Wahlkampf-Endspurt: Betrachtungen aus Duisburg

Am Stand der CDU: Peter Ibe und Ralf Jörg Brotzki; Foto: Peter Ansmann
Am Stand der CDU: Peter Ibe und Ralf Jörg Brotzki; Foto: Peter Ansmann

Wahlkampf-Endspurt in Duisburg. Bei Kaiserwetter machte ich mich heute auf den Weg ins Epizentrum von Duisburg. Heute war viel los in der City: Vom Treiben her, kein Unterschied zur Pre-Corona-Zeit. Die Innenstadt ist voller Menschen, nur die Masken erinnern daran: 2020 ist kein Jahr wie jedes andere.

Neben einer Veranstaltung von Fridays for Future fand heute der Global Marijuana March – für die Legalisierung von Haschgift – in Duisburg statt. Daneben: Ganz viele Infostände – außer von der rechtspopulistischen „AfD“.

An den Infoständen von SPD, CDU, Junges Duisburg, Grünen und beim Spitzenkandidaten der PARTEI habe ich nachgefragt, wie der Wahlkampf so lief.

Vorab: Etwas entsetzt war ich beim Stand der CDU Duisburg – was nichts mit der CDU selbst zu tun hat, sondern mit der Stimmung die dort herrschte und mit dem was Peter Ibe und Ralf Jörg Brotzki – so ganz nebenbei – über diesen Kommunalwahlkampf in Zeiten von Corona berichteten.

Nix los, weil einen Tag zu spät dran: Fridays for Future; Foto: Peter Ansmann
Nix los, weil einen Tag zu spät dran: Fridays for Future; Foto: Peter Ansmann

Bei Fridays for Future, die mit einem Stand am König-Heinrich-Platz an diesem Samstag ihre Präsenz zeigten, war nichts los. Wolfgang Wendland kommentierte auf Facebook das Foto des leeren Standes seht treffend mit der lapidaren Feststellung  „Einen Tag zu spät dran.“

Und  mutmaßte weiter: “Die sind alle bei der Pro-Atomkraft-Demo in Lingen!” – nicht die unrealistischste Einschätzung.

Im Gespräch mit Felix Lütke, Bündnis90 / Die Grünen

Mein erster Anlaufpunkt an diesem Tag war direkt gegenüber des leeren FFF-Standes: Bündnis90 / Die Grünen hatten dort Posten bezogen.

Felix Lütke, Sprecher von Bündnis90 / Die Grünen in Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Felix Lütke, Sprecher von Bündnis90 / Die Grünen in Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Die Stimmung am Stand ist gut. Man ist im Gespräch mit dem Bürger. Mit Felix Lütke, Sprecher der Grünen in Duisburg, habe ich direkt den richtigen Ansprechpartner zum aktuellen Wahlkampf.

Ruhrbarone: Wie läuft es heute?

Felix Lütke: Also heute läuft es gut. Es ist eigentlich den ganzen Wahlkampf sehr gut gelaufen. Wie haben viele positive Rückmeldungen bekommen. Die Stimmung ist gut: Es liegt ein wenig Veränderung in der Luft. Und wir freuen uns auf jeden Fall, dass es jetzt morgen ein Ergebnis gibt.

Ruhrbarone: Sie meinen für Duisburg reicht‘s?

Felix Lütke: Ich glaube wir werden ein gutes Ergebnis bekommen.

Ruhrbarone: Das war der erste Wahlkampf in Coronazeiten. Anderes als früher, oder?

Felix Lütke: Das man jetzt überall die Masken trägt ist natürlich neu und auch ein wenig unangenehm. Wir haben jetzt sehr viele neue digitale entwickelt und haben alle unsere Veranstaltungen mit Prominenten gestreamt. Und wie haben sehr viel über Social Media kommuniziert. Das ist dabei jetzt positiv rausgekommen.

Ruhrbarone: Ihre Prognose für morgen?

Felix Lütke: Ich hoffe wir werden ein sehr gutes Ergebnis haben und die große Koalition in Duisburg ablösen.

Die PARTEI Duisburg beim Global Marijuana March

Mein nächster Anlaufpunkt an diesem Samstag: Der reizvolle Hauptbahnhof von Duisburg. Oder genauer: Der Vorplatz. Dort fand heuer der Global Marijuana March statt. Für die Legalisierung von Marihuana.

