Einen Verteidiger zu verlieren, der schon 35 Jahre alt ist und seinen Leistungszenit in den Augen der meisten Beobachter auch längst überschritten hat, sollte einen Fußball-Bundesligisten eigentlich nicht allzu lange beschäftigen.
Demzufolge wäre auch die heute offiziell bekannt gewordene Trennung von Borussia Dortmund und Mats Hummels in diesem Sommer eigentlich keine große Sache. Beim BVB ist das in der aktuellen Lage jedoch anders, schließlich verlierend die Dortmunder mit Hummels eine der wenigen verbliebenen echten Persönlichkeiten im Kader.
Auf der offiziellen Homepage der Borussia wird Hummels heute viel Ehre zuteil. Alle verbliebenen Verantwortlichen schicken, am Tag nach der Trennung von Cheftrainer Edin Terzic, dem langjährigen BVB-Verteidiger viele schmeichelhafte Worte hinterher. Inwieweit diese wirklich ehrlich gemeint sind, nachdem der offenbar jüngst eskalierte Zoff zwischen Terzic und Hummels zuletzt gleich mehrfach in die Öffentlichkeit geriet, lasse ich hier einmal dahingestellt, denn natürlich mag die Trennung von Hummels bei den Schwarzgelben auch damit direkt zusammenhängen.
Ein streitbarer Geist war der Verteidiger ja schon immer. Und will der BVB, nach der enttäuschenden Bundesliga-Saison 2023/24, in diesem Sommer wirklich mit aller Entschlossenheit einen echten Neuanfang wagen, wäre auch der Verzicht auf den alternden Weltmeister von 2014 nicht nur nachvollziehbar, er wäre sogar konsequent. Aber, wie dem auch sei, ich bin mir sicher, dass der Abgang von Hummels den Dortmundern auf Dauer noch mehr wehtun wird, als der von Terzic. Einen guten, neuen Trainer, den findet man auf dem Markt schließlich relativ einfach. Einem Team aber, dem es schon seit Jahren mehr und mehr an Charakter zu fehlen scheint, dem tut ein Abgang von einem so erfahrenen und intelligenten Spieler wie Hummels, der sich voll mit den Schwarzgelben identifiziert, der den Klub zudem in und auswendig kennt, deutlich mehr weh. Denn so einen Akteur kann man nicht einfach kurzfristig auf dem Transfermarkt von außen nach Belieben neu dazu holen.
Ein Blick auf den Kader des BVB offenbart das Problem: Mit Marco Reus verließ nach Saisonende bereits die andere große Identifikationsfigur den Ruhrgebiets-Klub. Nun geht auch Hummels. In Anbetracht der Anzahl und der sportlichen Bedeutung von bisher noch nicht fest verpflichteten Leihspielern (Sancho, Maatsen etc.) und etlicher seit Monaten formschwacher Spieler, die in Dortmund noch nicht an das Leistungsvermögen anknüpfen konnten (Süle, Nmecha, Haller etc.), das man sich hier von ihnen erwartet hatte, kommt dem Team so langsam der so wichtige Kern von Führungsspielern abhanden.
An wen soll sich das Team künftig noch anlehnen können, wenn es auf dem Platz sportlich eng wird? Aktuell hat wohl nur Torhüter Gregor Kobel das Zeug zum Anführer. Mit Abstrichen vielleicht auch noch der gerade für den deutschen EM-Kader nachnominierte Emre Can. Viel mehr ist da aber nach der verfehlten Personalpolitik der vergangenen Jahre nicht mehr. Der Rest der vorhandenen Truppe muss erst einmal mit sich selber (wieder) klarkommen, bevor es andere aufrichten kann. Und da es sich ja eigentlich verbietet einen Neuzugang direkt zum Kapitän zu bestimmen, dürfte es in Dortmund in Zukunft ohne Hummels in dieser Richtung noch enger werden, als bisher schon. Die Arbeit des zukünftigen Trainers erleichtert dieser Verlust an Führungsstärke auf dem Platz auch nicht gerade.
Mag die Trennung von Ex-Nationalspieler Hummels aus interner Sicht auch alternativlos und sportlich nachvollziehbar gewesen sein, als BVB-Fan muss man befürchten, dass diese Entscheidung den Verein auf Dauer deutlich mehr schmerzen wird, als der gestern verkündete Abgang von Coach Edin Terzic.
„…von einem so erfahrenen und intelligenten Spieler wie Hummels, der sich voll mit den Schwarzgelben identifiziert,…“
M.W. ist Hummels ein Bayerngewächs, der zwischen dem FCB und dem BVB hin und her pendelte. Die Identifikation mit dem BVB ist wohl mehr eine gute PR-Arbeit als eine tatsächliche. Und mit seinem Interview vor einigen Tagen hat er m.E. zu der Aufgabe des Amtes durch Terzic beigetragen. Mit solchen Spielern wollte ich auch nicht arbeiten, da braucht es ja keine Feinde außerhalb des Vereines mehr.
@vormals SVG: Das spräche dann aber nicht für Terzic. Ein starker Trainer kommt mit sowas klar und nutzt es im Idealfall sogar zu seinem Vorteil. Ein Ottmar Hitzfeld bei Bayern zum Beispiel musste sich ja auch über Jahre hinweg mit streitbaren Führungsspielern wie Effenberg oder Kahn auseinandersetzen. Und er kam gut damit klar, hatte fast durchgängig eine Top-Mannschaft. Von Terzic kann man das nicht behaupten. Dessen Mannschaftsgefüge passte jetzt über Jahre nicht wirklich gut zusammen. Das ist aber die Aufgabe des Trainers. Hummels sind halt am Ende ein paar Mal die Nerven durchgegangen. Das sollte natürlich so auch nicht sein, aber ich kann ihn verstehen. Er ist halt extrem ehrgeizig. Dann nerven diese Schwankungen irgendwann. Von Terzic auf der anderen Seite kamen viel zu häufig nur Phrasen, wenn es eng wurde.
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