Christian Lindner hatte jüngst betont, die Klimadiskussion dürfe nicht zu einem Schnitzelverbot führen. Zugegeben, dem FDP Vorsitzenden gelingt es zuletzt selten, seine rhetorische Brillanz auf die Straße (oder in die Schlagzeilen) zu bringen. Lindners Formulierungen sind ausgesprochen unscharf gewählt und umfassen die aktuelle Diskussion unzureichend.
Es ist zwingend notwendig und höchste Zeit, dass wir über einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen sprechen. Mit welcher Leichtigkeit aber Menschen erklärt wird, was sie alles nicht brauchen (Ein Zeitmangel, um den Kaffee im Lokal zu trinken? Wieso? Fliegen? Weshalb? Ein Auto? Wieso? Mobilität? Warum?), das ist vorsichtig formuliert krank.
Freiheit heißt nicht, dass man blind verschwenden soll und verantwortliches Handeln darf gerne stärker betont werden. Mehr noch, es sollte das Leitbild einer aufgeklärten Gesellschaft sein. Aber Menschen zu erklären, was sie alles nicht brauchen, endet in einer antiliberalen, restriktiven Gesellschaft, in der zumindest jemand wie ich nicht leben will und werde.
Es ist beeindruckend, welche perverse Befriedigung manche Menschen darin finden, anderen Vorschriften machen zu wollen. Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass es den Deutschen wichtiger ist, dass es anderen auch schlecht geht und Menschen gezwungen werden, den eigenen Lebensstil zu teilen, als daran zu arbeiten, die eigene Situation zu verbessern. Wer gesellschaftspolitische Verantwortung übernehmen will, muss Antworten auf die Ängste der Bürgerinnen und Bürger finden, ohne selbige Ängste im Handstreich zu bedeutungsloser Litanei zu verklären. Jedes gegenteilige Verhalten birgt unverantwortlichen sozialen Sprengstoff und treibt Wählerinnen und Wähler in die Fänge von Populisten.
Langfristig haben Freiheit und Fortschritt immer gesiegt. Die Frage ist jetzt, ob Deutschland dabei mitgewinnen oder alleine verlieren will.
Ich hänge nicht am Kohlestrom, an bezahlbarer Energie hingegen schon. Nicht am Verbrennerfahrzeug, sehr wohl aber an individueller Mobilität. Nicht am Kerosinflugzeug, aber daran die Welt entdecken zu können, ohne dafür ein Leben lang zu sparen. Nicht an Massentierhaltung, aber am Recht darauf, meine Ernährung selbst zu wählen.
Dafür wird es Lösungen geben. Wenn die Rhetorik in diesem Land bleibt, wie sie aktuell ist, werden das aber keine deutschen Lösungen sein. Wir werden niemanden davon überzeugen, eine Welt zu retten, die man weder sehen noch erleben kann.
Deutschland hat einen riesigen Gestaltungsspielraum. Nicht durch eine CO2 Steuer, sondern durch Einfluss. Deutschland und vielmehr noch Europa kann mit einer Vision und mit Technologie vorweg gehen, mit der sich weltweit echte Effekte erzielen lassen. China, Indien und Brasilien werden diese Vision nicht liefern können. Elektrische Antriebskonzepte für Flugzeug, neuartige Reaktoren (bei denen eine Kernschmelze aus physikalischen Gründen nicht möglich ist), leichtere und effizientere Batterietechnologien, in Europa arbeiten zahlreiche Unternehmen an innovativen Lösungen, die CO2 Einsparungen ohne Verbote und unüberschaubare Kostenexplosionen erlauben.
Deutschlands 2,3%(!) am weltweiten CO2 Ausstoß auf 1,x zu reduzieren, wird durch die massiven weltweiten Zunahme beim CO2 Ausstoß zur völligen Makulatur. Um das in Zahlen zu fassen:
Für das Jahr 2018 lag der CO2 Ausstoß Chinas bei ~11 Mrd. Tonnen (Quellen unten) bei einer Steigerungsrate von 2-3%. Hörte Deutschland morgen auf zu existieren, so dauerte es gerade 3 (!) Jahre, bis alleine die Zunahme an chinesischem CO2 den Wegfall von Deutschlands CO2-Ausstoß kompensierte.
Noch drastischer sind die Zahlen, wenn man den weltweiten Gesamtausstoß an CO2 betrachtet. Fiele Deutschland per sofort aus der Gesamtbilanz heraus, so dauerte es nur bis ungefähr zum 29 März 2020, bis alleine die weltweite Zunahme an CO2 Emissionen dafür gesorgt hätte, dass der Wegfall Deutschlands klimabilanziell egalisiert wäre. Hier sei erwähnt, dass der CO2 Ausstoß Deutschlands seit Jahren sinkt.
