Wetten dass wird eingestellt – noch drei Folgen und dann fällt der letzte Vorhang für den 1983 gestarteten Unterhaltungsdampfer, der trotz schlechterer Quoten bis zum Ende erfolgreich blieb.
Es war Zufall, dass ich gestern Abend Wetten dass geschaut habe. Ich habe mir die Sendung seit Beginn immer mal wieder angesehen. Das „Lagerfeuer“ war sie nie für mich, aber wohl für sehr viele andere Menschen – sonst würde der Begriff spätestens seit Lanz am Ende der Show das Ende der Show bekannt gab, wohl nicht so häufig fallen.
Allzeit Wetten dass – Höhepunkt: Die Buntstiftwette der Titanic
Zur Sendung: Lanz ist ein langweiliger Gastgeber, die Gespräche mit den Gästen sind öde, aber oft nicht so peinlich wie zur Zeit von Thomas Gottschalk. Dafür, das ich gestern nicht erleben musste, wie der in der Rolle des Vorstadtgigolos Diaz, Frier, Ferres und Anastacia anbaggert, bin ich dankbar. Aber sowohl die Fragen von Lanz als auch die Antworten seiner Gäste interessierten mich nicht die Bohne. Und das Schlager auch nicht dadurch besser werden, auch wenn Hape Kerkeling sie vorträgt, ist auch ein eher bescheidener Erkenntnisgewinn. Zu den Wetten: Buddelschiff, Toaster und vor allem die drei trinkenden Akrobaten fand ich gut.
Habe ich die Sendung gebannt verfolgt? Nein, zwischendurch hab ich mir die Tweets auf Twitter angeschaut. Wetten dass ist dort extrem erfolgreich – im Sekundentakt kamen neue Tweets herein, einer bösartiger als der andere. Die meisten waren nicht unterhaltsamer als die Sendung, aber das muss man erst einmal hinbekommen: Das sich so viele Menschen eine Show ansehen mit dem festen Willen zu lästern. Die Verbindung zwischen klassischem Fernsehen und den sozialen Medien hat Wetten dass hervorragend hinbekommen. Lanz bewegt die Menschen – ok, nicht auf die Art und Weise, die sich seine Auftraggeber wünschen, deswegen ist ja bald auch Schluss, aber er bewegt sie. Aber allein das ist schon ein Erfolg – und so hat Wetten dass bis zum Ende sein Ziel erreicht: Es bietet Gesprächsstoff. Nicht alles was im Fernsehen läuft, kann das von sich behaupten. Aber Lanz definiert ist nun einmal nicht den Moderatoren-Goldstandard. Der hat, wohl für für alle Zeiten, Kulenkampff getan. Und so verliert die Welt nicht viel, wenn im Dezember Wetten dass eingestellt wird.
In den 1980er und 1990er-Jahren war ich Stammzuschauer. Habe mich damals schon Tage vorher auf die Sendungen gefreut. In den letzten Jahren habe ich die Sendung nicht mehr geschaut. Zu viel Werbung, ein Humor der nicht meiner ist. Es gab schlicht keine Gründe für mich mehr dort reinzuschauen. Ich glaube nicht, dass der Wechsel der Moderatoren daran schuld ist bzw. war. Auch Lippert war schon ‚furchtbar‘, doch die Sendung hatte damals deutlich mehr Zuschauer. Schaue ich heute alte Sendungen an, dann finde ich auch diese eher peinlich als unterhaltsam. Ich denke, dass sich nicht nur mein Geschmack verändert hat, sondern auch Ansprüche und Standards der Unterhaltung sich verändert haben. Das ganze Format ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Und obwohl ich die Sendung schon länger nicht mehr angeschaut habe, finde ich es irgendwie etwas traurig, dass das Format nun ausläuft. Die Sendung war und ist einfach ein ‚Klassiker‘. Aber die Zeit bleibt halt nicht stehen, auch nicht für ‚Wetten, dass….‘.
Während im Privat-TV die Samstagabendshow gleichsam neu erfunden wurde, hielt das dank Pflichtabgabe über den Markt erhabene ZDF den todgeweihten Patienten künstlich im Diesseits. Die lange Existenz des von Frank Elstner 1981 aus der Taufe gehobenen Formats ist zweifellos ein Symptom dafür, dass man in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dank der sicher sprudelnden Einnahmequellen – von Quote und Qualität relativ unbekümmert – immer noch fortwurschteln kann, wenn ein Privatsender schon längst die Notbremse hätte ziehen müssen.