Wir feiern dieses Jahr die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 70 Jahren, obschon in Deutschland außer den darüber tippenden Journalisten so gut wie kaum einer noch Gehör dafür findet. Es waren 1968 schon zu einem guten Teile die selben Debatten die heute geführt werden – ganz besonders auch, wenn es in ihnen zu „unseren“ Befreiern kommt. Mit den Deutschen die Zerstörung Deutschlands zu zelebrieren wird einfach nicht einfacher. Ebenso wenig wird hier offensichtlich die Feierei anlässlich des 50. Jahres diplomatischer Beziehungen zu Israel mitgetragen. Es wird Zeit für etwas Spritzigeres. Und wir werden fündig – bei dem vielleicht Wichtigsten unserer Alliierten. Dieses Jahr sogar 100, wird der amerikanische Designklassiker Coca-Cola Flasche (ihr Inhalt ist schon 29 Jahre älter), der über all die Zeit immer eine wichtige politische Rolle gespielt hat und es auch im diesem Moment noch tut. Nicht nur Getränk und Verpackung sind also erfrischend, sondern geradezu alles was unter dem Schatten der Schnörkel im Produktlogo geschieht.
Coca-Cola korrumpiert nicht, hätte keinen Grund dazu und ist dafür sicher auch zu sehr in der Öffentlichkeit, aber Coca-Cola polarisiert, auf eine häufig höchst skurrile Art und Weise: Politisch nicht stilbildend, sondern prägend und verschärfend. Absicht? Oh nein, Profitorientierung:
„Meine Politik heißt Coca-Cola“, sagte schion Robert Woodruff (2. CEO der Company), der seiner Zeit, nicht weniger als der Konzern noch heute, alles verkörperte, was der gute Deutsche ablehnt. Dass dies verinnerlicht wurde, und genauso umgesetzt wird, wird an einer Vielzahl von Beispielen deutlich. Aber trotz des offenen Versuchs sich überall gleich beliebt zu machen, wie man u.A. an dem Bau von Fabriken in Palästina und dem beispiellosen Einsatz für die Vernichtung Pepsis in Indien unschwer erkennen sollte, bleibt die Marke die weltweit am meisten boykottierte und am stärksten mit Amerika assoziierte. Weder gehört Amerika the Coca-Cola Company, noch umgekehrt, trotzdem muss man mit regressiven Kapitalismuskritikern Verständnis zeigen, wenn sie sagen, dass die schicke, kleine Glasflasche den Sternenbanner genauso gut ersetzen könnte. Fast schon sollte es Wunder nehmen, dass „Lady Liberty“ auch weiterhin als Spitzname für die Freiheitsstatue genutzt wird. Der All-American way of life ist trinkbar, weltweit, mit Ausnahme von derzeit lediglich Nordkorea und (noch) Kuba.
Kalter Krieg und kalte Erfrischungsgetränke
In Russland hingegen wird ganz aktuell wieder diskutiert, ob man das Getränk und seine Vertreiber nicht verbieten sollte. Viele der Überlebenden, respektive Zeitzeugen des kalten Krieges, auf beiden Seiten, fielen zwischen Beginn letzten Jahres und heute, wieder in ihre damalige Schockstarre zurück, was zweifelsohne auch psychologische und somit marktwirtschaftliche Konsequenzen hat. Auch die a-politischsten Menschen in Russland und Amerika sehen sich gezwungen, zu der neuerlichen Bedrohung eine Meinung zu haben – und sei es auch nur die kritischer Distanz. Einen Krieg möchte, wie schon in der Vergangenheit, eigentlich kein einfacher Bürger und zwar zuvorderst – gesunderweise – seiner selbst wegen nicht.
Ob die Konflikte also auch der Hintergrund dafür sind, dass die Nachfrage für Coca-Cola-Produkte, die erst seit 1992 in Russland vertrieben werden, wieder soweit zurück ging, dass im April 2014 die Schließung zweier Fabriken angekündigt wurde, ist natürlich ungewiss, wenngleich Kampagnen gegen das „Überseegift“ durchaus gegründet wurden. In jedem Fall schien diese Theorie auch Konzern-intern Anklang zu finden, weshalb man sich im August dazu entschließ, auch noch die Werbeverträge mit Kreml-nahen Sendern zu kündigen. Anscheinend vermutete man die Zielgruppe in Russland bereits wieder woanders.
