Vor einigen Tagen hatte Stefan Laurin die Möglichkeit zu einer neuen Freiheitsbewegung erörtert. Berücksichtigt man aktuelle politische Tendenzen, die bis zu Verfassungsbrüchen reichen können, das Verhalten des Duisburger OB Sören Link sei als Beispiel angeführt, ist das Anliegen verständlich. Doch die entscheidende Frage lautet, was das denn sei, Freiheit? Mehr als nur eine Nullstelle, die eventuell mit reichlich Pathos und blindem Drang zu füllen wäre?
Im alten, längst überalterten Liberalismus, wurde, sobald von Freiheit die Rede war, gerne auf einen Einzelnen abgehoben. Eine solche Konzeption eröffnete die Möglichkeit, andere auszuschließen, also solche, die sich nicht als Einzelne bewähren können, weil sie in Massen auftreten. Dafür prädestiniert, Einzelne sein zu können, waren Unternehmer, aber auch Intellektuelle, eventuell der eine oder andere Politiker, nicht aber Mitglieder des gemeinen Volks.
Einer solchen Sichtweise war auch der Freiheitstheoretiker John Stuart Mill verfallen, der die Demokratie durchaus auch als Gefahr sah, deshalb die Wahlmöglichkeiten je nach Klassenzugehörigkeit beschränkt sehen wollte. Unter der Hand, ohne es systematisch einzubeziehen, eher zur Verteidigung der Einzelnen denn zur Entwicklung einer anderen Konzeption, tauchte bei ihm ein relationaler Begriff auf: Freiheit dürfe sich nicht zur Belästigung anderer entwickeln.
Ein Anerkennen andere Menschen als jene Einzelnen fiel dem alten Liberalismus schwer. Dem gegenüber formulierte Rosa Luxemburg, dass Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden sei, schloss jedoch Gewaltmaßnahmen nicht aus, weil diese Bedingungen für die sozialistische Revolution seien. Wer zu anders sei, über Eigentum an Produktionsmitteln verfüge, der müsse notfalls mit zertrümmerten Gliedern am Boden liegenbleiben.
Es ist leicht zu erkennen, dass in diesen Konzeptionen Freiheit an jeweilige Menschenbilder gekoppelt war, gleichgültig auf welcher Seite des gesellschaftlichen Kampfes. Dennoch sind Ansätze erkennbar, die darüberhinaus weisen, auf einen relationalen Freiheitsbegriff.
Einfache, nicht formale Fassungen, gibt es in vielen Variationen: im Rahmen der sogenannten goldenen Regel. Ideologien als auch Standesunterschiede fallen weg: “Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu”, bietet eine einfache und allgemein verständliche ethische Weisheit, die jedem Freiheit zugesteht, auch wenn der Maßstab alles andere als klar und deutlich ist. Es war Kant, der mit seinem kategorischen Imperativ im Grunde nichts anderes als eine formalisierte Fassung der urtümlichen Volksweisheit vorgelegt: “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Kritiken an dieser Fassung und ihrer Begründung bezogen sich vor allem auf die formelle, teilweise rigorose Gestaltung, andererseits wurde die Unabhängigkeit von konkreten Beschränkungen als entscheidender Vorteil erachtet.
Nun war allerdings Kants Philosophie – wie die vieler anderer auch -, an die Annahme eines freien Willens gebunden. Kants besonders stark ausgeprägte Haltung, auf Vernunft zu drängen und zu verweisen, kann andeuten, dass er gewusst haben muss, dass sich Willenäußerungen unter Menschen vor allem emotional äußern und durchaus vorgeprägt sind. Hume hatte Emotionen einbezogen und den freien Willen als etwas Hypothetisches bezeichnet, die Willensfreiheit in Abhängigkeit von Wünschen und Überzeugungen gesehen.
Einen anderen Weg hat Sartre eingeschlagen: Nicht Wille, sondern Wahlmöglichkeiten bilden die Grundlage von Freiheit. Dieses Absehen von individuellen Dispositionen kam theoretisch einer Befreiung gleich und eröffnete einen gangbaren Weg in die Gesellschaft. Ein gewisser Rigorismus ist auch bei ihm zu finden, weil eine Wahlfreiheit unter politischer Repression bestehen kann, auch in Zeiten eines Faschismus, keine ausweichende Berufung auf die Umstände möglich sind. Ein Für oder Gegen gibt es als Wahlmöglichkeit allemal.
Diese Konzeption lässt sich interessanterweise mit den Ergebnissen der neuen Hirnforschung vereinbaren, die belegen kann, dass nicht bewusste Entscheidungen dafür maßgeblich sind, wie entschieden wird, sondern vorgängige Prozesse. Der freie Wille ist zu einer bewusstseinsbedingten Illusion geworden, zu einer Einbildung. Berücksichtigt man Faktoren wie Emotionen, Sozialisation usw., kann verständlich werden, weshalb es Vorurteile gibt und weshalb es Menschen in der Regel schwer fällt, sich gegebenenfalls zu ändern.
Die Freiheit von Menschen zu beschränken, hieße, ihre Wahlmöglichkeiten einzuschränken, doch auslöschen ließe sich Freiheit nicht. Widerstand zu leisten, bleibt als Alternative erhalten, und wer diese letzte Möglichkeit provoziert, durch welche Politik oder Wirtschaft auch immer, muss mit schwerwiegenden Folgen rechnen.
Reinhard Matern,
ich denke, dem einzelnen Menschen in Deutschland könnte es zunächst nutzen,, sich bei der Suche nach Antworten auf die Frage, „was seine Freiheit“ ist, auseinanderzusetzen mit den Festlegungen, den Aussagen, die dazu die Verfassung -das GG-trifft.
Diese Auseinandersetzung könnte beginnen, indem „man“ sich mit dem Inhalt des Art.2Abs1.GG befaßt : „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßig Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
Dazu gibt es sehr viel Lesens- (und Bedenkens-)wertes in Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes, in zahlreichen Kommentaren.
Dabei oder danach steht dann -selbstverständlich- ein philosophische Diskurs an:
„Was ist der Mensch? Ist der Mensch von Natur aus ein nur sich selbst verantwortliches Wesen oder ist er (insofern) unfrei, weil er eben kein isoliertes, souveränes Individuum, sondern ein „in die Gemeinschaft hineingeborenes und dieser vielfältig verpflichtetes Wesen ist“?
Mit einem solchen philosophischen Diskurs einhergehen dann zwangsläufig theologische Erwägungen, z.B. resultierend aus der Frage, ob der Mensch, wenn jeder einzelnen als ein von Gott gewolltes Wesen verstanden wird,
deshalb nicht verstanden werden kann als ein nur sich selbst verantwortliches, souveränes Wesen, sondern letztlich als ein Gott, d e m Souverän,verantwortliches Wesen und und wegen dieser Verantwortung vor Gott letztlich nicht freies, souveränes Individuum.
Um das Spektrum dessen, was in diesem Zusammenhang diskutiert werden könnte, anzudeuten, erinnere ich ganz bewußt an ein Verständnis von Freiheit, das sinngemäß Luhmann irgend wann in den 196oer Jahren beschrieben hat mit:
„Würde und Freiheit des Menschen kann kein Staat gewährleisten. Würde und Freiheit müssen von den Menschen erarbeitet,geleistet werden.“
Um über konkrete,letztlich politische Fragen nach Inhalt und Schranken individueller Freiheit diskutieren zu können, wie das immer wieder aus aktuellen Anlässen hier bei den Ruhrbaronen geschieht, wäre es naheliegend, sich a.)räumlich zu begrenzen, nämlich auf Deutschland, und b.) sich dabei auf dem „Boden der Verfassung“ zu bewegen und daran-zumindest in der ersten Runde- nicht zu rütteln. In einem solchen Rahmen und durch diesen diesen begrenzt bliebe noch viel Raum für unterschiedliche Positionen.
Persönlich baue ich, wenn es in konkreten Streifällen um die Frage nach Inhalt und
Schranken individueller Freiheit geht, auch zukünftig wie in den letzten rd.65 Jahren auf das BVerfG!
Es ist „gut so“, daß alle Parteien im Lande wissen, das sie sich, selbst nicht mit einstimmigen Enscheidungen,der Bindung an die Verfassung und einer diesbezüglichen Letztentscheidung des BVerfG entziehen können. Ob das auch alle, die hier diskutieren, wissen?
