Unterstützung von Amnesty International Asyl in Norwegen.

Im Ausland setzte er seine Menschenrechtsaktivitäten fort und arbeitete mit der NGO Abdorrahman Boroumand Foundation und dem Iran Human Rights Documentation Centre zusammen, bevor er für den persischen Dienst des US-Senders Voice of America in Washington arbeitete.

Im Jahr 2016 kehrte Sanjari in den Iran zurück, »um bei seinen Eltern zu sein, und wurde festgenommen und zu elf Jahren Haft im Evin-Gefängnis in Teheran verurteilt, wo oft politische Gefangene festgehalten werden. 2019 wurde er aus medizinischen Gründen gegen Kaution freigelassen und anschließend in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.«

In einer der vielen Reaktionen auf die Nachricht von seinem Selbstmord schrieb die iranische Menschenrechtsaktivistin Honey Khajeh Pour: »Khameneis islamisches Regime hat einem weiteren mutigen jungen Mann das Leben genommen. Kianoosh, der Iran wird dich für immer und ewig in Erinnerung behalten.« Dem ist nichts hinzuzufügen, außer, dass dieses Regime möglichst bald im Mülleimer der Geschichte verschwinden möge.

Der Text erschien in einer ähnlichen Version bereits auf Mena-Watch.

 

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