Vom Sozialismus beseelt…

Die Sozialistische Linke ist eine der wichtigsten Strömungen innerhalb der Linkspartei. Unser Gastautor Detlef Obens besuchte eines ihrer Seminare – und trat aus der Partei aus.

Im Sommer 2008 veranstaltete die Sozialistische-Linke ein 3-tägiges politisches Seminar mit diversen Workshops und dergleichen in Bielefeld-Sennestadt. Ein DGB-Heim. Sinnigerweise wird es gern genannt von der DGB-Funktionärin Ulrike Zerhau, Linke-Bundesvorstand und-oh Wunder-SL-Mitglied. Ich nahm teil. Die Partei zahlte mir das. Voller Erwartung reiste ich an. Erster Eindruck: die Strom-Oberen wurden im Haupthaus in guten Hotelzimmern untergebracht. Die Strömlinge kamen in ein viertklässiges Waldhaus, ca 1.5.km entfernt vom eigentlichen Veranstaltungshaus.

Das Haus vermittelte den Charme der 70-Jahre-Jugendherbergen. So richtig was für uns Sozialisten, Kommunisten und Weltverbesser! Ich bekam immerhin ein Einbettzimmer, ohne Waschbecken, ohne alles, aber mit Bett und einem Stuhl.Den Reiz eines 6-Bett-Zimmers habe ich nicht kennen lernen dürfen. Geeignet für politische Exerzitien–wenn man es denn mag!–!Das Angebot an politischen Diskussionen, Runden, Workshops usw. war relativ groß. Gemessen an der Anzahl der Veranstaltung. Gemessen am Inhalt und der Botschaft allerdings, eher sehr begrenzt.Ich war auf einer Veranstaltung in der es um einen Reisebericht über den sozialistischen Bruderstaat Venezuela ging und seines Häuptlings Chavez. Vieles hörte ich, welche Wohltaten diese politische Lichtgestalt, also Chavez, für sein Land, dessen Menschen und den internationalen Sozialismus tut. Ich war beeindruckt! Ich hatte ihn vorher anders wahrgenommen.

Sollte ich mich geirrt haben? Hatte er sich nicht des öfteren mit Ahmadinedschad, dem Iraner, getroffen? Waren beide Staatsmänner nicht überein gekommen, das der böse Imperialist USA mit seinen westlichen neoliberalen Verbündeten, schlecht für den Weltfrieden ist? Na ja, vielleicht verstehe ich das ja auch nicht. Aber nach dieser SL-Veranstaltung verstand ich irgendwie gar nix mehr und nahm an keiner weiteren mehr teil. Der Eindruck, der sich mir bot, war der eines indischen Ashrams. Beglückte Sozialisten, wohin mein Auge blickte. Und: Studenten überall!! Nichts gegen Studenten und das, was aus ihnen wird, aber bin ich nicht Mitglied einer Partei geworden, die den “kleinen Mann” auf der Strasse vertreten will? Die Hartz-4 und Ungerechtigkeiten der Agenda 2010 bekämpft? Hab aber keinen “kleinen Mann” getroffen, auch keine “kleine Frau”! Nur scheinbar vom Sozialismus beseelte mehr oder weniger wichtige Strömungsanhänger. Nach drei Tagen wars vorbei. Ich habe viel gelernt. Nämlich: ich tauge für keine Strömung! Und Strömungen taugen nicht für praktische
Politik! Und irgendwie bin ich auch kein Kommunist!

Dies ist ein sehr persönlicher Bericht. Manche werden ihn nicht teilen. Brauchen sie auch nicht. Links zu sein, heisst mittlerweile für mich, leben ohne Parteibuch der Partei DIE.LINKE oder der SPD. Ohne Parteistrukturen lebt es sich übrigens recht gut! Nebenbei: der SL trat ich bei, weil auch ich damals gewisse Ambitionen hatte und einsehen musste, das es als Neutraler nix werden kann in dieser Partei! Ich wurde es nicht aus Überzeugung. Aus Überzeugung verliess ich aber die SL! Und irgendwie vermag ich die linken Strömungen auch Heute nicht erklären zu können!