Deutschland wird nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können, wenn es weltweit Gehör findet, ohne neue Probleme und Verzicht zu präsentieren. Andernfalls wird Deutschland in wenigen Jahren zur technologischen Randnotiz der Geschichte, dann aber mit einem Anteil am weltweiten CO2 Ausstoß von deutlich unter 1%.
Quellen:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_carbon_dioxide_emissions
http://www.stats.gov.cn/english/pressrelease/201902/t20190228_1651335.html
https://www.infosperber.ch/Medien/Unstatistik-Chinas-CO2-Ausstoss-ist-grosser-als-Liechtensteins
Auch durch das stetige Wiederholen schlechter Argumente, werden diese nicht besser.
Sind die Ruhrbarone eigentlich inzwischen das offizielle Jungliberalen-Medium?
Für eine Blockwartmentalität braucht es keine bestimmte politische Ausrichtung.
Für eine Selbstaufwertung durch Fremdabwertung braucht es keine bestimmte politische Ausrichtung.
Für ein phantasieloses Junktim zwischen Ursache und Wirkung braucht es keine bestimmte politische Ausrichtung.
Was es dafür braucht ist der Wunsch etwas Großem, das größer ist als man selbst ist, anzugehören. Umweltpolitik ist darum regelmäßig auch nur Erbauungsprosa, die oft Nostalgie mit Ökologie und Borniertheit mit Progressivität verwechselt. Dergleichen kennt jede Weltanschauung.
@nazienkel: Wir waren immer Teil der neoliberalen Weltverschwörung und werden erst ruhen, wenn der letzte Wal zu Wurst wurde!
Wie denkt der Autor eigentlich, wie Deutschland "weltweit Gehör" finden könnte, ohne mit innovativer nationaler Gesetzgebung voranzugehen?
Wasser predigen und Wein saufen – diese Fähigkeit wurde ja schon zur Genüge präsentiert.
Der Autor denkt, dass Lösungen attraktiver sind, als Gesetze und das Versprechen auf Freiheit und Wohlstand die stärkste Triebfeder der Menschheit ist und war. Es klingt verrückt, aber tatsächlich möchten auch Liberale den CO2 Ausstoß massiv reduzieren. Noch verrückter ist, dass die Grünen nicht die Einzigen sind, die darüber nachdenken.
Davon ab, ja. Wir sind von der NWO zur L-NWO (für liberal) gewechselt.
AWWG!
(Alles wird zu Wurst gepresst)
Daniel Bleich, das NWO-Geschwalle mag im angemessenen Kontext lustig sein, mache ich auch gern,ist aber angesichts des repetierten Unsinns von "grünen Klimanationalisten" und offenbaren Fehlens weiterer Argumente wohl unter "Faxen machen" und Umdrehung einzuordnen.
Unter Euren Artikeln tobt sich im Zwischennetz übrigens eine "Greta"-hassende Schar aus, mit einem wording, wichteligen Verschwörungsmythen und einer vorgetragenen Frauenfeindlichkeit, dass es einen nur so gruselt.
Wer gesetzliche Regelungen zu (natürlich stets bösen) "Verboten" redet, von "Klimanationalismus" und Schnitzelpolizei schwadroniert, dem könnte allerdings der Aluhut etwas zu fest sitzen.
Einmal mehr zeigt Herr Laurin (#3), dass er nicht auf der Höhe der Zeit ist. Zufällig sah ich gestern die Sendung Quer des CSU-Mitgliedes C. Süß, der über einen Veggieburger berichtete, der bei LIDL butz ausverkauft war. Noch wichtiger: der Börsenkurs dieser Firma sei durch die Decke geschossen. In wenigen Jahren werden in den Fußgängerzonen mümmelnde Greise umherstreifen und von der uptodaten Bevölkerung bestenfalls mit stiller Missbilligung zur Kenntnis genommen werden, wenn sie an der Fensterausgabe des letzten MCDoofs um einen Fleischklops anstehen müssen. Und wehe er wirft dann seine Kippe auf die Straße. Kicher.
@thomad weigle: HartIV, der erste Kriegseinsatz nach dem zweiten Weltkrieg, Liberalisierung der Banken – das alles haben die Grünen 1998-2005 mitverantwortet. Was freue ich mich schon jetzt über die enttäuschten Gesichter der Grünwähler, wenn die wieder an der Regierung sind 😀
@ Stefan Laurin Deswegen bin ich bereits 1999 bei denen ausgetreten. Wobei ich beim Jugoslawienkrieg der Meinung bin, dass man spätestens 95 nach Sebrenica und dem Fiasko mit den NL-Blauhelme hätte eingreifen müssen. Das Du den Grünen jetzt einen Kriegseinsatz vorwirfst, wundert mich ein wenig, denn in einem meiner ersten Kontakte mit Dir um Ostern 14 ging es um den Abzug der BW aus Afghanistan, in dem Du meiner Erinnerung nach den BW-Einsatz gerechtfertigt hast-im Gegensatz zu mir. Was H4 angeht, da hast Du doch hier meiner Erinnerung immer die Agenda 2010 verteidigt. Warum also jetzt der Vorwurf an die Grünen? Seltsam, seltsam.
