Was für ein Kopftuchverbot spricht

Hijab und Niqab Foto: Hijabis4ever Lizenz: CC BY-SA 3.0


Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz will in Kindertagesstätten und Grundschulen das Tragen des Hijabs verbieten lassen. In NRW fordert jetzt Staatsekretärin Güler ein ähnliches Verbot. Auch wenn in Österreich in Hinblick auf die Regierung aus konservativer ÖVP und rechtsextremer FPÖ der Verdacht nahe liegt, dass die Motivation hinter diesem Verbot eher fremdenfeindlich, als wirklich emanzipatorisch ist, muss man trotzdem feststellen, dass dies – wenn vermutlich auch aus den falschen Gründen – dennoch ein Schritt in die richtige Richtung ist.


Aber wie kann ein staatliches Eingreifen, das ein Verbot ja nunmal ist, denn überhaupt in irgendeiner Weise Freiheit schaffen? Um diese durchaus wichtige Frage zu beantworten, muss erst einmal der Charakter des Hijabs und die dahinter stehende Ideologie beleuchtet werden.

Der Hijab ist eben nicht nur ein bloßes Stück Stoff, wie beispielsweise das Kopftuch als Modeassecoire, wie es gerne von Audrey Hepburn, oder der Queen getragen wurde. Es ist ein Angriff auf die Freiheit. Ein Ausdruck islamischer Geschlechterapartheid. Der weibliche Körper wird dabei komplett sexualisiert und muss deswegen verhüllt werden. Es teilt ein in Ehrenhafte und Ehrlose, rein und unrein. Dabei soll es nicht die Frau schützen, sondern einzig und allein den Mann vor sündhaften Gedanken. Sexismus existiert eben nicht nur in westlichen Gesellschaften, in denen von Frauen erwartet wird, dass sie gewissen Schönheitsstandards entsprechen. Sondern eben auch dort und in weitaus stärkerem Maße, wo Frauen sich verhüllen müssen, weil ihr gesamter Körper als Quell der Sünde und als unrein angesehen wird. Besonders perfide ist diese Logik, wenn schon kleine Mädchen dadurch zu unreinen Sexualobjekten degradiert und damit auf ein Leben in Unterdrückung und Unterwürfigkeit vorbereitet werden.

Aber was ist mit dem Einschnitt in die Freiheit und Freiwilligkeit?
Im Hinblick auf den Charakter des Hijabs kann man eher von einer Freiwilligkeit durch verinnerlichte und ansozialisierte Zwänge sprechen. Vor allem wenn dieses Stück Stoff schon so früh getragen wird. Die Unterdrückung wird dann als etwas Natürliches und nicht weiter zu Hinterfragendes wahrgenommen, wodurch die Zwänge der Community als durchaus glaubwürdige Freiwilligkeit auch den betroffenen Personen selbst erscheinen mögen.

Aber die Zahlen der Kinder, die ein solches tragen ist doch so gering, dass sich ein Verbot nicht lohnt.
Ein solches Argument rechtfertigt ebenfalls nicht die Ablehnung des Verbots, da jedes einzelne Kind, dass unter diese Ideologie gezwungen wird, bereits eines zuviel ist.

Inwiefern kann denn dieses Verbot überhaupt einen emanzipatorischen Charakter haben?
Freilich erscheint es erstmal als reichlich paradox, mit einem Verbot Freiheit erzwingen zu wollen. 

Aber es schafft eben für die Mädchen und Jungen Frauen die Möglichkeit, dass sie in der Öffentlichkeit– und das ist Schule eben auch – nicht zu einem unreinen Sexualobjekt degradiert werden. In einem Bereich, aus denen ihre Eltern, oder eben die Community sie nicht so ohne weiteres raushalten können. Aus eben diesen Gründen fordern Terre des Femmes, oder eben Seyran Ates ein solches Verbot schon seit Jahren.

Natürlich ist ein solches Verbot nicht der Weisheit letzter Schluss und nur eine Symptombekämpfung und muss auch mit gesellschaftlicher Aufklärungsarbeit einhergehen, um eine Emanzipation zu ermöglichen. Nur ist es wichtig zu erkennen, dass es auch darum geht zu retten, was von individueller Freiheit übrig ist, die eben auch durch den Hijab systematisch bekämpft wird. Es muss anerkannt werden, dass das individuelle Recht der Frauen – eben kein unreines Sexualobjekt zu sein – schwerer wiegt, als das kollektive Recht einer islamischen Community. Dahingehend hat dieses Verbot ein emanzipatorisches Moment und sollte den Forderungen Terre des Femmes entsprechend eher noch ausgeweitet werden.

Das eigentlich skandalöse ist eigentlich eher, dass man in linken Kreisen entweder Islamisten auf Konferenzen sprechen lässt, das Kopftuch wie beim unsäglichen Women’s March in den Staaten (der von der Islamistin Linda Sarsour mitorganisiert wurde) zum Symbol der Freiheit umdeutet, oder Österreichs Bundespräsident van der Bellen alle Frauen auffordert, aus Solidarität mit Musliminnen ein Kopftuch zu tragen, anstatt es mal als das wahrzunehmen was es ist. Nämlich ein Angriff auf die individuelle Freiheit.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
157 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Vergleichbaren Versuchen, ein Verbot in Schutz der individuellen Freiheit umzudeuten, wollte ich immer schon eine Goldmedaille für intellektuelle Gymnastik verleihen.

ke
ke
6 Jahre zuvor

Offen ist, wie sich "Zwänge der Community" auf das gesellschaftliche Leben und insbesondere auch auf die aufgeklärte Gesellschaft auswirken.

Wenn ich bspw. folgenden Bericht lese:
https://www.derwesten.de/region/ruhrgebiet-lehrerin-aus-brennpunkt-schule-packt-aus-id213936391.html
gibt es für mich immer mehr Anzeichen dafür, dass wir es in Deutschland schwer haben werden, mit den Wissensgesellschaften der Welt mitzuhalten.
Offen ist auch, wie sich solche Entwicklungen auf die hiesigen Freiheiten, die unsere Vorfahren erkämpft haben, auswirken wird. Die gilt insbesondere für Frauenrechte. Dass immer mehr junge Mädchen ihre Haare nicht mehr zeigen, zeigt auch, dass einen Druck geben muss. Oder bin ich wirklich der einzige, der nicht darauf verzichten möchte, den Wind/die Sonne auf der Haut/in den Haaren zu spüren. Für mich ist das Freiheit.

Die Schulen, Kindergärten müssen eine Speerspitze für die Wissensgesellschaft sein, und die aufgeklärte Gesellschaft muss sie hierbei unterstützen.
Zu den Unterstützern müssen auch "reiche Leute, bzw. deren Kinder die mal alles erben werden" (Zitat H. Junge) gehören.

Wenn ich an meine Lehrer der 70er Jahre denke, so haben insbesondere die Lehrerinnen den Kompass ganz klar in Richtung Freiheit ausgrichtet. Ist das nicht mehr der Fall oder fehlt der Rückhalt? Was ist eigentlich mit den Frauen los? Geht es nur noch um Aufsichtsratsposten?

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

"Dass immer mehr junge Mädchen ihre Haare nicht mehr zeigen …"
Das entspricht ja nicht den empirisch feststellbaren Tatsachen. Der Anteil der Kopftuchträgerinnen geht zurück.

https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/immer-mehr-musliminnen-legen-und-lehnen-das-kopftuch-ab-die-sache-mit-dem-sehen-und-den-erwartungen/

ke
ke
6 Jahre zuvor

@3 Paule T.:
Ich beziehe mich hier auf meine Beobachtungen mit Schwerpunkt Dortmund. Das sind subjektive Werte.
Der beiliegende Link hat evtl. in den Links einen Wert für Deutschland. Im eigentlichen Text habe ich keine Daten bzgl. junger Frauen in Deutschland gefunden.

Bei empirischer Forschung ist dann natürlich zu prüfen, wie die Daten ermittelt wurden.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Die Aussage, aus der ja auch eine (selbst nicht wirklich zwingende) Schlussfolgerung gezogen wurde, hörte sich für mich nicht so richtig nach einem "subjektiven Wert" (was immer das ist) an. Aber wenn die Aussage auf rein gefühlter Wahrheit beruht, ist si ja irgendwie auch nicht besonders relevant, oder?

Dass immer geprüft werden kann, "wie die Daten ermittelt wurden", ist wohl wahr. Es wird Sie wohl niemand daran hindern. Diese Banalität so zu erwähnen hört sich aber erst mal nach einer merkwürdigen Abwertung der Daten gegenüber der gefühlten Realität an.

ke
ke
6 Jahre zuvor

@5 paule t. :
Meine Wahrnehmung in meinem Umfeld beschreibt die Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit besser als ein Artikel, der sich nicht mit dem Thema beschäftigt.

BTW: Noch eine Beobachtung:
Der Anteil der Frauen mit Kopftuch, die auch im Hochsommer dunkle Mäntel/Umhänge tragen, die Körperformen verbergen, steigt.
In meiner Kindheit waren viele Frauen aus Türkei in bunter, weiter Kleidung zu sehen.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihre ganz begrenzte und wohl kaum systematische Wahrnehmung die Frage, ob "mehr junge Mädchen ihr Harr nicht zeigen", besser beantwortet als eine empirische Untersuchung darüber, wie oft insgesamt Kopftuch getragen wird, kann Ihnen das natürlich niemand verbieten. Klar, es ist nicht genau dieselbe Fragestellung, aber ich für meinen Teil halte die begründete Übertragung der Studie für aussagekräftiger als die persönliche gefühlte Wahrheit. Warum sollten ausgerechnet junge Mädchen öfter Kopftuch tragen, wenn es insgesamt seltener getragen wird? Unplausibel.

ke
ke
6 Jahre zuvor

@7 paule t.:
In der in ihrem Link beschriebenen Studie wurden Einwanderer mit Türkei-Hintergrund in die Kategorien 1. Generation und 2./3. Generation aufgeteilt.

Dies ist KEINE Aussage über das Alter
Dies ist KEINE Aussage über eine historische Zeitreihe

Die Studie hat nahezu keinen Bezug zu meinen subjektiven Beobachtungen. Ebenso finde ich auch keinen Beleg für die Überschrift des Artikels in dem Artikel.

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

@ Paule t # 1
Paule, es geht bei Kindern/Mädchen nicht um ein Verbot für die Trägerinnen von Kopftüchern, sondern um die Einschränkung der Verbotsmacht von religiösen Eltern, gegenüber ihren Kindern. Sie sollen ihren Kindern/Mädchen nicht verbieten können, kein Kopftuch zu tragen. Ich halte das für ein richtige Forderung zum Schutz der Kinder/Mädchen. Ein staatliches Kopftuchverbot für erwachsene Frauen lehne ich dagegen ab. Grundsätzlich sollte gelten, dass ab dem 14 Lebensjahr (Religionsmündigkeit) auch die freie Entscheidung über das Tragen von religiösen Symbolen und/oder Kleidungsstücke möglich wird. Nicht nur die Eltern sondern auch der Staat sollten sich ab da mit jeder religiösen Bevormundung zurückhalten.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ke
"[…] 1. Generation und 2./3. Generation […]
Dies ist KEINE Aussage über eine historische Zeitreihe"

Aha.

