Dass das Städtchen Waltrop im Kreis Recklinghausen derzeit auf vielen Ebenen in schwierigen Zeiten steckt, das dürfte regelmäßigen Lesern der Ruhrbarone nicht verborgen geblieben sein. Im Verlaufe der vergangenen inzwischen neun Jahre in denen ich für dieses Blog aktiv bin, habe ich mich immer wieder nicht beherrschen können und meinen ‚Senf‘ zum Geschehen unmittelbar vor meiner Haustür dazugetan.
Den ‚Offiziellen‘ bei Stadtverwaltung und in der Lokalpolitik hat das selten gefallen. Mitbürger haben mich hingegen regelmäßig wissen lassen, dass sie Dinge und Entwicklungen genau so kritisch sehen wie ich, sie sich nur nicht öffentlich dazu äußern mögen, da sie nicht ‚schief angeschaut‘ werden wollen.
Vor diesem Hintergrund möchte ich am heutigen Tage noch einmal einen kurzen Blick auf Waltrop werfen, der meiner Meinung nach, stellvertretend für viele Städte in der Region steht.
Vor Jahren gab es in Waltrops Innenstadt nämlich noch einen wirklich schönen Weihnachtsmarkt. Dieser war zwar nie sonderlich groß, unterlag auch stetig irgendwelchen Veränderungen, doch war es eine Einrichtung, die sich stets großer Beliebtheit erfreute.
Inzwischen gibt es nur noch einen kleinen Markt ganz im Waltroper Osten und eine weitere entsprechende Kurzzeit-Veranstaltung am Schiffshebewerk.
Begleitet wurde der Weihnachtsmarkt in der City in den Vorjahren häufig von einer von der Kaufmannschaft organisierten Tombola. Auch diese wandelte sich im Laufe der Jahre stetig, doch los war hier in der Vorweihnachtszeit eigentlich immer was.
Da Waltrop sich zudem einer für Ruhrgebietsverhältnisse schönen Altstadt erfreuen darf, war das Ganze auch immer gut vorzeigbar, wenn es, wie bereits erwähnt, sicherlich auch niemanden aus den sprichwörtlichen Schuhen gehauen hat.
In diesem Jahr, ist das alles (wieder einmal) völlig anders. Es gibt in Waltrop schon länger keinen offiziellen Weihnachtsmarkt mehr. Inzwischen auch keine dazugehörige Tombola der Kaufmannschaft.
Waltrop konnte dank des Engagements von Stadtmarketing-Boss Mirko Ruschmeyer (und seiner wenigen verbliebenen Mitstreiter) in dieser Adventszeit zumindest so gerade noch die ohnehin recht spärlich ausgefallene Weihnachtsbeleuchtung finanzieren. Ein privater Sponsor übernahm dafür die Stromrechnung. Sonst wäre auch dieses Bisschen Adventsstimmung in einer in Gänze schleichend sterbenden Stadt dieses Jahr schon unter den Tisch gefallen.
Die Zeiten sind hier finster, wie im gesamten nördlichen Ruhrgebiet. Nur fällt das in Waltrop wohl noch ein Stück weit deutlicher auf als in den Nachbarstädten, denn Waltrop war einmal, vor einigen Jahrzehnten, das schönste Städtchen weit und breit. Das ist längst vorbei.
Der Abstand auf die traditionell weniger attraktiven Nachbarstädte wie Castrop-Rauxel oder Datteln, beides traditionell ärmere und mehr von Industrie geprägte Städte als die ‚Wohnstadt im Grünen‘ (wie sich Waltrop früher einmal stolz nannte), er ist geschrumpft, fast verschwunden, würde ich sogar behaupten.
Gut sichtbar wird diese traurige Entwicklung auch am Weihnachtsmarkt. Und genau deshalb schreibe ich hier und heute diese Zeilen. Da schoss ich nämlich heute Morgen zufällig ein Foto von der Waltroper Innenstadt, auf dem sich der in der Lokalzeitung kürzlich namentlich als ‚Micro-Weihnachtsmarkt bezeichnete Bereich rund um den Waltroper Kiepenkerl-Brunnen (siehe Foto oben) abgebildet war und erntete dafür auf Social Media viel mitleidiges Gelächter und ungläubiges Staunen von meinem privaten Umfeld.
Es sind eben harte Zeiten für einen früheren Waltroper Lokalpatrioten, der so langsam anfängt sich für seine Heimat zu schämen…
In Kleinstädten ist nun mal wenig los. Man kann nicht Ruhe und billige Wohnungen und ein Leben wie in einer Großstadt erwarten. Städte wie Waltrop sind doch nur Vororte.
@Stefan: Waltrop war auch schon vor 30 Jahren 'nur' eine Kleinstadt. Daran alleine kann der Abwärtstrend also nicht liegen. Nur habe ich damals noch jedem mit Stolz erzählt wo ich herkomme. Inzwischen sage ich häufig lieber 'Dortmund'. 😉
@Robin Patzwaldt: Die Leute erwarten heute mehr – und das finden sie zu Beispiel in Dortmund. Die Leute wollen nun einmal Bundesliga und nicht Kreisliga. Ein paar Buden sind doch nett und irgendwann machen sie auch mal auf.
