Am Sonntag ist Kommunalwahl in Nordrhein Westfalen und wohl noch nie lohnte sich die Lektüre der Wahlprogramme so wenig wie in diesem Jahr. Es ist Kuschelzeit – nicht nur im Bund sondern auch in Städten.
Menschlich, Nah, Mutig – es ist viel gewitzelt worden über die oberflächlichen und belieben Versatzstücke mit denen die Parteien im Moment um Wähler werben. Auch die Programme machen nicht viel her – sie sind voller Wünsche und Pläne, die alle längst Makulatur sind, denn in den kommenden Jahren werden die Städte spoaren müssen, egal wer sie regiert. Angesichts der Haushaltslage in den Städten ist es mutig sich überhaupt zu bewerben, denn auf diejenigen, die ab Montag die Verantwortung tragen werden, kommen harte Zeiten zu.
Nicht nur dass die Gewerbesteuer in den Städten im ersten Quartal dieses Jahres um gut ein Drittel gesunken sein dürfte, um sich nun längere Zeit auf diesem niedrigen Niveau zu halten, auch vom Land werden über 250 Millionen Euro weniger an die Städte zugeteilt werden. Auch in Düsseldorf hat man kann kein Geld mehr. Und durch die steigende Arbeitslosigkeit werden die Kommunen schon bald deutlich mehr für Soziales ausgeben müssen.
Die spannende Frage im Wahlkampf wäre also gewesen: Wer will wo sparen? Wie sehen die Konzepte aus, die Städte wieder handlungsfähig zu machen? Darüber erfahren wir nicht allzu viel. Man spricht gerade im Wahlkampf ungerne über die unschönen Dinge im Leben, denn dem Wähler traut man nicht zu, die Wahrheit zu ertragen.
Aber ein paar Sachen kann man ahnen: Die Politik wird versuchen die kommunalen Unternehmen so lange zu halten wie sie kann – sie sind für die Parteien als Postenreservoir für verdiente Mitglieder viel zu wichtig, als dass sie sie leichtfertig aus der Hand geben werden. Auch an die RWE-Aktien wird man sich klammern. OK, im Moment ist der Kurs so niedrig, dass sich ein Verkauf oftmals nicht lohnt, aber das könnte sich ja in ein paar Jahren ändern.
Also wird es Steuererhöhungen geben: Bottrop hat heute schon einen ebenso hohen Gewerbesteuerhebesatz wie München – der RP in Münster aht die Stadt angesichts ihrer Haushalstmsisere zur Steueranhebung gezwungen. Andere Städte werden bald folgen – für die Wettbewerbsfähigkeit des Reviers ein Rückschlag. Und die Gebühren werden steigen: Ob Kindergarten, Stadtbücherei oder Abwasser – die Städte werden zugreifen wo sie können.
Und es wird auch die Stunde der städtischen Töchter schlagen: Sie werden mehr ihrer Gewinne abführen müssen. Das wird, zum Beispiel bei Stadtwerken, zu Preiserhöhungen und Kundenverlusten führen. Und die Städte werden sparen: Prestigebauten wie das Konzerthaus Bochum werden nicht mehr gebaut – oder auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Oft wird es nur noch um Gesichtswahrung gehen. Auch die Kultrurhauptstadt wird es treffen.
Grob zusammen gefasst: Wir werden für deutlich schlechtere kommunale Leistungen deutlich mehr bezahlen.
Was die Städte tun könnten? Sie könnten sich zu einem güsntigen Zeitpunkt von Unternehmensbeteilgungen trennen, sie könnten anfangen, Aufgaben vermehrt gemeinsam zu erledigen und so mittelfristig Personal einsparen. Sie könnten ihren Wohnungsbestand verkaufen – gerne mittels Genossenschaftsmodellen an die Mieter.
Und wir müssen darüber nachdenken ob es wirklich über 50 Städte und Gemeinden und mehr als ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen für knapp über 5 Millionen Menschen sein müssen. Der Preis für diese Wasserköpfe sind hohe Ausgaben und immer schlechtere städtische Leistungen für uns alle.
An der Ruhrstadt führt kein Weg vorbei. Das Ruhrgebiet kann sich nicht weiterentwickeln, so lange der riesige Kropf an Stadtverwaltungen, kaum kooperierenden Nahverkehrsunternehmen und die Region zersplitternden Landschaftverbänden und Bezirksregierungen weiter besteht. Wir haben nur dann eine Chance, wenn wir uns zu einer Stadt zusammenschließen und zentral und ökonomisch verwaltet werden. Dann würde beispielsweise auch mal auffallen, dass das Ruhrgebiet kein weiteres Konzerthaus braucht, denn wir haben schon drei.
Zu den Wahlslogans der Parteien in den Städten könnte man daher in Lehrermanier sagen: „Thema verfehlt!“
Die Heilserwartungen an eine zentral verwaltete Ruhrstadt (samt kongenialem Ruhr-OB) nehmen immer groteskere Züge an; jetzt fehlt nur noch jemand, der in Honeckerscher Manier ?Die Ruhrstadt in ihrem Lauf ?? intoniert.
@Eva: Auch die große Ruhrstadt würde von den gleichen Parteien (mit dem gleichen Personal und den gleichen Themen) regiert werden, die bereits in den vielen kleinen Ruhrstädten das Sagen haben.
Dass es bereits drei Konzerthäuser im Ruhrgebiet gibt, ist schon jetzt für niemanden ein Geheimnis, auch nicht in Bochum. Die Bochumer Bevölkerung kann auf dieser Grundlage sehr gut selbst entscheiden, ob sie willens und in der Lage ist, für sich und die Region ein weiteres Konzerthaus zu bauen und zu finanzieren.
@Dirk E Haas: Ja, es wären die gleichen, aber nicht mehr alle. Von den größten Spacken könnte man sich mit der Zeit trennen. Allein das lohnt den Versuch.
Der UBP-Bericht ist verschwunden, wieso ?