"Die Studie hat nahezu keinen Bezug zu meinen subjektiven Beobachtungen. "

Das ist wohl richtig.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Arnold Voss
"Paule, es geht bei Kindern/Mädchen nicht um ein Verbot für die Trägerinnen von Kopftüchern, sondern um die Einschränkung der Verbotsmacht von religiösen Eltern, gegenüber ihren Kindern."

Der Vorschlag dazu ist der _Anlass_ des Artikels, ja. Im Verlauf des Artikels wird aber auch mehrfach über Frauen/junge Frauen gesprochen, entweder ganz explizit oder implizit dadurch, dass Aussagen getroffen werden, die nur in Bezug auf entscheidungsfähige Frauen überhaupt Sinn haben. (Ich würde fast sagen, diese Themenverwischung ist systematisch.) Und gerade auch da wird eben diese Entscheidungsfähigkeit bei denen, die sich anders entscheiden als der Autor es gut findet, relativiert.

"Sie sollen ihren Kindern/Mädchen nicht verbieten können, kein Kopftuch zu tragen."
Das ist nicht der Inhalt des Vorschlags und das wissen Sie auch. Sie kennen – hoffe ich jedenfalls – den Unterschied zwischen "Verbot" und "Verbot des Verbots des Gegenteils" (= Erlaubnis des Gegenteils) und verwischen das aus argumentativen Gründen. Das ist keine besonders ehrliche Argunmentationstaktik.

———————————————————–

Schließlich noch mal inhaltlich zum Anlass:
Ich halte das Problem für zahlenmäßig absolut marginal. Selbst bei den ganz streng verhüllten Frauen, die zum Kopftuch auch lange geschlossene Mäntel tragen, habe ich selbst noch nie kleine Kinder (also Grundschulalter oder jünger) mit Kopftuch gesehen, sondern immer nur Mädchen in ganz normaler Kinderkleidung. Gut, in den ganz stark migrantisch geprägten Stadtteilen bin ich nicht so oft unterwegs (eher Duisburg Innenstadt als Marxloh, sozusagen), aber trotzdem.

Und bei den wenigen Fällen, die es geben mag, halte ich pädagogische Maßnahmen im Einzelfall für besser als staatliche Verbote. Letztere können nämlich nicht auf den Einzelfall eingehen und sind deswegen oft weniger wirksam oder sogar schädlich im Vergleich zum konkreten pädagogischen Handeln.

Was ich allerdings (nicht erlebt, aber) aus erster Hand gehört habe, ist folgender Fall: Das Kind erzählt in der Grundschule, dass es, "wenn ich groß bin", auch Kopftuch tragen will "wie meine Mama". Das heißt, es trägt selbst kein Kopftuch, weiß auch, dass das etwas ist, was es selbst entscheiden dürfen wird (das ist auch die klare Haltung der Mutter, die ich kenne), nimmt aber die Mutter zum Vorbild – was bei kleinen Kindern wohl nicht so ungewöhnlich ist und die spätere eigene Entscheidung auch nicht vorwegnimmt (wie viele Kinder sagen in der Grundschule – wie ich selbst auch -, dass sie dasselbe "werden wollen" wie Mutter oder Vater und treffen dann später doch eine ganz andere Entscheidung).
Und auf dieses Kind wird dann wiederholt von der Lehrerin eingeredet, dass es ja aber später "nicht Kopftuch tragen _muss_" – was es ja weiß; aber es kommt eben an, dass das etwas ist, wo die Lehrerin dagegen redet, also irgendwie negativ oder nicht so richtig in Ordnung. Die freie Entscheidung der Mutter wird also dem Kind gegenüber schlecht gemacht, bewusst ein Keil zwischen Mutter und Kind getrieben. So ein pädagogischer Scheißdreck sollte LehrerInnen mal auch verboten werden …

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

Paule, aber die Information, das das Kind als Erwachsene kein Kopftuch tragen muss, gehört natürlich in den Schulunterricht. Wohin sonst. Ich habe auch in der Schule Dinge gelernt, die mein Vater nicht gut fand. Der war nämlich ein Rassist und ein Antisemit, wie viele Väter in der Zeit und war auch der Meinung das Frauen nicht so klug sein können wie Männer. Wenn es Zuhause keine Erziehung zur Freiheit und Gleichberechtigung gibt, dann muss das in einem demokratischen Staat zumindest die Schule leisten.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Sie schreiben am Punkt der Geschichte vorbei. Das Kind _wusste_ natürlich, dass es ein Kopftuch nicht tragen _muss_. Das ist erstens die Haltung der mir persönlich bekannten Mutter. Zweitens ergibt es sich schon rein logisch aus der Aussage – "wenn ich groß bin, will ich auch ein Kopftuch tragen": Wenn man sagt, dass man etwas will, weiß man, dass man es nicht muss. Genauso wie ich, als ich im Grundschulalter sagte: "Wenn ich groß bin, will ich [Beruf des Vaters] werden"; da _wusste_ ich auch, dass ich das nicht _muss_, sondern auch jeden anderen Beruf anstreben kann (was ich dann später auch getan habe, ohne dass mir meine Grundschullehrerin sagen musste, dass ich das darf).

In diesem Kontext, dass es das eh weiß, einem Kind dann sehr deutlich zu sagen, dass es aber nicht dasselbe machen _muss_ wie die Mama, hat den klaren Subtext (den das Kind auch so verstanden hat): "Das ist irgendwie nicht in Ordnung, was deine Mama macht. Schöner wäre es, wenn du dich anders entscheidest." Und auf diese Art einen Keil zwischen Kind und Eltern zu treiben, kann sich eine Lehrerin echt sparen.

Inhaltlich schrieb ich all das übrigens schon.
Wissen Sie, Sie _müssen_ die Aussagen der Diskussionspartner nicht ignorieren. Sie _dürfen_ auch darauf eingehen.

Dazu, dass das in die Schule gehört: Die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen in Bezug auf religiöse Dinge zu thematisieren, gehört natürlich in die Schule. Das _muss_ man aber nicht auf eine Weise und in einem Kontext machen, durch die die freie Entscheidung einer Mutter abgewertet wird. Man _darf_ es auch neutraler und ohne den persönlichen Bezug machen.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Nachtrag, ZItat: "Wenn es Zuhause keine Erziehung zur Freiheit und Gleichberechtigung gibt, dann muss das in einem demokratischen Staat zumindest die Schule leisten."

Damit und mit dem Vergleich auf rassistische, antisemitische und sexistische Eltern unterstellen Sie (jedenfalls wenn diese Verweise in dieser Diskussion einen SInn haben sollen), dass eine Erziehung zu Freiheit und Gleichberechtigung nicht gegeben sein kann, wenn die Mutter Kopftuch trägt. Das ist an sich schon eine Unverschämtheit gegenüber der Ihnen völlig unbekannten Mutter.

Gregor S.
Gregor S.
6 Jahre zuvor

@10: aladin, was machst du für Sachen?! ?

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

@ Paule t # 14

Paule, es geht hier nicht um Einzelfälle sondern um das Prinzip. Schon aus meiner Grundposition zum Kopftuch können sie schliessen, dass ich eine Mutter mit Kopftuch nicht eine bestimmte Erziehungsecke Stelle, nur weil sie ein Kopftuch trägt. Entscheidend ist immer, was in dem Kopf unter dem Kopftuch passiert. Also lassen sie bitte diese unbegründeten Unterstellungen. Und lesen sie meine Kommentare bitte korrekt.Ich habe von meinem Vater geschrieben, nicht von meinen Eltern.

Ansonsten lesen sie einfach mal im aktuellen Ruhrpiloten (8.April) den Emma Artikel „Was ist an den Schulen los.“

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

Arnold, die Forderung einer Lehrerin zu verbieten, Dinge auszusprechen, die die Mutter einer Schülerin evtl. nicht gutheißen mag, ist wohl einem ultrakonservativen moslimischen Gedankengut zuzuordnen. Aber sie stammt von unserer @paule t. (11)
"Und auf dieses Kind wird dann wiederholt von der Lehrerin eingeredet, dass es ja aber später "nicht Kopftuch tragen _muss_" – was es ja weiß; aber es kommt eben an, dass das etwas ist, wo die Lehrerin dagegen redet, also irgendwie negativ oder nicht so richtig in Ordnung. Die freie Entscheidung der Mutter wird also dem Kind gegenüber schlecht gemacht, bewusst ein Keil zwischen Mutter und Kind getrieben. So ein pädagogischer Scheißdreck sollte LehrerInnen mal auch verboten werden …"
Und ich dachte immer, daß es anerkannt sein würde, daß die Schule völlig unabhängig von dem, was die Eltern denken, ihren Lehrstoff durchziehen müssen. Wenn die Eltern nicht an Evolution glauben, nicht anerkennen, daß es den Himmel oberhalb der Wolkendecke nicht gibt, sondern das Weltall beginnt und daß das Licht der Sterne meistens seit Millionen Jahren bis zu uns gebraucht hat, obwohl die Eltern ganz sicher "wissen", daß Gott die Welt gerade mal vor 5000Jahren geschaffen hat, dann ist das doch immer der Fall, daß das Kind zwischen Eltern und Schule hin und hergerissen. Das also dürfte die Schule dann nach @paules Meinung alles nicht mehr lehren.
Welche muslemische Richtung fordert eigentlich Vergleichbares?
Aus meiner begrenzten Kenntnislage ist das so ziemlich die konservativste muslemische Forderung die ich hier bei den Ruhrbaronen je gelesen habe. Und das von jemanden, die sich selber als evangelische Religionslehrerin bezeichnet hat.

ke
ke
6 Jahre zuvor

In meinem Kommentar unter #2 habe ich auf einen derwesten-Artikel verlinkt, der sich auch mit dem Emma Artikel beschäftigt hat.

Ich bleibe dabei:
"Die Schulen, Kindergärten müssen eine Speerspitze für die Wissensgesellschaft sein, und die aufgeklärte Gesellschaft muss sie hierbei unterstützen."

Ich möchte nicht, dass meine Kinder bspw. erst in der Oberstufe von der Evolutionstheorie erfahren. Wir sind im Jahr 2018.
Hier darf eine Schule auch keinen Weg des geringsten Widerstands gehen. Es ist eine klare Positionierung erforderlich!

In irgendeiner amerikanischen Serie gab es eine Diskussion, ob das Kind getauft werden soll. Die Mutter fand es u.a. praktisch, weil man die vielen "Warum" Fragen mit Antworten wie "Gott will so" beantworten kann. Das vereinfacht vieles. Hierbei ging es um den christlichen Glauben.

Es ist aber auch schwer, die Entstehung der Welt zu erklären. Insbesondere, wenn Fragen wie "Was war davor kommen". Aber man muss auch nicht alles wissen. Das kann man dann so benennen.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@Arnold Voss #14

"Paule, es geht hier nicht um Einzelfälle sondern um das Prinzip. Schon aus meiner Grundposition zum Kopftuch können sie schliessen, dass ich eine Mutter mit Kopftuch nicht eine bestimmte Erziehungsecke Stelle, nur weil sie ein Kopftuch trägt."

