Warum auch im Ruhrgebiet höher und dichter gebaut werden muss

Geht doch: Sowas wie eine Skyline in Essen Foto: Denis Barthel Lizenz: CC BY-SA 3.0

Die aktuelle Wohnungskrise ist nicht vom Himmel gefallen. Sie wurde politisch gemacht, war absehbar und hat nur eine Lösung: Neubau und Spekulationsstopp. Nur beides zusammen funktioniert, denn die Profiteure der Krise, sprich alle die Häuser und Grundstücke in Ballungsräumen besitzen, sind so lange nicht ernsthaft an Neubau interessiert, wie sie durch weiteres Abwarten und immer höhere Mieteinnahmen mehr verdienen als durch Bauen.

Deswegen kann auch die Mitpreisbremse nicht funktionieren. Sie wird sowohl von Hausbesitzern als auch von Mietern systematisch unterlaufen. Wenn obendrein fast 100 Prozent von Bundes- und Landtagsabgeordneten Grund- und Hausbesitzer sind, fehlt auch die nachhaltige politische Motivation diesen Zustand zu ändern. Stattdessen findet eine leistungslose und massive finanzielle Umverteilung von Mietern zu Vermietern statt.

Deswegen funktioniert bei privaten Investoren fast ausschließlich der Luxuswohnungsbau, da nur er Mieteinnahmen garantiert, die die durch die Spekulation massiv steigenden Grundstückskosten durch entsprechende hohe Einnahmen zu kompensieren in der Lage sind. Dazu kommen die baurechtlichen Auflagen und Regelungen, die speziell in Deutschland jede Art von Wohnungsbau in den letzten Jahrzehnten massiv verteuert haben.

Politiker, die dazu noch in den letzten Dekaden öffentliche Wohnungseinheiten zu Hundertausenden privatisiert und deren Weiterkauf unversteuert gelassen haben, sind auch auf diesem Gebiet massiv mitschuldig geworden. Von der völligen Vernachlässigung des sozialen und des genossenschaftlichen Wohnungsbaus ganz zu schweigen. Alles in allem muss auch im Ruhrgebiet von einem großen Kartell der Profiteure dieser Entwicklung gesprochen werden, die alles zusammen für das aktuelle Desaster auf dem Wohnungsmarkt verantwortlich sind.

Da aber die Politik zu Zeit nicht das geringste Interesse zeigt, die Bodenspekulation zu bremsen und die dortigen leistungslosen Gewinne steuerlich abzuschöpfen, bleibt für die kommenden Jahre nur noch ein wirksames Instrument zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Ballungsräumen übrig: Die möglichst schnelle Bebauung von noch im öffentlichen Besitz befindlichen Flächen, die sie für den Wohnungsbau eignen, und das obendrein in hoch verdichteter und möglichst preiswerter Bauweise.

Diese Nachverdichtung der Städte stößt dabei natürlich auch im Ruhrgebiet auf Protest von denen, die wohnungsmäßig versorgt sind und ihrem eigenen Interesse stattdessen für den Erhalt von Frei- und Grünflächen plädieren. Wobei das Ruhrgebiet schon lange nicht mehr unter zu wenig unbebauten Raum, geschweige denn über zu wenig Landschaftsflächen verfügt. Auch und gerade im innerstädtischen Bereich. Neubaumaßnahmen sind deswegen hier in der Regel auch stadtökologisch kein Problem.

Hinzu kommt, dass jede innerstädtische Nachverdichtung durch Wohnungsbau das gesamtstädtische Verkehrsaufkommen insgesamt senkt. Wenn man bedenkt das gerade aus dem Verkehrsbereich ein erheblicher Teil der Umweltbelastung stammt, ist gerade im Ruhrgebiet eine weitere städtebauliche Verdichtung dringend geboten und stadträumlich problemlos möglich. Was allerdings die aus gutem Grunde die im Geringsten interessiert, die ihren dortigen Besitzstand wahren wollen.

Die kommunale Politik muss sich deswegen auf erhebliche Auseinandersetzungen gefasst machen, die sie nur dann durchstehen kann, wenn sie sich uneingeschränkt auf die Seite der Wohnungssuchenden stellt und zugleich die im Ruhrgebiet gut verankerte Genossenschaftsidee massiv fördert. Der kollektive und selbstverantwortliche Mietwohnungsbau ist die Zukunft des bezahlbaren Wohnens in Ballungsräumen. Nicht nur im Ruhrgebiet, aber besonders dort.

