Tief in unserer Seele schlummert das Es und es ist ein inzestuöser Mörder voller Gier. Wespen kommen aus diesem Es, sie sind das gelbgewordene Fremde und Böse. Sie stehen dem Xenomorph aus den Alien-Filmen nur darin nach, dass sie nicht ganz so schnell ganz so viele Menschen töten können. Ihr größter Wunsch ist es, Menschen in den Mund fliegen und sie in den Gaumen stechen. Dann schwillt der Rachen an und die Luftröhre wird zugeschnürt. Erst kommt noch ein kleines Rinnsal Luft hindurch, dann atmet man gegen eine Wand aus praller Schleimhaut an, der Kopf wird blau, die Augen treten hervor und man stirbt. Angesichts der Zahl der gestreiften Jäger erstaunt, wie wenig Menschen derzeit röchelnd am Boden liegen.
Die Spinnen-Phobie wird damit erklärt, dass die Arachnoiden mit ihren vielen Gliedern so fremd sind und das Unbekannte in unserer Seele symbolisieren (komischerweise kann die Abwesenheit von Gliedern ebensogut für das Grauen stehen, schließlich sind Schlangen eine beliebte Spinnen-Alternative). Aber die echte Angst gilt der Wespe. Panik, Widerwillen, Unruhe bis hin zu hysterischen Kampf- und Fluchtreaktionen lösen die fliegenden Horrorwesen allenthalben aus. Dieses archaische Furchtverhalten wird durch die tatsächliche Gefahr eines Stichs coupiert. Doch das, was uns die kalten Schauer ins Mark schickt, ist eigentlich etwas anderes. Das Andere.
Auch wenn erschreckend viele Menschen den Unterschied zu Bienen nicht kennen (oder einfach in aggressiver Ignoranz den Namen des Teufelstiers nicht aussprechen wollen?), so kann doch kein Zweifel bestehen, dass die felligen Honigsammler trotz Stichpotential nicht annähernd so abstoßend sind, wie ihre galligen Schwestern.
Wespen sehen aus als wären sie aus Gummi. In das Lebensgefühl eines Tieres, das Fell, Horn, Schuppen oder wenigstens einen Panzer wie ein Hirschkäfer hat, kann man sich noch einfühlen. Aber ein gelb-schwarzer Plastikkörper, mehr Giftmüllfass denn lebender Leib? Das ist krank und gehört ins Reich des Unaussprechlichen.
Wespen sind nahezu zerteilt. Wie Nearly-Headless-Nick schleppen sie einen Körperteil mit sich herum, der nur an einem Fädchen hängt, als hätte man angefangen, sie durchzusägen und im letzten Moment aufgehört. Kaum ein Zombie kann da mithalten.
Ihr Flugverhalten spiegelt ihren asozialen Charakter. Statt sich ganz normal ein Ziel zu suchen, sich hinzusetzen und bei Bedarf wieder loszufliegen, wie das zum Beispiel Stubenfliegen betreiben, surren sie wie im Amphetamin-Rausch über alles hinweg, ständig in Bewegung, geben nie Ruhe, ändern ihre Richtung im Sekundentakt und das alles mit kleinen, fürs menschliche Auge nicht mehr nachvollziehbaren Ultraschall-Bewegungen. Sie verschwimmen in ihrer psychopathischen Mobilitätsexstase vor unserem Blick.
Wespen kennen weder Scham, noch Furcht, noch Anstand. Fliegen flüchten, wenn man sich nähert. Wespen hingegen können non-verbale Signale gar nicht lesen oder sie interessieren sich nicht dafür. Sie setzen sich auf alles drauf, was ihnen unterkommt, Essen, Kot, Menschenkinder. Sie landen auf unsere Lippen, wenn es dort gut riecht. Sie krabbeln, noch während wir einen Schluck Cola nehmen, in die Flasche. Sie kriechen und krauchen in Körperöffnungen wie die perversen Triebe, aus denen sie gemacht sind.
Wespen sind der schwarmgewordene Odem des Teufels. Sie zu vernichten könnte das Ende der Schöpfung bedeuten (s. Internet). Vielleicht ist es das wert.
Wespen sind das nackte Böse
Hornissen. Hornissen fressen Wespen und ignorieren menschliche Nahrung (und Menschen).
Großlibellen fressen Wespen. Das geht so schnell, wie man gerade noch gucken kann. Die Libelle packt sich die Wespe in der Luft, fliegt mit ihr etwa einen Meter weit, bleibt dann mit der Beute in der Luft stehen und fliegt dann weiter. Ich hatte auf einem Campingplatz in Südfrankreich die Gelegenheit zu beobachten, weil es dort viele Großlibellen und auch einige Wespen gab. Während des Stillstands in der Luft beißt die Libelle ihrem Opfer den Kopf ab. Na, Robert, tun dir jetzt die Wespen leid?
Libellen steigen in meinem Ansehen.
https://rp-online.de/nrw/panorama/wespen-toeten-verboten-in-nrw-bis-zu-50000-euro-strafe-moeglich_aid-20160135
Meeresfrüchte zum Mittagessen. Wer schaut da wirklich freiwillig genauer hin?
Vermutlich hält sich das INteresse an der Tiefsee für den Autor auch in Grenzen :-).
Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt eine Wespe gesehen habe. Die Kuchentheken bei den von mir besuchten Bäckereien sind seit Jahren in Sachen Wespen völlig verwaist. Auch unser Garten, der weitgehend unbegärtnert ist, wird von den gelbschwarzen Störenfrieden offenbar großräumig umflogen.
Thomas, Wespen sind Kulturfolger. Pflanz mal Obst an.
Bei mir sind sie im Wein und der Feige. Heute hab ich welche verscheucht.
Wir haben eine große Kirsche im Garten stehen, Helmut. Und da wir die nicht mehr abpflücken, tun sich Vögel gütlich, nur keine Wespen. Habe ich früher ein benutztes Marmeladenglas nach draußen gestellt, war umgehend Wespenvollversammlung im Glas, war ruckzuck blank, sauber wie gerade aus der Spülmaschine geholt.
Danke Robert, denn ich sehe nun auch die viel gerühmte Wespentaille in einem ganz anderen Licht. 🙂
Zu #3: Libellen nähen den Mund zu.
Robert, Wanderameisen überfallen Wespennester.
Guck mal:
http://www.spiegel.de/video/haengebruecke-aus-ameisen-wanderameisen-pluendern-wespennest-video-99019833.html
Wow!