Wettlauf um das Weltall: Sommerakademie in NRW stellt „Outer Space Affairs“ in den Mittelpunkt

Mayssoun Zein Al Din ist Geschäftsführende Direktorin der Nordrhein-Westfälischen Akademie für Internationale Politik. Foto: Tobias Koch

Fast 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Afrika, Südamerika, Asien, Europa und den USA reisen an diesem Sonntag zur dritten Sommerakademie an, zu der die angesehene Nordrhein-Westfälischen Akademie für Internationale Politik nach Bonn einlädt. Im Mittelpunkt steht der Weltraum. Im Interview erwartet Politikwissenschaftlerin Mayssoun Zein Al Din, Geschäftsführende Direktorin der AIA-NRW, eine zukünftig engere Zusammenarbeit von staatlichen Institutionen mit der privaten Raumfahrtindustrie. Von der deutschen Politik fordert sie, die eigenen Interessen in EU und NATO genau im Blick zu behalten.

Am Sonntag beginnt die dritte Sommerakademie zum Thema „Outer Space Affairs“. Warum schauen Sie ins Weltall – haben wir nicht genug mit unserem Planeten zu tun?

Mayssoun Zein Al Din: Der Weltraum ist von enormer wirtschaftlicher und geostrategischer Bedeutung. Seit dem Ende des Kalten Krieges legen Streitkräfte weltweit einen signifikanten Fokus auf den Weltraum, man spricht von einem zweiten Space Race. Die weltraumbasierte Infrastruktur um unseren Planeten leistet Aufgaben, ohne die hochmoderne Industriegesellschaften nicht mehr möglich sind. Dass unsere technische Infrastruktur wie Energieversorgung, Geldautomaten, Navigation oder Börsenhandel, aber auch wichtige wissenschaftliche Forschung funktionieren, hängt mit unserer weltraumbasierten Infrastruktur zusammen. Diese ist für uns überlebenswichtig geworden.

Bei der Sommerakademie rücken aktuelle Entwicklungen und zukünftige Bedrohungsszenarien der planetarischen Geopolitik mit Experten aus Politik, Raumfahrt und Wissenschaft in den Mittelpunkt. Welche Rolle wird da Deutschland spielen können?

Mayssoun Zein Al Din: Deutschland verfügt über bedeutende Zentren der Raumfahrt und Institutionen der Weltraumforschung, von denen ein enormer Beitrag zur Gestaltung der Weltraumaktivitäten ausgehen kann. Viele von ihnen befinden sich übrigens in Nordrhein-Westfalen: das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum in Köln/Bonn, das Weltraumkommando und das Gemeinsame Weltraumlagezentrum in Uedem, die Deutsche Raumfahrtagentur in Bonn, die Fraunhofer Space Alliance in Euskirchen sowie die Plattform der Vereinten Nationen für raumfahrtgestützte Informationen für Katastrophenmanagement und Notfallmaßnahmen (UN-SPIDER) des Büros für Weltraumfragen in Bonn. Dabei ist ein interdisziplinäres Zusammenwirken zwischen Politik, Raumfahrt und Wissenschaft entscheidend, genauso wie eine stärkere europäische Koordinierung.

Müssen wir uns darum bemühen, in größeren Organisations-Einheiten wie NATO oder EU eine bedeutendere Rolle zu spielen?

Mayssoun Zein Al Din: Ja, aber wir müssen unsere eigenen Interessen im Blick behalten, was wir oft nicht tun und was verheerende Konsequenzen für uns hat.

Eine größere Rolle in NATO und EU zu spielen muss unter Abwägung und umfassenden Bewertung der nationalen Interessen, der geopolitischen Lage und der Ziele Deutschlands erfolgen sowie in enger Abstimmung mit anderen EU-Mitgliedstaaten. Natürlich kann ein einflussreicheres Deutschland in internationalen Organisationen eine größere Rolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen spielen, dies erfordert jedoch auch eine souveräne strategische und langfristige Herangehensweise.

Und wie sollen schwerfällige Staatsorganisationen gegen agile Unternehmen wie Elons Musks SpaceX, Blue Origin oder Virgin Galactic bestehen?

Mayssoun Zein Al Din: Sie müssen ihre Prozesse optimieren und schneller auf Veränderungen reagieren. Auch könnten staatliche Organisationen davon profitieren, stärker mit privatwirtschaftlichen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um von deren Ressourcen und Innovationen zu profitieren. Der Wettbewerb zwischen staatlichen Organisationen und privaten Unternehmen wird die Raumfahrtindustrie und die Forschung weiter vorantreiben und Innovationen fördern. Der Wettbewerbsgedanke ist wichtig, sollte aber aus meiner Sicht nicht im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Viel wichtiger ist die Zusammenarbeit, um das Beste aus beiden Bereichen für das Wohl aller zu nutzen.

Zur Person: Die promovierte Politikwissenschaftlerin Mayssoun Zein Al Din ist Geschäftsführende Direktorin der Nordrhein-Westfälischen Akademie für Internationale Politik (englisch: Academy of International Affairs NRW https://www.aia-nrw.org/de/) mit Sitz in der Bundesstadt Bonn. Sie widmet sich den globalen Herausforderungen und Strukturveränderungen der internationalen Politik im 21. Jahrhundert. Im Zentrum der Akademie steht mit einem Fellowship-Programm die Förderung wissenschaftlicher Exzellenz sowie die internationale und interdisziplinäre Vernetzung. Am Sonntag, 3. September, startet die diesjährige Sommerakademie, in deren Mittelpunkt Möglichkeiten einer auf Nachhaltigkeit und Kooperation ausgerichteten internationalen Weltraum-Politik stehen.

Hinweis: Am Donnerstag, 7. September, wird um 11 Uhr eine Debatte der Sommerakademie live übertragen. Unter der Moderation von  Michael Krons diskutieren Prof. Dr. Jan Wörner (ehemaliger ESA-Präsident), Dr. Gilles Rabin (Französische Botschaft in Berlin) und Prof. Mai’a Davis Cross (Northeastern University) über europäische Raumfahrtpolitik. https://www.aia-nrw.org/de/e/weltraumpolitik-ein-wichtiger-schluesselbereich-der-internationalen-politik/

 

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1 Kommentar
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LibertyLoveIt
1 Jahr zuvor

Das ist auch ein links regressiver Haufen.
https://www.aia-nrw.org/de/e/dekonstruktion-von-maennlichkeiten-wenn-das-lokale-auf-das-globale-trifft/

Die Geschichte des Kolonialismus in Afrika hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf die Konstruktion von Männlichkeiten in Afrika, da die Kolonialmächte den afrikanischen Gesellschaften ihre eigenen Männlichkeitsideale aufzwangen. Viele dieser Ideale – zum Beispiel die Vorstellung vom männlichen „Ernährer“ – haben sich bis heute gehalten und beeinflussen die Art und Weise, wie afrikanische Männer innerhalb ihrer Gemeinschaften und in der Welt außerhalb ihrer Grenzen interagieren.“

So, So.

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