Die Umfragen sind umwerfend: Die SPD steht bei den letzten Umfragen bei 25, die Union bei 22 und die Grünen bei 16 Prozent. Olaf Scholz könnte Kanzler werden, aber nur in einer Koalition. Am Mittwoch Nachmittag kam der Kanzlerkandidat der SPD auf den Josef-Esser-Platz nach Köln-Bickendorf. Die Ruhrbarone haben sich jetzt mal auch bei der SPD umgeschaut. Ein Fotoroman.
An anderer Stelle sprach ich von der „Herzkammer“ der Kölner SPD. Die Gartensiedlung mitten in Bickendorf wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts vom Architekten Wilhelm Riphahn entworfen und nach seinen Plänen für die Wohnungsbaugenossenschaft GAG gebaut. Die Architektur ist großzügig und setzt auf „Lich, Luff und Bäumcher“, wie man hier sagt. In diese Arbeitersiedlung kam Olaf Scholz am sonnigen Mittwochnachmittag.
Die übliche Kulisse: Kaffee, Kuchen und Rotbedrucktes
Der Ortsverein Bickendorf/Ossendorf hatte eingeladen zum Zukunftsgespräch mit ihrem Kandidaten. Alles war in SPD-rot getaucht. Der obligatorische Infotisch mit Pfefferminz und Propagandamaterial war aufgebaut. Kaffee und Kuchen gab es für die ca. 250-300 Gäste Freihaus. Vom Aufsteller grinste „unser Olaf“, wie die Genossen sagen, seine Gäste an. Es war viel Presse da und Herr Scholz zeigte dann, was in ihm steckt.
Die Bundestagsabgeordneten und Kandidaten der Kölner SPD, der Fraktionsführer im Bundestag Rolf Mützenich und Karl Lauterbach, hatten schon mal auf der Bank vor der Bühne Platz neben den Honoratioren und Gästen aus der wohnungsgenossenschaftlichen Welt genommen. Als dann Olaf Scholz begleitet von seinen Bodyguards auftauchte, ging es auch los.
Der Bickendorfer SPD-Chef Udo Hansemann, im roten „Team Mützenich“-Shirt begrüßte, wie es alter Brauch in den Ortsvereinen der Partei ist, die SPD-Kandidaten und die geladenen Gäste zum sog. Zukunftsgespräch zum Thema „Sozialer Wohnungsbau und bezahlbarer Wohnraum“.
Der Kandidat ist Wahlkampfmodus und legt auch gleich los.
Wer sich ein Eindruck davon verschaffen möchte, kann die Rede und den Talk hier nochmal anschauen.
Zunächst hielt er eine Rede, die viel ansprechender, gar lebhafter war, als ich es erwartete. Olaf Scholz wirkte wach und gab sich in sozialdemokratischen Gefilden geradezu hemdsärmelig. Gutgelaunt erklärte er die Forderungen und wünsche seiner Partei. Thomas Blum hatte schon Ende 2003 in der jungle world „Man spricht Scholzdeutsch“ über Olaf Scholz als „Schönredner der SPD“ geunkt. So war es dann auch. Was Scholz zum Thema verkündete, hätte vor fast 20 Jahren zum Parteiausschluss führen können. Stichwort: Mietendeckel.
In Wahlen wird viel immer versprochen, aber kann das hinterher auch gehalten werden? Angesichts der eingangs skizzierten Mehrheitsverteilung wird sich das nicht so ohne Weiteres durchsetzen lassen. Auch dass Olaf Scholz die Hamburger Wohnungsbaupolitik als seinen Erfolg feiert, verkennt bei nüchterner Betrachtung, dass in Hamburg viel zu wenig bezahlbare Wohnungen gebaut wurden. Aber wen schert’s im Wahlkampf; jedenfalls wird die SPD unter einem Kanzler Scholz nicht den Enteignungs-Blues der Linken singen.
Kanzlerproklamation
Dann kam die Stunde des Rolf Mützenich, der sich den Satz nicht verkneifen konnte:
„Olaf (…) du hast der SPD den Stolz wiedergegeben, den sie verdient.“
Und er endete mit dem Versprechen, dass die SPD-Bundestagskandidaten ihn im neuen Bundestag zum Bundeskanzler wählen werden. (Minute ca. 41 im Video)
Mir bleibt nur zu schreiben: So schön kann es im Ortsverein sein. Ironie aus.
Der letzte große Wahlkampfauftritt
Wer vom Kandidaten nicht genug kriegen kann, kann heute um 15 Uhr die Kölner Abschlusskundgebung auf dem Heumarkt besuchen und mitschunkeln. Der letzte große Wahlkampfauftritt des „künftigen“ Bundeskanzlers Olaf Scholz vor der Wahl am Sonntag. Zur Anmeldung…
Warnhinweis:
Kaya Gercek war fast 20 Jahre SPD-Mitglied. Seit 6 jähren nicht mehr und wird es auch nicht mehr werden. Das machen nun andere, nicht wahr? Lieber Wolfgang Wendland.
P.S. Hier noch ein paar Fotos: