Warum Cromme kein Ruhrbaron ist

Berthold Beitz ist der letzte echte Ruhrbaron. Sollte er einmal nicht sein, dann soll ihm zwar Mulit-Aufsichtsrat Gerhard Comme auf dem Führungsposten bei der Krupp-Stiftung folgen. Aber Cromme hat nicht das Format für einen Baron der Ruhr.

Beitz ist ein Mann, der sicherlich seine Fehler im Leben gemacht hat. Aber er ist über jeden Zweifel erhaben. Er hat das, was ich das „Moral-Gen“ nennen will. In der Epoche, in der sich in der deutschen Geschichte gezeigt hat, wer einen Arsch in der Hose hat, hat Beitz das richtige getan. Während der dunklen Nazi-Zeit hat er in Osteuropa Juden vor dem Tode bewahrt. Die Geschichte ist ausgiebig beschrieben und darf nie vergessen werden.

Das sympathische an dem Mann ist, dass er danach den Mund gehalten hat. In der Nachkriegszeit hätte er prahlen können, er wäre damit sicherlich noch berühmter geworden. Aber was tut der heute 97-Jährige? Er geht als Führungskraft zu Krupp. Er hilft dabei, dass die Kanonenschmiede der beiden Weltkriege im neuen Deutschland auf die Beine kommt.

Er schafft sogar noch mehr, er sammelte die Fragmente der deutschen Stahlindustrie zusammen. Heute heißt das Konglomerat ThyssenKrupp und gehört zu den größten Arbeitgebern der Republik. In dem Konzern geht nichts ohne die Krupp-Stiftung, die eine Viertel der Aktien hält. Wichtigster Vertreter in dem Unternehmen ist Gerhard Cromme, vielen bekannt als einer der Väter des Corporate-Governance-Kodex. Mit dem Kodex sollte die Mauschelei in und unter deutschen Führungsgremien transparent gemacht werden.

Ein schöner Gedanken, aber Cromme war dafür so geeignet wie ein Fuchs zur Hühnerstall-Überwachung. Einstimmig hat der Aufsichtsrat am Freitag einem Wechsel von ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz in den Aufsichtsrat zugestimmt. Ein klarer Bruch mit den Zielen des Kodex. Denn nach diesem darf ein sofortiger Wechsel nur die Ausnahme sein, in der Regel ist eine zweijährige Pause vor einem Wechsel vorgesehen.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Schulz einen angenehmen und kompetenten Manager. Aber in Ordnung ist der Wechsel nicht – gerade weil Cromme Aufsichtsratschef und Vater des Corporate-Governance-Kodex ist. Von dem Beitzschen Moral-Gen trägt er nicht mal eine Spur im Leibe. Cromme ist für den Posten eines Ruhrbarons disqualifiziert.

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Thomas
13 years ago

Cromme hat auch noch das Rheinhausen-Ding an der Backe.

Die Abwicklung des Rheinhauser Hüttenwerkes, des seinerzeit größten Stahlwerkes Europas hat der damals vollzogen. Gegen den Widerstand von allen. Gegen das ganze Ruhrrevier und die Bundesrepublik.

Der Sound war damals alarmistisch:

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13524780.html

Da kann man schon sagen, harter Junge, aber falsche Seite.

Ich bin natürlich als gebürtiger Rheinhauser nicht auf Crommes Seite, aber das, was der durchgeprügelt hat, war schon ne Glanzleistung.

Das gestehen Dir mittlerweile auch Gewerkschaftshäuptlinge bei nem Tresenbier zu.

Weil er hat ja den ganzen Shizel hart landen lassen, viel Geld vom Staat rausgebrochen, um die auslaufenden Stahlarbeiter und ihre nachlaufenden Söhne zu refinanzieren.

Insoweit würde ich – vorurteilsfrei – sagen: Cromme is ne Marke.

Vielleicht sogar Baron.

//Mal abgesehen davon, daß wir natürlich die Baronskis sind. Daß das mal klar ist. (-:

Thomas M
13 years ago

Danke für das schöne Stück.

Ich erinnere mich immer an ein Grafitto in Bochum.

In dem Stahlwerk dass Cromme dicht gemacht hat.

Da stand:

„Cromme Du Sau“

Arnold Voß
Arnold Voß
13 years ago

Paul, Thomas, seid wann vergeben wir Titel ? Dass wir uns selbst den Titel Ruhrbaron(e) verliehen haben finde ich angenehm (selbst)ironisch. Bei anderen sollten wir uns da eher zurückhalten, oder?

Cromme ist eindeutig eine Ausnahmeerscheinung, nicht nur unter deutschen Spitzenmanagern. Überlassen wir es Berthold Beitz, ob er ihn ernennt oder nicht.

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