@ Walter Stach: Den vorgeschlagenen Weg wollte ich vermeiden: Art.2 Abs1. GG ist derart voraussetzungsreich, setzt das gesamte Grundgesetz voraus, dass damit gar nicht angefangen werden kann. Zudem fehlt mir das Interesse, hier eine Staatsbürgerkunde zu veranstalten. Das macht jede VHS 😉 Mein Anliegen ist ein anderes, wie im ersten Absatz zu lesen ist.
Ich glaube, dass man ohne eine Differenzierung des Freiheitsbegriffs nicht auskommt. Ich würde dabei zwischen der Freiheit der Wahl, der Teilhabe und der Mitbestimmung unterscheiden. Die völlig freie Wahl hat Niemand, den selbst für den mächtigsten, intelligentesten und reichsten Menschen sind die Anzahl der Entscheidungsalternativen begrenzt.
Die Freiheit der Teilhabe hängt dagegen von denen ab, die die Teilhabe zulassen oder nicht, dh. sie ist eine Gemeinschaftsentscheidung auf Basis gemeinsam anerkannter Regeln. Die Freiheit zur Mitbestimmung hängt dagegen im wesentlichen von der eigenen Macht als Einzelner und/oder Gruppe ab.
Die Grenzen der individuellen Wahlfreiheit sind deswegen in der Regel flexibler als die zur Teilhabe oder zur Mitbestimmung. Aber auch sie unterliegen gemeinschaftlicher Rahmenbedingungen durch allgemein anerkannte und vom Staat durchsetzbare Gesetze. Die Grenzen der Teilhabefreiheit und der Mitbestimmmung sind weniger flexibel, bzw. bedürfen die in der Regel großer kollektiver Anstrengungen um sie überhaupt zu erreichen, respektive sie zu verändern.
Dabei ist die Freiheit zur Mitbestimmung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten, also die demokratische Freiheit in demokratischen Gesellschaften, als die Basis aller anderen Freiheiten anzusehen. Ist sie nicht mehr gegeben, kann es zwar noch die individuelle Wah- und Teilhabefreiheit geben, sie steht aber in der Regel selbst zur Debatte, wenn die individuelle Freiheit der Wahl und der Teilhabe ohne die kollektive Freiheit zum Wählen existiert.
Zur Freiheit der demokratischen Mitbestimmung gehört natürlich die Freiheit der Meinungsäußerung. Das eine ist ohne das andere nämlich nicht zu haben. Beiden zusammen gebührt deswegen ein besonderer gesetzlicher Schutz und die besondere Aufmerksamkeit und Verteidigungsbereitschaft aller freiheitsliebender Menschen.
Es ist schon eine „Kunst für sich“, eine Brücke von Link zu Laurin zu bauen und dann die Kurve zu Luxenburg und Kant zu kriegen.
Nichts gegen die Kritik an OB Link in Duisburg. Der Knabe hat den Schuss nicht gehört. Aber was sind das für Künstler, Kritiker und Kulturschaffende, denen in der Causa totlast nichts besseres einfällt, als Gesetzesbücher zu durchwühlen um dann mit irgendwelchen Paragraphen um sich zu hauen?
Anders gefragt: Wie preußisch sind unsere Künstler und Kulturschaffenden eigentlich? Und ist Freiheit tatsächlich immer etwas politisches?
-2-R.Matern-
-3-Arnold-
einverstanden!
Ich wollte mit meinem Beitrag lediglich daran erinnern, daß Diskussionen über den Begriff „Freiheit“ etwas mehr erfordern als das verständliche Äußern subjektiver Befindlichkeiten, wenn es aus aktuellen Anlässen z.B. um das „Rauchverbot“, um Tempo-beschränkungen auf Autobahnen, um die informationelle Selbstbestimmung, um das die Freiheit des Eigentümers einschränke Mietrecht u.ä.mehr geht.
In Ergänzung zu dem was Arnold -3- anmerkt:
Mir war stets und mir ist weiterhin beispielsweise die Begrifflichkeit der „realen Freiheit“ von Wichtigkeit.
Geht es dabei doch darum, ob Freiheit des Menschen heutzutage mehr (er-)fordert als Freiheit von staatlichen Zwängen, ob die sog.Freiheitsrechte mehr sind als bloße Abwehrrechte des Individuums gegen den Staat.
Der die individuelle Freiheit sichernden Rechtstaat erfährt in Deutschland durch die Verfassung seine Ergänzung mittels der Normierung des Sozialstaates als eine seiner Staatszielbestimmung -verfassungsfest!
Diese Sozialstaatszielbestimmung fordert vom Staat eben nicht stets und überall die Begrenzung seines Tuns, nicht stets und überall im Regefall äußerste staatliche Zurückhaltung, sobald durch seine Aktivitäten die Freiheit des Einzelnen gefährdet sein könnte, sondern sie fordert vom Staat aktives Handeln, damit
j e d e r Mensch die Chanche erhält, r e a l seine Freiheiten nutzen zu können – ohne ihn damit aus der persönlichen Verantwortung für sein in Freiheit zu bewältigendes Leben zu entlassen.
Diese Anmerkung ohne weitere Vertiefung nur ergänzend zu dem Beitrag von Arnold -3-als ein weiteres Beispiel dafür, wie komplex der Begriff Freiheit ist, wie umfassend folglich jedes Nachdenken und wie kontrovers und wie spannend eine Diskussion über ihn zu sein hat.
Reinhard Matern -sh.VHS-….-
fehlen aber nicht ganz vielen Menschen simple Grundkenntnisse, wenn sie sich mit Vehemenz als „Kämpfer für die Freiheit“ generieren? „Braucht es also vielleicht doch „ein wenig VHS“ oder ein diesbezügliches „Mehr“ im Unterricht in den Schulen?
Und ist es nicht zwingend geboten, daß diejenigen, die für eine neue Freiheitsbewegung plädieren, in besonderer Weise, bevor sie aktiv werden, sich ihrer Vorstellung von Freiheit bewußt werden und das dann öffentlich kommunizieren?
Und das geht nicht ‚mal so nebenbei bzw.“…mittels einer Nullstelle, die evtl. mit reichlich Pathos und blindem Drang zu füllen wäre , wie Sie zutreffend im letzten Satz des ersten Absatz Ihres einleitenden Kommentars feststellen.
Bitte, die Anmerkung in Sachen VHS/Schule nicht mißverstehen.
Ich kann und ich will mich hier nicht „oberlehrerhaft“ gegenüber Mitmenschen aufzuspielen ;und es sollte auch auch nicht ein solcher Eindruck entstehen.
@ Arnold Voss: Eine Differenzierung erleichtert mit Sicherheit die Diskussion über verschiedene gesellschaftliche Bereiche, ich würde jedoch die Wahlmöglichkeit (-freiheit), die auch unter beschränkenden Bedingungen besteht, als eine allgemeine betrachten, relevant für alle gesellschaftlichen Bereiche. In diesem Kontext ließen sich, um einen Schritt weiterzugehen, allgemein mögliche Freiheitsgrade anführen, die größer oder geringer sein können, unter Umständen auch für Personengruppen unterschiedlich ausfallen.
In der Wirtschaft können z.B. die Wahlmöglichkeiten durch Kartelle und monopolhafte Strukturen für Unternehmen als auch Konsumenten stark eingeschränkt sein. In der Medienbranche werden derzeit solche Monopolbildungen auf dem Markt beklagt (Amazon, Google usw.), andererseits legen diese Kritiken auch Versäumnisse von Unternehmen bloß. Wie könnte man mit dem Problem umgehen? Aus alt-liberaler Sicht wären Monopolbildungen Erfolge privatwirtschaftlicher Entscheidungen, zudem können sich Monopolisten gesellschaftlich, also relational, als ‚Versorger‘ aufspielen – die neben sich keinen anderen Gott dulden 😉 Wäre ein Kartellrecht schärfer zu fassen oder strikter anzuwenden? – Zu den wirtschaftlich relevanten Wahlmöglichkeiten gehört natürlich auch die Mitbestimmung von Arbeitnehmern (Betriebsräte).
In einer Verfahrensdemokratie wie der unsrigen sind die Bürger von Sachentscheidungen fast ‚befreit‘. Gewählt werden können Parteien und Personen. Um als Bürger mitentscheiden zu können, müsste man in solche Organisationen eintreten oder Lobbyarbeit (für einen Verband) betreiben. Doch in den Parteien gelten gleichfalls ‚Regeln‘, um Wahlmöglichkeiten einzuschränken. Dass Abgeordnete nur ihrem Gewissen verpflichtet sind, ist bestenfalls ein Witz. Im Kontext von Wahlmöglichkeiten hat sich seit einigen Jahren in der Gesellschaft Unmut kundgetan: Es vergeht praktisch kein Tag, an dem nicht eine Online-Petition auf den Weg gebracht wird. Wie kann Demokratie bürgernäher gestalten werden?