Ich habe einen Einzelfall gebracht als Beispiel dafür, dass es eben nicht nur das Problem gibt, dass es in Bezug aufs Kopftuch problematische Handlungsweisen von Eltern gibt, die ihre Töchter zum Kopftuch zwingen, sondern auch problematische Handlungsweisen von LehrerInnen, die unpädagogisch, ideologisch und vorurteilsbeladen gegen das Kopftuch arbeiten und dabei auch freie Entscheidungen Erwachsener (der Mütter bzw. der Schülerinnen in ihrer Zukunft) schlecht machen, die nun mal auch pro Kopftuch ausfallen können. (Zugegeben, das ist ein anderes Thema, aber eben die andere Seite der Kopftuchdiskussion, die auch problematisch ist.)

Wenn SIe dann auf dieses andere Thema eingehen, dann geht es auch darum und nicht "ums Prinzip" (was immer das gerade heißen soll außer einem Rückzug vom Thema). Und wenn Sie dazu dann sagen, dass SchülerInnen auch uU etwas lernen müssen, was den Eltern nicht gefällt, und den genannten Vergleich bringen, unterstellen Sie eben den entsprechenden Müttern, dass "eine Erziehung zu Freiheit und Gleichberechtigung" ihnen nicht gefalle. Es sei denn natürlich, dass das, was wie eine Antwort aussieht, gar keinen Zusammenhang haben soll zu dem, worauf "geantwortet" wird …

—————————————

"Und lesen sie meine Kommentare bitte korrekt.Ich habe von meinem Vater geschrieben, nicht von meinen Eltern."
Ihr Vater fällt nicht unter "Eltern"? Ich habe Ihren Vergleich in eine allgemeinere Formulierung umgewandelt ("Eltern" ohne Artikel oder Personalpronomen), die aufs Beispiel ja nun immer noch zutrifft.

—————————————

"Ansonsten lesen sie einfach mal im aktuellen Ruhrpiloten (8.April) den Emma Artikel „Was ist an den Schulen los."

Habe ich schon getan, da mich solche Themen nun mal interessieren. Und die "Emma" ist bei solchen Themen ja auch für ihre sachliche, differenzierte, reflektierte und vorurteilslose Berichterstattung bekannt. (Gut, das war ein kleiner Scherz.)

Im Artikel geht's weder um Grundschule oder Kindergarten, sondern um die Sekundarstufe, und auch nicht um das Kopftuch bei Schülerinnen – insofern habe ich keinen Schimmer, was das mit dem diskutierten Thema zu tun hat. Es sei denn, eine natürlich völlig sachliche und vorurteilslose Anknüpfung über die Haltung "Islam = Problem".

Zum Artikel schreibe ich was in den Kommentaren zum genannten "Ruhrpiloten".

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Helmut Junge #17
"Und ich dachte immer, daß es anerkannt sein würde, daß die Schule völlig unabhängig von dem, was die Eltern denken, ihren Lehrstoff durchziehen müssen."

Wie ich oben #13 schon ausdrücklich schrieb, gehört die "Entscheidungsfreiheit des Einzelnen in Bezug auf religiöse Dinge" natürlich zum "Lehrstoff", der "durchzuziehen" ist (auch wenn ich diese Formulierung für pädagogisch unglücklich halte). Da haben wir also gar keine Differenz. Das ist aber überhaupt nicht der Punkt des Beispiels, da diese Entscheidungsfreiheit erstens der Schülerin bekannt war, zweitens in der Logik ihrer Aussage liegt und drittens auch der Haltung der Mutter entspricht (was ich ebenfalls alles schon schrieb – ihre Fähigkeit an meinen Aussagen vorbei zu lesen ist beachtlich).

Es gehört aber sicherlich _nicht_ zum Lehrstoff (und das ist der Punkt der Geschichte), der Schülerin eine bestimmte mögliche, zukünftige Entscheidung auszureden, und erst recht nicht, dabei einem kleinen Kind die Mutter als Vorbild auszureden (die diesbezüglich auch einfach nur ihre Entscheidungsfreiheit ausgeübt hat).

Deswegen hat das folgende …
(Zitat: "Wenn die Eltern nicht an Evolution glauben, nicht anerkennen, daß es den Himmel oberhalb der Wolkendecke nicht gibt, sondern das Weltall beginnt und daß das Licht der Sterne meistens seit Millionen Jahren bis zu uns gebraucht hat, obwohl die Eltern ganz sicher "wissen", daß Gott die Welt gerade mal vor 5000Jahren geschaffen hat, dann ist das doch immer der Fall, daß das Kind zwischen Eltern und Schule hin und hergerissen. Das also dürfte die Schule dann nach @paules Meinung alles nicht mehr lehren.")
… mit meiner Argumentation schlicht nichts zu tun, sondern entspringt Ihrer Fantasie.

Was dieses Hochhalten der Entscheidungsfreiheit und darum auch eine Zurückhaltung bei der Beeinflussung von Kindern in ihren eigenen, zukünftigen Entscheidungen mit "einem ultrakonservativen moslimischen Gedankengut" zu tun hat, ist Ihr Geheimnis. Ich würde sicherlich genauso urteilen, wenn eine Lehrerin einem Mädchen die Entscheidung ausreden wollte, wenn es groß ist _kein_ Kopftuch tragen zu wollen. Beinflussungsversuche in dieser Richtung dürften aber viel seltener das Problem und auch nicht umstritten, also auch hier nicht weiter erwähnenswert sein.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Ach so, Nachtrag@ Helmut Junge, Zitat:
"Und das von jemanden, die sich selber als evangelische Religionslehrerin bezeichnet hat."
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie nicht meine Selbstbeschreibung mal so eben grundlos in Frage stellen würden (zu der "die" und "-in" allerdings nicht gehören). Das ist unhöflich.
Und um Ihrer diesbezüglichen Obsession vorzubeugen: Ich werde dennoch weiter anonym diskutieren.

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

@ Paule t # 19

DIE Eltern und DER Vater sind in patriarchalischen Verhältnissen nicht das Gleiche. Meine Mutter war selbst kein gleichnerechtigter Elternteil sondern im Ernstfall Untergebene meines Vaters. Das ist auch noch heute in vielen muslimischen Familien so, und das hat sehr wohl etwas mit der Religion zu tun. Das Macho Verhalten von Söhnen ist Teil der patriarchalischen Verhältnisse, von den ich mich als Jugendlicher nicht hätte befreien können, wenn ausserhalb meiner Familie und vor allem in der Schule die gleiche Kultur und die gleichen Werte geherrscht hätten.

Was übrigens nichts daran ändert das sowohl mein Vater als auch meine Mutter ihre 3 Kinder geliebt haben und das das auch in den meisten muslimischen Familien der Fall ist. Aber Elternliebe ist eben keine Garantie für eine Erziehung zur Gleichberechtigung, geschweige denn zur freien Persönlichkeit. Sie ist nicht mal eine Garantie für Gewaltlosigkeit.Wobei ich und meine 2 Brüder das Glück hatten, zuhause nie geschlagen worden zu sein.

Ines C.
Ines C.
6 Jahre zuvor

@Paule T: um mal in diesem Herrenclub ein weibliches Veto einzuwerfen: meine Oma hat vor 50 Jahren für die Befreiung vom BH gestritten und das Recht auf Minirock -und Berufswahlfreiheit.

Und in 2018 verteidigen Sie allen Ernstes Chauvis, die ihre Töchter zuhängen, damit Männer nicht gereizt werden?????? In meiner "Leitkultur", ist es Pflicht dagegen zu protestieren – bin ich meiner Omi und Emma schuldig. Auch mit Gesetzen, wenn Kinder sich nicht anders wehren können.

Meine marokkansiche Nachbarin hat keine ihrer 5 wunderschönen Töchter unter Stoff versteckt. Sie hat zuhause auch die Hosen an, nicht ein Kopftuch auf. Geht also.

In Ägypten waren vor 25 Jahren sehr viel weniger Frauen zugehängt und von der freien Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Und es wurden auch sehr viel weniger belästigt und vergewaltigt. Auch für alleinreisende Frauen aus Europa, war es eines der sichersten Reiseländer.

Der Kontext des Kopftuchs ist: Hass auf Frauen.
Also mehr Sex, Alc und Rock'n Roll auch für weibliche muslimische Teenager – und viel wichtiger: Emanzipation, Berufs- Und EHEPARTNER-Wahlfreiheit.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Ines C., Zitat:
"Und in 2018 verteidigen Sie allen Ernstes Chauvis, die ihre Töchter zuhängen, damit Männer nicht gereizt werden?"

Ich weiß nicht, woher Sie diese Idee haben, bei mir steht das nirgendwo. Im Gegenteil bin ich sehr für die Freiheit der Frauen, sich für oder gegen Minirock, für oder gegen BH, für oder gegen Kopftuch zu entscheiden. Dass dieses Recht auf Wahlfreiheit natürlich auch im Schulunterricht vorkommen soll, habe ich inzwischen auch mehrfach geschrieben. Aber eben nicht so, dass man den Kindern eine bestimmte Entscheidung (als Wunsch für die Zukunft für sich) wieder auszureden versucht – das würde ja gerade wieder diese Freiheit in Frage stellen.

Ich habe lediglich geschrieben, dass
a) ich das Problem der Kopftücher bei jungen Mädchen für zahlenmäßig marginal, daher ziemlich aufgebauscht halte, auch weil das Kopftuchtragen insgesamt zurückgeht,
b) dass ich in diesem Zusammenhang pädagogische Maßnahmen für geeigneter halte als Gesetze,
c) dass es in diesem Zusammenhang mMn auch ein anderes, entgegengesetztes Problem geben kann; nämlich dass LehrerInnen sich in diese Wahlfreiheit einmischen, und das an einem Beispiel erläutert, bei dem offenbar eine Lehrerin einem kleinen Mädchen ihre eigene Entscheidung (!) für die Zukunft (!) ausreden wollte und dabei auch die altersmäßig mMn völlig normale Orientierung an der Mutter als Vorbild in Frage stellte, was ich für höchst überflüssig und unpädagogisch halte.

Zu b) hätte ich auch mal eine Nachfrage an die Befürworter des Verbots: Wie sollte eine solche Regelung denn verfassungsfest überhaupt aussehen?
– Ein Gesetzestext, der spezifisch nur auf das islamische Kopftuch abzielt, dürfte wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowieso durchfallen.
– Auffällige religiöse Symbole bei Kindern insgesamt zu verbieten, dürfte schwierig sein wegen 1. der Religionsfreiheit, die nun einmal die Eltern für die Kinder wahrnehmen, 2. der Inkonsistenz damit, dass es gerade in der Schule auch eine deutliche Zusammenarbeit zwischen Religionsgemeinschaften und Staat gibt – einerseits Religionsunterricht anzubieten und Symbole im Schulgebäude zu erlauben (wenn auch nicht den Klassenraum dominierend, aber doch irgendwo in einer Schule gibt es ja sehr oft Kreuze u.dgl.), dürfte kaum erklärbar sein. Wir haben hier nun mal keinen französischen Laizismus, sondern die in Deutschland gewachsene Kooperation.
– Ein solches Verbot dürfte auch kaum erwünscht sein, denn damit würde man auch Juden die Kippa und Kommunionskindern das Kreuz verbieten.
– Aus Gender-Gleichbehandlungsgründen bei Kindern stark geschlechtsspezifische Kleidung zu verbieten wird auch nicht hinhauen, weil man dann direkt auch jeden Rock usw. verbieten müsste.
–> Also, insgesamt halte ich das gar nicht für juristisch machbar.

