Es tut mir leid, aber die Pressemitteilung habe ich übersehen. Offenbar haben sich die Mercator-Stiftung und die Universität Duisburg-Essen zusammen getan, um Südeuropa den Todesstoß zu geben:
Vorbild Ruhrgebiet: Wissenschaftler suchen Lösungen für Strukturwandel in Südeuropa
Das Ruhrgebiet hat den Strukturwandel hinter sich, vielen Regionen Südeuropas steht er noch bevor. Was Griechenland, Zypern, Portugal und Süditalien dabei von der Metropole Ruhr lernen können, untersuchen Finanzwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen. Die Stiftung Mercator fördert das Projekt in den nächsten zwölf Monaten mit knapp 42.000 Euro.
Die Forscher sehen zahlreiche Parallelen zwischen dem Ruhrgebiet und den europäischen Schuldenstaaten, etwa bei der hohen Arbeitslosigkeit durch den raschen Wandel. Außerdem habe die Region Erfahrung damit, sich neu aufzustellen, etwa durch den Ausbau der Universitäten.
Forscher, die meinen, das Ruhrgebiet hätte Arbeitsplätze wegen des „raschen Wandels“ verloren, sollten sich einmal dieses Spiegel Interview aus dem Jahr 1964 durchlesen:
„Infolge der vielfach ungünstigen Struktur besteht die Gefahr, daß das Ruhrgebiet auf die Dauer den Anschluß an die allgemeine Wohlstandsentwicklung verliert und damit ein Schrumpfungsprozeß eingeleitet wird, der für das gesamte Land Nordrhein-Westfalen bedrohlich werden kann.“
Nein, Geschwindigkeit war noch nie das Problem des Ruhrgebiets. Döselige Ruhrgebietsforscher schon eher.
Und sollten sich Politiker aus Südeuropa ernsthaft das Ruhrgebiet zum Vorbild nehmen, um aus der Krise herauszukommen, sollten sie mit vier Jahren Ückendorf ohne Bewährung bestraft werden.
Oft genug aber wohnen die Professoren nicht im Ruhrgebiet, wo sie ihren Job machen, sondern ziehen aufs Land. Aus dieser Perspektive ist es eigentlich ganz gut im Ruhrgebiet. Sie haben einen guten Job und gehen gelegentlich in die Einkaufszentren shoppen. Denen fehlt wirklich nichts. Und die Politiker, die solche Gedanken hören, daß irgendwo Leute leben, in deren Städten es noch trostloser aussieht, finden es ganz toll, wenn sie hören, daß Andere von uns lernen können.
Eine bessere Imagekampagne gibt es doch nicht. Nur so Typen, die alles runtermachen, was hier so schön ist, solche wie der Herr Laurin, oder auch mich selber, solche Typen machen wieder mal alles schlecht. Denen muß man mal sagen, daß andere Länder froh wären, wenn sie so etwas Gelungenes, Prickelndes von einem Struckturwandel hinkriegen würden. So ist das nämlich. Querulanten sind das doch, die immer alles mies machen. Gerade in Südeuropa können die so eine Aufbruchsstimmung, wie wir die hier haben, gut gebrauchen.
Ich frage mich, was die mit den 42.000 Euro in einem Jahr ernsthaft anstellen wollen? Was soll und vor allem was kann denn damit finanziert werden? Zwei studentische Hilfskräfte oder eine Ladung Kopierpapier? Auch nur eine einzige wiss. Mitarbeiterstelle läßt sich damit nicht bezahlen. Das ist wieder einmal der besondere Aktionismus, der gern in der Presse verbreitet und gepriesen wird, aber schlußendlich keinerlei Nutzen zeitigt!
Wenn man daran denkt, was in China in ein paar Jahren passiert ist, ist es natürlich toll, wenn sich andere Länder für den Strukturwandel im Ruhrgebiet interessieren, um die erfolgreichen Verfahren zu übernehmen.
Ich kann mit dem Begriff Strukturwandel wenig anfangen. Welche Struktur soll das Ziel sein?
Ist es der Abbau vieler Arbeitsplätze und Unternehmen mit dem Ziel eine große Freizeitlandschaft zu erstellen? (OK, jetzt nicht in Ückendorf)
Offen ist natürlich, wer dann auch diese Länder für die nächsten 50 Jahren finanziert.
Ich glaube eher, dass der Durchschnitts-Ruhri einfach zu wenig von der weiten Welt kennt, um die Turbo-Veränderungen in vielen Teilen der Welt zu bemerken.
Stefan, Helmut
es ist nun ‚mal alles relativ;
die Lösung von Strukturproblemen im Ruhrgebiet in Relation zu ..-sh.z.B. Detroit, sh.z.B…….- da läßt sich Positives, aber eben auch Negatives auszmachen-;
die reale Wirtschafts- und Beschäftigungslage im Ruhrgebiet im Vergleich zu….-sh.z.B. München, sh. aber auch zu vielen Regionen in Südeuropöa; auch da läßt sich jeweils Positives aber auch Negatives ausmachen-;
Mut zur Veränderung, Kreatitivität und Innvoationsfähigkeiten im Ruhrgebiet im Verhältnis zu……………….- auch dazu gibt es zahlreiche Vergleichsmöglichkeikten -“ solche und solche“-.
Ich denke, im konkreten Falle können die „Südeuropäer“ selbst und eigenständig mit Blick auf die Realitäten im Ruhrgebiet und mit Blick auf Dauer , Inhalte und Ergebnisse des Prozesses „Strukturwandel“ wesentlich objekitver als wir „Betroffenen/Beteiligte“ beurteilen, ob sie von uns etwas lernen können -aus unseren Erfolgen und Mißerfolgen-.