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
9 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Simone
Simone
15 Jahre zuvor

Ist schon irgendwie nicht der beste Anfang, mit Ambitionen (welche übrigens: Global politische?? oder Politkarriere??) aber ohne Überzeugung einer Partei beizutreten.
Tipp: So am Besten gar nicht erst eintreten, man spart sich das Austreten.

viktor baku
viktor baku
15 Jahre zuvor

das ist quark, da steckt nichts drin. ein bett, ein stuhl, chavez und lauter studenten – das ist alles, was nach 3 tagen seminar an argumenten gegen die veranstaltung zusammengekommen ist? ich glaube gern, dass das dort mist war. und das warum hat mich ernsthaft interessiert. aber wenn ich faktenfreie blindflüge lesen will, les ich hendryk broder. dazu komm ich nicht zu den ruhrbaronen.

nebenbei: hugo chavez hat tatsächlich einiges für die ärmeren schichten in venezuela erreicht – mehr als alle präsidenten dort vor ihm. und ja, er ist gleichzeitig ein autoritärer herrscher, der oft redet wie ein vollidiot und seine familie reichlich mitbedenkt. und nein, die usa sind wirklich nicht prinzipiell ein garant für den weltfrieden. und ja, ahmdinedschad ist tatsächlich das letzte. aber, warum soll man sich mit ihm deshalb nicht treffen? was erzähl ich … alles viel zu kompliziert für Detlef Obens: bett, stuhl, studenten. fertig. so einfach ist die welt.

Engbert, Ingo
Engbert, Ingo
15 Jahre zuvor

Eine Welt ist immer so einfach wie sie von einem Leser verstanden werden möchte. Ein Obens gibt in seinem Bericht seine selbst gemachten Erfahrungen über ein von ihm besuchtes Meeting wieder. Das ist sein gutes Recht, das sind seine Empfindungen. Dieses als Quark abzukanzeln zeugt schon von einer gewissen Überheblichkeit. Ich für meine Person freue mich, dass es Obens gelungen ist sich einer versuchten Gehirnwäsche zu entziehen und gratuliere für die von ihm gezeigte Stärke. Wenn denn eine Person auf seinen Reisen andere Erfahrungen mit bestimmten Ländern gesammelt hat, ist es immer erfrischend davon zu hören.

https://www.hlsa.de/DLWAF/wordpress/?

Burkard Schulte-Vogelheim
Burkard Schulte-Vogelheim
15 Jahre zuvor

„Ein kleiner Mann von der Straße“, der „irgendwie links“ ist und Seinesgleichen beim Workshop vermißt. Stattdessen, „Kommunisten, Sozialisten und Weltverbesserer“, die drei volle Tage nichts zu tun haben als die Wohltaten des nationalen Sozialisten Chavez zu preisen. Nun, das war der falsche Verein. Wie wäre es, beim Pfarrer des eigenen Stadtteils anzufragen, ob in der Gemeinde nicht eine Aufgabe für den guten Menschen vorhanden ist?

Kai
Kai
15 Jahre zuvor

Der erste Absatz verspricht zuviel kann mich Kommentar 2 nur anschließen.
Schön, dass Detlef ein pragmatischer Mensch von der Straße geblieben ist. Sich ein 3 tägiges Seminar bezahlen zu lassen und dann über das fehlende Waschbecken zu meckern und nebenbei noch abfällig Bemerkungen über Indogene fallen zu lassen (bei aller Kritik an Hugo Chavez)..
Check-In, Zimmer, Venezuela Vortrag, Zimmer, Check-Out? Was ist eigentlich an den restlichen 2,9 Tagen passiert?

aus der Wüste rufe ich
aus der Wüste rufe ich
15 Jahre zuvor

@aus der Wüste rufe ich: Ich hab das hier gelöscht weil ich es unpassend fand. Wer beleidigt fliegt. Stefan Laurin
@ Burkard Schulte-Vogelheim
[Zitat]
?Ein kleiner Mann von der Straße?, der ?irgendwie links? ist und Seinesgleichen beim Workshop vermißt.[Ende]