Und zu c) möchte ich die von mir gebrachte Geschichte noch durch eine alternative Handlungsmöglichkeit für die Lehrerin ergänzen.
Ich habe ja kritisiert, dass sie durch die – inhaltliche überflüssige, weil bekannte – Betonung der Möglichkeit "Aber du MUSST ja nicht Kopftuch tragen" den Wunsch des Kindes ("Wenn ich groß bin, möchte ich auch Kopftuch tragen wie meine Mama") und die Entscheidung der Mutter und damit eigentlich auch die Entscheidungsfreiheit eben nicht respektiert hat, die sie scheinbar betont hat – sobald die Entscheidung aus ihrer Sicht falsch ausging.

Was wäre denn, wenn Sie stattdessen etwas sagte wie: "Ja, Kinder in deinem Alter machen das ja normalerweise nicht, aber wenn du groß bist, kannst du dich natürlich dafür entscheiden"? Dann wäre sowohl die Freiheit zur eigenen Entscheidung noch einmal betont als auch der gerade geäußerte Wunsch des Kindes und die Vorbildhaftigkeit der Mutter (die in dem Alter völlig normal ist und eine spätere eigene Entscheidung überhaupt nicht vorwegnimmt) respektiert.

————————————-

Ganz zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Ich selbst finde sehr stark genderbetonende Dinge nicht gut, schon bei Erwachsenen nicht und erst recht nicht bei Kindern; und noch weniger gut finde ich DInge, die dann bestimmte Rollenerwartungen mit sich tragen (egal ob betonte Sexiness oder besondere Sittsamkeit). Deswegen bin ich eigentlich auch kein Freund des Kopftuchs (auch wenn einige Leut hiere das anzunehmen scheinen, obwohl ich nirgendwo etwas dergleichen schreibe).

ABER: Diese meine persönliche Meinung betrifft eben nicht nur diskriminierend eine bestimmte Religion, sondern alles, was in dieser Weise überflüssig genderbetonend und mit bestimmten Rollenerwartungen erknüpft ist.
Und vor allem steht für mich die eigene Entscheidung der Frauen weit über dieser meiner persönlichen Meinung. Und wenn sich Frauen dann für das Kopftuch entscheiden, ist das deren gutes Recht, dass ich dann auch verteidige. Genauso wie ich das Recht einer Frau verteidigen würde, kein Kopftuch zu tragen. Nur wird ersteres Recht in unserer Gesellschaft zumindest für bestimmte Bereiche in Frage gestellt und letzteres nicht – und nur wegen dieser Situation hört man von mir häufiger eine Verteidigung des ersteren als eine des zweiten.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Nachtrag:, Zitat: "Also mehr Sex, Alc und Rock’n Roll auch für weibliche […] Teenager […]"

Wird das in Ihrer reformierten Freikirche (falls ich mich nicht falsch erinnere) so gepredigt? Dann bin ich einigermaßen überrascht, weil das meinem bisherigen Bild der meisten Freikirchen eher nicht entspricht. Aber gut, man lernt nicht aus, und es gibt ja auch nicht "die" Freikirchen (s. MCC …).

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

@paule t. noch mal zusammengefaßt:
Sie schrieben in (11)
"Das Kind erzählt in der Grundschule, dass es, "wenn ich groß bin", auch Kopftuch tragen will "wie meine Mama".

"Und auf dieses Kind wird dann wiederholt von der Lehrerin eingeredet, dass es ja aber später "nicht Kopftuch tragen _muss_"
Und das soll der Lehrerin nach Ihrer Auffassung verboten werden.
Ihrer Begründung für diese Verbotsforderung kann ich leider nicht folgen, muß ich auch nicht, denn diese Lehrerin erklärt dem Kind auf einfache Weise die hier gültige Rechtslage. Und dabei ist es gleichgültig, ob das Kind diese bereits kennt und Sie von der Mutter annehmen, daß die so liberal wäre, dem Kind da nichts befehlen zu wollen. Die Lehrerin hat vielleicht eine andere Befürchtung und hält es für ihre Pflicht und Aufgabe, diesem Kind mehrmals zu sagen, daß es das nicht muß. Aber Sie möchten dieses Verhalten der Lehrerin unter Verbot stellen.
Ich frage mich, an welcher Stelle ich Sie da falsch verstanden haben soll, wenn auch haarscharf.
Aber bitte, wenn Sie Ihre Aussage trotzdem anders verstanden haben wollen, haben Sie doch Möglichkeiten genug, zu erklären daß Sie so nicht verstanden werden wollen. Bisher verstehe ich Sie aber immer noch so, wie ich oben schrieb. Und meine Bewertung, daß Sie Forderungen stellen, die ich bisher in diesem Blog nicht mal von konservativen Moslems gelsen habe, hat sich auch nicht geändert.
Und Ihre Selbstbeschreibung stelle ich nicht in Frage. Ich wußte es nicht besser. Ihr Nickname "Paule" ist lt. Wiki sowohl ein Jungenname, aber auch ein Mädchenname. Sie sind also doch ein Religionslehrer und keine Lehrerin. Das ist dann geklärt und ich werde es in Zukunft berücksichtigen.

Ines C.
Ines C.
6 Jahre zuvor

@Paule T.: Tja, Ihr Problem ist: Sie sind keine Frau. Werden nie Hijab oder Nikab tragen müssen. Kommt dann schräg, wenn Sie es verteidigen. Klingt auch, als hätten Sie nie Kinder ins Leben begleitet, so unterkomplex wie Sie argumentieren.
By the way: wie kommen Sie auf die Idee, ich sei Freikirchlerin??? Und ja, Jesus Christus liebt die Sünder besonders. "Sex, Drugs & Rock'n Roll" steht in diesem Post nicht für das Tun, sondern ist Synonym für die Freiheits-Kultur in der ich aufgewachsen bin. Zu einer liberalen Demokrtie gehört für mich das Recht diese Freiheit zu leben. Darf dann gerne auch HipHop, Punk oder R&B sein.

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

@Ines C. merkwürdig, daß ich den Unterschied zwischen reformierten Kirchen und "Freikirchen" kenne, aber ein ev.Religionslehrer nicht. Gut, daß Sie diese Frage gestellt haben!

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Ines C., Zitat: "Ihr Problem ist: Sie sind keine Frau. Werden nie Hijab oder Nikab tragen müssen. Kommt dann schräg, wenn Sie es verteidigen."

Nun, Sie leben auch nicht in einem Land, in dem absehbar irgendwann die Gefahr bestünde, dass es einen öffentlichen Zwang zum Kopftuchtragen geben könnte, und von einem familiären Zwang sind Sie ja wohl auch nicht betroffen. Insofern ist Ihre Diskussionsbeteiligung nicht sehr viel weniger schräg, wenn man das überhaupt als Argument anerkannt.

Außerdem haben Sie sich anscheinend nicht dazu geäußert, dass sich ja nun auch eine ganze Reihe anderer Männer an der Diskussion beteiligen, ob in der Öffentlichkeit diverse Politiker oder hier im Thread … oder ist die Diskussionsbeteiligung von Angehörigen des nichtbetroffenen Geschlechts etwa nur dann "schräg", wenn Ihnen die Beiträge inhaltlich nicht passen? Das wiederum fände ich ziemlich schräg.

Denen gegenüber könnte eine Frau auch sagen: "Sie werden nie erleben, dass über Ihre Kleidungswahl öffentlich diskutiert wird, bei einigen mit dem Ziel, sie zu verbieten."

Außerdem: Ich verteidige nicht "das Kopftuch" (im Gegenteil habe ich ja oben #24 begründet, warum ich _kein_ Freund des Kopftuchs bin), erst recht verteidige ich es nicht, wenn Frauen es tragen _müssen_ (das habe ich auch längst geschrieben), sondern ich verteidige das Recht, dass Frauen das selbst entscheiden dürfen – und dabei dann eben auch eine Entscheidung rauskommen kann, die ich nicht teilen würde.

Wenn Sie diesen – ja schon vorher explizierten – Unterschied in meiner Argumentation nicht wahrnehmen, finde ich es etwas merkwürdig, dass Sie mir unterkomplexe Argumentation vorwerfen; ohne näher zu begründen, übrigens.

————————————————

"By the way: wie kommen Sie auf die Idee, ich sei Freikirchlerin???"

Sie hatten sich meiner Erinnerung nach öfters EKD-/Landeskirchenkritisch und gleichzeitig prononciert reformiert geäußert; das hatte sich wohl in meinem Kopf falsch dazu verbunden, dass SIe einer freien reformierten Gemeinde angehören würden. Sorry für den Fehler.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Helmut Junge #26, Zitat:
——– "Und auf dieses Kind wird dann wiederholt von der Lehrerin eingeredet, dass es ja aber später "nicht Kopftuch tragen _muss_" [paule t.]
Und das soll der Lehrerin nach Ihrer Auffassung verboten werden. ————

Ja, meine Schlussaussage #11 "So ein pädagogischer Scheißdreck sollte LehrerInnen mal auch verboten werden …" war polemisch überzogen und auch nicht ernst gemeint. Natürlich können einzelne, pädagogisch unangemessene Handlungen dieser Art nicht sinnvoll abstrakt gesetzlich von angemessenen Handlungen abgegrenzt und deswegen auch nicht verboten werden. Dass es aber "pädagogischer Scheißdreck", freundlicher gesagt eine sehr unangemessene Handlung dieser Lehrerin war, dabei bleibe ich aus den geschilderten Gründen.

Zitat: "[…] diese Lehrerin erklärt dem Kind auf einfache Weise die hier gültige Rechtslage"
Jetzt werden Sie bitte nicht albern. Die "gültige Rechtslage", dass man kein Kopftuch tragen muss, sieht jedes Kind auch in noch so muslimisch geprägten Stadtvierteln tagtäglich, und dass, wenn man "groß ist", man selber entscheiden darf, wie man sich kleidet, weiß auch jedes Kind. Und, wie auch schon längst gesagt, ergibt es sich schlicht aus der Aussagelogik: Wenn ein Kind sagt, dass es, wenn es "groß ist", etwas tun "_will_", dann weiß es auch, dass es auch etwas anderes tun könnte. In dieser Situation zu antworten "du musst das aber nicht" ist als Sprachhandlung keine Information, sondern eine Stellungnahme gegen diesen Wunsch der Schülerin und damit gleichzeitig gegen die freie Entscheidung der als Vorbild genannten "Mama". Genauso ist es bei dem darob ziemlich irritierten Kind auch angekommen, das so den Eindruck gewann, dass die Lehrerin es nicht gut findet, wenn es sich an der "Mama" orientiert. Und so etwas hat sich eine Lehrerin – wenn es um legitime, freie, zukünftige Entscheidungen geht – einfach zu verkneifen, wenn sie sich nicht respektlos gegenüber Kind und Mutter verhalten will.
Das ist so ähnlich wie "Du musst aber nicht Maurer werden. Du kannst auch studieren" zu sagen, nachdem ein Junge gesagt hat "Ich will Maurer werden wie mein Papa."