Besonders unklar an unserem Grundgesetz ist das sogenannte Widerstandsrecht (Art. 20). Die Interpretationen reichen von belanglos bis zur Ermöglichung eines Tyrannenmords! Weil erst alle ‚anderen Wege‘ beschritten sein müssen, bevor ein aktiver Widerstand geduldet wird (z.B. Anrufung des Bundesverfassungsgerichts), ist es Bestandteil der Verfahrensdemokratie, zumindest so lange sie besteht … Könnte es für Bürger keine klareren und einfacheren Wege geben?
Dass unsere Marktwirtschaft eine soziale sei, kann bezweifelt werden: z.B. Arbeit anzubieten, die zum Leben nicht reicht, aus der Perspektive von Finanzämtern eigentlich nur als Hobby bezeichnet werden könnte, verdreht den Begriff Arbeit. Firmen zu fördern, die wie ein Verein im Grunde nur Hobbytätigkeiten anbieten, freilich unter arbeitsrechtlichen Bedingungen, verdreht Vereine und Firmen. Und dies alles nur um im Verbund von Unternehmen und Staat Kosten zu senken und die Arbeitsstatistik besser aussehen zu lassen, als sie regulär aussehen müsste? Ob die Einführung von Mindestlöhnen die Situation verbessern hilft, lasse ich mal offen. Zumindest ist es indirekt ein Eingeständnis von Seiten der Politik, dass wirtschafts- als auch gesellschaftspolitisch etwas schief gelaufen ist. Mich persönlich ärgert das Stückwerk, das von Wahlperiode zu Wahlperiode betrieben wird, diese Konzeptlosigkeit.
In privaten Bereichen hängen Wahlmöglichkeiten von Bürgern nicht selten vom Einkommen ab, in den USA freilich weitaus stärker als bei uns. Ob Kita, Schule, oder anderes. Einkommen fungiert als Selektionskriterium bei der gesellschaftlichen Teilhabe. Psychologisch hängt dies nach meinem Ermessen mit einem ziemlich primitiven Drang nach Status und Rang zusammen, die ihrerseits als Motivation dienen. Das Schlagwort ‚Arbeit muss sich lohnen‘ kommt vermutlich aus diesem Sumpf 😉 Mich irritiert, wie wenig ein Interesse an einer Sache gesellschaftlich als Motivation angesehen wird.
@ Walter Stach: „Und ist es nicht zwingend geboten, daß diejenigen, die für eine neue Freiheitsbewegung plädieren, in besonderer Weise, bevor sie aktiv werden, sich ihrer Vorstellung von Freiheit bewußt werden und das dann öffentlich kommunizieren?“ Genau darum geht es, zumindest mir.
Der, Der……..-4-
Freiheit ist für mich primär gar nichts Politisches.
Freiheit ist für mich ein Zustand, der von jedem Menschen in „seinem Inneren“ gewollt und von jedem Menschen sein Leben lang „in seinen Innneren“ erarbeitet, erkämpft und bewahrt werden muß (…auch der in Ketten Geborene….).
Gesellschaft und Staat setzen -mehr oder weniger, enge oder weite- Regeln für „äußere Freiheit“, für das Auslebenkönnen einer als existent vorausgesetzten inneren Freiheit.
Der,Der….
Zustimmung in Sachen OB Link.
Dem sollte doch beizukommen sein ohne fundamentale Erörterungen über „verfassungswidrige Freiheitsbeschränkungen“ seines konkreten Tuns im konkreten Falle und ohne im Detail die rechtliche Korrektheit seines Handelns zu hinterfragen.
Freie Künstler, in einem freien Land, in einer beachtlichen Kunstszene im Revier sollten doch, könnten doch dem OB „anders auf’s Dach steigen“ oder?
Ich freue mich jedenfalls über jeden Anlaß , um dann und wann hier bei den Ruhrbaronen über Freiheit im allgemeinen oder über Freiheit in einem konkreten Streifall diskutieren zu können. „Link“ war insofern ein willkommener Anlaß.
@#4 der, der auszog: Um die mögliche Diskussion nicht zu einer Paragraphenschlacht werden zu lassen, habe ich einen anderen Ansatz gewählt. Mal schauen …
-7-R.Matern
„….darum geht es mir..“!!
Ich wünsche Ihnen aus Überzeugung sehr, daß Ihr Kommentar diesbezüglich etwas bewirken wird.
@ #10 Ihr Wunsch liest sich sonderbar. Es kann durchaus sein, dass wir eine unterschiedliche Sprache sprechen, auf den von mir gewählten Ansatz, Sartres Freiheitskonzeption einzubeziehen, sind Sie bislang mit keinem Wort eingegangen.
Reinhardt, schön, daß du die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung erwähnst und gedanklich mit den älteren Ergebnissen der (einiger) Philosophen abgleichst.
Das hat zumindest hier bei den Ruhbaronen noch niemand gemacht. Und ich sage dir, daß das auch langsam Zeit wurde. Denn was Wolf Singer seit einigen Jahren beschreibt, ist ja so wenig in die bekannte Philosphie einfügsam, daß viele Philosophen erst einmal abwarten, ob das nicht vielleicht doch noch widerlegt wird.
Wenn nämlich der freie Wille zu einer bewußtseinsbedingten Illusion geworden ist, wie Singer schrieb, was du offenbar übernimmst, gibt es natürlicherweise so viele neue Fragestellungen, wie sie mit der Entdeckung des Universums und evtl. mit der Relativitätstheorie entstanden. Was ist also Freiheit unter diesem Blickwinkel?
Weil ich diese neue Erkenntnisse noch nicht verstanden habe, aber gerne auf neuestem Stand meiner Möglichkeiten diskutiere, habe ich mir pragmatisch gesagt, daß für mich entscheidend ist, welche Gefühle ich in bestimmten Situationen habe. Damit muß ich schließlich klarkommen, wenn ich in dieser Welt voller interagierender Menschen die Form von Akzeptanz erhalten will, die ich für mich einmal als Ziel festgelegt habe. Leider sagt das nichts darüber aus, ob das mein freier Wille war oder ist. Aber ich habe mir auch gedacht, sollte es ein Wesen geben, das allwissend ist, wie könnte sich dieses Wesen darüber ärgern, weil jemand nicht in seinem Sinne handelt. Das Ärgern wäre dann ja auch schon vorher bekannt, dürfte dann gar nicht interaktiv erlebt werden. Wenn also ein solches hypothetisches Wesen schon keine Freiheit hat, also wir Menschen nicht einmal fähig sind, uns ein frei entscheidendes Wesen auszudenken, das allein entscheidet, wie können wir dann selber darüber befinden, ob wir frei sind?
In der alltäglichen Praxis werden wir auch immer wieder auf Prozesse stoßen, die unsere Entscheidungen beeinflussen, auch wenn diese Prozesse uns nicht bewußt sind. Aber trotzdem müssen wir uns immer wieder für diesen oder jenen Weg entscheiden. Der mythische Herkules hatte keine wirkliche Wahl, vermute ich. War seine Wahl nicht von geheimnisvollen Mächten vorbestimmt, wie andere Entscheidungen in der antiken Welt? Ich fürchte, daß wir, falls wir die neuen Erkenntnisse der modernen Hirnforschung nicht widerlegen, oder noch besser, sie verstehen, genau dort wieder landen könnten, wo wir in dunklen Zeiten einmal waren. Zeiten, die wir überwunden glaubten. Darum ist es wichtig, daß wir darüber sprechen.
Du sagst, daß es die Wahlmöglichkeit wäre, die wir benötigen, um frei zu entscheiden. Habe ich nämlich genügend Wahlmöglichkeiten, kann ich auch meinen o.angedachten Gefühlen entsprechenden Raum lassen. Sklaven können das nicht. Dabei will ich es vorerst bewenden lassen, auch wenn dann die Frage noch nicht geklärt ist, warum wir uns wie entscheiden.
Danke Helmut. Es ist übrigens nicht nur Singer, der die Willensfreiheit bestreitet, viele ließen sich anführen, darunter z.B. auch Roth. Es handelt sich um einfache empirische Ergebnisse. – Eine andere Ungereimtheit der Bewusstseinsphilosophie betrifft ‚Denken‘. Traditionell wird in der Bewusstseinsphilosophie Denken mit Sprache identifiziert, um jedoch (a) nachhaltig von Sprache abzusehen, (b) um nur noch um sich selber zu kreisen: Es ist bekannt, dass Musiker auch in Musik denken (in Tönen / Klängen), Physiker in Mathematik (Einstein hatte mit Sprache große Probleme). Die Bewusstseinsphilosophie ist ein uralter Hut, der seit des linguistic turn in der Philosophie abgelegt sein könnte, sich jedoch besonders in Deutschland hält. In dieser Hinsicht ist Deutschland ein alter, ziemlich vergammelter Hut! Für die Psychologie ist ‚Denken‘ aber durchaus ein relevantes Thema.