Was hast du dagegen? Und bringst dann den Pfarrer… . Schon ein wenig ein Armutszeugnis, auf Obens loszugehen, weil er die Hierarchie in der Partei beklagt.
Schau sie dir doch an: Irgendwie sind die Führer schneller zu Grosskopferten geworden, als es seinerzeit bei den GRÜNEN geschehen ist.
Und du kannst doch nicht leugnen, dass die Maxime der WASG „HARTZ IV muss weg“ nur noch ein Lippenbekenntnis ist. Der sogenannte ‚Generalstreik‘ zur Durchsetzung der Ziele wurde nicht einmal im Programm angeschnitten. Ich beklage, dass die Landesliste – fast wie in der CDU – besetzt ist mit mittelklassigen Verdi-Leuten und leider, wie üblich, mit Schulmeistern, ohne diesem Berufsstand zu nahe treten zu wollen.
Ein Helmut Laakmann, Arbeiterführer und Mann an der Basis, wird bei einem Listenplatz in der Nähe von 40 angesiedelt. Wenn man von solchen Dingen hört, kann einem nur der Begriff der Korruption einfallen. Und verblendete und gekaufte Genossen, denen man zuvor ins Gehirn gesch….hat.
Vor Monaten beklagte sich eine mittlerweile SL-MdB Lilo I. Remmers noch über das Missverhältnis zugunsten der AKL, und heute marschieren die beiden Führer in gleichem Schritt und Tritt, ein farbloser Zimmermann, bei dem mir immer der ‚Zimmermähn‘ des Kölner Karnevals einfällt, diese traurige Figur; und eine B.Beuermann, die die Schwabedissen ersetzt, die zuvor von SL-Remmers – schön im Video zu sehen – hinsichtlich Verzicht verbal bearbeitet wurde.
Ein gewisser gleichermassen pikanter Analogismus drängt sich auf: Die SED-Führung und das untergeordnete Fussvolk. Und es kann schon sein, wenn Oskar bedauerlicherweise ausfallen sollte oder er endgültig die „Schnauze voll“ hat (die SL verteilt bereits das Fell des Bären), dass die Partei bald wieder PDS heist. Die Kader-connections wurden nie aufgelöst und der Partei-STASI funktioniert immer noch. Die ehrlichen Leute der WASG sind bis auf wenige Reste bereits raus-gemobbt.
Nee-nee, das sind keine üblen Visionen – das sind gemachte Erfahrungen.
Und das ist DIE LINKE ! Schade drum.

Dennis
Dennis
15 Jahre zuvor

Man darf auch ruhig mal anerkennen dass die PDL ihre Strömungen in ihrer Satzung ordnet und reglementiert – während z.B. meine GRÜNEN dies nicht tun, behaupten die Strömungen würden keine Rolle spielen, und sich zu 50% in Grabenkämpfen aufreiben.
Parteiorganisierte Strukturen für Strömungszusammenschlüsse, täten einer Partei die eigenen Mitgliedern mit der Polizei droht wenn diese auf der „falschen“ Strömungsveranstaltung erscheinen, sehr gut!

Ansonsten könnt man sich auch das STASI Gebrabbel sparen. Die PDL NRW ist in der Spitze ganz offensichtlich nach wie vor die WASG NRW. Rausgemobbt, sehr oft auf Basisebene, wurde die PDS.

Burkard Schulte-Vogelheim
Burkard Schulte-Vogelheim
15 Jahre zuvor

Ich glaube, da ist der LINKEN was erspart geblieben. Ansonsten, ob der Kollege Laakmann erfreut ist, zum „Arbeiterführer“ befördert zu werden, damit gleichgesetzt zu werden mit einem ganz besonders traurigen Exemplar dieser Gattung, das wage ich stark anzuzweifeln.

Kurz und knapp: Die LINKE kommt in den Landtag, das mögen die einen bedauern, andere sich falsche Hoffnungen machen und einige erfreut zur Kenntnis nehmen und dann stellt sich alles heraus.

trackback

[…] und ich muss dann sagen: Hier treffen sich gleichgesinnte, denn wie Gehirnwäsche sehen auch die „Seminare“ der SL z.B. in Sennestadt aus. Auch in den vielen Parteiausschlussverfahren und Schreiben der […]

Werbung