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Per Executive-Order beendete Trump vor zwei Wochen die staatliche Förderung von Institutionen mit DEI-Abteilungen (Diversity- Equity and Inclusion). Mit der Executive Order wurde auch ein Dekret aus dem Jahr 1965 von Johnson zurückgenommen, in dem Regierungsangestellte affirmative Maßnahmen ergreifen sollten, um Diskriminierung im Bewerbungsprozess entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren etablierten auch Universitäten affirmative Maßnahmen in ihren Bewerbungsprozessen. Aufgrund der extremen Konkurrenzsituation in den USA, um die begehrtesten Studienplätze, konnten sich Universitäten erlauben, auch bessere Bewerber abzulehnen und stattdessen unterrepräsentierte Gruppen zu bevorteilen. Von unserem Gastautor Joscha Friton.
Da staatliche Finanzierung auch in den USA einen großen Teil der Finanzierung für Universitäten ausmacht, werden DEI-Abteilungen an Universitäten durch die Androhung des Fördermittelentzugs nun de facto verboten. Viele Institutionen schalteten unmittelbar nach Verlautbarung ihre Websites offline, um sie nach möglichen Brüchen der Executive Order zu untersuchen. DEI-Abteilungen wurden aufgelöst oder umbenannt. Der Eingriff in den Handlungsspielraum der Universitäten ist möglich, da die Wissenschaftsfreiheit in der amerikanischen Verfassung nur durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt ist und die wird durch das Dekret nicht berührt.
Insbesondere die Bevorteilung einiger Gruppen gegenüber anderen wird in der Executive Order nun kritisiert. Dabei waren es zunächst Konservative, die Anfang des 20. Jahrhunderts an der Columbia University zum ersten Mal das Leistungsprinzip verwässerten. Damals gelang es immer mehr Juden, an der evangelischen Eliteuniversität angenommen zu werden. Die Universität führte daraufhin ein Verfahren ein, das neben dem Zeugnis auch einen Essay und ein persönliches Gespräch verlangte. So sollte verhindert werden, dass zu viele Juden das Campusklima veränderten. Ihnen wurde nachgesagt, sie würden sich nur auf den Lernerfolg konzentrieren und die sozialen Aspekte des Campuslebens vernachlässigen.
Erst in den 1960er-Jahren endete die diskriminierende Politik gegenüber jüdischen Bewerbern, doch die Zulassungsverfahren, bei denen Abschlussnoten eine geringere Rolle spielten, blieben bestehen. Sie entwickelten sich zum Werkzeug, um benachteiligte Gruppen zu unterstützen. Daneben wurden auch Quoten für unterrepräsentierte Gruppen eingeführt, die 1978 im durch den Bakke-Prozess verfassungsrechtlich relevant wurden. Allan Bakke, ein weißer Bewerber, hatte sich an der medizinischen Fakultät der University of California, Davis beworben, wurde jedoch zweimal abgelehnt. Er argumentierte, dass das Quotensystem der Universität, das eine bestimmte Anzahl von Plätzen für unterrepräsentierte Minderheiten reservierte, ihn aufgrund seiner Hautfarbe diskriminierte – obwohl er bessere Noten und Testergebnisse als einige der zugelassenen Minderheitenbewerber hatte. Viele jüdische Organisationen, wie das American Jewish Committee, der American Jewish Congress oder die Anti-Defamation League befürchteten durch die Quoten Nachteile für jüdische Studenten und ergriffen Partei für Bakke. Nach dem Gerichtsprozess feierten sich beide Seiten als Gewinner. Die jüdischen Organisationen freuten sich, dass feste Quoten verboten wurden. Zugleich betonten die Befürworter von affirmativen Maßnahmen, dass benachteiligte Gruppen weiterhin Vorteile im Bewerbungsprozess genießen könnten. Auch die jüdischen Organisationen betonten, dass das Urteil keine Absage an affirmative Maßnahmen sei, die sie selbst für sinnvoll hielten.
Der Bakke-Prozess verdeutlicht, dass Juden aus den Überlegungen der DEI-Abteilungen oft ausgeschlossen waren. Denn die affirmativen Maßnahmen beruhten auf der Annahme, dass die Sklaverei in den USA weiterhin fortwirkt und auch innerhalb des Bildungssystems eine Ungerechtigkeit erzeugt, der mit positiver Diskriminierung entgegengewirkt werden sollte. In diesen Überlegungen spielte der Hass auf Juden, die an den Universitäten meist überrepräsentiert war, keine Rolle.
Auch nach dem siebten Oktober bestätigte sich, dass sich DEI-Abteilungen für den Antisemitismus an Universitäten nicht zuständig fühlten. Mehrere Universitäten setzten daraufhin Taskforces ein um Antisemitismus auf dem Campus zu dokumentieren. Die im Sommer veröffentlichten Berichte der Stanford University, Columbia University und der University of Pennsylvania belegen, dass DEI-Abteilungen den Antisemitismus sich für jüdische Studenten nicht zuständig fühlten und den Antisemitismus an den Universitäten ignorierten. Im Dezember kam es dann zu einem prominenten Fall an der University of Michigan. Einer Mitarbeiterin der DIE-Abteilung der DEI-Abteilungen wurde vorgeworfen behauptet zu haben die Universität würde von wohlhabenden Juden kontrolliert. Die Professorin Rachel Dawson wurde daraufhin entlassen.
Schon 2021 fand eine Studie der Heritage Foundation heraus, dass Mitarbeiter von DEI-Abteilungen überwiegend Israelfeindliche Einstellungen vertreten. Tatsächlich beanspruchten auch antisemitische Demonstranten, gegen rassistische Unterdrückung und für Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion einzustehen. Diese Parallele ist kein Zufall, denn während der Einführung von DEI-Abteilungen entwickelte sich in den Universitäten seit den 60er und 70er Jahren eine neue akademische Tradition, die heute mit Begriffen wie Critical Race Theory oder Postkolonialismus beschrieben wird. Die neuen Theorien übten dabei einen starken Einfluss auf die Gestaltung der DEI-Abteilungen aus und sorgten dafür, dass in ihnen das postkoloniale Denken vorherrschte. So wurde auch in den häufig verpflichtenden DEI-Trainings gelehrt, dass es eine kollektive weiße Schuld für den Rassismus in den USA gebe und weiße Identität deswegen bekämpft werden müsse. Auch Juden wurden dabei häufig weiße Schuld angelastet. Es ist daher wenig überraschend, dass Abe Foxman, ehemaliger Leiter der ADL, und David Harris, ehemaliger Leiter des AJC, im Dezember das Ende der DEI-Abteilungen forderten.
Die nun von Trump durchgesetzte Abschaffung der DEI-Abteilungen bedeutet eine Schwächung der postkolonialen Theorie insbesondere in der Verwaltung der Universitäten. Es bleibt zu hoffen, dass das auch dem Antisemitismus unter jungen Studenten entgegenwirken wird.