Wie erst heute offiziell bekannt wurde, verstarb der langjährige Leiter der WDR-Verkehrsredaktion Alfred Zerban, bereits am vergangenen Mittwoch, im Alter von 80 Jahren.
Einem breiteren Publikum in Nordrhein-Westfalen wurde der gebürtige Essener als Moderator der Sendung „Freie Fahrt ins Wochenend“ bekannt.
Diese Sendung lief bis zum Jahr 1996 insgesamt 25 Jahre lang immer samstagvormittags auf dem Hörfunksender ‚WDR 2‘. Besonders beliebt war dort die Rubrik mit den Autotests auf der „Marterstrecke“, einer Buckelpiste bei Köln. Innerhalb dieser erfolgte dann auch stets Zerbans legendäre und besonders einprägsam eingesprochene Mahnung: „Fahren Sie bitte vorsichtig – immer!“ Insgesamt hat Zerban für diese Hörfunksendung angeblich über 1300 verschiedene Autos getestet.
R.I.P.
Beim Lesen der Überschrift habe ich mich gefragt, wieso mir der Name „Alfred Zerban“ in Erinnerung geblieben ist? Und richtig, neben WDR 2 und guten Autotests ist Alfred Zerban für mich immer noch als Kämpfer für Geschwindigkeitsbegrenzungen in Erinnerung. Und wenn ich mich recht erinnere, dann beherrschte er schon damals die hohe Kunst, sein Anliegen mit Hilfe von ständig präsentierten Zahlen von Verkehrsunfällen und Verkehrstoten voran zu bringen – etwas das wir inzwischen auch von anderen Umerziehungsbemühungen kennen.
Die Penetranz seiner Bemühungen hat mich damals verlasst, die Sendung “Freie Fahrt ins Wochenend” nicht mehr zu hören – eigentlich schade….
1971 starben über 20.000 Menschen bei Verkehrsunfällen, einer der Hauptgründe war das, was man heute unangepasste Geschwindigkeit nennt, sowie Alkohol am Steuer (es galt damals 1,2 Promille). Da waren die Hinweise von A. Zerban hinsichtlich des Steuerns von Automobilen durchaus korrekt. Freie Fahrt für freie Bürger in den Tod halte ich jetzt nicht unbedingt für erstrebenswert, auch wenn die Weiterentwicklung der Sicherheitsstandards ebenfalls zur Senkung der Todeszahlen beigetragen hat.
@Thomas Weigle:
„Freie Fahrt für freie Bürger in den Tod..“ ist eine hübsche Parole, auch wenn sie garnicht aussagt! Auch „unangepasste Geschwindigkeit“ ist eine inhaltsleere Beschreibung, die auch auf Unfälle mit Fußgängern bei 30 km/h zutreffen kann.
Wenn Sie diese Art von Belehrungen mögen, ist dagegen nichts einzuwenden. Mir ging es nur darum, meine Erinnerungen an Alfred Zerban aufzufrischen….
@Nansy
Zerban gilt als „Erfinder“ der Tempo 30-Zone. Näheres dazu gibt es in einem Artikel aus dem Kölner Stadtanzeiger vom 21.01.2006. Dort heißt es:
„So schnell kann man Geschichte schreiben. Es war am 5. Oktober 1975, als Alfred Zerban zwei Minuten lang den Geschwindigkeitswahn auf deutschen Straßen geißelte. Es könne doch nicht angehen, dass den Rasern der Nation immer mehr Kinder zum Opfer fallen, so die Quintessenz seines Radiokommentars. Es müssen an diesem Tag viele WDR-2-Hörer ähnlich gedacht haben. Kurze Zeit später jedenfalls gründeten sich landesweit 99 Bürgerinitiativen: „Die wollten alle verkehrsberuhigte Zonen“, erinnert sich der damalige Radioredakteur.