… vielleicht so
http://www.youtube.com/watch?v=StGvRa2zgbw
… trotz oder gar auf Grund von Erkenntnissen moderner Hirnforschung (2:25-2:32)
R.Matern -11-
Warum liest sich mein Wunsch sonderbar?
Ich habe mich auf Ihre Aussage -7-bezogen und wünsche Ihnen „ohne Wenn und Aber“ bezüglich Ihrer Absicht Erfolg: Es soll etwas bewirkt, etwas in Gang gesetzt werden, namentlich bei denjenigen, die sich des Themas „neue Freiheitsbewegung“ widmen wollen.
Gut so!
Ich bin bewußt in meinen Beiträgen weder auf Kant noch auf Satre eingegangen.
Ich habe vielmehr versucht, andere Gedanken/Idee zur „Freiheit“ bzw. die Gedanken und Ideen Anderer kurz anzusprechen ausschließlich mit der Absicht deutlich zu machen, wie breit das Spektrum an Gedanken und Ideen zu sein hat, , wenn über Freiheit zu diskutieren ist, nicht um sich mit ihnen hier mit der notwendigen Gewissenhaftigkeit zu befassen, was gar nicht geht.
Ich habe mich folglich auch nicht mit Singer (Roth) und anderen beschäftigt, die a priori die Existenz des Möglichen einer „wirklich“ f r e i e n Willensentscheidung des Invididuums ausschließen.
In dem Zusammenhang Nachdenkliches -u.a.- ist zu finden unter der Überschrift Kapitel 1o, S.322 „Die zwei Interessen der Vernunft“ von R.Spaemann in Robert Spaemann „Über Gott und die Welt“ eine Autobiographie in Gesprächen -Klett-Cotta 2o12.
In dem Zusammenhang ließe sich auch mehrfach Habermas zitieren, z.B. aus „Jürgen Habermas -Zwischen Naturalismus und Religikon-;Philosophische Aufsätze -Suhrkamp 2005-:
Z.B. zur Sprache:
„….Seit Plato und Aristoteles analysieren sie Sprache als Medium der Darstellung und untersuchen die logische Form von Aussagen, mit denen wir uns auf Objekte beziehen und Tatsachen wiedergeben. Aber in erster Linie ist die Sprache doch zur Kommunkation da,………. “ -S.19 a.a.O.-
z.B. zum Szientismus:
“ Der Szientismus verleitet oft dazu, die Grenze zu verwischen zwischen theoretischen Erkenntnissen der Naturwissenschaften, die für die Selbstdeutung des Menschen und seine Stellung im Ganzen der Natur relevant sind, auf der einen, und einem daraus synthetisch hergestellten naturwissenschaftlichen Weltbild auf der anderen Seite. Diese Art radikaler Naturlalsimus entwertet alle Typen von Aussagen, die nicht auf experimentelle Beobachtungen………..-S.147 a.a.O.-
„Bisher sind alle Versuche, das sozialpragmatische Bild der Verkörperung des Geistes in intersubjektiv geteilte Praktiken durch das naturalistische Bild von neuronalen Prozessen im menschlichen Gehirn oder von Operationen im Rechner zu ersetzen, an der Nicht-Hintergehbarkeit eines Dualismus von Sprachspielen gescheitert; S.212 a.a.O.
Nun habe ich mich doch wider mein bisheriges Wollen f r e i willig entschieden, im Dualismus mit anderen hier gemachter Aussagen etwas zu sagen.
Dabei lasse ich jetzt auch.
Die „praktische Vernunft“ spricht m.E. nach wie vor dafür, sich im weiteren Diskurs mit Blick auf die Idee einer „neuen Freiheitsbewegung“, wenn ganz konkret etwas bewirkt werden soll, zu orientieren an dem, was ich unter – 1 – in den letzten drei Absätzen angemerkt habe. Ansonsten, befürchte ich, wird ein solcher Diskurs zwar in den Köpfen der an ihm Beteiligten etwas bewirken, aber nicht in der „politischen“ Realität von Staat und Gesellschaft in Deutschland, jedenfalls nicht unmittelbar.
@ #14 Daniel Voss: Danke für das Video. Dieses alte Lied war freilich politisch motiviert, wie ältere Fassungen deutlicher werden lassen („Beleget den Fuß
Mit Banden und mit Ketten …“). Frei bezieht sich in diesem Kontext auf den kaum möglichen Zugriff der politischen und polizeilichen Gewalt. Hinzugefügt sei, dass die Psychologie in Bezug auf Gedanken keine Regeln finden konnte. Zu Denken umfasst viel mehr, als z.B. einen Text zu erarbeiten oder ein Musikstück zu komponieren. – Das Thema Willensfreiheit wird durch das Video jedoch nicht berührt. Es gibt unzählige Parameter, die für eine Willensenscheidung letztlich entscheidend sein können, dennoch nicht ins Bewusstsein dringen. Die Werbung macht sich dies z.B. zu Nutze.
@ #15 Werner Stach: Das Besondere der Ergebnisse der Hirnforschung ist ja gerade, dass sie nicht a priori, sondern empirisch ermittelt wurden. Nur weil es eine naturwissenschaftliche Erkenntnis ist, dass sich die Erde um die Sonne dreht, ist eine solche Erkenntnis doch nicht zu verwerfen.
Habermas hatte Recht, zu betonen, dass sich schon alte Griechen mit Begriffen beschäftigten. Doch mit Sprachphilosophie, zumal mit jüngeren Ausprägungen, hatte dies wenig zu tun. Sein Verweis auf Kommunikation demonstiert, dass ihn das Thema Sprachphilosophie kaum interessiert! Dem gegenüber würde ich betonen, dass Sprachphilosophie eine Grundlagenforschung ist, ohne deren Ergebnisse gar nicht oder nur mit viel Glück gearbeitet werden kann.
Die große Geste, die er in Hinblick auf Natur- und sozialpragmatische Weltbilder malt, unterschägt, dass es solche Weltbilder gar nicht gibt. Speziell in den Naturwissenschaften ist noch sehr viel unbekannt, ob in Bezug auf das Gehirn, oder das Universum oder … Es geht um etwas anderes: um die Frage, wie man sich in anderen Diszipinen den Ergebnissen gegenüber verhält.
Um schließlich kurz zu skizzieren, was die Hirnforschung in Bezug auf den Willen entdeckt hat: Entscheidungen waren vom Gehirn (physisch) schon getroffen, bevor das Bewusstsein glaubte, sie frei getroffen zu haben. Ziemlich verrückt! Oder nicht?
Reinhardt, die Philosophie möchte gern selbst definieren, was wichtig ist. Dummerweise muß sie dann doch immer wieder auf Erkenntnisse der Naturwissenschaften (Plural!) Rücksicht nehmen. Ich habe es oben schon angedeutet.
Wenn nun die Experimente von Neurologen zeigen, daß ein Entschluß Z.T. Minuten bevor sich die Versuchsperson sich dessen bewußt ist, festgelegt ist, möchte ein Habermas das nicht wahrhaben wollen. Was wäre dann der Freie Wille?
Das ist in der Tat ein Problem.
Worüber sprechen wir dann? So eine Erkenntnis zieht einem ja auch glatt die Socken aus.
Aber Reinhardt, in einem Punkt muß ich dir allerdings widersprechen.
Einstein hatte mit der Sprache keine Probleme. aber er hat einmal gesagt, daß er seine Gedanken zuerst in Bildern sieht, um sie dann erst später in Sprache zu formulieren, zu übersetzen. Viele Menschen tun das. Vor allem solche Personen, die Gedankenexperimente durchführen, wie es bei Physikern häufig vorkommt. Ich weiß, daß z.B. Marx und viele seiner Zeitgenossen noch dachten, daß Denken unmittelbar an Sprache gekoppelt wäre. Das kommt bei Leuten, die wissenschaftliche Arbeiten über das Studium von Schriftquellen leisten, vermutlich viel häufiger vor, als bei Leuten, die neue Fragen an die alte Natur stellen, und auf Antworten hoffen. Da gibt es nämlich keine Quellen, die man verwerten könnte. Da ist dann alles neu, und nur ein Experiment das geschickt ausgedacht, wird kann eine Antwort bringen. Die dann zu formulieren, ist notwendig, um sie anderen Personen mitzuteilen. So ist das bei grundlegenden ersten Experimente jedenfalls. Später werden sie natürlich ie nach einem Rezept von anderen Wissenschaftlern kopiert. Dann liegen sie schon als sprachlich formulierte Mitteilung vor.