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dirk weber
dirk weber
6 Jahre zuvor

Wenn Friedrich Merz seine Spezialdragees in den Raum wirft, wird alles besser. Dann verdienen die oberen 0,3 Prozent noch mehr, während das Mittelfeld mit Dieselstrafen zur Kasse gebeten wird und die Obdachlosen dann Strafe zahlen müssen, wenn sie CO-2-haltige Luft anderen Mitbürgern in der Innenstadt wegatmen. In Hamburg, wo die Mieten zuletzt binnen zwölf Monaten um 4,4 Prozent gestiegen sind und im Durchschnitt 13,24 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden müssen, ist schon wieder eine neue Verordnung in Kraft getreten. Es ist die elfte dieser Art. Die neue Verordnung verbietet künftig jede Form der Luxussanierung von Wohnungen in großen Teilen Eimsbüttels, Hoheluft-West und Stellingen-Süd. Es ist eine Katastrophe und die wird uns noch lange begleiten.

Jürgen
Jürgen
6 Jahre zuvor

Tja, gibt es Zahlen dazu, wie viele und welche Wohnungen in den Städten und Gemeinden des Ruhrgebiets leer stehen? Wo stehen diese Wohnungen leer? Wem gehören diese Wohnungen? Wer sitzt auf Bauland, beispielsweise ehemaligen Industrieflächen, die bebaut werden könnten? Wie lange liegen diese Flächen bereits brach und wie schnell könnten diese Flächen aktiviert werden? Und, ganz wichtige Frage, weshalb gibt es auf einmal eine Wohnungsnot? Sind in den letzten Jahren in nennenswertem Umfang Wohnungen abgerissen worden? Stehen Wohnungen in nennenswertem Umfang leer (weil so gewollt? weil gegenwärtig unbewohnbar? weil als Eigentumswohnung gebaut, verkauft und nun nicht genutzt/selten genutzt?).

Der pauschale Ruf nach Wohnungsbau erklingt aus meiner Sicht zu schnell. Man sollte doch erst mal genau schauen, weshalb ein (vermeintlicher) Mangel an (Miet-)Wohnungen im Ruhrgebiet existiert. Dann kann man vielleicht bessere Strategien gegen den (vermeintlicher) Mangel an (Miet-)Wohnungen entwickeln, ohne wieder Subventionslöcher aufzuwerfen.

ke
ke
6 Jahre zuvor

Was jetzt Herr Merz mit den Mietpreisen zu tun hat, ist für mich nicht nachvollziehbar, aber offensichtlich eignen er sich einfach wunderbar als Ziel für blöde Sachen.

Ja, eigentlich ist der Bau von größeren Wohneinheiten im Stadtzentrum die Lösung, um viele Probleme zu lösen. Offen bleibt dann nur, wie eine Verwahrlosung in einem anonymen Haus ohne soziale Kontrolle verhindert werden soll. Hausmeister Krause ist out, und er will auch verdienen. D.h. alle Dienstleistungen erhöhen die Nebenkosten. Wer putzt heute noch die Treppe selber, abgesehen vom Eigentümer? Wer will den Schnee fegen?
Das alles kostet.

Alternativen können in einem guten Nahverkehr gesehen werden, der auch Randlagen/Dörfer etc. mit Leerstand wieder attraktiv werden lässt. Nur schaffen wir es seit Jahren nicht, bspw. einen RRX zu bauen.

Dass die Mieten steigen. Ist doch kein Problem. "Die Mieten sind bezahlbar, denn ich kann sie bezahlen" (https://www.youtube.com/watch?v=bycxKWiwXAo).

Die Ursache ist natürlich vielfältig. Die Städte ziehen Menschen an. Die Bevölkerung steigt, die Ansprüche steigen. Aber auch die Auflagen.
Ich werde in diesem Bereich nicht investieren.

Im Ruhrgebiet hatten wir überwiegend mit einem Bevölkerungsschwund und schlechten Zeiten für Vermieter gerechnet. Dann kamen Einwanderer und insbesondere die Konkurrenz für günstige Wohnungen stieg.

Es ist aber auch bemerkbar, dass immer mehr Siedlungswohnungen in Dortmund aufgewertet werden. Das kostet natürlich.

