Weltgebetstag der Frauen: Christlich-jüdische Gesellschaften fordern, Texte und Bilder einzustampfen

"Olivenbaum an der Mauer": Pressebild des WGT by (c) Kathrin Schwarze
„Olivenbaum an der Mauer“, die keine ist: Pressebild des WGT by (c) Kathrin Schwarze

Der Weltgebetstag der Frauen, eine global-christliche NGO, verbreite „christlichen Antisemitismus schlimmster Art“. Das hat jetzt der Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) erklärt. Im März 2024 soll „Palästina“ Thema weltweiter Gottesdienste sein, „wir fordern die Organisatorinnen des Weltgebetstages auf, das bisherige Material für März 2024 zurückzuziehen“, so der DKR, in dem sich mehr als 80 christlich-jüdische Gesellschaften zusammengeschlossen haben. Die Stellungnahme des DKR hier im Wortlaut:

Stellungnahme des Deutschen Koordinierungsrates (DKR) zum Weltgebetstag der Frauen 2024

Die Ereignisse des 7. Oktober 2023, als Hamas-Terroristen Israel überfielen, über 1.400 jüdische Menschen jeden Alters und jeder Herkunft ermordeten, vergewaltigten, verstümmelten oder in den Gaza-Streifen entführten, haben die Parameter grundlegend verändert (vgl. die Stellungnahme des DKR vom 8. Oktober 2023). Gefordert ist Solidarität mit Israel, mit Jüdinnen und Juden in aller Welt, in Deutschland.

Schon vor dem 7. Oktober gab es scharfe Kritik am Vorhaben des Weltgebetstages (WGT), Palästina für 2024 einseitig in den Mittelpunkt zu stellen. Das bekannt gewordene Material enthält falsche und tendenziös politische Aussagen, die im Zusammenhang als antisemitisch zu klassifizieren sind.

Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche sollen laut Organisator*innen die Gebete mitsprechen, die Bilder ausmalen und interpretieren, Texte lesen, um die Lage der Menschen in Palästina nachzuvollziehen. In verschiedenen Texten ist von einem „Staat Palästina“ die Rede, der neben dem Gaza-Streifen auch das West-Jordanland und Ost-Jerusalem umfasst. Dass das vielschichtige Gebilde jedoch keineswegs einheitlich verwaltet wird, sondern unter der autoritären Herrschaft der religiös-sunnitisch geprägten Hamas im Gazastreifen und der Autonomiebehörde im Westjordanland andererseits steht, die jeweils ohne Wahlen seit 16 Jahren an der Macht sind, dass es in Israel selbst einen Anteil von ca. 20% palästinensischer Bevölkerung gibt, wird nicht benannt. Die historischen Umstände der Entstehung Israels, von Flucht und Vertreibung von Teilen der palästinensischen Bevölkerung und von Jüdinnen und Juden aus den arabischen Staaten in Folge des Krieges von 1948 wird ebenso wenig erwähnt wie die Umstände des Angriffskrieges gegen Israel 1967 und die Folgen. Der Gaza-Streifen ist im Übrigen seit 2005 nicht mehr von Israel besetzt.

Palästina wird als „Wiege des Christentums“ beschrieben, dabei bleibt unerwähnt, dass Jesus Jude war, sein komplettes Umfeld jüdisch. Der jüdische Kontext des Christentums wird ausgeblendet, um dann eine direkte Linie Jesu zur Christenheit heute zu ziehen – das ist christlicher Antisemitismus schlimmster Art. Schließlich wird mit Zitat von Psalm 85, also einem jüdischen Text, ein Friedensgebet vorgeschlagen: im Gebet soll also christlich das vermeintlich „wahre Israel“ sichtbar werden, das das Judentum substituiert. In der „Meditation zum Titelbild“ der deutsch-palästinensischen Künstlerin Alima Haziz wird das Rot der Blumen gedeutet als „das Blut, das in Kämpfen für Land und Freiheit floss“, die Schlüssel am Hals der Frauen sind die Symbole für die ersehnte Rückkehr in die verlassenen Häuser und die Unversöhnlichkeit im Blick auf Israel.

Wir nehmen zustimmend zur Kenntnis, dass von Seiten des deutschen WGT-Komitees eine Überprüfung der Vorwürfe gegenüber der Künstlerin Halima Aziz zugesagt wird. Wir fordern, dass die dann erwartungsgemäß erkennbare Solidarität der Künstlerin mit der Terrorgruppe Hamas tatsächlich auch zu der für diesen Fall angekündigten „eindeutigen Distanzierung“ durch das WGT-Komitee führen wird.

Die als Kinder-Ausmalbild angebotene „Handala“-Vorlage bedient im Original antisemitische, israel-feindliche Stereotypen in unverantwortlicher Weise (vgl. www.handala.org). Dieses und viele andere Details im Material sind nicht geeignet, einen Weltgebetstag durchzuführen, der der Situation in Israel, den Folgen der furchtbaren Anschläge vom 7. Oktober und den Zuständen in den palästinensischen Gebieten gerecht wird bzw. in den Köpfen und Herzen der Betenden die Bereitschaft weckt, reflektiert und ausgewogen über Möglichkeiten der friedlichen Verständigung nachzudenken.

Wir anerkennen, dass das deutsche WGT-Komitee am 9. Oktober ein einfühlsames Gebet für die Opfer des Terrorangriffs der Hamas auf Israel auf deren Webseite veröffentlicht hat. Wir nehmen zustimmend zur Kenntnis, dass die deutsche Sektion in Bezug auf die Stellungnahme des internationalen WGT-Komitees deutlich gemacht hat, dass sie darin „eine deutliche Verurteilung der Terroranschläge der Hamas“ vermissen würde. Wir hoffen, dass dieser deutsche Einspruch bei den anderen nationalen Sektionen und dem internationalen Komitee gehört wird.

Wir fordern die Organisator*innen des Weltgebetstages auf, das bisherige Material für März 2024 (Palästina) zurückzuziehen, auf die Durchführung in dieser Form zu verzichten und die Texte für den Weltgebetstag 2024 so zu überarbeiten, dass sie den Opfern des Hamas-Israel-Krieges gerecht werden.

Präsidium und Vorstand des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit im Oktober 2023

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