Aber das kann doch nicht heißen, dass alles was die Grünen vorschlagen, Mist ist. Im übrigen scheint mir, dass es nicht die Grünen alleine sind, die gute und richtige Vorschläge in Sachen Umwelt machen. Das Rauchverbot bspw ist in Bayern von einer Mehrheit der abstimmenden Bürger gewollt worden, v.a. andere Länder waren da längst am Ball, weitgehend ohne Grüne, uswusf.
In der von mir oben erwähnten Sendung hat sich sogar Herr Dobrindt durchaus beweglich gezeigt.
Wenn Du den FGrünen ihre Fehler vorwirfst, was machst Du dann erst in Sachen FDP und CDU, von der SPD brauch ich wohl nicht zu reden? Die Verkehrspolitik ist ein einziges Trauerspiel, Wohnungsbau, Schulpolitik bundesweit. BER und Stuttgart 21 uswusf.
Ich fuhr im Oktober 88 mit dem Swisspass eine Woche mit der Bahn durch die Schweiz. Damals wurde dort ganz intensiv über die NEAT diskutiert, über die Basic am Gotthardt und Ausbau Lötschberg.,heute unter Verkehr, tw. vorfristig und im vorgegebenen Finanzrahmen. In jener Oktoberwoche hörte ich zum ersten Mal vom Eisernen Rhein, der in der Schweiz als unbedingt notwendige Fortsetzung der NEAT angesehen wurde. Nur damit könne die NEAT wirklich 100%ig ihren Nutzen erfüllen: die Reduktion des Transit-LKW-Verkehrs NordSüd und retour auf 650.000 Fahrzeuge pro Jahr. Im Jahre 94 meiner Erinnerung nach bekam diese Reduktion durch eine Volksabstimmung sogar Verfassungsrang. Und sie sind auf dem Weg dahin, jetzt auch ohne den Eisernen Rhein.
Diese Fehlentwicklung, die Millionen Menschen und die Umwelt schädigt, haben am aller wenigsten die Grünen zu verantworten, das ist ein hochproblematische Versäumnis von GelbRotSchwarzen Neben vielen anderen Versäumnissen und Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte selbstverständlich.
Etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit den Grünen hier, fände ich gut.
Mir sind die ganzen Diskussionen viel zu engstirnig.
Im ersten Schritt müssen Ziele definiert werden. Das wurde mit dem CO2 Ausstoß Reduktionen gemacht. Jetzt gilt es diese Ziele zu erreichen.
Dass Deutschland dabei die Erde nicht retten wird, sollte klar sein. Blöd ist doch nur, dass die meisten Menschen gerne "Planetenretter des Monats" werden würden, aber nicht dementsprechend handeln und stattdessen lieber die Industrie belasten würden.
Keine Anstrengung und Planetenretter. Wie großartig.
Natürlich kann CO2 besteuert werden, wenn man es reduzieren will. Es gibt ja auch viele andere Steuern, die definitiv nicht nachvollziehbar sind. Der größte Witz ist doch der Soli-Zuschlag, bei dem es die Politik nicht schafft, ihn einfach im Steuersatz einzuberechnen, wenn man ihn nicht streichen will. Das MWSt Durcheinander mit versch. Sätzen ist auch nicht logisch nachvollziehbar.
Ein anderer Punkt ist, dass die Bevölkerung aufgeklärt werden muss, welches Handeln/Konsumieren zu welchem CO2 Verbrauch führen. Natürlich muss ich keinen Matschburger aus Fleisch essen, wenn ich den Geschmack und die Nährstoffe auch anders erhalten kann.
Wir sind grün, haben Tierschutz im Grundgesetz, aber irgendein Gericht meint wirklich, dass man Küken weiterhin schreddern dürfen soll. Nachvollziehbar ist das für mich nicht.
Die Welt ist einfach durch und durch Widersprüchlich. Auch kann ich einen Großteil der ökologischen Strategien inhaltlich nicht nachvollziehen. Insbesondere die Subventionen für E-Autos von Spitzenverdienern ist für mich eine soziale Katastrophe, die ähnlich dem EEG ist.
Fangt endlich bei euch selber an, CO2 zu sparen und das ökologische Profil zu reduzieren, statt nur immer anderen irgendein Handeln verbieten zu wollen.
Wie sieht es bspw. mit der Haustierhaltung aus. Braucht man die. Allein die Tiernahrung in Deutschland (ohne Prozente) verursacht wahrscheinlich mehr CO2 als so manches Land.