Auch heute in Duisburg: Demo für die Legalisierung von Marihuana; Foto: Peter Ansmann
Auch heute in Duisburg: Demo für die Legalisierung von Marihuana; Foto: Peter Ansmann

Vor Ort treffe ich Chris Fath – Kandidat der PARTEI in Größenbaum-Rahm und Matthias-Maria Eidens, den Spitzenkandidaten der PARTEI Duisburg im Kommunalwahlkampf 2020.

Kämpfen um jede Stimme: Matthias-Maria Eidens (Links) und Chris Fath; Foto: Peter Ansmann
Kämpfen um jede Stimme: Matthias-Maria Eidens (Links) und Chris Fath; Foto: Peter Ansmann

Matthias-Maria Eidens verteilte vor Ort Karotten – als Alternative zu aktuell noch illegalen Drogen.

Ruhrbarone: Wie lief der Wahlkampf?

Matthias-Maria Eidens: Es war ein absolut hervorragender Wahlkampf. Zu Anfang, zur Mitte und zum Ende hat die Mannschaft alles gegeben. Wir sind gestern am Stand tatsächlich völlig überrannt worden. Wir hatten keine Lollies mehr. Und das bei einem zwei-Kilo-Eimer. 100 plus x  Prozent ist einfach schon fest.

Ruhrbarone: Ist damit heute alles vorbei?

Matthias-Maria Eidens (In Richtung der Demo schreiend!): Nein, heute versuchen wir diese gottverdammten, elenden Kiffer, die unsere Jugend verderben wolllen und die unsere illegalen Drogen legal machen wollen, was gar nicht geht: Weil illegale Drogen sind illegale Drogen! Die werden wir heute blockieren!

Ruhrbarone: Morgen ist PEgIdA in Duisburg…

Matthias-Maria Eidens: Die werden wir natürlich auch blockieren. Morgen steht PEgIdA mit allen möglichen Drecksnazis hier am Platz. Und da werden wir auch laut werden. Wir haben noch ca. 50 „Nazis töten.“-Plakate, die werden wir hier in der Menge verteilen.

Ruhrbarone: Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Eidens.

Matthias-Maria Eidens: Tu mal lieber die Möhrchen!

Zu Besuch bei Peter Ibe und CDU Duisburg

Etwas entsetzt war ich bei meiner nächsten Anlaufstelle: Die CDU Duisburg hatte einen Infostand amL Lifesaver-Brunnen in Duisburg. Sehr zentral gelegen in der City. Was dort anders ist als bei anderen Infoständen: Absperrband grenzt den Infostand – an dem es neben Infomaterial auch Schutzmasken und eine Bienenblumen-Mischung für den potenziellen Wähler zum greifen gibt – ein wenig ab.

Als ich meine Smartphone zücke um ein Foto zu machen, gehen Ralf Jörg Brotzki und Peter Ibe zur Seite – und schauen misstrauisch und fast beängstigt. Ich überzeuge mich kurz, dass ich nur mein Smartphone in der Hand halte und keine entsicherte und geladene Uzi gegriffen habe – alles im grünen Bereich.

Ich oute mich als Ruhrbaron, der was über den Endspurt des Kommunalwahlkampfes in Duisburg schreibt. Alle entspannen sich, Peter Ibe (Ratsherr der CDU für Wanheim/Angerhausen) ist regelmäßiger Leser des Blogs und hat heute noch das Gespräch mit Claus Krönke zum Verdacht der Wahlmanipulation im Blog gelesen. Er steht mir für meine Fragen zur Verfügung.

Peter Ibe, Social-Media-Manager der CDU und Ratsherr in Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Peter Ibe, Social-Media-Manager der CDU und Ratsherr in Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Ruhrbarone: Herr Ibe, wie lief der Wahlkampf in der Coronazeit?

Peter Ibe: Schwieriger als sonst. Die Kontakte waren weniger, wir haben auch nicht so viele Infostände gemacht. Aber ansonsten: Ganz in Ordnung

Ruhrbarone: Wie empfinden Sie die Stimmung?

Peter Ibe: Es gibt selbstverständlich politische Auseinandersetzungen am Infostand. Man ist bei politischen Fragen natürlich nicht immer einer Meinung. Was Corona angeht, da sind die Leute eher misstrauisch und nachfragend.

Ruhrbarone: Wie läuft es online?

Peter Ibe: Ich mache für unsere Partei die Arbeit in den sozialem Medien. Hauptsächlich Facebook. Das ist nicht mehr geworden, aber man wird mehr beschimpft als früher. Es war, dieses Mal, nicht so ein schönes Geschäft.

Ruhrbarone: Die Sitten sind rauer geworden?