Er scheint heute noch nicht fassen zu können, welche Welle er mit seinem Beitrag ausgelöst hat. „Wieso kann so ein autofeindlicher Beitrag so ein Echo auslösen?“ Zerbans Vorschlag, Tempo-30-Zonen einzurichten, wurde nach heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Kommunen und der Anti-Raser-Lobby schließlich umgesetzt. Gründlicher allerdings, als vom Erfinder gewollt. „Heute sehen wir, wie eine Idee völlig ausufern kann“, sagt der in Bensberg wohnende Journalist. Über die grassierende Zoneritis kann er nur den Kopf schütteln: „Ich war dafür, den Verkehr nur in richtigen Wohngebieten zu erschweren“, stellt Zerban fest. Dass er später das Bundesverdienstkreuz für seine Meriten um den Verkehr überreicht bekam, erfüllt ihn aber noch heute mit Stolz. Außerdem kann er zu Recht von sich behaupten, „Vater“ der Tempo-30-Zone zu sein.“
Quelle: https://www.ksta.de/region/turbulente-fahrt-ins-wochenende,15189102,13731258.html
Die Penetranz einiger Zeitgenossen, alles regeln, einschränken oder verbieten zu müssen, ist sicherlich kritikwürdig, aber genauso der Reflex anderer Zeitgenossen, hinter jedem Verbot oder jeder Einschränkung eine Umerziehungsbemühung zu sehen.
Was mich an solchen Diskussionen ankotzt, gerade beim Thema Auto und Verkehr, ist die Polarisierung in zwei extreme Lager, bei denen es nur ein entweder/oder gibt und ein gesundes und vernünftiges Augenmaß auf der Strecke bleibt.
@der, der auszog:
„der Reflex anderer Zeitgenossen, hinter jedem Verbot oder jeder Einschränkung eine Umerziehungsbemühung“ beruht ja zum grossen Teil auf der Erfahrung der Menschen, dass es in fast allen Fällen nicht bei den guten Ansätzen bleibt, sondern dass die Spirale der Umerziehungsbemühungen immer fester angezogen wird.
„Heute sehen wir, wie eine Idee völlig ausufern kann“, sagt der in Bensberg wohnende Journalist. Über die grassierende Zoneritis kann er nur den Kopf schütteln: „Ich war dafür, den Verkehr nur in richtigen Wohngebieten zu erschweren“, stellt Zerban fest.
Da hat Alfred Zerban den Knackpunkt getroffen – und das gilt ebenso für fast alle Einschränkungen, nicht nur im Verkehr.
Was bleibt also den Menschen mit Erfahrungshorizont übrig? Richtig, rechtzeitig gegensteuern….
@Robin: Danke für die Benachrichtigung. Ich war damals intensiver WDR Hörer und merke auch, wie viele Namen ich noch in Erinnerung habe.
Erinnere mich auch an diesen Spruch „Fahren Sie bitte vorsichtig. Immer.“
@ Nansy 16000 Tote weniger pro Jahr in den letzten Jahren im Vergleich zum Jahr 71( damals nur BRD, heute inklusive ehemals DDR) rechtfertigen schon die eine oder andere Einschränkung und Belehrung. Auch ist auf Grund von Belehrungen und Ausbau des nächtlichen ÖPNV am Wochenende die Zahl der Discounfalltoten zurück gegangen.
Ich erinnere mich noch gut, wie Raser und andere das Ende der Freiheit gekommen sahen, als Ende der 50er auf der BAB FFM-Mannheim Tempo 100 eingeführt wurde, um diese Todesstrecke zu entschärfen.
Nicht umsonst gilt rund um uns ein Tempolimit.
@Thomas Weigle:
Die hohen Unfallzahlen mit Toten in den 70érn haben verschiedene Ursachen (Technik, Anzahl der Fahrzeuge, usw.).
Aber eigentlich wollte ich hier keine Diskussion über Verbote und Einschränkungen führen – ich wollte nur meine Erinnerungen im Zusammenhang mit dem Namen Alfred Zerban teilen. Natürlich kann das nur ein subjektiver Eindruck sein, Andere werden andere Erinnerungen haben…
Davon abgesehen hat die Bemerkung von Alfred Zerban („Heute sehen wir, wie eine Idee völlig ausufern kann“) immer noch Gültigkeit, heute mehr denn je!
Freunde von Einschränkungen und Verboten können nie genug davon bekommen – sie hören nicht einfach auf, sie machen immer weiter. Das ist der Punkt!
@Nansy Ihrem letzten Satz kann ich durchaus zustimmen. Die Schwierigkeit liegt darin, zwischen nötigen und unnötigen Beschränkungen zu unterscheiden. Dass die Zahl der Toten nicht nur mit Geschwindigkeit zu tun hatte, ist schon klar. Als in den 70ern die Promillegrenze von 1,2 auf 0,8 gesenkt wurde, war damals von 4000-5000 Toten durch Alkohol am Steuer die Rede. Und vom Ende der Freiheit des Bürgers, nur die Forderung nach einem Tempolimit erregte noch mehr Unwillen unter den Autofahrern.