Uraufgeführt wurde „Warten auf Godot„ in Paris im Jahr 1952 und ist einer der Wegweiser des absurden Theaters. Seit 70 Jahren ist das Stück von Samuel Beckett an europäischer Bühnen ein Klassiker, der immer wieder ins Programm genommen wird. Matthias Hartmann feierte damit am Schauspielhaus Bochum vor 20 einen großen Kritiker- und Publikumserfolg. Der Stoff ist vielschichtig interpretierbar – und pendelt zwischen clownesker Spielerei und der Sinnlosigkeit allen Tuns. Ein Kulturzentrum im niederländischen Groningen hat die Aufführung eines Theaterstücks nun untersagt, weil darin nur Männer spielen.
Die englischsprachige Theatergesellschaft der Groninger Universität hatte nur Männer zum Casting für die fünf Männerrollen eingeladen. Daher darf das Stück nicht wie geplant im März im Kulturzentrum der Universität Groningen aufgeführt werden. Es gehe nicht an, dass Gruppen von Menschen ausgeschlossen würden, sagte eine Sprecherin des Zentrums der Deutschen Presse-Agentur.
„Als ob ich in einem absurden Traum gelandet bin“, sagte Regisseur Oisín Moyne (26) der Tageszeitung Dagblad van het Noorden. Er habe überhaupt nichts dagegen, dass auch Frauen Männerrollen spielten. Nur fürchtet seine Theatergruppe gerichtliche Schritte durch die Stiftung, die Becketts Rechte verwaltet: „Wir sind nur eine kleine Gesellschaft, und das können wir uns nicht leisten.“
Beckett stilisiert in seinem Stück das Ausharren einer Nebensächlichkeit, sich die Zeit zu vertreiben. In der Auseinandersetzung mit den drängendsten Fragen der Nachkriegszeit geht es darum, damit auch das Denken zu vertreiben und den Fragen nach der Ursache millionenfachen Sterbens durch immer neue Spiele auszuweichen. Was im ersten Fall noch als Clownerie oder „absurdes Theater“ zweier Landstreicher erscheint, wird Stück für Stück zur moralischen Verweigerung einer Welt, sich rückblickend mit ihren Traumata zu beschäftigen. Die Cancel-Culture von heute hingegen sorgt für neue Alpträume.