Wir Menschen verfügen über zwei Möglichkeiten des Denkens, wobei das Denken über Bilder wohl die ältere Form ist. Das ergibt sich aus der Überlegung, daß manche Rabenvögel, aber auch Primaten erstaunliche abstrakte Gedankenleistungen vollziehen, obwohl sie wohl kaum sprachlich ausdrücken können, was sie zu tun beabsichtigen. Ebenso müssen die Vorfahren unserer Spezies, bevor sie sprechen konnten, in Bildern gedacht haben. Die Sprache ist erst notwendig, wenn solche Gedanken kommuniziert werden müssen.
Aber das führt vom Thema Freiheit zu weit weg.
Das Letztgenannte war mir bekannt. Verrückt? Ja, auch deshalb ist hier noch Vieles „ergänzend zu erforschen“, was laufend geschieht.
Unbestritten ist, daß solche Erkenntnisse der Naturwissenschaften auch die Geisteswissenschaften zu beschäftigen haben, ja bereits beschäftigen – Philosophen wie Habermas -sh. z.B.seine Aussagen zum sog. radikalen Naturalismus-, Theologen wie (Ex-)Papst Benedikt u.a., „denken“ (selbstverständlich) darüber nach.
Abgesehen vom Anlaß für unsere Diskussion und über unserer Zeit hinaus, wird auch in 1oo Jahren die Frage zu stellen sein, „was der Mensch ist, was seine Würde, seine Freiheit ausmachen, ob und wie der Mensch als Einzelwesen, als Gemeischaftswesen leben will, leben wird, leben muß“, und diese Fragen werden nicht beantwortet durch stets neue Erkenntnissen der Naturwissenschaften über das Funktionieren unseres Gehirnes, sondern durch den denkenden, den fühlenden, den glaubenden Menschen im permanenten, mittels seiner Sprache bestimmten und gestalteten Diskurs mit anderen Menschen.
Mich beschäftigen natürlich auch Fragen -ich denke darüber nach-, z.B. die, wie die „Reproduktionstechnik“ in 100 Jahren aussehen wird, wie in 100 Jahren die Möglichkeiten genetischer Steuerungen im Prozeß der Menschwerdung oder die der genetischen Steuerung der Prozesse im Gehirn des Menschen im Verlaufe seines Lebens funktionieren werden, wie in 100 Jahren die Informations- und Kommunikationsprozesse ablaufen, inwieweit menschliche Funktionen, also auch das Denken und das Entscheiden, in heute noch unvorstellbaren Dimensionen durch „Roboter“ erledigt werden, also was und wie in 1oo Jahren die Naturwissenschaften erforscht und entwickelt und was davon “ umgesetzt“ sein wird, folglich mit Konsequenzen für die Geisteswissenschaften, wenn es unter diesen Bedingungen gilt, über das „Wesen des Menschen“ (nach-)zu denken.
.
Ich bin mir sicher ,daß die angesprochenen Entwicklungen im Bereich der Naturwissenschaften nicht das Ende des Nachdenkens und damit das Ende der Philosophie und der Theologie in 1oo Jahren bedeuten wird.
Ich glaube sogar daran,daß die angesprochenen Erkenntnisse /Entwicklungen naturwissenschaftlicher Kategorie Philosophie und Theologie mehr denn je
je notwendig machen und herausfordern werden.
Ich vermute, daß Philosophen und Theologen auch in 1oo Jahren auf die Fragen nach dem Wesen des Menschen, nach seiner Würde, seiner Freiheit, nach einer menschengerechten, menschenwürdigen Ordnung der Gesellschaft, in der er lebt, leben sollte, substantiell keine neuen Antworten geben werden.
Nun ist all das, was ich hier angemerkt habe, ein Produkt „westlicher Zivilisation, ein Resultat jüdisch-griechisch-christlich-auklärerisch bestimmter Kultur“.
Für deren „ewigen“ Bestand in der Auseinandersetzung mit einer anderen Zivilisation, mit anderen Kulturen, also auch mit anderen Vorstellungen vom Wesen des Menschen gibt es keine Garantie, auch nicht, wie man „im sog.Westen“meint, die Gewissheit, daß für alle Menschen auf der Welt unsere Vorstellungen vom Wesen des Menschen und diedamit einhergenden Annahme weltweit geltender unantastbarer Menschenrechte -Freiheitsrechte (!!)- „die einzig wahren“ sind und bleiben werden.
In 1oo Jahren……
„Was ist Freiheit für diejenigen, die jetzt eine neue Freiheitsbewegung wollen?“
Das ist die Frage!
Ich wiederhole mich noch einmal und rege an, diese Diskussion zu führen auf der Basis der Grundvorstellungen, auf die unsere Verfassung aufbaut und im Rahmen der daraus resultierenden Normen der Verfassung; alles Andere kann nicht zielführend -sh.neue Freiheitsbewegung-. sein.
@ #18 Helmut Junge: Danke für die Ergänzungen. In Bezug auf Einstein: Bei den Bildern wird es sich nicht um süße Katzenfotos handeln, sondern eher um geometrische (mathematische) Monster, wenngleich auch Katzen zu Monstern mutieren können 😉
Aber mal Spaß beiseite: Ich bin gegenüber einer Entwicklungstheorie, wie Du sie angedeutet hast, skeptisch. Es ist relativ wenig über tierische Intelligenz und Kommunikation bekannt. Aus Experimenten weiß man, dass man vielen Arten das kognitive Vermögen von zwei- bis dreijähigen Kindern zugestehen muss, sogar soziales Lernen findet statt, doch die Verfahren sind wie selbstverständlich projezierend. Im Grunde wissen wir über andere Tiere als uns fast gar nichts.
Das ‚größte‘ Abenteuer steht der Menschheit aber noch bevor: außerirdische Intelligenz! Ich schätze, dies wird für viele enttäuschend werden, bezieht man ein, wie schwer bereits das Verstehen alter gattungseigener orientalischer oder afrikanischer Sprachen war und teilweise noch ist. Intelligenz ist nicht gerade eine Stärke der Menschheit … Fabelhaft ist sie hingegen beim Projezieren! Ich würde – als Außerirdischer -, einen Kontakt zur Menschheit ablehnen 😉
@ #19 WALTER Stach: Danke für die Rückmeldung. Ich bin mir bewusst, dass es zahllose Freiheitsauffassungen geben wird, nicht nur die hier durch eine Einbeziehung von Sartre skizzierte. Aber es war mit wichtig, darauf hinzuweisen, was für konzeptionelle Schwierigkeiten auftreten können, sobald man sich mit Freiheit beschäftigt.
Sich auf das Grundgesetz zu einigen, wäre vielleicht eine pragmatisch kluge Lösung – Zum Sturm auf die Bastille hat weniger gereicht 😉 Ich weiß nicht, was Leuten vorschwebt, die Interesse an einer neuen Freiheitsbewegung haben. Ich kann hier nur einen Anreiz bieten, sich mit dem Thema und den Schwierigkeiten zu beschäftigen …
Drehen wir die Fragestellung doch einfach mal um: Warum sollte sich ein vernünftiger Mensch seine Freiheit einschränken lassen?
Einen sehr sympathischen Ansatz, Freiheit als ein unhintergehbares Prinzip zu verstehen, hat Thomas Jefferson formuliert:
We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.
Der siamesische Zwilling der Freiheit ist die Differenz (Achtung für die Gefühlosophen, das bedeutet auch faktische Ungleichheit) der Menschen und ihrer Vorstellungen. Das einzig egalisierende ist die Gleichheit vor dem Recht. Recht verstanden als Begrenzung der Einflussnahme auf eigene (freie) Entscheidungen. Freiheit fördert die Vielfalt.