All das habe ich sinngemäß eigentlich schon längst hinreichend klar geschrieben. Ebenso habe ich schon, falls die Lehrerin es tatsächlich für unbedingt erforderlich halten sollte, überflüssigerweise auf die "Rechtslage" hinzuweisen, eine Möglichkeit genannt, wie sie in einer Antwort die Freiheit der Entscheidung betonen könnte, _ohne_ den von der Schülerin geäußerten Wunsch implizit negativ zu werten.

Aber wie ich oben #13 schon jemand anderem antwortete:
"Wissen Sie, Sie _müssen_ die Aussagen der Diskussionspartner nicht ignorieren. Sie _dürfen_ auch darauf eingehen."
Auch das ist natürlich nur ein Hinweis auf die gültige Rechtslage und keinesfalls Kritik an ihrem Beitrag. Sie dürfen das tatsächlich.

————————————

"merkwürdig, daß ich den Unterschied zwischen reformierten Kirchen und "Freikirchen" kenne, aber ein ev.Religionslehrer nicht."

Schön, dass Sie den Unterschied kennen. Ich auch. Es gibt nun mal reformierte Landeskirchen bzw. reformierte Gemeinden innerhalb der hiesigen unierten Landeskirchen bzw. reformierte Pfarrer in unierten Gemeinden als auch reformierte Freikirchen. Ich hatte da offenbar in Bezug auf Ines was falsch in Erinnerung, that's all.

Walter Stach
Walter Stach
6 Jahre zuvor

1.
Verfassungskonform?
Ich bin der Auffassung, daß ein staatlich verfügten Kopftuchverbot in Grundschulen und Kitas für Kinder bis zum 14.Lebensjahr in höchsten Maße als verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen wäre mit der Folge, daß einer Klage gegen ein solches staatliches Verbot verwaltungsgerichtlich (und ggfls. verfassungsgerichtlich) erfolgversprechend erscheint.
Sh. dazu u.a.:
-Erziehungsrecht der Eltern -Art. 6 GG; kein dieses Recht zweifelsfrei überragender Grund, der einen staatlichen Eingriff erfordert-;
-Religionsausübungsfreiheit -Art. 4 GG -falls das Kopftuchtragen seitens der Eltern dieser Freiheit wegen gewünscht wird-.
-Gleichheitsgebot – Art. 3(3) GG – (solange der Staat es den Eltern überläßt, ihren Kindern das Tragen eines Kreuzes während der KITA-/der Grundschulzeit zu erlauben (oder es von ihnen zu verlangen), solange der Staat es den Eltern grundsätzlich freistellt, wie sie ihre KInder kleiden oder ob sie Schmuck tragen und ggfls welchen, ob und wie sie sich frisieren oder "frisiert werden" usw..
Ich gehe davon aus, daß die Poltiker, die jetzt dieses Kopftuchverbot verlangen, sich des Risikos bewußt sind, damit in einem Rechtstreit "zu unterliegen".

2.
Wirkung eines solchen Verbotes?
2. 1
Unterstellt, die betreffenden Eltern hätten die Absicht, durch das Tragen eines Kopftuches seitens ihrer Kinder eine religiöse Überzeugung und/oder eine politische Einstellung demonstrieren zu sollen und zugleich ihre Kinder "in diesem Geiste" zu erziehen, würde dieser Absicht mit einem Kopftuchverbot wirksam und nachhaltig begegnet werden können? Zumindest erscheint es naheliegend, darüber nachzudenken, ob mit einem Kopftuch-Verbot nicht das Gegenteil bewirkt werden könnte, nämlich dann erst recht seitens der Eltern alles zu versuchen, was "dem wahren Glauben" geschuldet scheint.

2.2
Bekanntlich gehört es für viele Heranwachsende -nicht erst ab dem 14. Lebensjahr- zu ihrer Selbstfindung dazu, sich z.B. in der Kleidung demonstrativ von "den Anderen" zu unterscheiden -je auffälliger um so besser-und daß gilt um so mehr, je heftiger sich "die Mehrheitsgesellschaft der Erwachsenen" darüber echauffiert und sich das in einem staatlichen Verbot äußern würde.
Auch insofern stellt sich hier die Frage nach der "Wirkung eines solchen Verbotes" für die betroffenen Heranwachsenden, eine Wirkung, die durchaus zum Gegenteil dessen führen könnte, was "man" vorgeblich mit einem solchen Verbot zu erreichen versucht.

PS
Wie verhalten sich Mitschülerinnen/Mitschüler/ Kinder in den Kitas gegenüber denjenigen, die in der Kita/in der Grundschule Kopftuch tragen? Meine an einer Grundschule gemachten allgemeinen Erfahrungen und meine konkrete Wahrnehmung des entsprechenden Verhaltens meines Enkels und dessen Freunde (Freundinnen) lassen für mich den Schluß zu, daß es den Kindern absolut gleichgültig zu sein scheint, ob einige Mädchen in ihrer Gemeinschaft ein Kopftuch tragen oder nicht.

Das ist a.) eine sehr subjektive Wahrnehmung meinerseits und zudem b.) eine, die keine verfassungspolitische und erst recht keine verfassungsrechtliche Relevanz hat, mir aber sehr wohl bedenkenswert erscheint.

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

Walter, es gibt kein Grundrecht auf Wahnvorstellungen jeder Art. Auch nicht auf religiöse. Und das Mädchen aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen sollen ist nichts anderes als religiöser Wahn der Eltern. Sie werden damit nämlich durch ihre Eltern schon vor ihrem Frau werden als sexuelle Wesen gekennzeichnet, die ihre Haare nicht zeigen dürfen , weil das Männer erregen könnte. Deswegen ist auch schon dann dagegen vorzugehen, wenn die Zahl der diesbezüglich Vorfälle gering ist. Deswegen glaube ich auch nicht, dass ein Verfassungsgericht in diesem Falle das Kindesrecht auf seelische Unversehrtheit einfach dem Erziehungsrecht der Eltern opfern wird.

der, der auszog
der, der auszog
6 Jahre zuvor

@Walter (#31)

Es gibt in Deutschland nicht das Grundgesetz, sondern – neben einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften, die durch Gesetzgebung zustande kommen – auch etwas, das man als Gewohnheitsrecht bezeichnet und welches nicht der Niederschrift bedarf und trotzdem niedergechriebenen Gesetzen gleich gestellt ist.

Es gibt beispielsweise kein Gesetz in Deutschland, welches regelt, dass man beim Betreten einer Moschee die Schuhe auszuziehen oder beim Betreten einer Kirche den Hut abzunehmen (Männer) und die Schultern zu verdecken (Frauen) hat. Trotzdem hätten beide Gewohnheiten in einer juristischen Auseinandersetzung bestand.

Wenn wir jetzt diese religiösen Kontext einmal verlassen, dann fällt auf, dass es diese Gewohnheiten auch andernorts gibt. In Deutschland und anderen europäischen Ländern ist es beispielsweise üblich, dass man beim Betreten von geschlossenen Räumen seine Kopfbedeckung abnimmt. Diese Gewohnheit hat mit 'Respekt'. mit 'Höflichkeit' und mit 'Benehmen' zu tun, ähnlich wie ein Handschlag zur Begrüßung, oder der Umstand, dass man unbekannte Menschen ab einem gewissen Alter mit 'Sie' anredet.

Warum sollte es muslimischen Kindern schaden, wenn sie schon nicht in ihrem Elternhaus, aber dann zumindest in der Schule mit diesen Regeln des Zwischenmenschlichen Umgangs vertraut werden, indem man sie ihnen anerzieht? Integration kann doch nur funktionieren, wenn diejenigen, die in eine neue Heimat kommen, sich den Regeln und Gebräuchen dort anpasst.

Was hat eine junge muslimische Frau davon, wenn sie sich nach ihrer Schulzeit um einen Ausbildungsplatz bemüht und ein potenzieller Arbeitgeber ihr Bemühen aufgrund ihrer Kopfbedeckung ablehnt, weil der Konflikt mit anderen Arbeitern oder Angestellten vorprogrammiert ist, und er sie in seiner Absage mit irgendwelchen Phrasen abserviert, weil er sich hüten wird den wahren Grund zu nennen, da dieser gegen die verfassungsrechtlich zugesicherte Religionsfreiheit verstößt?

Zum Erziehungsrecht der Eltern:
Erziehung ist nicht nur Sache der Eltern. Wir haben eine Schulpflicht und ein Schulgesetz, indem geregelt ist, dass die Schulen ebenfalls einen Erziehungsauftrag haben. Wir hatten vor einigen Jahren mehrere Fälle, dass sich muslimische Eltern weigerten, ihre Töchter am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen. Dahinter standen ebenfalls religiöse Motive und die Angelegenheit ist von verschiedenen Gerichten unterschiedlich bewertet worden und ging dann über das Bundesverwaltungsgericht bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mit dem Ergebnis, dass auch muslimischen Kindern ein Schwimmunterricht zuzumuten ist. Eltern können sich nicht über die Schulen oder ihre Lehrer hinwegsetzen, auch wenn sie religiöse Motive haben.

Zurück in den Klassenraum:
Dort trägt der Lehrer die Verantwortung. Wenn der Lehrer nicht möchte, dass in seinem Unterricht gegessen wird, egal ob Schulbrot oder Kaugummi, dann haben die Schüler dem Folge zu leisten. Wenn der Lehrer nicht möchte, dass seine Schüler ihre Jacken mit in die Klasse nehmen, dann haben die Schüler diese auszuziehen und auf dem Flur an die entsprechenden Kleiderharken zu hängen. Wenn ein Lehrer nicht möchte, dass seine Schüler mit Baseballcappy oder aufgezogener Sonnenbrille in seinem Unterricht sitzen, dann haben die Schüler diese abzusetzen. Da ist es total egal ob die Schüler da kein Bock drauf haben oder was ihre Eltern davon halten. Wieso soll man mit Kindern aus muslimischen Familien anders umgehen?

der, der auszog
der, der auszog
6 Jahre zuvor

Kurze Korrektur zu #33

der erste Satz muss heissen: "Es gibt in Deutschland nicht nur das Grundgesetz…"

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

Wenn es Schuluniformen gäbe, müßte auch die Verfassung nicht gequält zitiert werden.

Walter Stach
Walter Stach
6 Jahre zuvor

-32-
Arnold,
wenn der Staat sich daran machen würde, all (!) im religiösen Rituale, zum Beispiel diejenigen, die durch die christlichen Kirchen "gehegt und gepflegt" und von Dir als Ausdruck von Wahnvorstellungen begriffen werden, dem erzieherischen Ermessen (dem Erziehungsrecht/der Erziehungspflicht) der Eltern gegenüber ihren Kindern mittels eines Verbotes zu entziehen, dann wäre in der Tat ein von mir vorgetragenes Argument gegen ein staatliches Verbot des Kopftuchtragens von Heranwachsenden bis zum 14. Lebensjahr beseitigt, nämlich das der Gleichheit vor dem Gesetz für jede Religion, für jeden Religionsausübung, für jedes religiöse Ritual.
Aber gerade das ist ja in Deutschland nicht der Fall; im Gegenteil.

