WAZ geht weiter in sich – per Umfrage

13 Uhr am Valentinstag, es klingelt an der Tür. Post. Mit eindeutigem Inhalt. "Trendcheck ’09" – Die große WAZ-Umfrage". Teilnehmen, Preise sichern, etc. "Hier ist viel für Sie drin!" Eine Uhr oder Tasche als "Wunschgeschenk". Absender: WAZ-Chefredaktion. Der Autor sagt nicht "Nein" und schreibt sogar einen livehaftigen Erfahrungsbericht.

"An die Bürger und Bürgerinnen unserer Stadt". Sorry, umgekehrt natürlich. Und rechts auf dem Briefkopf guckt Ulrich Reitz schalkhaft in eine Kamera. Es wird ausgeführt: "Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich im Ruhrgebiet einiges getan: Der Bergbau spielt kaum noch eine Rolle, (…) Wie wird sich die Entwicklung im Jahr 2009 fortsetzen?" Wie, das ist keine Leserumfrage mit Rubrikenbewertung? Das Problem scheint tiefer zu liegen. Und was kann da der Mensch von der Straße helfen? Aha: "Deshalb bitten wir heute ganz gezielt Sie um Ihre Meinung!" Na gut.

Ernüchterung: Die wollen ein ABO verkaufen – dabei gibt es doch zum Ende des Jahres schon immer großes Mitarbeiter-gegen-potentielle-Kunden-Aufhetzen! Waren wohl nicht so motiviert 2008. Und mit dem ABO gibt es denn auch erst die Geschenke? Und die Chance auf einem iPod nano. Haha!

Ulrich, das war nichts. Aber aus Sportsgeist trotzdem mal mitmachen. Dann wegschmeißen. "Werden Sie zum Zukunfts-Experten für das Ruhrgebiet!". Der beigefügte Freiumschlag ist an Recklinghausen adressiert und trägt die Botschaft "Wichtige Teilnahmeunterlagen. Bitte sofort weiterleiten!" "Schneller geht`s online (…)"? Ist man ja schon, noch ein Fenster auf und es zieht. Nix da also. Der Autor holt schon einmal die innere Kristallkugel raus und nähert sich konzentriert Blatt 2.

Gar nicht viele Fragen! Aber das in iPod-Farben. Aha! Zukunft! Technik! Modernität! Zukunft der Region mit voll moderner Technik zusammen bringen. Was geschieht eigentlich mit den Antworten? Wer bekommt die? Ist das noch seriös? Nein. Mal die Fragen lesen.

"1. (…) Wie werden sich die Lebenshaltungskosten im Ruhrgebiet 2009 entwickeln?" Antwortmöglichkeiten von "geringer…" bis "höher als 2008". Das muss ein Witz sein. Geht es schon wieder um die Apokalypse? Was wird der Papst dazu sagen? Wer "höher" ankreuzt dokumentiert ja quasi, dass er weitere Zumutungen erwartet und somit damit umgehen kann. Gut dass der Autor noch mehr spart als je zuvor und "geringer" ankreuzen würde.

Die Frage, ob die Kriminalitätsrate steigen wird! Natürlich nicht! Ist das vielleicht doch für Schäuble und Kollegen hier? Unverschämte Frage! – "Shopping Center boomen, kleine Geschäfte müssen schließen." Boom! Boom! I want you in my room. Wieso boomt denn da was? Und die Einkaufssituation wird je nach Stadt natürlich besser oder schlechter, und in Essen bleibt sie permanent gleich zu gut. Ts. Das Antworten auf solche Fragen fällt zusehends schwerer, vor allem bei der letzten auf Seite eins: "Die Weltwirtschaftskrise hat auch Deutschland mit voller Wucht getroffen. Was meinen Sie: Wie wird sich die Arbeitssituation im Ruhrgebiet 2009 entwickeln?" Wie das mit "schlechter" oder "besser" beantwortet werden soll, das interessiert wohl nicht einmal den Marketingpartner.

"Wie wird die Einwohnerzahl aussehen?", die Frage nach dem Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Freizeitangebot. Dann Schluss. Werden sich die Parteien zur Kommunalwahl an dieser Erhebung orientieren? Sind die Artikel schon geschrieben oder warum sind die Fragen so tumb? Schnell weg damit. Entschuldigen Sie bitte die Belästigung, liebe Leserinnen und Leser.

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