Das mit dem Strukturwandel im Ruhrgebiet ist ja bekanntlich so eine Sache. Wirklich gut gelungen ist er bisher keiner der großen Städte in der Region. Es gibt dabei zudem gravierende Unterschiede. Manche Metropole hat ihn offenkundig schon besser gemeistert als andere.
Zu den Großstädten, wo es noch immer am meisten zu tun gibt, zählt aus meiner Sicht zweifelsohne Duisburg. Schon rein optisch präsentiert sich Duisburg im Jahre 2023 ganz anders als zum Beispiel Dortmund. Der Westen des Ruhrgebiets ist im 21. Jahrhundert insgesamt noch immer deutlich mehr geprägt von Relikten der Schwerindustrie und den Resten aus der Zeit der großen Zeit des Reviers vor rund 50 oder mehr Jahren. Im Osten, wo ich seit dem Beginn der 1970er-Jahre beheimatet bin, sieht man große Schlote, Zechen und Stahlwerke inzwischen hingegen nur noch vereinzelt. In der Region rund um Duisburg prägen sie hingegen noch viel deutlicher sichtbar das aktuelle Stadtbild.
Was sich im Alltag häufig als nachteilig erweist, das hat jedoch auch seine guten Seiten, wie ich am Wochenende bei einem Ausflug nach Duisburg wieder einmal ganz frisch entdecken durfte. Nachdem ich mich am Freitag der Stadtentwicklung rund um den Phoenix See in Dortmund gewidmet hatte, zog es mich am Sonntag nach Duisburg in den Landschaftspark Nord. Beide Areale beherbergten einst große Betriebe der Stahlindustrie. Ihr Antlitz in diesen Tagen könnte hingegen unterschiedlicher kaum sein.
Während man in Dortmund auf einen kompletten Kahlschlag setzte, das Gelände rund um den heutigen See im Vorort Hörde vor einigen Jahren von Grund auf einer Neugestaltung und –Nutzung unterzog, setzen sie in Duisburg eher auf Nostalgie. Hier feiern sie stolz die Ruhrgebietsgeschichte, haben das ehemalige Hüttenwerk Duisburg-Meiderich in einen spannenden Landschaftspark verwandelt.
Und auch wenn man eine Industrieruine natürlich nicht direkt mit einer Neunutzung als Neubaugebiet rund um einen künstlich und neu angelegtem See vergleichen kann, wird bei einem kurz hintereinanderliegenden Besuch der beiden ‚Parks‘ deutlich, wie unterschiedlich man als Stadtplaner mit einer ähnlich gelagerten ‚Altlast‘ umgehen kann.
Im Kern dienen beide Gelände heutzutage in erster Linie als Naherholungsgebiet. In Duisburg kann der Besucher in die Ruhrgebietsgeschichte eintauchen, bekommt einen intensiven Eindruck von der Vergangenheit, erkennt aber auch, wie kreativ man ein solches Areal heutzutage nutzen kann, ohne seine Geschichte dabei komplett zu verleugnen. Egal ob als Kletter- oder Tauchareal, als Open Air Kino oder als Festivalgelände, die historische Kulisse in Duisburg dient längst als Fläche in der tagtäglich modernes, städtisches Leben in zahlreichen Variationen stattfindet.
In Dortmund hingegen kann man die einstige Nutzung nur noch erahnen. Ein neu gestaltetes, edel aber auch ein Stück weit steril wirkendes Wohngebiet prägt einen von Designern entworfenen See, der mit hochpreisiger Gastronomie ein vorwiegend elitäres Publikum anzieht.
Was einen besser gefällt, das ist, wie immer im Leben, dabei Geschmackssache. Nachdenklich stimmen einen als Anwohner des Ruhrgebiets, der die Zeiten mit Schwerindustrie noch in Erinnerung hat, beide neu gestalteten Flächen. Jede auf ihre Weise und mit ihren eigenen vor- und Nachteilen.
Fest steht, dass der Landschaftspark in Duisburg mehr Charakter aufweist als zum Beispiel der Phoenix See in Dortmund. Will man einem Besucher das Ruhrgebiet zeigen, wird man ihn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch dorthin bringen. Das wurde mir bei meinen Besuchen an diesem Wochenende noch einmal ganz klar. Der Landschaftspark ist ein Stück gelebtes Ruhrgebiet, der Phoenix See hingegen ist auch gut zehn Jahre nach seiner Eröffnung im Vergleich dazu nur eine sterile Fassade.