Arnold,
"in diesem Sinne und nur zu diesem Zwecke" erwähne ich hier die sog. persönliche Beichte von Kindern/Jugendlichen in der kath. Kirche -in der Regel nicht nur von "der" Kirche eingefordert, sondern auch von den Eltern im Rahmen des Erziehungsrechtes von ihren Kindern verlangt. Und das unbestritten, jedenfalls m.W., mit der Folge erheblicher -lebenslanger- seelischer Versehrheit der betroffenen Menschen.

Arnold,
eine freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft muß um ihrer selbstwillen weitestgehend mit einer großen Vielfalt unterschiedlicher und gegensätzlicher Vorstellungen von Erziehungsinhalten/Erziehungszielen leben.
In einer freiheitlich pluralistischen Gesellschaft sollte es primär deren Mitgliedern überlassen bleiben, in einem permanenten Prozess darüber zu befinden , ob es und wie es ihr gelingen kann, sich auf Grundwerte -hier auf erziehungsrelevante -zu verständigen, und zwar so, daß auch Minderheiten sie akzeptieren und diese zugleich wegen ihrer gegensätzliche Position nicht diskrediert werden.
Der Staat kann durch seine Verfassung, durch seine Gesetze versuchen, für diesen permanenten gesellschaftlichen Prozess Rahmen zu setzen -nicht mehr, nicht weniger. Je mehr ein Staat durch Gesetze und Verordnungen versucht, dieses "freie Spiel gesellschaftlich relevante Kräfte" zu reglementieren, um so mehr wird er in Kauf zu nehmen haben, daß er damit "irgend wann" das Fundament einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft beseitig hat.

Und das, Arnold, so meine ich gilt auch für religiöse Rituale, Sitten, Gebräuche, von deren Bedeutung, von deren Wertigkeit die Eltern überzeugt sind und die sie aufgrund ihres Erziehungsrechtes/ihrer Erziehungspflicht ihren Kindern zu vermitteln versuchen.
Bekanntlich gehen diese Versuche -aus der Sicht der Eltern -oftmals daneben, bewirken sogar im Laufe des Lebens der so Erzogenen sogar das Gegenteil, nicht wegen staatlichen "Gegensteuerns", sondern weil eine freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft letztendlich diejenige ist, die alltäglich jeden Menschen zwingt, sich kritisch mit dem auseinanderzusetzen, was "ihm anerzogen" worden ist, z.B. das Tragen eines Kopftuches und/oder die damit dokumentierte religiöse und/oder politische Grundeinstellung.
Solange das Fundament einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft in Deutschland Bestand hat und diese Gesellschaft als solche funktioniert, sind die relativ wenigen kopftuchtragenden Kindern und Jugendlchen für mich kein Problem, das staatliches Handeln "zwingend erfordert".

Arnold,
selbstverständlich kann ich mir nicht sicher sein, wie ein Gericht urteilen würde, wenn Erziehungsberechtigte gegen ein staatlich verordnetes Kopftuchverbot für ihre Kindern in der Kita/in der Grundschule klagen. Ich habe lediglich unter -31- Ziffer 1 darauf hingewiesen, daß Politiker, die derzeit landauf/landab dieses Kopftuch-verbot fordern, sich damit auseinanderzusetzen haben, daß ein solches Kopftuch-Verbot (verfassungs) rechtlich nicht als bedenkenlos angesehen werden darf; ich jedenfalls habe diese Bedenken und bin damit nicht allein.

Walter Stach
Walter Stach
6 Jahre zuvor

Korrektur:
sh. Satz 1:
"Wenn der Staat sich daran machen würde, alle (!!) der z.B. im religiösen Bereich gängigen Rituale, zum Beispiel diejenigen, ….."

Walter Stach
Walter Stach
6 Jahre zuvor

DER, DER….
1.
Ich kann nicht erkennen, warum das Tragen eines Kopftuches durch Kinder/Jugendliche in der KITA/in der Grundschule unvereinbar sein könnte mit Respekt, Höflichkeit und "anständigem Benehmen" im menschlichen Miteinander.
2.
Was "geltendes Recht" angeht:
Wenn ich vom Verfassungsrecht ausgehe, dann deshalb, weil jede andere Rechtsnorm, die in Gesetzen, Rechtsverordnungen, kommunalen Satzungen zu finden ist, mit dem Verfassungsrecht vereinbar sein muß; das gilt auch für das sog. Gewohnheitsrecht. Und das gilt eben auch für eine per Gesetz oder per Rechtsverordnung oder per Satzung verfügtes Kopftuchverbot.

Im übrigen macht es einen rechtserheblichen Unterschied, ob der Staat im Rahmen seiner Zuständigkeiten regelnd tätig wird oder ob z.B eine Religionsgemeinschaft im Rahmen ihrer sachlichen und räumlichen Zuständigkeit Regeln setzt; letztere unterliegen folglich in der Regel nicht der Bindungswirkung verfassungsrechtlicher Normen , sind im Regelfall auch nicht irgend welchen staatlichen Sanktionsmöglichkeiten unterworfen noch sind sie staatlicherseits justiziabel.

DER, DER..
und so nebenbei, da die "Gewohnheiten" angesprochen wurden, die nicht allesamt als solche rechtliche Qualität haben, will ich am Beispiel der Kopfbedeckung daran erinnern, daß es noch bis in die 195o er Jahren in Deutschland einer Gewohnheit, einem Ritual entsprach -keinem Rechtsgebot- , daß Frauen beim Betreten einer kath. Kirche eine Kopfbedeckung anzulegen hatten -Hut oder Kopftuch-!! Als ich vor langer Zeit mit einigen Frauen gemeinsam den Petersdom in Rom besucht habe, war auch dort das Anlegen einer Kopfbedeckung Pflicht. Ob das heute noch so ist, weiß ich nicht. So viel zu -rechtlich nicht relevanten- Gewohnheiten und Ritualen.

DER, DER…
sh. letzer Satz:
"Warum sollte man mit Kindern aus muslimischen Familien anders umgehen"

Ja, exakt das ist eine der von mir aufgeworfenen verfassungsrechtlich relevanten Frage.
Wenn staatlicherseits per Gesetz, per Veordnung, per kommunaler Satzung verfügt würde, daß das Tragen aller (!!) religiösen/politischen Symbole in der Kita/in der Grundschule verboten ist, dann wäre zumindest eine meiner Begründungen zu meinen (verfassungs-) rechtlich relevanten Bedenken weggefallen. Insofern würde ich nie auf den Einfall kommen, dieserhalb (verfassungs-) rechtliche Bedenken zu formulieren, wenn es um das für alle Kinder gleichermaßen geltende Gebot der Teilnahme am Schwimmunterricht geht, also auch als Pflicht für Kindern muslimischen Glaubens.

Helmut Junge ,
insofern weiß ich nichts mit Deinem Hinweis auf die Möglichkeit eines Zwanges zum Tragen einer Schuluniform anzufangen -für alle gleichermaßen geltend unabhängig von Rasse, Religion pp.
Im übrigen ist mir kein Land bekannt, in der es einen staatlich (!!) verordneten Zwang zum Tragen einer Schulinform gibt, wohl aber eine Gewohnheit, ein Ritual einer insofern autarken Lehranstalt.

Helmut Junge -35-,
" die Verfassung gequält zitiert……"

Habe ich nach Deiner Meinung die Verfassung gequält. in dem ich auf sie hingewiesen habe- oder meinst Du, ich selbst hätte mich beim Zitieren der Verfassung gequält? Beides erscheint mir gleichermaßen seltsam -gelinde gesagt-, ohne mich zu verwundern.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

Zur juristischen Seite:
——————————-
@Arnold Voss #32, Zitat: "es gibt kein Grundrecht auf Wahnvorstellungen jeder Art"

Doch, es gibt ein Recht auf Religionsfreiheit (Newsflash für Sie), und das gilt auch, wenn es anderen nicht gefällt, und – stellen Sie sich das vor! – sogar wenn diese anderen die jeweiligen Ansichten als Wahnvorstellungen verunglimpfen.

Das einzige, was eine Grenze setzt, sind die Grundrechte anderer. Die einzigen denkbaren Grundrechte, die in Frage kommen, sind hier die des Kindes. Da im Prinzip aber die Grundrechte des Kindes (auch die Religionsfreiheit) von den Eltern wahrgenommen werden (Walter Stachs Verweis auf Art.6GG ist mE völlig richtig), bleibt nur eine Argumentation mit Kindeswohlgefährdung.

Ist die hier gegeben? Sie werden natürlich sagen: Die schlimme Kennzeichnung der kleinen Kinder als sexuelle Wesen durch das Kopftuch, das fügt dem Kindeswohl natürlich einen so schlimmen Schaden zu, das rechtfertigt diesen Eingriff ins Elternrecht.

Mit Verlaub, das halte ich eher für abwegig. Dazu müsste nämlich diese Ihre Interpretation des Kopftuchs erstens einigermaßen allgemeingültig und zweitens die einzige oder zumindest wesentliche sein. Das ist sie nicht. Es gibt bekanntlich viele Gründe, ein Kopftuch zu tragen – viele Frauen, die selbst ein Kopftuch tragen, würden bestreiten, dass eine Frau es tragen _muss_, um ihre Sittsamkeit zu beweisen oder sich vor sexueller Belästigung zu schützen; vielmehr sei es in unserer Gesellschaft vor allem ein Ausdruck der religiösen Zugehörigkeit. Und dann könnten Eltern ergänzen, dass das vor allem natürlich bei Kindern gelte, und könnten sagen: "Wie kommen Sie eigentlich auf so eine ekelhafte Idee, dass ein Kopftuch eine Sexualisierung von Kindern sei? Was haben Sie denn für eine schmutzige Phantasie?" Bumms, ist die Argumentation am Ende.
Auch ein unvoreingenommener Beobachter – sagen wir einer, der die Diskussion nicht kennt – würde die Behauptung, das Kopftuch stelle eine Sexualisierung dar, wohl kaum nachvollziehen können.