Und wenn sie das dann verbinden mit ein oder zwei weitereren internationalen Vergleichen, könnten die „Südeuropäer“ aus solchen mehrfachen internationalen Vergleichen und international gemachten Erfahrungen durchaus etwas lernen, falls sie das überhaupt wollen.
Aus der Sicht eines „Südeuropäers“ wäre es m.E. völlig verfehlt, sich „ohne Weiteres und ausschließlich“ auf ein ihnen präsentiertes „Vorbild“ Ruhrgebiert einzulassen.
Es kann sich aber m.E für sie „lohnen“, sich mit dem „Bild“ vom Strukutwandel im Ruhrgebiet näher zu befassen, wenn dabei das Gezeigt kritisch hinterfragt wird, wenn sie dabei neben den Erfolgen auch die Mißerfolgen erkennen können, und wenn sie dabei vor allem, wie bereits gesagt, nicht nur auf das Ruhrgebiet blicken, sondern auch auf weitere Regionen.
@Walter, für ein ernsthaftes Projekt ist die Fördersumme zu niedrig. Da stimme ich @Discipulussenecae zu. Und @keineEigenverantwortung hat die gleiche Beobachtung gemacht, wie ich, daß es nämlich anderswo „Turbo-Veränderungen in vielen Teilen der Welt“ gibt, die hier vermutlich nur wenige Menschen bemerken.
Wenn das Projekt wirklich seinen Zweck erfüllen soll, müßte schon in der Einleitung die Bemerkung stehen, daß wir interessierte Städte auch davor warnen wollen, was sie auf keinen Fall machen sollten, weil dies u.a. bereits nicht gutgegangen ist. Das finde ich nicht im Textauszug, aber das wäre wirklich die bessere Hilfe.
Der Süden hat keine herunter gekommene Innenstädte, dazu ist die
Krise zu plötzlich gekommen.
In Griechenland sind die Ruinen immer noch antiker Natur.
In Lissabon fahren immer noch, soweit ich informiert
bin, liebevoll gepflegte Trams.
Die Wiege der Industriellen Revolution war das Bergische Land und ist immer noch
oder wieder gemütlich.
Der Karawanen Kapitalismus und Protz Shopping-Mall’s erzeugem nicht
verwertbare Immobilien langfristig gesehen.
Amazon und unzählige Online-shops sind die eigentliche Gefahr.
Bald kann mann man die Pizza auch bei Amazon bestellen und kriegt sie von
einem Lizenzbäcker heiß geliefert, abgerechnet über das Amazonkonto.
-5-Helmut
Es kann ja doch sein, daß sich aus bescheidenen Anfängen bezüglich der Projektziele,Projektinhalte, Projektbeteiligten,der Projektorganisation, der Finanzierung etwas entwickelt, was dann im Ergebnis etwas bewirken bzw. was den „Südeuropäern“ etwas bringen könnte, wenn diese auch kommunal-regional den Strukturwandel gestalten und voran bringen wollen.
„Ernsthaftigkeit“ würde ich diesem so von mir verstandenen bescheidenen Anfang nicht absprechen.
Meine Gedanken -4- wurden von Erwägungen bestimmt, die in dem Projekt einen Anfang sehen! Sie haben sich nicht an dem orientiert , was derzeit das Projekt -seine Anfänge?-auszumachen scheint.
Ich habe u.a.gefragt, ob die „Südeuropäer“ eine Beratung mittels eines solchen Projektes überhaupt wollen.
Machen die Projektträger/die Projektinitiatoren „ihr Ding“, weil südeuropäische Kommunen/Regionen eine solche Beratung angefordert haben -direkt bei den Projektträgern, indirekt über die EU oder über zwischenstaatlikche Kontakte?
Da ich verschiedendlich an vergleichbaren Projekten -als sog.Praktiker, nicht als Wissenschaftler-mitgewirkt habe, weiß ich, daß „Beratung/Unterstützung“ nur dann etwas bewirkt, wenn sie a.) von den Betroffenen gewollt ist und wenn b.)die Betroffenen, hier also Kommunen/Regionen aus Südeuropa- auch Beteiligte an dem Projekt sind.
Bin gespannt, was aus dem Projekt wird.
Man kann eine Menge vom Ruhrgebiet lernen:
1. Wie man trotz Erfolglosigkeit immer wieder an anderer Leute Geld kommt.
2. Wie man trotz Verantwortungslosigkeit immer wieder genügend Wahlstimmen kriegt um auf seinem Posten bleiben zu können.
3. Wie man immer wieder Kritiker in den eigenen Reihen zum Schweigen bringt und Fachleute findet die einem bescheinigen, dass alles richtig gemacht wurde.
@Arnold, „2. Wie man trotz Verantwortungslosigkeit immer wieder genügend Wahlstimmen kriegte um auf seinem Posten bleiben zu können.“
Richtig, so wie das hier gelingt, gibt es das wohl weltweit nicht. Woanders haben die Wähler tatsächlich nicht diese Geduld. Wer hier nicht zufrieden ist, geht meist nicht nur nicht mehr zur Wahl. Dann ändert sich natürlich auch nichts. Wie oft habe ich den Halbsatz gehört: „Das soll jetzt keine Kritik sein, aber…“.
Kritik zu üben gilt bei uns bereits als ungezogen. Das ist so ein weit verbreitetes Zeichen von Feigheit, was auf jeden Fall exportfähig sein könnte.