Dass viele Städte im Ruhrgebiet finanziell extrem klamm sind, ist bekannt. Das gilt auch für meine Heimatstadt Waltrop, die schon vor Jahren einen Top-10-Platz in NRW in Bezug auf die Pro-Kopf-Verschuldung pro Bürger eingenommen hat. Das führt zu einigen skurrilen Entwicklungen, über die ich hier bei den Ruhrbaronen bereits mehrfach berichtet habe.
Aktuell sorgt eine vom Stadtmarketingverein in der Lokalzeitung groß angekündigte und positiv beworbene „Weihnachtsbaum-Schmück-Aktion“ für Diskussionen. Dabei ist die Sache bei näherer Betrachtung eigentlich ein einziges Trauerspiel.
Vor Jahren noch, als Waltrop ein lebendiges und einladendes Städtchen im Kreis Recklinghausen war, gab es hier an den Adventswochenenden nicht nur einen von lokalen Händlern organisierten kleinen Weihnachtsmarkt, sondern auch eine festlich mit Grün und Weihnachtsbeleuchtung dekorierte Fußgängerzone. Das alles ist längst vorbei. Gefühlt wurde die Ausstrahlung der Innenstadt, besonders in der Vorweihnachtszeit, zuletzt von Jahr zu Jahr weniger.
Ein erster unrühmlicher Höhepunkt dieser Abwärtsentwicklung war der legendäre „Ein-Hütten-Weihnachtsmarkt“ im Jahre 2019, der auch hier im Blog bereits emotional diskutiert wurde. Doch selbst dieses bescheidene Niveau an Festtagsstimmung konnte in den vergangenen Jahren nicht gehalten werden. Die Lichterketten in der City, die zuletzt nur noch bescheiden mit von Schülern gebastelten „Laternen“ dekoriert waren, sind inzwischen ganz verschwunden. Der Rest der früher verbreiteten beleuchteten Weihnachtsdekorationen wird von Jahr zu Jahr kleiner und beschränkt sich auf die citynahen Hauptverkehrsstraßen. Höchste Zeit also, sich etwas Neues, kostengünstiges für die sterbende Fußgängerzone auszudenken.
In diesem Jahr wurden vor einigen Wochen dort wieder ein paar gestiftete Weihnachtsbäume aufgestellt, die diesen Namen streng genommen nicht verdienen. Es handelt sich offensichtlich um unverkäufliche Exemplare mit schlechtem Wuchs und abgebrochenen Ästen. Selbst im Vergleich zu den in den Vorjahren notgedrungen von Schülern gebastelten Dekorationen, die zumindest noch bei den Beteiligten für einige Freude gesorgt haben dürften, fällt dieses Jahr ab. Diesmal soll es am kommenden Wochenende nämlich zu einer „Schmück-Aktion“ von Bürgern kommen. Zu dieser rufen jedenfalls gerade die örtliche Zeitung und der Stadtmarketingverein auf. Nur am Rande bemerkt: Am Sonntag ist bereits der zweite Advent. Ein wenig spät, wie mir scheint.
Aber selbst davon abgesehen, wird die Aktion so richtig zynisch, wenn man als Besucher der hiesigen Fußgängerzone einmal die Bäume betrachtet, die seit rund zwei Wochen dort stehen. Ein Großteil der angeblich rund 25 Bäume (ich konnte nur knapp 20 entdecken) wurde lieblos platziert und steht kläglich mit Kabelbindern an Pfählen angebunden, die zugleich schon länger Aschenbecher und Mülleimer tragen. So hässlich diese spärlichen Bäume an sich also schon sind, so viel unansehnlicher wirken sie noch, wenn sie diese Entsorgungsbehälter zwischen ihren Ästen beherbergen.
Dann auch noch Bürger dazu aufzurufen, diese verunstalteten Bäume am nächsten Samstag (7.12.2024) zu schmücken, um eine festliche Stimmung zu erzeugen und „Lust“ auf das Fest zu machen, ist aus meiner Sicht der Gipfel des schlechten Geschmacks. Was ist das? Gedankenlosigkeit? Unverschämtheit? Peinlichkeit? Oder Ignoranz? Ich weiß es nicht. Vielleicht von allem etwas. Viel zynischer geht es jedenfalls nicht mehr. Als jemand, der auch noch die Zeiten miterlebt hat, in denen Waltrop wirklich ein Vorzeigestädtchen der Region war, kann ich nur traurig feststellen: Es ist zum Heulen!