Aber selbst wenn man dieser Argumentation folgen würde, bliebe immer noch die Frage, ob das eine so eindeutige Gefährdung des Kindeswohls ist, dass ein Eingriff ins Elternrecht gerechtfertigt wäre. Zwei Punkte:

a) Vergleich mit anderen Bekleidungen, die man als Sexualisierung bezeichnen könnte. Nur als Beispiel Bikinis/ Badeanzüge für kleine Mädchen: Ist es – nach Ihrer Argumentation – nicht genauso sexualisierend, wenn da – auch hier würden viele Eltern sagen: Das gehört sich so – aus Gründen der Sittsamkeit der überhaupt nicht vorhandene Busen bedeckt wird? Müsste man das also nicht bei Mädchen vor Einsetzen des Brustwachstums verbieten?
Abwegig? Ja, klar. Wie beim Kopftuch.

b) Vergleich mit anderen Handlungen der Eltern, wo man darüber diskutieren könnte, ob eine Beeinträchtigung des Kindeswohls gegeben ist. Dazu empfehle ich die Lektüre von: Handbuch Kindeswohlgefährdung nach §1666 BGB, dort Kap. 22. Link:
http://db.dji.de/asd/ASD_Handbuch_Gesamt.pdf
Was da an Beispielen genannt wird, ab wann eine Kindeswohlgefährdung gegeben sei, und wie ferner darauf hingewiesen wird, dass dem Elternrecht ein ziemlich weiter Spielraum zukommt, lässt es mir völlig abwegig erscheinen, dass eine Kindeswohlgefährdung ganz automatisch beim Kopftuch von Kindern gegeben sein sollte.

Ein Beispiel für eine Kindeswohlgefährdung wäre es demnach zB, wenn ein Kind "zu Verhaltensweisen entgegen der eigenen religiösen Überzeugung genötigt" wird. Also wenn ein Kind dazu gezwungen wurd, ein Kopftuch zu tragen, obwohl es das aus eigener religiöser Überzeugung ablehnt – dann wäre eine Kindeswohlgefährdung gegeben (das sehe ich auch so). Aber sicher nicht wegen des Kopftuchs an sich. Umgekehrt wäre es nach dieser Aussage möglicherweise sogar eine Gefährdung des Kindeswohls, ihm das Kopftuchtragen zu verbieten, wenn es selbst das aus eigener religiöser Überzeugung will.

Also: Mit Kindeswohl kommen Sie nicht weit.

Neutralität der Schule usw. dürften bei Schülerinnen auch ausfallen – da ist ja nach höchstrichterlicher Entscheidung sogar bei Lehrerinnen ein Kopftuchverbot nur dann erlaubt, wenn es konkrete Hinweise auf eine Gefährdung des Schulfriedens gibt, aber eben nicht pauschal. Und bei Schülerinnen ist, da sie durch die Schulpflicht zum Schulbesuch gezwungen sind, die Religionsfreiheit (und das Elternrecht) sicher noch höher zu gewichten als bei Lehrerinnen.

Also – es dürfte meiner EInschätzung nach kaum möglich sein, ein solches Verbot wasserdicht zu gestalten, wenn man wie von der Verfassung geboten Elternrecht, Religionsfreiheit und Nicht-Diskriminierung aufgrund des Glaubens berücksichtigt.

—————————————————

Abschließend noch was zur Wirkung:

Wie auch immer gut gemeint diese Initiative gemeint sein mag, und auch wenn sie von (manchen? vielen?) Muslimen mitgetragen wird: Bei vielen (anderen) Muslimen wird ankommen, dass sie wieder einmal unter einem speziellen Verdacht seitens des Staates und der Mehrheitsgesellschaft stehen, dass wieder einmal auf den Islam gemünzt Sondergesetze angestrebt werden, die man vorher nicht für nötig gehalten hätte. Und das wird auch – und mMn verständlicherweise und zu Recht – bei vielen MuslimInnen der Fall sein, die selbst der Meinung sind, dass Mädchen kein Kopftuch tragen müssen/sollen oder die sogar selbst als Erwachsene kein Kopftuch tragen. Die Einschränkung der Handlungsfreieht ist ja auch gegeben, wenn man selbst die entsprechende Sache gar nicht tun wollen würde.
Es werden also Gräben aufgerissen zwischen vielen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft, und zwar in vielen Fällen auch noch völlig unnötig. Also mE ein völlig kontraproduktiver Aktionismus.

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

Walter Stach, was man nicht weiß, kann man ja immerhin googeln.
wir leben ja im 21.Jahrhundert.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schuluniform
Und dort wo es Schuluniformen gibt, stellt sich die Verfassungsfrage erst gar nicht. Und das ist gut so.
Wenn auch die unteren Gerichte häufig problematische Urteile fällen, wird es nach meinem Gefühl nur selten besser, wenn es bis zum Verfassungsgricht gegangen ist.
Lieber Walter, was du regelmäßig und sogar sehr häufig machst, ist nämlich nicht die Vefassung zu vertreten, sondern das, was du glaubst, was deiner Meinung nach die Verfassung aussagen würde. Das aber entscheiden die Verfassungsrichter. Und sie entscheiden das von Fall zu Fall. Und das verwundert manch einen Menschen in diesem Lande. Aber mir persönlich reicht das aus. Das zu akzeptieren ist oft schwierig genug. Unter "quälen" verstehe ich jeden rein "theoretischen Gang" direkt zur Verfassung, die aber gar nicht zuständig ist, wie @der der auszog richtig schreibt.
Da du mich ja fragst, wie ich das meinte, kriegst du auch meine Antwort: "Ja Walter, ich persönlich empfinde es so, daß du Walter Stach viel zu häufig direkt zur Verfassung greifst, wo die noch etliche Instanzen weit entfernt ist. Ich empfinde das so. Und auf mich wirkt das wie du es ahntest. Ja Walter, aus meiner unmaßgeblichen Sichtweise wirkt das gequält. Du wirst das anders sehen. Das denke ich mir. Und du hast keine Verfassungsformulierung, die mich zwingt das anders als du zu sehen. Basta.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@#33 der, der auszog11. April 2018 um 17:11
Zitat: "Es gibt in Deutschland nicht das Grundgesetz, sondern – neben einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften, die durch Gesetzgebung zustande kommen – auch etwas, das man als Gewohnheitsrecht bezeichnet und welches nicht der Niederschrift bedarf und trotzdem niedergechriebenen Gesetzen gleich gestellt ist."

Dagegen:
1. Gewohnheitsrecht darf natürlich _nicht_ der Verfassung wiedersprechen. Also wenn es irgendein Gewohnheitsrecht gäbe, das den im GG festgelegten Menschen- und Bürgerrechten widerspräche, wäre es schlicht und einfach ungültig.
2. "Es ist eine fundamentale Voraussetzung für die Entstehung von Gewohnheitsrecht, dass neben der langjährigen tatsächlichen Übung eines bestimmten Verhaltens die Beteiligten der Überzeugung sind, dass die in Frage stehende Übung rechtlich bindend ist." (Quelle: https://www.anwaltsregister.de/gewohnheitsrecht)
Also müsste es für ein gewohnheitsrechtliches Verbot des Kopftuchtragens bei jungen Schülerinnen nicht nur gegeben sein, dass es lange keine Schülerinnen gab, die Kopftuch trugen (schon das ist nicht der Fall, es gibt ja welche), sondern die Beteiligten müssten auch der Meinung sein (jedenfalls bevor es zu rechtlichen Streitigkeiten kommt), dass es so ein Verbot gibt. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Der Verweis auf ein "Gewohnheitsrecht" zieht also überhaupt nicht. Die Möglichkeit, beim Besuch einer Kirche oder Moschee ein bestimmtes Verhalten oder eine bestimmte Kleidung vorzuschreiben, ergibt sich mE auch nicht aus einem Gewohnheitsrecht, sondern aus dem Hausrecht.

Zitat: "Erziehung ist nicht nur Sache der Eltern. Wir haben eine Schulpflicht und ein Schulgesetz, indem geregelt ist, dass die Schulen ebenfalls einen Erziehungsauftrag haben. […]"

Richtig, erfreulicherweise haben wir eine Schulpflicht. Das heißt aber auch: Diejenigen, die eine Schule besuchen, können das nicht einfach unterlassen, wenn ihnen dort etwas nicht passt. _Gerade deswegen_ müssen dort die Grundrechte der SchülerInnen besonders beachtet werden. Eine Moschee oder eine Kirche muss niemand besuchen – daher kann der Hausherr dort auch per Hausrecht Bedingungen stellen, und wem diese nicht passen, geht einfach nicht rein – kein Grundrecht verletzt. Bei der Schule geht das nicht so einfach, und deshalb darf der Hausherr auch nicht genauso willkürlich Regeln aufstellen.

Für die Schule heißt das: Die Schulpflicht kann dazu führen (wenn der Bildungsauftrag das erfordert), dass die SchülerInnen auch an Dingen teilnehmen müssen, die ihnen oder den Eltern aus religiösen Gründen nicht passen. Gleichzeitig muss die Schule aber im Rahmen des Möglichen nach Kompromissen suchen. Also zB: Schwimmen lernen gehört zum Bildungsauftrag; das kann man aber auch im Ganzkörperbadeanzug –> Kompromiss: Die Schülerin muss am Schwimmunterricht teilnehmen, wenn sie einen solchen tragen darf.
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/burkini-urteil-schwimmunterricht-fuer-muslimisches-maedchen-a-921650.html

Für ein Verbot des Kopftuchs mit Begründung durch die Schulpflicht müsste es also etwas geben, was die Schülerin im Rahmen des Bildungsauftrags der Schule dort lernen muss, was sie aber mit einem Kopftuch nicht lernen kann. So etwas wäre mir irgendwie nicht ersichtlich.

——————————————————-
@ #35 Helmut Junge
Zitat: "Wenn es Schuluniformen gäbe, müßte auch die Verfassung nicht gequält zitiert werden."

Ja, wenn man etwas durchsetzen möchte, was der Verfassung nicht entspricht, dann ist so eine demokratische und freiheitliche Verfassung echt eine Qual.
Gut so.

Walter Stach
Walter Stach
6 Jahre zuvor

Mit fällt so eben -in der Halbzeitpause des Champ.lig-Spieles des FCB- folgende "rhetorische Frage" an die Befürworter des angedachten Kopftuchverbotes ein:
Welches Ziel würden sie sich setzen und wie würden sie dieses argumentativ zu rechtfertigen versuchen, wenn z.B. "demnächst" -was ich mir wünschen würde- mehr als bisher junge Menschen aus jüdischen Familien die Grundschulen in Deutschland besuchen und dann, wenn sie aus orthodoxen Familien stammen, als Kopfbedeckung die sog. Kippa tragen würden -als ihr äußeres Bekenntnis zum Judentum-.
Mir geht es nicht darum, hier eine Antwort einzufordern, sondern lediglich darum, mit dieser Frage die meinerseits bestehende Fragwürdigkeit der Zielsetzung pro Kopftuchverbot und die darauf bezogene Begründung kritisch zu hinterfragen, wohlwissend, daß ich damit die Meinung der Verbotsbefürworter nicht ändern kann.

Ines C.
Ines C.
6 Jahre zuvor

So Jungs: jetzt mal 3 Wochen Selbstversuch: 1. Jeden Morgen Hijab aufsetzen. 2. Alle weiblichen Teenager in der Umgebung überzeugen Schleier zu tragen (denn die Dinger sind ja mehr als Kopftücher) 3. "You don't own me" (Bette Middler, Diane Keaton, Goldie Hawn) jeden Abend meditieren. Und dann reden wir nochmal darüber, was wir gegen patriarchalisch-politische Unterdrückung von Mädchen und Frauen im Deutschland des 21. Jahrhunderts so unternehmen wollen. Die Verschleierung ist kein religiöses Gebot im Koran.

