Wahlplakate in Thüringen

Wahlplakat der Linken im Thüringer Landtag Foto: Antje Jelinek


Nur noch gut fünf Wochen bis zur Landtagswahl in Thüringen und die Schlacht um die beste Dekoration in den Städten und Gemeinden kann beginnen. Da Wahlplakate tatsächlich mehr Wähler erreichen als Instagram und Facebook, ist das etwas altbackene und aufwendige Anbringen dieser Pressspan-Teile durchaus für sinnvoll zu erachten.  Und das Fahren durch die Stadt oder das Stehen im Stau ist auch gleich viel weniger langweilig.

Wen findet man denn so in Erfurt? Da wäre natürlich zuerst einmal unser amtierender Ministerpräsident Bodo Ramelow abgebildet, im Grünen mit gewohnt seriösem Touch. Und dort steht: “Bodo Ramelow Christ, Sozialist, Ministerpräsident.“ Die erste Assoziation könnte sein: christlich-sozial – oh, Moment, das gehört dann wohl doch in ein anderes Bundesland. Ansonsten trifft das natürlich zu. Man kann ja sowieso nur noch mit dem Bodo selbst punkten. Weitere gute Karten gibt es ja leider nicht mehr für Die Linke, und das auch nur noch in Thüringen. Hier könnte sie es laut Umfrage immerhin auf 12,9 % bringen.

Die Partei hat sich so selbst zerlegt, da es auch für einen außerordentlich beliebten Ministerpräsidenten, der wirklich gute Arbeit in unserem kleinen Bundesland geleistet hat, echt schwer ist, sich irgendwie über Wasser zu halten. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird er wohl nicht noch einmal Ministerpräsident werden. Aber das wird ja in Thüringen sowieso eine ganz, ganz schwierige Geburt werden. Eigentlich schade, denke ich, wie ich den Bodo da so christlich-sozial und freundlich auf dem Plakat sehe. So wie auf dem Bild war er auch, unser Ministerpräsident souverän aber auch menschlich und immer authentisch. Er hat auch einmal einer Freundin von mir innerhalb weniger Stunden Quartiere für Flüchtlingskinder aus der Ukraine besorgt. Groß angegeben hat er damit nicht. Im Ruhrgebiet wird man mein ehrliches Bedauern über seine geringen Chancen vielleicht nicht verstehen, aber im Osten besonders in Thüringen hat sich die vor langer Zeit einmal da gewesene Nachfolgepartei der SED tatsächlich emanzipiert. Hier ist die Linke schon seit vielen Jahren kein Kommunisten-Verein mehr. Extreme Leute wie Trotzkisten oder Stalinisten kann man in der Realpolitik nämlich nicht gebrauchen. Und das hat die Linke hier zehn Jahren gemacht – Realpolitik und nicht einmal schlecht. Vielleicht hätte sie es auf dieser Schiene schaffen können, sich auch bundesweit als ernstzunehmende Partei zu etablieren. Aber nein. Als Susanne Hennig-Wellsow, man erinnert sich vielleicht noch an den Blumenstrauß, der dem Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich vor die Füße geworfen wurde, in die Bundespolitik ging, dachte ich in meiner Naivität tatsächlich, die bringt die Realpolitik in den westlichen Teil der Linken. Aber sie wurde rausgemobbt. Das war der Anfang vom Niedergang der Linken, denn kuscheln mit der Identitätspolitik, statt Politik für die Arbeiterklasse zu machen, ideologische Verblendung statt realpolitischer Kurs, die Ukraine im Stich lassen und dann das Drama mit Frau Wagenknecht… das war alles nicht hilfreich. Das Schlimmste aber ist, dass Die Linke den Osten im Stich gelassen hat und das ist auch ein Grund, warum so viele Ostdeutsche die AFD wählen. Ostdeutsche Mitbürger, die noch irgendwelche ideellen oder realen Werte der alten DDR retten wollten, fanden sich früher in der Linkspartei wieder. Und damit meine ich nicht, dass die Ossis die Mauer zurückhaben wollten. Die Linke ist heute jedenfalls nicht mehr die Partei, die die Ostdeutschen in dieser Hinsicht vertritt. Aus diesem Grund haben viele Wähler sie verlassen und die AFD gibt nicht ganz zu Unrecht damit an, dass sie nun die Partei des Osten wäre. Das ist, wenn man das Parteiprogramm anschaut, natürlich völliger Nonsens, aber ja so sieht es nun einmal aus. Und Herr Höcke lacht sich ins Fäustchen.

Wahlplakat der SPD im Thüringer Landtag Foto: Antje Jelinek

Auf dem nächsten Plakat, es ist von der SPD (lt. Umfrage 7,0%), steht “Nazis raus, Denny rein“. Da muss ich tatsächlich laut lachen. Nichts gelernt… Dieses plumpe AFD-Bashing ist so dermaßen kontraproduktiv, liebe SPD. Es bringt der AFD nur noch mehr Zustimmung ein, wegen der Opferrolle und so. Aber irgendwie ist es schon ein integraler Wesenszug der SPD an Dingen festhalten, die ganz klar nicht funktionieren. Zur Europawahl war es die Werbung mit dem unbeliebten Kanzler, hinsichtlich der Ukraine die halbseidene “Friedenspolitik“, die alles nur noch schlimmer macht. Stur bleibt man einfach dabei und hält weiter den Kurs. Und weil ja die Nancy Faeser gerade den Elsässer hochgenommen hat, ist die SPD jetzt die Antifa-Partei schlechthin. Oh Mann, ob sie sich den Quatsch selbst noch abkaufen?