Reinhardt, wegen deiner Skepsis gegenüber der von mir angedeuteten Entwicklungstheorie sind wir noch nicht fertig, bzw. haben ein neues Feld, über das wir diskutieren müssen. Denn diese Forschungen mit Tieren, die plötzlich denken können, gibt es. Sie sind vielleicht nicht so beunruhigend, wie die o.a. Ergebnisse der Neurologen, aber verstanden und eben auch berücksichtigt werden, müssen sie schon, weil DAS Alleinstellungsmerkmal des Menschen, auf das unsere Väter noch stolz waren, heftig angekratzt wird. Und von diesen Ergebnissen, die zu verarbeiten werden müssen gibt es so viele. Was es nicht häufig gibt, das sind die Naturwissenschaftler, wie Singer, die ihre Ergebnisse zum Anlaß nehmen, den Philosphen gewissermaßen auf deren eigenem Gebiet Konkurrenz zu machen.
Nur wenn sie es nicht tun, dann bleibt es eben liegen. Mein persönlicher Eindruck ist, daß die Philosophie in Deutschland ziemlich bequem geworden ist. Wenn mal ein akuter Anlaß vorliegt und meine Zeit es dann zuläßt, werde ich dazu mal ein paar Beispiele heraussuchen.
@Walter @Reinhard
eigentlich wollte ich nach Satre und Singer noch den Marlboro Cowboy ins Spiel bringen. Der war zumindest für mich lange Zeit der Inbegriff von Freiheit, zumindest was meine Jugend angeht. Lässig am Lagefeuer sitzen, eine Zigarette rauchen und der ganz Canyon liegt zu Füßen. Das hat schon was…
Jetzt hatte Walter in #19 allerdings ein paar interessante Fragen hinsichtlich der Zukunft gestellt, die vermutlich niemand wirklich wird beantworten können, die allerdings kaum davon abhalten, vielleicht nicht unbedingt den Teufel, so aber doch diverse Szenarien an die Wand zu malen.
Deshalb bringe ich jetzt einfach mal den Schriftsteller Aldous Huxley und seine schöne neue Welt. Die Perfekte Gesellschaft ist die, welche sich durch soziale Stabilität, Frieden und Freiheit auszeichnet. Um eine solche Gesellschaft zu erreichen müssen allerdings ersteinmal die perfekten Menschen geschaffen werden. Die bekommt man wiederum durch Manipulation der Embyonen und einer psychologischen Bearbeitung im Kleinkindalter. Den Rest besorgen Sex und Drogen.
Auch wenn es sich bei Brave New World um reine Fiktion handelt, ist Aldous Huxley doch sehr stark von den Naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geprägt, die seiner Zeit (der Roman ist von 1932) up to date waren. Sein Halbbruder Andrew Huxley bekam für die „Entdeckungen über den Ionen-Mechanismus, der sich bei der Erregung und Hemmung in den peripheren und zentralen Bereichen der Nervenzellenmembran abspielt“ den Medizin-Nobelpreis, sein anderer Bruder Julian Huxley war Biologe, darüber hinaus Philosoph und später erster Generaldirektor der Unesco, Opa Thomas Henry Huxley war ebenfalls Naturwissenschaftler und einer der Hauptvertreter des Agnostizismus.
@ Reinhold Mattern „…wäre eine pragmatische kluge Lösung…“Das ist auch meine Meinung. Da kann man sich auch tiefergehende philosophische Diskurse ersparen, die letztlich auch nur von Wenigen geführt werden, die den Bürger wenig interessieren.
@ Abrax.Mit T.J. kommen wir aber in aufgewühltes Wasser , bezog sich doch sein obiges Zitat nicht auf Farbige( Sklaverei) und Frauen( u.a.Wahlrecht), bzw hatte für diese Menschen keine Gültigkeit, damals dort drüben in God own`s Country,im Land der Freien und Tapferen. auch heute ist es in diesen Dingen noch nicht alles zum Besten bestellt. Das allerdings ist kein Alleinstellungsmerkmal der USA.
@ Thomas #25 Wenn man mit dieser „Logik“ eine Aussage in ihrem propositionalen Inhalt zu relativieren versucht, sollte man auch „Demokratie“ wegen ihrer historischen Herkunft ablehnen 😉
Attische Stimmbürger waren nur „freie Männer“, also solche, die nicht für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten. Wie ich manchmal gerne sage: Demokratie ist eine prima Staatsform, wenn alle Aristokraten sind 😉
Die zur historischen Demokratie gehörige Form des Diskurses war auch die Philosophie, davon sind wir heute, nicht nur chronologisch, Jahrhunderte entfernt.
@ #22 abraxasrgb: Was hat Jeffersons Formulierung mit Vernunft zu tun? Ich würde – abseits aller Romantik -,unter den gefassten Bedingungen ohne Pumpgun nicht das Haus verlassen. Seine auf Naturrechtsvorstellungen fußende Formulierung war für die damalige Zeit, in der Plantagenbesitzer die Oberschicht stellten, durchaus attraktiv. Wer sonst als die Plantagenbesitzer sollten landwärts ‚für Ordnung‘ sorgen, damit aber auch in ihrer Freiheit Lebensvorstellungen durchsetzen, die ihnen angenehm waren, auch unabhängig von einer Frage nach ‚Rassen‘ und Sklaven. Die erzkonservative ‚TeaParty‘ drängt weiterhin auf dieses Privileg. Doch diese rudimentäre Freiheitsauffassung bereitet in den USA gesellschaftlich große Sorgen. Wen das nicht kümmert … nach Schulschießereien eine bessere Bewaffung fordert … Also: Jedem Kind eine Pumpgun?!
@ #24 der, der auszog: Einer Reklame-Romantik in der Jugend auf den Leim zu gehen, ja das hat schon was 😉 – Danke für ein weiteres Beispiel im Hinblick auf ‚Menschenbilder‘.
@ Reinhard #27
Die Aussage(n) sind einer „vernünftigen“ Diskussion zugänglich. Auch die naturrechtliche Begründung ist alleine noch kein notwendiger Grund, die Inhalte abzulehnen. Immer schön Genesis und Geltung eines Satzes auseinanderhalten.
Sollte einem Freund des linguistic turn bzw. der analytischen Philosophie doch recht gut gelingen? Was eine Letztbegründung von Normen anbelangt, empfehle ich die Auseinandersetzung mit dem „Münchhausen-Trilemma“.
Wie Du von einem Satz der Unabhängigkeitserklärung zu Plantagenbesitzern, Tea-Party und Waffenbesitz kommst, ist mir schleierhaft. Davon steht nichts in den Aussagen Jeffersons bzw. der Unabhängigkeitserklärung. Immerhin ist unter Beibehaltung des „pursuit of happiness“ die Sklaverei abgeschafft worden und die Rassentrennung aufgehoben worden. Das spricht gegen einen notwendigen kausalen Zusammenhang.
Das Waffenbesitz nicht mit der Anzahl von Schußwaffendelikten und Amokläufen korreliert, kann man leicht nachlesen (wenn man denn möchte).
Wenn ich Deine Einleitung mit dem Wunsch nach eigener „Pump-gun“ und der sch(l)ussendlichen rhetorischen Frage am Ende in Verbindung setze, ist das zwar eine nette Polemik, aber leider nicht schlüssig. Ich empfehle zur Selbstverteidigung übrigens lieber eine Faustfeuerwaffe (z.B. Glock 17 oder 19), als so ein grobes unhandliches Ding, wie ein Repetier-Schrotgewehr.
Mir ist nicht ganz klar, wofür Du die Tea-Party-Bewegung einspannst? Wollen die Deiner Meinung nach wieder die Sklaverei einführen? Aber mit medial aufgebau(sch)ten Feindbildern lässt sich prima Stimmung machen, nicht wahr?
Der bürgerliche Waffenbesitz ist im 2nd Amendement verfassungsrechtlich garantiert, falls Du das meinen solltest.
Aber ich vermute, Du findest libertäre Argumente per se nicht satisfaktionsfähig?
Ich komme immer mehr zu der Einsicht, das liberales Denken und Handeln, eher eine prinzipielle Haltung ist, als eine parteifähige politische Programmatik.
Wie „gut gemeint“ in egalitären Totalitarismus umschlägt, kann man wunderbar klar bei F.A. von Hayek, „Der Weg zur Knechtschaft“ nachlesen, wenn man mag …
Oftmals komme ich „den Dingen näher“, indem ich versuche, mein Denken und Handeln zu hinterfragen, denn so frei sind wir Menschen -„Gott sei dank?!“.
Zu hinterfragen habe ich:
a.)
-sh.meine Anmerkungen unter -8-:
– Habe ich in „meinem Inneren“ einen Zustand von Freiheit erlangt,
erarbeitet, bewahrt und wie läßt sich dieser Zustand gedanklich erfassen?
b.)
