Franz-Josef Britz, der OB-Kandidat der Essener CDU will Essen zur Hauptstadt des Ruhrgebiets machen. Dafür gibt es gute Gründe…
Nachtleben
Ob Bonn oder Canberra – Verwaltungssitze zeichnen sich nicht immer durch ein spannendes Nachtleben aus. Jeder, der bei schönstem Sommerwetter an der Rüttenscheider Straße schon einmal um 22.00 Uhr ins Haus getrieben wurde, weiß was ich meine.
Kultur
Politik und Kultur passen nicht zusammen. New York ist spannender als Washington, Amsterdam cooler als Den Haag. Eine Konzerthausauslastung von schlappen 34 Prozent und das Downsizing der Zeche Carl sprechen für Essen.
Wissenschaft
Geist und Verwaltung mögen sich nicht – Oxfort und Cambridge liegen auch nicht in London. Essen hat keine eigene Uni mehr und ist als Wissenschaftsstandort eher mau.
Sport
Fußball lenkt ab – wie gut, dass Essen nur einen Viertligisten hat und die Moskitos (Kein Fußballverein, machen irgendwas anderes) in der Insolvenz stecken. Da kann man sich gut auf das Jonglieren mit Verwaltungsvorlaben konzentrieren.
Prestigeobjekte
Hauptstädte sind klamm – und leisten sich teure Prestigeobjekte. Wie Essen. Schon ein fetter dreistelliger Millionenbetrag floss nach Zollverein und die Chancen stehen gut, dass weitere Millionen folgen. Hauptstadtwürdig!
Übrigens: Ich bin für Herne als Hauptstadt des Reviers!
Da hat der Oberlehrer einen dicken Schnitzer gelandet. Ein Punkt für den Kandidaten der SPD in Essen.
Aber bei aller Kritik. Immerhin hat er die Debatte über das Ruhrgebiet wieder angefacht. 🙂 Wenn auch für ihn persönlich sehr schädlich.
Ich bin für Bottrop. Vielleicht sollte man die „Hauptstadtfunktionen“ einfach verteilen? Eine Stadt kriegt das Baudezernat, eine das Bürgermeisteramt, eine die Verwaltung der Müllabfuhr, eine die Behörde für Parks und Gärten, …
Ich will Henrichenburg, schon als Kind fand ich es cool dem Schiffshebewerk zuzugucken.
Ausserdem hört sich Henrichenburg so voll chefmässig an !
Wenn mit Hauptstadt die Mitte von Ruhr gemeint ist, dann gilt: Wo keine Mitte da auch keine Hauptstadt. Wenn mit Hauptstadt wichtige Stadt gemeint ist dann gilt: Ruhr hat viele Hauptstädte. Wenn mit Hauptstadt das räumliche Zentrum von Ruhr gemeint ist, dann ist das (ob man das will oder nicht) Bochum. Wenn mit Hauptstadt konzentrierte Urbanität inklusive Nachtleben gemeint ist, dann ist das das Bermuda-Dreieck in der Mitte von Bochum, in Fachkreisen auch B3E genannt.
Zusammen mit dem renommierten Bochumer Stadttheater,dem zukünftigen Konzerthaus, der Ansiedlung des Prinz-Regent-Theaters und der neuen Kleinkunstbühne am alten Bahnhof wird hier zur Zeit in stadtökologisch vorbildlicher fußläufiger Entfernung zueinander eines der spannendsten und kreativsten Viertel von Ruhr zu einem echten Hot Spot weiterntwickelt.
Spitzenidee. Welche Stadt auch immer den Topf gewinnt, die kann sich dem Hass der anderen sicher sein. Schlage daher vor, eine Stadt im Osten zu wählen. Vielleicht Eisenhüttenstadt. Der Name passt zum Revier.
@Arnold Warum sollen die Menschen aus Wesel, Voerde, Dinslaken, Moers und Rheinberg bis ins Bermuda-Dreieck nach Bochum fahren. Sie tun`s nicht! Sie fahren noch nicht mal nach Essen. Ich treffe sie dagegen in Duisburg und Oberhausen.
@Nobby: „Ich treffe sie dagegen in Duisburg und Oberhausen.“ Was ja nun auch Ruhrgebietstädte sind – und über einen Austritt aus dem RVR noch nicht einmal diskutiert haben.
Das Wort „Hauptstadt“ halte ich für übertrieben. Kein Wunder, wenn man so den Unmut der Übrigen auf sich zieht.