Eine Mietpreisbremse über lange Zeit gibt es in einigen Städten, die Häuser sehen auch dementsprechend aus. Es ist also keine Lösung.

In den Boom-Städten stellt sich natürlich die Frage, wie man den hotelartigen Vermietungsmodellen mit entsprechenden Auflagen begegnet. Ebenso könnten hier auch die Finanzämter stärker kontrollieren, ob auch alle Einnahmen abgeführt werden.

Also höher, breiter und evtl. auch einfach kleiner, wenn die Kinder raus sind. Die genossenschaftlichen Ideen finde ich auch gut. Ich würde hier noch weiter gehen und auch mehr Eigenleistung zur Reduktion von Dienstleistungen anstreben (Hausflurputz, Strassen fegen, …).
Insgesamt muss alles ausgeschöpft werden, was auch Kosten senken kann. Muss bspw. wirklich für die nächsten 100 Jahre gebaut werden?

Detlef Wübbenhorst
Detlef Wübbenhorst
6 Jahre zuvor

Meines Erachtens fehlt ein wesentlicher Aspekt. Die Mietpreise innerhalb des Altbestandes liegen z. B. in Oberhausen deutlich unter 6€ pro m2. Modernisierungen lassen sich wirtschaftlich nur schwer darstellen. Trotzdem hat der Bestand an Altimmobilien, insbesondere aus der Zeit des Anfangs des letzten Jahrhunders einen besonderen städtebaulichen Wert. Durch neuen Wohnungsbau entsteht hier eine Konkurrenz, die Leerstände verursacht. Das ist kontraproduktiv. Es wäre deshalb ratsam, auch Förderprogramme aufzulegen, die dem Altbestand angemessen zu gute kommen.

ke
ke
6 Jahre zuvor
Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

@Autor: Wenn ich vermietender Altbau-Immobilienbesitzer in z.B. Dortmund wäre (was ich auch tatsächlich bin), würde ich mein Augenmerk momentan auf eine finanziell nicht so stark belastbare Klientel legen, die bezahlbaren Wohnraum in einer intakten Infrastruktur mit guter ÖPNV-Anbindung sucht und die heute für starke Nachfrage sorgt. Luxussanierung wäre und ist z.Zt. ein NoGo, weil gleichzeitig das benötigte Handwerk mit Fachkräfte- und Fachwissenmangel, überteuerten Großhandelspreisen und Kleinfirmensterben (wegen Ersterem) en masse zu kämpfen hat.

Das sind aber alles Gründe, die nur marginal mit politischen Entscheidungen in Berlin oder Ddorf zu tun haben.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

Arnold, Demokratie und Rechtsstaaterei stoßen blöderweise dort immer an Grenzen, wo die "freie Wirtschaft" mehr Rendite verspricht – bei diesem Thema besonders geil anhand der Bayrischen Verfassung zu beobachten. Dort heißt es:
"Art. 161
(1) 1Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. 2Mißbräuche sind abzustellen.
(2) Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen."

Und wenn man sich dann nur München anschaut, weiß man, dass sich der sog. Freistaat einen Dreck um solche Verfassungsgrundsätze schert. Auf die Politik sollte also Niemand mehr lange warten, wenn es um sozialen Wohnungsbau geht – da helfen auch die 5 Mios, die jetzt die schwarzgelbe NRW-Landesregierung z.B. Dortmund als Erhöhung der jährlichen Budgets für öffentlich geförderten Wohnraumbau auf 35 Mios "spendiert" hat, nicht weiter. Der wirkliche Bedarf an Geld und neuen Wohnungen übersteigt diese Bettelgabe um ein Vielfaches.

Eine möglichst schnelle und unbürokratische Freiziehung und Säuberung von immer noch reichlich vorhandenen Industriebrachen und der preisweite Verkauf dieser Flächen an Investoren wäre daher schon mal ein Anfang – allerdings darf es dann nicht so laufen wie wieder mal in Dortmund, wo die sehr citynahe Fläche des alten Südbahnhofs mit zum Teil öffentlich gefördertem Wohnraum, aber zum Großteil mit schweineteuren Appartments bebaut werden soll. "So ein Projekt soll marktgängig und lukrativ sein" heißt es vom Ober-Stadtplaner Rohr dazu:-((

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