Gibt es zumindest einige Beispiele in meinem Leben, die mir zeigen, daß mein äußeres Tun/Unterlassen von dieser inneren Freiheit Zeugnis ablegT; habe ich , weil ich so frei war,gegen gesellschaftliche Konventionen verstoßen? Habe ich vorsätzlich staatlche Regeln meiner oder andere Menschen Freiheit wegen verletzt?
Und beim Nachdenken über diese Fragen stoße ich dann relativ schnell auf Erkenntnisse, die die mich auf die Spuren derjenigen bringen, die als Philosopohen/Theologen das Große und Ganze bedacht und darüber geredet und geschrieben haben.
@ #29 abraxasrgb: Es ist eine Polemik, durchaus. Doch der Hinweis auf das Naturrecht zeigte den theoretischen Kontext des Zitats auf, diente nicht als Kritik. Der vertretene Standpunkt ist fraglos möglich. Mich interessieren jedoch die gesellschaftlichen Folgen ebenso. Das Tragen einer Pumpgun kann heute dazugehören, und der Aufruf zu einer besseren Bewaffnung ist nach einem Amoklauf in den USA erfolgt! Die Frage ist, ob man solche Zustände gesellschaftlich befördern möchte – auch wenn das Modell dies nicht einbezieht, gegen alle vorgebrachte ‚Vernunft‘.
Zur Kritik hatte ich ein Bild entworfen, das zunächst die damalige, dann die aktuelle us-amerikanischen Wirklichkeit einbezieht. Im Hinblick auf jede Freiheit lässt sich fragen, wem sie dient. Die damals anvisierte Freiheit ermöglichte es den Großgrundbesetzern (der Plantagen / der Rinderzüchter) in relativ großem Umfang nach eigenem Gutdünken vorzugehen. Dass Jefferson selber Plantagenbesitzer war, ist in dieser Hinsicht ein interessantes Detail. Ich kann nichts dafür, dass Alt-Liberale immer wieder den Mächtigen in die Hände spielten und spielen, dass die resultierende Praxis überwiegend nur eine Freiheit von wenigen ist!
Das Vorgehen ist unter ‚professionellen‘ Alt-Liberalen nicht romantisierend oder naiv, sondern berechnend. Zur erzkonservativen Tea-Party-Bewegung gehören solche Alt-Liberalen, die einem Limited-Government-Konservativismus anhängen und gegen Obamas Gesundheitsreform Stimmung machten. Ein Liberalismus, dem die Gesellschaft, salopp formuliert, scheiß egal ist, solange einige Einzelne davon profitieren, jedoch außerhalb dieser Schar um Unterstützung sucht, hat nichts verstanden, am wenigsten sich selber! Da nützt es auch nichts von Freiheit als ‚Prinzip‘ zu reden, was immer dies sein mag.
-31-R.Matern
Voll einverstanden!
Mit diesem Beitrag im Zusammenhang mit den Beiträgen von ABRAXASRGB wird zwar nichts Neues festgestellt, aber zurecht im Kontext mit der gesamten Diskussion daran erinnert, daß ein „radikaler“ Liberalismus basierend auf der Vorstellung des Menschen als einem ausschließlich „Ich-bezogenen Individuum“ eine radikal kapitalistische Staats- und Gesellschaftsornung begründet, rechtfertigt, sichert.
Das wurde und das wird nicht nur weltweit von Vielen „gutgeheißen“. Dafür wird weltweit „missioniert“ -mit allen Mitteln.
Dem steht seit alterher eine andere Auffassung vom Wesen des Menschen entgegen und folglich eine andere Aufassung von einer Staats- und Gesellschaftsorndung, die am ehesten diesem Verständnis vom Wesen des Menschen entspricht.
Zur Kenntnis nehmen müssen die „radikalen Neo-Liberalisten in Deutschland“, daß unser Grundgesetz der Idee „des radikalen Liberalismus“ widerspricht und infolge dessen das GG einer „radikal kapitalistischen Staats- u Gesellschaftsordnung „eine Absage erteilt“.
Wer auch in Deutschland Anderes will, kann das in einem freien Land wollen, nur muß dabei bedacht werden, daß „man“ damit an den Fundamenten unserer Verfassung rüttelt und daß „man“ dabei, wenn es an die Substanz gehen sollte, auf eine mächtige Gegnerschaft in Staat und Gesellschaft stoßen wird.
Im übrigen:
Wer die USA als das liberale Land schlechthin bemüht, weiß doch sehr wohl auch um die eklatanten Widersprüche zum Postulat der Freiheit einerseits und der alltäglich praktizierten, z.T.verfassungsrechtlich in Einzelstaaten normierten Unfreiheit. Das gilt für die Geschichte und die Gegenwart.
Im „Land der Freiheit und der Freien“ durften Menschen als Sklaven gehalten werden, durften Menschen „ihrer Rasse wegen“ ausgerottet werden, dürfen auch heutzutage „Farbige“ nachwievor de facto als Menschen als zweiter Klasse behandelt werden und, und, und…..!!
Das ist nicht eine Kritik an der Gesellschaft der USA, nur ein Hinweis darauf, daß in diesem Land der Freiheit die (reale) Freiheit aller(!!) Menschen nie das politische Ideal/das politische Ziel von Staat udn Gesellschaft waren. Das nehme ich zur Kenntnis. Das mag man „als radikal Liberaler gutheißen“. Nur ist daran stets zu erinnern.
Walter, ich hatte @ ABRAXASRGB schon früher einmal mit dem auch dir bekannten @Freidenker verwechselt. Darum hatte auch ich die antwort von Reinhard aufmerksam gelesen und gut gefunden.
Wenn ich bewusst lese, dass mein Gehirn schon eine Entscheidung getroffen hat, bevor ich mir dessen bewusst werde, ändert das unmittelbat mein Bewusstsein über mein Gehirn. Z.B. frage ich mich dann:
1. Wie bekommen Forscher das bei einer komplexen Alternativstruktur die ohne sprachlich gebundenes Bewusstsein gar nicht definiert werden kann, überhaupt raus?
2. Da die Forscher ja auch selbst ihrer eigenen Festellung/These unterliegen, müsste ihnen doch klar sein, dass auch ihre Forschungsentscheidungen damit schon vorher in ihren Hirnen gefallen, also nach den Ansprüchen der Erkentnistheorie eigentlich gar nicht als Forschungsergebnisse zu werten wären?
Am Ende bleibt dann doch nur die Tatsache, das unsere Entscheidungen so oder so in uns selbt gefällt werden, denn auch unsere Hirne sind von unserem Bewusstsein, geschweige denn von unseren Körpern nicht zu trennen. Was dann vorher oder nachher ist, ist dann zwar neurologisch vielleicht nobelpreisverdächtig, lebens- und entscheidungspraktisch aber völlig irrelevant.
Da wir auch kein anderes Gehirn für das unsere nehmen könnn, sind wir auch selbst und nur wir selbst dafür verantwortlich, und zwar völlig unabhängig davon ob wir einen eigenen Willen haben oder nicht, sprich ob unsere Entscheidung bewusst und intentional abgewogen oder spontan, ja irrational gefällt wurde.
Was die Frage nach dem eigenen Willen betrifft ist für eine Freiheitsdikussion die Hirnforschung also völlig irrelevan. Dagegen ist die Frage, ob persönliche Freiheit nicht auch den eigenen Waffenbesitz, als die individuelle Verteidigungsfähigkeit gegenüber körperlich überlegenen Menschen, voraussetzt, nicht einfach von der Hand zu weisen. Erst recht nicht, wenn staatliche Institutionen zum Schutz der Bürger noch nicht, oder nur sehr eingeschränkt vorhanden sind.
Wenn man die Freiheit eines Menschen im Wesentlichen aber als innere definiert, kann man diese Frage getrost und überzeugt mit Nein beantworten. Kann man aber eine innere Freiheit überhaupt ohne die Erfahrung der äußeren Freiheit entfalten? Ich glaube nicht. Innere und äußere Freiheit bedingen nach meinem Dafürhalten einander, bzw. ist die einen ohne die andere nicht zu haben.
Den Begriff der Freiheit kann man also nicht ohnen die Diskussion über Gewalt, respektive Gewaltenteiling und Gewaltordnung klären und diese muss natürlich auch eine historische sein. Die Geschichte der Freiheit ist nämlich im Kern nicht nur eine des Denkens sondern eine des Handelns, und das gibt es im gesellschaftlichen Kontext nicht ohne das Handeln anderer. Freiheit bedeutet damit individuelle und kollektive Auseinandersetzung und formt sich in der Ordnung die sich die Gesellschaftsmitglieder dabei geben.