@Stefan: Es ist genau EINE Bude. 😉 😀
Auf dem Weihnachtsmarkt kann man sich auf jeden Fall nicht verlaufen.
@Robin, Waltrop ist ja auch nur auf besseren Karten zu finden. Vielleicht liegt es daran.
Das Hauptproblem in Waltrop ist Misswirtschaft. Wir haben seit Jahren einen Sparmommissar, kommen anscheinend auf keinen grünen Zweig… Ist aber auch nicht weiter verwunderlich. Jahrelanges wirtschaften für persönliche Vorteile anstatt für gemeinnützige, unglaublich langsame und schleppend sSadtentwickling und starte Strukturen hinterlassen ihre Spuren.
In Waltrop wird immer viel gemeckert und wenig gemacht. Wenn mal was gemacht wird, wird darüber gemeckert. Dieser Artikel und einige Kommentare zeigen das eigentliche Problem. Letztes Jahr gab es einen tollen Weihnachtsmarkt in der Altstadt, der von Ehrenamtlichen und Vereinen organisiert wurde. Auch hier war einiges nicht gut genug. Solche Artikel tragen dazu bei, dass es bald niemanden mehr gibt der was organisiert.
@Branko: Wenn man das Waltrop der 80er- und 90er-Jahre mit dem der Gegenwart vergleicht, dann können einem eigentlich nur die Tränen kommen. Schönreden hilft da auch nicht weiter.
Die Beschreibung und Analyse ist – soweit ich das beurteilen kann – richtig. Nur, was ist zu tun? Andere kreisangehörige Mittelstädte – bspw. Schwerte in meinem Focus – kriegen doch was hin.
@Detlev Winkler: Ganz ehrlich? Ich fürchte, für Waltrop ist es inzwischen zu spät. Einen Aufschwung, der unser ehemals schönes Städtchen wieder in den Zustand früherer Jahre führen wird, wird es zumindest zu meinen Lebzeiten wohl nicht mehr geben. Dafür war der Abschwung der vergangenen Jahrzehnte zu lang und zu krass. Waltrop ist ja längst in den Top-10 der Städte mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung von NRW angekommen. Eigentlich eine Schande…. Selbst die Bürgermeisterin hat mir gegenüber im Interview im Herbst nicht mehr von einem Schuldenabbau sprechen wollen, sondern nur noch von einem Stopp der Neuverschuldung. Wo sollen da kurz- bzw. mittelfristig die Impulse für mehr wirtschaftliche Spielräume in der Stadtkasse herkommen? Hier ist Mangelverwaltung angesagt. Mehr nicht mehr. Und die Themen und Probleme sind vielfältig: Kultur, Infrastrurktur, Lokalpolitik, Gewerbeentwicklung, Zustand der Schulen, Brücken und Sportstädten. Man könnte das seitenlang fortsetzen. Und da soll man sich über eine einsame Glühweinbude in der Fußgängezone freuen, wo es da doch früher einen gemütlichen Weihnachtsmarkt quer durch die gesamte Fußgängerzone gab? Ich beneide die Gemüter, die dazu in der Lage sind das alles noch irgendwie positiv darzustellen. 😉 Gute Nacht, Waltrop! 🙂
Also als Externer, der öfter mal mit dem Rad da war, sehe ich auch ne Menge Potential: der Kanal, die Nahtstelle als Übergang zum Münsterland mit ordentlich Landschaft drumherun, das Gewerbebiet rund um Manufactum und Hase Bikes mit dem Umfeld. Landwirtschaft, Hofeinkauf. Wohnen kann man da doch auch bestimmt günstiger und schöner als in Mengede o.ä. Daraus müßte sich doch was machen lassen?
Haushaltsfragen mal aussen vor. Auch wenn Herr Laurin vermutlich schimpfen wird, muss man da wahrscheinlich die Handlungsfähigkeit der Kommune temporär mit einem dicken Scheck aus Berlin und Düsseldorf wiederherstellen.
Und da ja sogar die Hauptstadt nur durch Bundesländer, die deutlich besser organisiert sind, am Leben gehalten wird, muss da doch was gehen als "letzte Chance".
