Alles lief so, wie sich WDR-Chef Tom Buhrow es gewünscht hat: Der WDR-Rundfunkrat hat heute Nachmittag Jörg Schönenborn zum Fernsehdirektor gewählt. Die Wahl von Valerie Weber zur Rundfunkdirektorin folgte kurz drauf – und sie bekam mehr Stimmen als Schönenborn. Um Webers Wahl hatte es Streit gegeben. Mehrere WDR-Redakteure hatten gegen die Wahl der Frau von Antenne Bayern an die Radiospitze protestiert. Von wegen Qualitätsradio und so. Lukas Heinser vom Bildblog hat den Protestbrief auf Facebook schön kommentiert:
„Wie soll der WDR-Hörfunk in der ganzen Bandbreite seiner Qualitäts-Programme authentisch von einer Persönlichkeit geführt werden, die Ihre unbestrittenen Quoten-Erfolge im Radio ausschließlich in Programmen mit einem Mix aus seichtem Pop, reißerischer Eigenwerbung, Regionalpatriotismus, ständigen Gewinnspielen und Comedybeiträgen erzielt hat – kurz: reinem Formatradio?“
ist doch eine ganz gute Beschreibung der Lage bei den beiden größten WDR-Hörfunkwellen.
So ganz kann ich die Aufregung auch nicht verstehen: Gut ist der WDR da, wo er kaum Zuhörer hat. Die überragende Qualität von 1Live und WDR2 zu den Uhrzeiten, an denen man Radio hört – also Tagsüber, ist mir bislang entgangen. Weber wird es kaum schlimmer machen, hat aber den Vorteil, nicht aus den alten Sendestrukturen zu kommen. Sicher ist nur eines: Egal, was bei herumkommt: Wir müssen zahlen, ob wir nun WDR hören oder nicht.
Der WDR rühmt sich seit Ewigkeiten damit, nach der BBC der zweitgrößte Sender Europas zu sein, WDR 2 und 1live inszenieren sich in Sachen Radio selber sogar als größter Infokanal bzw. größter Jugendsender des Kontinents. Schaut man sich das Sendegebiet des WDR Hörfunks an (NRW und Randgemeinden), den sogenannten „1live-Sektor“, dann haut diese Selbstdarstellung auch irgendwie hin, denn NRW eine der am dichtesten besiedelten Regionen Europas und nirgendwo in Deutschland leben so viele Menschen wie hier.
Masse bedeutet aber noch lange nicht Klasse und die Tatsache im Rundfunkbereich die größten Sender Europas zu haben, ist dem Umstand geschuldet, dass Hörfunk überwiegend Ländersache ist und die Landesmedienanstalt NRW traditionell immer alles dafür getan hat, den privaten Hörfunk in unserem Bundesland so klein wie möglich zu halten.Die Landesmedienanstalt nämlich erteilt die Lizenzen, sowohl für den öffentliche-rechtlichen, als auch für den privaten Hörfunk und hat dem WDR nicht nur die meisten Sendefrequenzen zugebilligt, sondern auch dafür gesorgt, dass die Marktstruktur des Hörfunkmarktes in NRW recht kleingliedrig gestaltet ist. Private Sendelizenzen werden demnach nur für einzelne Städte oder Kleinregionen verteilt, nicht aber für das komplette Bundesland. Ein Beispiel für diese sogenannten ‚Lokalradios‘ aus unserer Region ist Radio Vest (Pfiff) in Recklinghausen. Die herausragende und alle Rekorde toppende Rolle des WDR liegt an seiner Monopolstellung. Er ist nämlich der einzige Sender in NRW, der seine Sendungen über das komplette Bundesland ausstrahlen darf.
In anderen Teilen Deutschlands sehen die Marktstrukturen ganz anders aus. Antenne Bayern zum Beispiel darf seine Sendungen über das komplette Bundesland Bayern ausstrahlen, wie der Bayrische Rundfunk als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt auch. Die Folge der in Bayern anders gearteten Vergabe der Rundfunklizenz durch die dortige Landesmedienanstalt ist ein besseres Wettbewerb. Die Sender des Bayrischen Rundfunks (Bayern 3 u.a.), haben mit Antenne Bayern einen ernstzunehmenden Konkurrenten bekommen, der mittlerweile trotz geringeren Budgets, welches darüber hinaus auch noch komplett selbst erwirtschaftet werden muss, wesentlich mehr Radiohörer erreicht. Ähnlich verhält es sich in Niedersachsen, wo die Landesmedienanstalt dem Privatsender Radio FFN eine Lizenz zur Landesweiten Ausstrahlung erteilt hat und er dadurch zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für den NDR geworden ist.
Was Valerie Weber auf jeden Fall kann, ist mit weniger finanziellem Aufwand wesentlich mehr Radiohörer erreichen, als die mit der Zwangsabgabe der Bürger ausgestatteten Öffentlichen-Rechtlichen Hörfunkanstalten. Weber hat den Privaten Radiosender Antenne Bayern zum reichweitenstärksten Hörfunksender Deutschlands gemacht (laut Media-Analyse 2013) und wenn Tom Buhrow diese Radiofrau jetzt zur Chefin der Hörfunksparte macht, dann ist das sicherlich auch der Idee gezollt, dass der fetteste Sender Deutschlands abstecken, sparen und vernünftiges Haushalten lernen muss. Die Redakteure, die beim WDR derzeit protestieren und ihren Sender den Bach runter gehen sehen, weil der Radiofrau aus Bayern der öffentlich-rechtliche Stallgeruch fehlt, sollten sich einfach mal überlegen, ob die Privaten wirklich so viel schlechter sind, wie ihnen gerne angedichtet wird. Leute wie Christian Terhoeven (1live), Lars Tottmann (Moderator im WDR-Fernsehen), Uli Gladies und Ralf Stutzki hat der WDR zumindest immer gerne von privaten Hörfunksendern abgeworben und die wenigen gerade genannten Namen sind nur diejenigen, die man sich vom Radio Vest in Recklinghausen geholt hat.
In Sachen Radio scheint mir Tom Buhrow derzeit alles richtig zu machen.
hauptsache an WDR5 wird nix verändert… außer vielleicht ihr Sonntags Programm voller Kirchenzeugs… aber ich halte ein Tag ohne WDR5 aus 😉