Dass Essen eine führende Rolle in der Metropole Ruhr spielen soll, halte ich auch für richtig. Nur eben nicht allein, denn es gibt mehrere Zentren. Allein schon die Lage von Essen spricht für eine solche Rolle – und dass sie unausweichlich ist. Mir ihrem Verhältnis zur Metropole Ruhr werden sich alle OB-Kandidaten befassen müssen, prophezeie ich für die anstehenden Wahlkämpfe. Dann gerade auch Essen. Nicht nur der Regionalverband Ruhr muss (müsste) die Metropole vorantreiben, auch die Städte.
@ Nobby
Niemand muss in die Bochumer Innenstadt fahren. Nichtmal die Bochumer die außerhalb ihrer Innenstadt respektive weit weg vom Bermuda-Dreieck leben. Wenn aber jemand z.B. aus Moers einen netten Abend mit Designershopping, renommiertem Theater, vielfältiger Auswahl an Toprestaurants und illustren Nighthawk-Absackerkneipen in einem Luftlinienradius von 300 Metern erleben will, dann gibt es in der Nähe nur drei Möglichkeiten: Düsseldorf, Köln und Bochum.
Düsseldorf, Köln? Bochum?! 🙂
Zwischen Düsseldorf und Köln bestehen ja schon erhebliche Unterschiede in Sachen Nachtleben – Bochum dagegen kam mir immer vor wie eine nette Mittelstadt mit ein bisschen Studentenleben. Das Theater ist gut, keine Frage. Aber Bayreuth hat auch ein schönes Opernhaus… Und wegen ein bisschen konzentrierter Systemgastronomie ist eine Stadt noch lange nicht das Zentrum des Zeitgeists, sondern eher ein Hort des Mittelmaßes. Und dieses Mittelmaß erstreckt sich über das ganze Revier – über unzählige Musicals, Systemkneipen, rumpelige Autobahnen und Shopping-Malls. Dementsprechend trifft es vielleicht sogar den Nagel auf den Kopf, wenn Essen die Revier-Hauptstadt werden würde. Es ist schließlich noch mittelmäßiger, grauer und langweiliger als der Rest. Tirana ist ja auch die richtige Hauptstadt für Albanien.
So lange sich im Ruhrgebiet OB-Kandidaten mit solchen sinnfreien Hauptstadtfrage beschäftigen – und nicht versuchen aus ihren Mittelstädten etwas Neues heraus zu erschaffen, wird das Ruhrgebiet immer weiter absteigen. Die OBs in Köln, Düsseldorf oder auch in Amsterdam haben derzeit jedenfalls keinen Grund zur Sorge, dass ihnen eine der Ruhr-Städte den Titel Hauptstadt des Westens streitig machen könnte.
Es fehlt einfach an Mut zur Einzigartigkeit. Der Pott kann nur in Form einer polyzentristischen Megalopolis eigene Töne zum Konzert der Metropolen beitragen.
@ Mitleser
Natürlich ist es vermessen, Köln und Düsseldorf, geschweige den Amsterdamm 1:1 mit Bochum zu vergleichen. Aber es ging mir gar nicht um einen Städtevergleich. Und das aus ein paar Dutzend Mittelstädten, nur weil sie eng beieinander liegen, automatisch eine Metropole wird, halte ich ebenfalls für eine Illusion.Dazu habe ich mich in diesem Blog schon mehrfach und ausführlich geäußert.
Es ging mir um Urbanität als solche, und die ist keineswegs an die quantitative Größe einer Stadt gebunden. Das gleiche gilt für ihre Kreativität. Auch sie ist keine Frage der Menge von Architekten, Künstlern, Journalisten, Designern und was sonst aktuell zu der viel gerühmten „Kreativen Klasse“ gezählt wird. Es reichen recht wenige wirklich innovative und hoch motivierte Leute aus, um einen Ort zum Hot Spot zu machen. Von denen allerdings gibt es auch in Köln, Düsseldorf, Berlin usw. verdammt wenige. Der Rest ist herbeigeschriebener Hipe. In diesem Sinne kreative Journalisten gibt es nämlich sehr wohl in Massen.
Ihre letzten beiden Comment-Kapitel kann ich allerdings nur unterschreiben und mit einem Ausrufezeichen versehen.
@Voss: Ich gebe Ihnen auch Recht. Ein Haufen Schwaben, die mit Notebook im Cafe sitzen, machen aus einem Ort noch keinen Hot Spot. Kreativität ist leider auch kein geschützter Begriff. Doch diese Nachahmer sind trotz all ihrer negativen Eigenschaften auch ein gutes Zeichen für eine Stadt. Denn sie sind immer da, wo gerade was los ist. Wie Zugvögel. Im Ruhrpott wird diese Vogelart jedoch noch viel zu selten gesichtet. Weil zwischen Duisburg und Dortmund kaum etwas bahnbrechendes passiert. 😉