Arnold, andere Hirnforscher haben sich natürlich sofort an die Überprüfung der ersten Experimente gemacht und haben ähnliche Ergebnisse bekommen. Deshalb müssen wir wohl damit zurechtkommen, daß irgendwas innerhalb unseres Kopfes Entscheidungen trifft, von denen unser Bewußtsein noch nichts weiß. Trotzdem glaubt unser Bewußtsein, es wäre seine Entscheidung und kann diese auch begründen. Bisher hat glücklicherweise noch niemand behauptet, daß diese Entscheidungen außerhalb unseres Kopfes getroffen werden. Das wäre dann Religion. Ich hoffe dennoch, daß sich eines Tages herausstellen wird, daß alles auf einer falschen Methodik beruht. Dann wäre das Thema weg. Aber mein Buch von Wolf Singer stammt aus dem Jahre 2008. Und das ist schon lange her. Die Hoffnung schwindet. Ich finde eine Ähnlichkeit mit dem Verhalten von Hypnotisierten, die Aufträge, die sie in der Hypnose bekamen, später im Wachzustand durchführten und ohne zu zögern, begründen konnten, wenn sie danach gefragt wurden, selbst wenn ihre Handlungen noch so unsinnig waren. Leider macht dieser Vergleich die Sache nicht besser, sondern schlimmer.
#34 Arnold Voss: Mir fiel auf, dass im Laufe des Beitrags immer undeutlicher wird, auf was sich konkret der Laut ‚Freiheit‘ bezieht. Eine Antwort auf die Frage, „Kann man aber eine innere Freiheit überhaupt ohne die Erfahrung der äußeren Freiheit entfalten?“, hängt davon ab. Wenn ich, abseits von Willensfreiheit, über Freiheitsgrade von Handlungsmöglichkeiten spreche, lässt sich Vergleichbares auch für Kognitives geltend machen … häufig sogar in größerem Umfang.
Ein anderer passender Aphorismus, diesmal von Karl Marx und Friedrich Engels:
„…worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“
Soweit zum Thema relative Freiheit des Einzelnen versus allgemeine Freiheit.
Das an Freiheit orientierte Denken und Handeln zu einer sozialen Atomisierung, genannt „Ich-bezogenes-Individuum“ vulgo Egoist etc., führt, kann ich logisch nicht nachvollziehen. Übrigens kann man auch Parteien, Gewerkschaften etc. als aggregierte Egoismen auffassen, die nichts anderes wollen, als ihre Interessen ordnungspolitisch durchzusetzen. Wobei ich die Einschränkung anderer (einzelner) nicht legitimer finde, wenn es von vielen gewollt wird.
Der grundlegende Unterschied einer liberalen zu anderen Positionen, ist die für mich plausible Bürgergesellschaft, die nicht im Staat und Rechtssystem, bzw. deren ausuferndem Wachstum, die Lösung aller Fragen sieht. Eher in aktiver bürgerlicher Mit-Gestaltung, als im betüddelten Untertan. Ein weiterer Unterschied ist der Umgang mit kontroversen Meinungen, die ein Liberaler für sich stehen lassen kann, solange sie nicht totalitär handeln. Liberale Systeme sind eigentlich in ihrem Kern vielfältig.
Die Ungleichverteilung von Einkommen stört mich auch nicht besonders, insbesondere der Reichtum anderer ist für mich kein Grund zur Besorgnis. Von Hayek trat übrigens für ein gesichertes Mindesteinkommen (nicht Mindestlohn) ein („Die Verfassung der Freiheit) 😉
Im Sinne eines Nullsummenspiels, einem Bürger etwas weg zu nehmen, um es, nachdem es durch ineffektive bürokratische Methoden, die extrem kostspielig sind, einem anderen zu geben, ist für mich ökonomisch absurd und am Ende eine Vernichtung gesellschaftlichen Wohlstands durch Reibungsverluste und Blindleistung.
Das staatliche Verwaltung, gewählte Politik, herrschende Parteien und Verbände selbstinteressiert das System immer weiter stärken, dass sie trägt, ist nun wirklich keine neue Erkenntnis, oder?
Ich hege hingegen tiefe Zweifel an Ideologien, die vorgeben zu wissen, wie „der Mensch“ sein sollte und wie ein menschliches Miteinander auszusehen hat. Das können die Menschen für sich selbst am besten frei entscheiden. Das wäre am Ergebnis orientiert und nicht nur Regel(ge)recht.
Ein Land, in dem der Durchschnittsbürger statistisch bis zum 13. Juli für Staat, Steuern und sonstige Abgaben arbeitet, um den kleineren Rest des Jahres die Früchte seiner Tätigkeit für sich zu gebrauchen, empfinde ich mehr als seltsam.
Ein Land, das bis ins kleinste Detail des alltäglichen Lebens reglementierend eingreift und das stets über Sanktionen, statt über Anreize arbeitet, finde ich ebenfalls bevormundend und manifest autoritär volkserziehend.
Der langen Schreibe kurzer Sinn: Wenn der Einzelne freier ist, geht es allen, auch wirtschaftlich, besser. Dem einen vielleicht mehr und dem anderen vielleicht weniger, aber insgesamt allen besser. Das ist einem deontologisch denkenden Menschen vermutlich zu pragmatisch oder utilitaristisch 😉 aber die Wirklichkeit des Systems Wirtschaft interessiert sich, glücklicherweise, nicht für ideologische Begründungen, sondern für Konsequenzen.
PS: Die USA muss ich und will ich nicht verteidigen, das können die selbst schon gut genug. Ich gebe angesichts der historischen Entwicklung nur zu bedenken, dass dieses System seit 1776 besteht und ein riesige Bandbreite an politischer Entwicklung zugelassen hat, die zur Abschaffung der angeführten historischen (vergangenen) Beispiele geführt hat.
PPS: Deterministische Überinterpretationen von beobachteten Korrelationen haben eine ähnliche Struktur zu: Hurra, wir haben das Gen entdeckt, dass uns an genetische Determination glauben lässt 😉
PPPS: Lektüre zum Thema visuelles Denken: Rudolf Arnheim, „visual thinking“, dürfte aber ein harter Brocken für „Logozentristen“ (Derrida) sein 😉
@ #37 abraxasrgb: Auch mir ging es nicht um Einkommen als solches, sondern darum, wie z.B. Einkommen zur politischen Einflussnahme eingesetzt wird. Laut Gilens und Page – ich hatte in einem anderen Kontext auf die Studie hingewiesen -, ist es eine kleine Schar von Reichen in den USA, die für Gesetzesvorlagen verantwortlich sind (PDF – http://www.princeton.edu/~mgilens/Gilens%20homepage%20materials/Gilens%20and%20Page/Gilens%20and%20Page%202014-Testing%20Theories%203-7-14.pdf). Die von ihnen angesprochene Bürgergesellschaft ist zwar eine respektable Utopie, übrigens hat auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen Hinweis gesetzt (http://www.bpb.de/apuz/26472/buergergesellschaft-als-politische-zielperspektive), ob sie jedoch jemals tragfähig sein kann, hängt völlig in den Sternen. Sobald man etwas über Bürgergesellschaft erfährt, lesen sich die Texte wie Werbeprospekte für einen anderen Planeten. Dies liegt überwiegend an den Modellannahmen. Ich persönlich bin skeptisch: Berücksichtigt man die Lobbyismen, die von Unternehmen, Konzernen und Verbänden betrieben werden und in Europa dazu führten, dass z.B. Gurken normiert wurden. Ebenso erinnere ich mich noch gut an das Bestreben der EU-Kommission, die Wasserversorgung zu privatisieren. Nestle hat vor kurzem betont, dass kein Mensch ein Recht auf Wasser hätte! Die Lebensmittelskandale der letzten Wochen — mit wem wollen sie eine Bürgergesellschaft machen … —
@ Reinhard Mit wem? Na mit denen, die es interessiert … ich denke (und hoffe), dass sich so etwas, wie eine digitale Bürgerlichkeit der verschiedensten Art bildet und sich dann entsprechend artikuliert. Sozusagen liberale Piraten … man darf auch als Liberaler / Libertärer Träume haben 😉
#39 abraxasrgb: Man sollte jedoch Wirkliches und Uptopisches nicht verwechseln, auch nicht in der digitalen Kommunikation.
Och, da halte ich es mit Robert Musil, wenn es einen Wirklichkeitssinn gibt, dann muss es auch einen Möglichkeitssinn geben. Denken ist doch immer Wirklichkeit im Konjunktiv.
Und nein, mit Voltaire glaube ich gegen Leibniz, dass wir nicht der besten aller möglichen Welten leben 😉