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

Ines, jetzt mal im Spass: Wenn jede Frau, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen möchte, um dafür die Erlaubnis zu bekommen einen religiösen Mann beizubringen hätte, der auch dazu bereit ist, würde es so gut wie keine Kopftuchträgerinnen geben.

Arnold Voss
6 Jahre zuvor

@ Paule t # 31

Interessant, dass SIE Religion mit Wahn gleichsetzen. Ich tue das nicht. Religiöser Wahn ist eben nicht gleich Religion. Sonst hätte z.B die evangelische Kirche keinen Sektenbeauftragten. Religion kann allerdings zum religiösen Wahn führen. Und für den gilt nicht die Religionsfreiheit. Wenn NRW das Kopftuchverbot für Mädchen bis 14 durchsetzt, wird das auch bald geklärt werden und das ist gut so.

der, der auszog
der, der auszog
6 Jahre zuvor

@Walter (#38)

In den 1950er Jähren mussten Frauen in Deutschland ihren Mann um Erlaubnis bitten, wenn sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen wollten – trotz Grundgesetz und Verfassung.
In den 1950er Jahren war die Aufgabenteilung in einer Ehe gesetzlich geregelt, wonach verheiratete Frauen per Gesetz für die Kindeserziehung und die Haushaltsführung zuständig waren, wenn der Mann für die finanzielle Versorgung sorgte – trotz Grundgesetz und Verfassung
In den 1950er Jahren gingen Frauen in der Regel leer aus, wenn sie aus einer 'Hausfrauenehe' aussteigen wollten und die Scheidung einreichten, weil das Verursacherprinzip galt und eine Frau per Gesetz automatisch die Schuldige war, wenn sie einen solchen Schritt unternahm – trotz Grundgesetz und Verfassung

Was ich sagen will: ich finde Deine Argumentation reichlich antiquiert und verstaubt und sie wird auch nicht zeitgemäß und moderner, wenn Du Dich auf das Grundgesetz berufst.

Es war übrigens deine SPD unter Helmut Schmidt, die in Deutschland das Ehe- und Scheidungsrecht modernisierte, aber das nur am Rande…

@Paule (#41)
Zu meiner Schulzeit in den 1980er Jähren war es nicht üblich (gewöhnlich) mit einem Kopftuch im Unterricht zu sitzen, weder in der Grundschule noch in der weiterführenden Schule. Wie die Situation heute ist, kann ich nicht beurteilen, die Diskussion über ein Kopftuchverbot wäre aber vermutlich überflüssig, wenn sich die Situation derzeit nicht verändern würde. Persönlich bin ich gegenüber staatlich verordneten Verboten eher skeptisch, insofern würde ich die Entscheidung, ob im Unterricht ein Kopftuch getragen werden darf oder nicht, den Lehrern bzw. den Schulen überlassen wollen. Hätte ich Kinder im schulpflichtigen Alter käme eine Schule, in der Mädchen von ihren Eltern angehalten werden, Kopftuch zu tragen, für meine Kinder nicht in Frage und zwar aufgrund der Argumente, die hier von den Befürwortern eines Kopftuchverbotes vorgetragen wurden und die ich im Einzelnen nicht wiederholen möchte, weil sie für mich stichhaltig sind.

@Walter und @Paule
Mich wundert, dass ihr euch nicht auf die vorgebrachten Argumente bezieht, die für ein Kopftuchverbot sprechen, weder die hier bei den Ruhrbaronen (Arnold, Helmut Ines), noch die in der öffentlichen Diskussion (Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, Lehrerverband)
Welchen Sinn macht ein Kopftuch bei heranwachsenden Mädchen? Ist es für euch eine Art kulturelle Mode, wie beispielsweise ein Minirock, eine Jeansjacke oder ein Baseballcap?
Oder steckt hinter dem Kopftuch mehr, nämlich der Versuch das Kind, speziell das Mädchen au die spätere Rolle als Frau vorzubereiten, die es unter allen Umständen zu unterlassen hat, Männer in irgendeiner Form sexuell zu reizen, und sei es auch nur durch das Zeigen der Haare?

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ Helmut Junge #40
—————————————

Zitat: "https://de.wikipedia.org/wiki/Schuluniform
Und dort wo es Schuluniformen gibt, stellt sich die Verfassungsfrage erst gar nicht. Und das ist gut so."

Warum stellt sich die Verfassungsfrage nicht, wenn es Schuluniformen gibt? Dann stellt sich die Verfassungsfrage eben entweder _für_ Schuluniformen (Sind verpflichtende Schuluniformen überhaupt verfassungsgemäß?) oder _im Rahmen_ der Schuluniformen (Kann man es verbieten, zu Schuluniformen Kopftuch zu tragen?).

Schon die erste Frage dürfte für Deutschland aufgrund des allgemeinen Selbstbestimmgsrechts (freie Entfaltung der Persönlichkeit, Art 2,1 GG) zu verneinen sein. Deswegen ist eine Schulkleidung an öffentlichen Schulen in Deutschland mW auch nirgendwo wirklich verpflichtend, sondern eher etwas, worauf sich LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen geeinigt haben und was dann von den meisten auch befolgt wird – aber eben nicht zwangsweise.
(Vgl. diesen etwas älteren Artikel: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/unterricht-im-einheitslook-markenklamotten-nur-unter-der-guertellinie-a-359628.html)

Für die zweite Frage gilt etwa in Großbritannien – dass einem für Schuluniformen wohl am ehesten einfällt -, dass "muslimische Mädchen an staatlichen Schulen etwa mit Kopftuch zum Unterricht erscheinen" dürfen (mutmaßlich mit Bezug auf eben die Religionsfreiheit). Das ist aus dem von Ihnen selbst verlinkten Wikipedia-Artikel; aus der englischen Version (Aussage wohl gültig für die USA): "Both the Constitution and most state laws protect students' rights to wear religious attire in[…] school, such as the wearing of a turban, yarmulke, or head scarf." [Zitat aus Fachartikel]

Es wäre ja nun auch rechtlich sehr merkwürdig, wenn irgendwelche Regelungen zur Schulkleidung, auf welcher Ebene auch immer sie getroffen würden, die Verfassung außer Kraft setzen könnten.

—————————————————-

Zitat: "Ja Walter, ich persönlich empfinde es so, daß du Walter Stach viel zu häufig direkt zur Verfassung greifst, wo die noch etliche Instanzen weit entfernt ist. […] aus meiner unmaßgeblichen Sichtweise wirkt das gequält."

Die Verfassung ist _niemals_ "etliche Instanzen entfernt" , sondern immer "unmittelbar geltendes Recht" (Art.1). Deswegen darf auch jedes Gericht ein Gesetz, das für ein Verfahren entscheidungsrelevant wäre, das das Gericht aber für verfassungswidrig hält, dem Verfassungsgericht zur konkreten Normenkontrolle vorlegen. Da muss nicht einer der eteiligten durch die Instanzen gehen, sondern schon das Amtsgericht kann die Anwendung des von ihm für verfassungswidirg gehaltenen Gesetzes verweigern und ans Verfassungsgericht verweisen.

Auch in der politischen Diskussion halte ich es für höchst merkwürdig, Argumente aus der Verfassung als "gequält" abzutun. Das ist nun einmal der Rahmen unseres demokratischen Rechtsstaates, und wenn sich gegen ein Vorhaben Bedenken daraus ergeben, dann ist das nicht irgendwie fernliegend, sondern muss auf jeden Fall erwogen werden. Wenn man das als lästig beseite schieben möchte, besteht die erhebliche Gefahr, dass man auch den Rechtsstaat als solchen beiseite schiebt.

"Ja Grundgesetz, ja Grundgesetz, ja Grundgesetz. Sie berufen sich hier pausenlos aufs Grundgesetz. Sagen sie mal, sind sie eigentlich …" .. hier wohl: Islamist? Wurde mir ja erheiternderweise auch schon mehr oder weniger vorgeworfen.

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ #45 Arnold Voss
"Interessant, dass SIE Religion mit Wahn gleichsetzen. Ich tue das nicht. Religiöser Wahn ist eben nicht gleich Religion. [..] Und für den gilt nicht die Religionsfreiheit."

Das ist immerhin sehr nett, dass Sie nicht Religion mit Wahn gleichsetzen. Tue ich auch nicht. Aber Sie denken, man könnte ein bestimmtes, religiös begründetes Verhalten mal so eben hemdsärmelig zum "Wahn" erklären und schwupps, auf einmal gilt die Religionsfreiheit nicht mehr. So läuft das aber nicht. Ob Sie oder auch die Mehrheit etwas für Wahn halten, ist völlig wurst, solange Sie nicht zeigen können, dass es Grundrechte anderer verletzt.

Das könnten Sie ja versuchen, indem Sie sich mit meinen Argumenten in #39 dagegen auseinander setzen, statt einfach ihre Behauptung zu wiederholen, dass Ihre Einstufung als "Wahn" die Religionsfreiheit aus dem Feld schlägt.

Helmut Junge
Helmut Junge
6 Jahre zuvor

Unterhalb des Vorwurfs des Verfassungsbruchs geht mittlerweile gar nichts mehr. Betroffen vom Vorwurf sind sowohl Linke, Rechte, Religiöse, Nichtreligiöse usw. Aber ebenso werfen die gleichen betroffenen Leuten auch selber mit solchen Vorwürfen um sich. Weil es iin inflationären Größenordnungen vorkommt, gefalln mir solche Vergleiche nicht mehr. Meist bleibt es auf der politischen Debattenebene.
Gerade heute gelesen daß Maas auch ein Verfassungsfeind sei. Ich denke die Liste ist endlos.
Es ist einfach nicht mein Geschmack.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-afd-fraktionschefin-alice-weidel-reist-mit-aussenminister-heiko-maas-a-1202400.html

paule t.
paule t.
6 Jahre zuvor

@ #42 Walter Stach
"Welches Ziel würden sie sich setzen und wie würden sie dieses argumentativ zu rechtfertigen versuchen, wenn z.B. "demnächst" -was ich mir wünschen würde- mehr als bisher junge Menschen aus jüdischen Familien die Grundschulen in Deutschland besuchen und dann, wenn sie aus orthodoxen Familien stammen, als Kopfbedeckung die sog. Kippa tragen würden -als ihr äußeres Bekenntnis zum Judentum-."

Ja, das ist eine interessante Frage. Ein "Kreuzkettchen" möchte Güler ja schon ausnehmen von einem möglichen Verbot; machbar wäre das aber nur darüber, dass man nur "auffällige" religiöse Symbole verbietet. "Auffällig" wäre eine Kippah aber sicher auch. Wenn man nicht ganz offen die Religionen ungleich behandeln wollte (was rechtlich auch ausgeschlossen wäre), müsste man also auch die Kippah verbieten. Den deutschen Politiker möchte ich aber sehen, der jüdischen Schülern das Tragen der Kippah verbieten will …

Insgesamt sage ich Voraus (s.o. #39), dass hier völlig unnötig Stress zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft geschürt wird, wenn Politiker das weiter verfolgen; und dass diese dann krachend juristisch scheitern werden, weil Elternrechte, Religionsfreiheit und Nicht-Diskriminierung ein Verbot für Schülerinnen einfach nicht hergeben.

Werbung