Peter Ibe: Die Sitten sind rauer geworden, weil die Leute sich online mehr trauen, als sie sich hier trauen würden.

Ruhrbarone: Kommen die Kommentare dann von AfD und PEgIdA-Anhängern?

Peter Ibe: Die und die Coronaleugner. Die drei sind jeden Tag dabei.

Ruhrbarone: Morgen wird gewählt. Wird gefeiert?

Peter Ibe: Nein! Morgen wird hoffentlich gefeiert, aber jeder für sich. Keine große Feier. Wir machen keine Party. Wir haben die ganze Zeit ja keine großen Veranstaltungen durchgeführt – dann kann man sich jetzt nicht zur Party treffen und dann ist jeder an Corona erkrankt. Das geht ja nicht. Keine Feier. Wir haben unsere Gruppen gebildet in den soziale Medien und werden uns da morgen austauschen.

Spannend für uns morgen, sind die Briefwahlergebnisse. Und die Frage, wie hoch die Differenz zwischen der Anzahl der Menschen ist, die Briefwahlunterlagen eingereicht haben und der Anzahl die tatsächlich beim Wahlamt eingegangen ist.

Die Stimmung im Kommunalwahlkampf: Nicht die beste

Ich komme nach dem Gespräch mit Peter Ibe noch kurz mit Ralf Jörg Brotzki ins Gespräch: Der klärt mich über das anfängliche „auf Abstand gehen“ – nachdem ich mein Smartphone gezückt hatte – auf: In diesem Wahlkampf gab es wohl auch aggressive Menschen am Infostand. Als ich mein Smartphone zückte, wurde mit dem Schlimmsten gerechnet. Ein trauriger Beleg für die vergiftete Stimmung – die selbst im Kommunalwahlkampf herrscht.

Zu Besuch bei Torsten Steinke und der SPD Duisburg

Am Forum Duisburg befindet sich der Infostand der SPD Duisburg. Diverse Kandidaten sind dort anzutreffen. Es ist viel los. Zwei Mitglieder des Landtages, Ralf Jäger und Frank Börner, sind ebenfalls vor Ort. Es wird viel diskutiert.

Torsten Steinke: Sein Ortsverein war bereits in den 90er Jahren mit der URL "Sozialdemokraten.de" online; Foto: Peter Ansmann
Torsten Steinke: Sein Ortsverein war bereits in den 90er Jahren mit der URL „Sozialdemokraten.de“ online; Foto: Peter Ansmann

Torsten Steinke ist Ratsherr in meinem Stadtteil – Duisburg-Wanheimerort – und ebenfalls vor Ort. Ich will auch von ihm wissen, wie es läuft.

Ruhrbarone: Herr Steinke, letzter Tag im Kommunalwahlkampf. Wie ist es gelaufen?

Torsten Steinke: Superpositiv. Es hat richtig Spaß gemacht. Wir sind sehr skeptisch reingegangen, ob wir wirklich die Schlappe der vergangenen Jahre so ein wenig ausgleichen können. Es waren doch ziemlich, auch in Wanheimerort, sehr viele Leute gut informiert darüber, was in der Stadt passiert. Die waren zufrieden, dass eben wieder finanzieller Spielraum da ist. Und die waren vor allem zufrieden mit dem Krisenmanagement in Pandemiezeiten.

Ruhrbarone: In diesem Wahlkampf fand ja, auch bei der lokalen SPD, sehr viel online statt. Wie ist das Resümee?

Torsten Steinke: Wir waren jetzt in Wanheimerort, nicht nur in Duisburg, bundesweit vorne, weil wir bereits in den 90ern mit der URL sozialdemokraten.de ins Netz gegangen sind. Wir haben die Kinderkrankheiten mitgemacht. Bis hin zu kleineren Skandalen. Aber man kennt uns und findet uns. Das haben wir als Vorteil nutzen können, weil wir nichts optimieren mussten. Der, der uns finden will, findet uns auch so.

Zu Besuch bei Oliver Beltermann (Junges Duisburg)

Mein letzter Anlaufpunkt: Die kommunale Wählergemeinschaft Junges Duisburg.

Oliver Beltermann (Junges Duisburg); Foto: Peter Ansmann
Oliver Beltermann (Junges Duisburg); Foto: Peter Ansmann

Ruhrbarone: Herr Beltermann, Wahlkampf-Endspurt! Wie läuft es bei Ihnen?