Wahlplakat der CDU im Thüringer Landtag Foto: Antje Jelinek

Und dann kommt das Plakat vom Hoffnungsträger CDU (lt. Umfrage 22,4%). Es ist darauf Mario Voigt zu sehen, wie er mit Kindern Schulaufgaben macht und der Spruch “Wir Thüringer wollen Unterricht statt Ausfall“. Eigentlich ganz nett. Aber als Lehrerin fallen mir da natürlich die ganzen alten Unsinnigkeiten in der Thüringer Bildungspolitik ein, die auf das Konto der CDU gehen, wie z.B. das Landeserziehungsgeld, dass in seiner ursprünglichen Form vor allem bildungsferne Kinder vom Kindergarten abgehalten hat oder, dass einfach gar nichts gegen den aufziehenden Lehrermangel getan wurde. Die jetzige Regierung hat es mir zumindest mit ihrer Regelung für Seiteneinsteiger ermöglicht, einen vollwertigen Abschluss als Regelschullehrer zu erlangen. Dass ich trotzdem nicht optimal im Schuldienst arbeiten kann, ist vor allem auf die bürokratischen Hürden und die komplette Überregulierung der Schulämter zurückzuführen. Aber das ist ein Problem, dass wir Deutschen wohl nie loswerden, egal, welche Partei gerade regiert. Die CDU hat jedenfalls in den Zeiten von Althaus und Lieberknecht hier in Sachen Bildung nicht wirklich geglänzt. Ich denke, die CDU spekuliert jetzt darauf, dass man das nach so langer Zeit vergessen hat. Wirklich problematisch ist aber dieses Koalitionsgebaren, denn 22% reichen halt nicht, wenn man vorher alles Mögliche ausschließt. Dass die AFD ausgeschlossen wird, ist nachvollziehbar und richtig. Aber wie weiter? Unverständlich für mich ist, und da fällt der CDU auch ihre rote Socken-Kampagne auf die Füße, dass Die Linke kategorisch ausgeschlossen wird, Wagenknechts BSW aber nicht.

Bodo Ramelow hat nun, da er aus dem Westen kommt und aus seiner Funktion als Gewerkschafter heraus in dieser Partei gelandet ist, wirklich gar nichts mehr mit der SED zu tun und er hat auch keine extremistischen Ansichten. Frau Wagenknecht hingegen schon. Bodo Ramelow ist sogar dafür, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen und hat sich damit gegen die Mehrheit seiner Partei gestellt, Stichwort Realpolitik. Davon abgesehen ist Wagenknecht allein durch ihr Impfgeschwurbel, ihre Putin-Stiefelleckerei und ihr klares Bekenntnis dazu, dass die DDR insgesamt prima war, ungeeignet. Gut sie selbst wird sich wohl nicht nach Thüringen verirren, obwohl sie von hier kommt, aus Jena nämlich. Aber sie zieht es, denke ich, vor in einer größeren Arena zu kämpfen. Falls der BSW hier Fuß fasst, kann diese neue Partei ja mal zeigen, ob sie auch Realpolitik kann. Zum Glück entscheiden die Bundesländer nicht über Waffenlieferungen. Gerechter Weise muss ich ergänzen, dass sich auch im BSW viele Ostdeutsche wiederfinden, die noch an den Werten der DDR, die es zweifelsohne gab, hängen. Das Plakat hat allerdings nicht viel zu bieten. Es ist Frau Wagenknecht selbst mit irgendeiner ihrer Phrasen. Die Partei ist nach ihr benannt, das muss reichen. Der BSW (lt. Umfrage 20,4%) hat eben inhaltlich nicht so viel zu bieten nur ein Gesicht. Die Fans lieben sie und hier in Thüringen vor allem wegen und nicht trotz ihrer Russlandliebe. Um es mit den Worten der Punkband Dritte Wahl zu sagen “Falsche Nostalgie begreift ihr es denn nie“

 

Es gab auch Plakate von den Grünen und der FDP, glaube ich. Aber die Kleinparteien schaue ich mir nicht ganz so intensiv an. Sie sind sowieso raus. Und dementsprechend legen sie sich auch weniger ins Zeug. Da waren Plakate von den Grünen (lt. Umfrage 4%), aber inhaltlich so belanglos, dass ich sie schon wieder vergessen habe. Und Herr Kemmerich war auf einem großen Plakat, unser ehemaliger Ministerpräsident für einen Monat. Damit reißt es die FDP (lt. Umfrage 2%) sicher auch nicht raus, denn die Partei hat es schon vor 5 Jahren nur sehr knapp, mit 5,0005 % der Stimmen in den Landtag geschafft.

Wahlplakat der MLPD im Thüringer Landtag Foto: Antje Jelinek

Die AFD (lt. Umfrage 28,6%) hat es Ende Juli noch nicht nötig Plakate aufzuhängen. Da war irgendwie noch gar nichts zu sehen. Sie wird sowieso stärkste Kraft, wozu die Mühe. Ach, ein Plakat von der MLPD habe ich noch gesehen, so eins mit den blutigen Händen. Damit man gleich weiß, hier ist die Palästina-Front. Irgendwie wird doch jedes Klischee bedient auf dieser kurzen Fahrt durch die Erfurter Innenstadt. Wenigstens ist für Unterhaltung gesorgt, wenn man an der Ampel steht. Ein paar Wochen kann man die Wahlplakate noch bewundern. Am 1. September ist Landtagswahl. Wie es dann weitergeht? Keine Ahnung.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Werbung