„Weltstar auf seine Weise“: Kurt Dahlke, Pyrolator

Kurt „Pyrolator“ Dahlke im „Niemandsland“, seinem 22er Album

Ohne ihn hätte es Anfang der 80er niemals die Neue deutsche Welle gegeben, wie es sie gab, und heute keine Independent-Musik in Deutschland, wie es sie gibt. Sven Regener, Kopf von Element of Crime, nennt ihnen einen „Weltstar auf seine Weise“. Am Sonntag live im urban urtyp Kubus in der Christuskirche Bochum.

„‚Ich bin der Kurt und hab‘ da eine neue Platte gemacht‘.“ Der Satz habe nie überzeugend geklungen, sagt Kurt Dahlke, und noch weniger, wenn man wie er ein Plattenlabel betreibt. Also wurde Kurt spontan umbenamt, das ist vier Jahrzehnte her, seitdem ist er “Pyrolator” und Pyrolator eine Legende der deutschsprachigen Popmusik: Gründungsmitglied der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft, Keyboarder bei Fehlfarben und bei Der Plan, Mitbegründer des Musiklabels Ata Tak … Bundesdeutsche Kulturgeschichte, Dahlkes Synthie-Sounds sind auf kaum gezählten Alben zu hören und so auch auf einem halben Dutzend, die Element of Crime mit ihm eingespielt haben, die erfolgreichen Punk-Chansonniers aus Berlin. Deren erstes Album war auf Dahlkes Atatak-Label erschienen, drei ihrer immens erfolgreichen Alben der 90er Jahre haben sie mit seinen Sounds eingespielt. Wer auf sich hält, holt Dahlke. Dessen Solo-Alben wiederum verdichten den Ton der Zeit, in der sie entstanden sind, in Reihe gehört, ergeben sie eine Erzählung der bundesdeutschen Geschichte im Sound des Synthesizers, sie beginnt 1979 auf „Inland“ und führt über „Ausland“ und „Wunderland“ und „Traumland“ ins 2011er „Neuland“ und jetzt hinein ins „Niemandsland“, seinem aktuellen Album. Eine Utopie?

Nicht bei Dahlke, das Land, in dem noch niemand war, klingt bei ihm alles andere als verträumt, kein Ort, an dem sich Sehnsucht tummelt, er hört da eher hinein wie einer, der weiß, dass gerade keine Zeit für Partys ist und der befürchtet, dass nun auch die Idee der Party verloren gehen könnte. Immerhin die Idee dafür, dass man Veränderung feiern kann und nicht erleiden muss. Dass man sich selber verändern kann, indem man sich feiert und nicht andauernd erzieht. Vielleicht ist Dahlke deshalb zu seinen analogen Synthesizern zurückgekehrt, jenen Sounds, die er seit den frühen 80ern mit Lebensgefühl angefüllt hat.

Am Sonntag live bei urban urtyp, der Indie-Reihe an der Ruhr, Tickets (10 €) gibt es hier.

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