Oliver Beltermann: Läuft gut. Die Leute nehmen bereitwillig die Flyer an, wollen sich nochmal beschweren. Viele beschweren sich jedoch über die nichtangekommenen Briefwahlunterlagen. Wir klären dann ein wenig auf. Und der Kugelschreiber wird gerne genommen: Denn morgen muss man ja mit eigenem Stift sein Kreuz machen. Relativ viel Zuspruch von jungen Wählern, die uns bereits gewählt haben.

Ruhrbarone: Ist das hier jetzt das letzte Wahlkampfevent?

Oliver Beltermann: Hier sind wir noch bis 16.00 Uhr. Und dann habe ich um 18.00 Uhr einen Livestream, eine Podiumsdiskussion zum Thema Marxloh, und dann verlagern wir uns in private Party. Und morgen ist dann die große Wahlparty.

Ruhrbarone: Ihre Prognose für morgen?

Oliver Beltermann: SPD, CDU verlieren. SPD wird den Laden trotzdem gewinnen. Die Grünen stärker als in den letzten Jahren, aber nicht auf dem Ergebnis der Europawahl. Linke bleiben stabil. Junges Duisburg kriegt eine eigene Fraktion und ist in zwei Bezirksvertretungen, FDP: Zwei bis drei Ratssitze. Die kleinen Bündnisse: Lottotüte, keine Ahnung.

Fazit dieses Tages

Insgesamt eine gute bis sehr gute Stimmung bei SPD, CDU, Grünen, Junges Duisburg und DIE PARTEI. Man sieht viele Diskussionen vor Ort. Was man über den Online-Wahlkampf der CDU zu hören bekam: Es ist besorgniserregend, ebenso die Stimmung am CDU-Stand. Was aber klar zu sehen ist: Die demokratischen Parteien die für die funktionierende freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen – sie gehen in dieser Krise nicht aufeinander los. Irgendwie herrscht ein gemeinsamer Grundkonsens. Ein für mich positives Fazit dieses Tages in Duisburg.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
5 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Petra 42
Petra 42
4 Jahre zuvor

Ruhrbarone: Ihre Prognose für morgen?

Oliver Beltermann: SPD, CDU verlieren. SPD wird den Laden trotzdem gewinnen. Die Grünen stärker als in den letzten Jahren, aber nicht auf dem Ergebnis der Europawahl. Linke bleiben stabil. Junges Duisburg kriegt eine eigene Fraktion und ist in zwei Bezirksvertretungen, FDP: Zwei bis drei Ratssitze. Die kleinen Bündnisse: Lottotüte, keine Ahnung.

Ich befürchte die AfD wird in Duisburg massiv dazu gewinnen.

🙁

Frau U.
Frau U.
4 Jahre zuvor

Ja, genau „irgendwie“ herrscht ein Grundkonsens wie in einer sozialistischen Einheitspartei. Massive Probleme oder Überschuldung? Nö, nix gehört. Hauptsache wir fühlen uns irgendwie moralisch überlegen, ohne Auto, Strom, Fleisch und äh, Arbeit.
Auch wenn die grüne Fahne über NRW weht, kiffen wir uns halt die Birne zu, dann ist alles leicht und weit weg. Zur Not zahlt „der Staat“ laut SPD-Heiko. Bisschen Arbeiter Folklore (poooaahh, wat haben wir vor 50 Jahren malocht) bisschen Fussek, für ‚nen Herrengedeck reicht es noch in der Blase und „die Anderen“ sind eh Natsies. Weisste Bescheid.

Man weiss nicht, wer kindischer ist, die Wähler oder die Gewählten. Also, machen wir dat mitti Möhrchen…

Yilmaz
Yilmaz
4 Jahre zuvor

Vielleicht reicht es ja dann auch für Rot-Rot-Grün in Duisburg ?

trackback

[…] Am 13. September 2020, es war der Tag vor der Kommunalwahl, hatte ich in dieser Sache ein denkwürdiges Erlebnis: Beim Zücken des Smartphones gingen, am Stand der CDU in Duisburg, die christdemokratischen Lokalpolitik in Verteidigungsstellung. Grund für die ungewöhnliche Reaktion: Im Kommunalwahlkampf 2020, der anders war als alle Wahlkämpfe vor der Corona-Pandemie, waren Pöbeleien und Angriffe durch PEgIdA- und AfD-Anhänger an der Tagesordnung. […]

trackback

[…] letzten Kommunalwahlkampf, vor ziemlich genau einem Jahr, war die Stimmung an diesem Ort – man muss es so sagen – im […]

Werbung