Ihr wohnt einfach im verkehrten Kreis, Kreis recklinghausen ist einfach ein toter Kreis mit ein paar wenigen Ausnahmen! Das es anderes geht sieht man ja in euren Nachbars Kreisen wie Kreis Coesfeld oder selbst im Kreis Unna. Selber wohne ich seit mehreren Jahren in Selm und ich muß wirklich sagen hier passiert in den letzten Jahren viel positives! Es liegt zumeist an der Politik da muß ich einfach sagen haben wir einen sehr guten Bürgermeister der sich wirklich für seine Stadt eingesetzt hat und Gelder vom Land für seinen Haushalt bekommen hat. Somit passiert viel neues in der Stadt, wenn Politiker sich lieber ihren ar… Breit sitzen passiert. Da befinden wir uns auf einen guten Weg. In diesem Sinne ein Gruß nach Waltrop und allen eine besinnliche vorweihnachtszeit
Nach der Landflucht kommt die Stadtflucht und dann wird Waltrop wieder beliebt sein. Und was heute noch Mist ist, wird morgen gar nicht mehr so schlimm sein und vielleicht besser werden. Warten Sie's ab.
Jaja, "gemütliche Weihnachtsmärkte", ein Anachronismus. Wie oben schon erwähnt, verlangt "das Volk" jedes Jahr nach noch mehr Bespaßung bei möglichst noch billigeren Glühwein-Preisen und die Händler machen das ab einer gewissen Toleranzgrenze, die schon vor vielen Jahren nicht nur zu Weihnachten, sondern auch auf Wochenmärkten, den üblichen Straßenfesten und sonstigen Standard-Events längst überschritten war, aus reinen Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht mehr mit.
Recklinghausen baut sein Weihnachtsmarkt-Angebot kontinuierlich aus, da kann man sich als Marktbeschicker drauf konzentrieren und hat seinen Umsatz. Wenn sich keine Ehrenamtliche und Vereine finden, hat sich das Thema Weihnachtsmarkt allein schon durch die Finanzmacht der regionalen Metropolen längst erledigt.
Apropos Waltrop: Darf ich an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass ich auch den Umgang mit diesen dubiosen Fördertöpfen in Waltrop und vergleichbaren Städten unmöglich finde? 😉
https://www.ruhrbarone.de/staedte-im-kaufrausch-stoppt-endlich-diesen-foerdertopf-wahnsinn/166860
Ich finde es schade,dass Waltrop Innenstadt sein Flair bedeutend verloren hat. Ich komme aus Lünen und eigentlich gebürtiger Dortunder. Ich bin aber noch gern in Waltrop,wegen der Ruhe. Der Markt ist toll heute noch. Auch in Teilen Dortmund oder gar Brambauer gab auch früher romantische Märkte zu Weihnachten. Nicht nur im Kreis Re wird gekürzt. In Dortmund gehe Ich seit Jahren nicht mehr zum Weihnachtsmarkt. Für mich ist da nur noch Kommerz,hat null Romantik. Dann die Massen an Menschen.
Geil! Die oinzigschde Stadt in Schland, die ohne Jahres-End-Gefühlsduselsterror-Kitsch-Markt mit Kopfwehplörre auskommt.
Waltrop wird bald Heimstatt aller atheistischen Schwaben! Ich kauf das Loch. Hier bin ich daheim!1!!
Als Waltrop Gefahr lief, Mitte der 70er des vorigen Jahrhunderts im Zuge der kommunalen Neuordnung (Eisen-Kommission) von Dortmund eingemeindet zu werden, gab es ein lokalpatriotisches Gemeinschaftserlebnis: HÄNDE weg! Waltrop verblieb im Kreis Recklinghausen und eine große Mehrheit stand hinter der Politik "Wohnstadt im Grünen". Nicht: Einkaufsstadt im Grünen oder Handwerkerstadt im Grünen…etc. WOHNSTADT. Nun pendeln zig Millionen Euro möglicher Einzelhandelsumsatz jedes Jahr vornehmlich in den Dortmunder Raum (riesiger Pendler-Überschuss). Und nun, wo der Online-Handel auch noch hinzu gekommen ist, wundert es manche Zeitgenossen, dass in der ohnehin zu großen Fußgängerzone nur noch ein Tannenbaum steht? Nein. Waltrop ist dennoch eine liebenswerte Stadt. Schöne Weihnacht!
Wofür soll eigentlich ein Weihnachtsmarkt laut Ihrer Vorstellung stehen, Herr Patzwaldt?
Wochenlang Bratwürste, Glühwein und überteuerte China-Dekoware einer stark gealterten kleinen Käuferschaft präsentieren? Mindestlohn, Verwaltungsbürokratie und dazu noch das unternehmerische und klimatische Risiko tragen?
Die gläubigen Christen sammeln?
Noch schnell ganz besondere Delikatessen oder exotische Dinge für die Festtage kaufen?
Wer kommerziell in Waltrop so etwas macht, derjenige ist entweder masochistisch oder schlicht strukturiert. Wer es aus Eigenantrieb, also nicht kommerziell und ohne davon Leben zu müssen, im Sinne einer Gemeinschaftsveranstaltung macht, gern. Aber da ist dann auch wieder das Thema Bürokratie, wenn eine gewisse Größe erreicht ist.
Weihnachtsmärkte sind Spiegelbild der deutschen Lebensart. Ein Bewertung kann sich jeder selber machen. Sie wäre ein Blick in den Spiegel und dieser ist nicht immer erwünscht.
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