Fast etwas verspätet kommt also die Aufforderung zum Boykott des Getränkes aus der Staatsduma selbst. Der nicht unwichtige Außenpolitiker Alexei Puschkow forderte im März 2015, dass man McDonalds und Coca-Cola in Russland verbiete – Indess schien der Getränkehersteller richtig spekuliert zu haben und unter Putin jetzt wieder ähnliche Gewinne zu machen wie zuvor. In der Konsequenz vom Weiterverlauf der politischen Spannungen unberührt, erschien unlängst die neue Sorte des Softgetränks mit Stevia, um dem Öko- und Gesundheitstrend des Westens gerecht zu werden – Hier zulande jedoch hauptsächlich in den großen PEP-Flaschen erhältlich.
Der D-Day wurde Ihnen präsentiert von Coca-Cola (die Gründung Israels nicht)
Besonders hier in Deutschland, aber weltweit bilden die Menschen sich allzu oft ein, den Konzern und sein Handeln durchschaut zu haben; auf albernste Weise wird das Markenlogo politisiert: Salonlinke drücken ihre Ablehnung gegenüber Amerika durch den Schriftzug „Capitalism TM“ in originalem Corporate Design aus; die sogenannten Antideutschen setzen, natürlich nicht ganz unironisch, auf hebräische Schriftart, nehmen diese T-Shirts haufenweise aus der Jerusalemer Altstadt hierher mit.
Verschwörungstheorien sind im Umlauf, denen nach the Coca-Cola-Company den zweiten Weltkrieg inszeniert haben soll. Der Mittelfinger an die Deutschen wird umso größer, wenn man die ganze Geschichte kennt. Es gab für Coca-Cola massive und einschneidige Sondergenehmigungen was die damalige Zuckerrationierung betraf – womit die erforderliche Energie für die schrecklichsten, wichtigsten und müßigsten Schlachten der Geschichte aus der kleinen, hübschen Flasche kam, die es in die Hände aller US-Soldaten schaffe. Zu dieser Zeit und deswegen wurde die Marke recht plötzlich etwa so populär wie sie es heute ist, was sich nicht zuletzt dadurch ausdrücke, dass man in Amerika sogar vom „Cola-War“ sprach. Dass der Konzernvorstand sich mit seinem Aufwand zu positionierten schien war der Sache freilich nicht schädlich.
Dennoch hatte Coca-Cola nie die Absicht, seine Handelsverbindungen mit Deutschland zu kappen, genauso wenig wie eine Mehrheit der Nazis das Getränk etwa boykottiert hätte. (Bis die Deutschen endlich besiegt waren gab es schließlich keine Gerüchte dahingehend, dass die Vereinigten Staaten und „die Juden“ gemeinsame Sache machten, abgesehen eben davon, dass das dritte Reich überzeugt vor, die Juden kontrollierten schlicht alles.) Der Markt musste darunter nicht leiden, was sich spätesten im Jahre 1940 bewies. Da begab es sich erstmals, dass kein Cola-Sirup mehr geliefert werden konnte – und „Fanta“ also in deutschen Fabriken erfunden werden musste. In Anbetracht der heutigen Verbreitung des Getränkes, die schon um 1945 in die Wege geleitet wurde, ist die Annahme Coca-Cola sei damals oder je klassisch antifaschistisch gewesen, mehr als gewagt. „Die Nazis haben in unserem Namen etwas erfunden, das gut schmeckt, das wir verkaufen können? Why not.“ (Natürlich kein Originalzitat)
Weiter gehen die Verwirrungen wenige Jahre später im Nahen Osten, und sie bewegten abermals die Welt. Coca-Cola befand sich nach der Gründung Israels in der Lage eine Entscheidung treffen zu müssen, die wieder einmal politisch hätte ausgelegt werden können. Wie für alle anderen potentiellen Handelspartner, ob Politiker, Privatpersonen oder Unternehmen, galt es, sich zwischen dem Frieden mit den antisemitischen arabischen Diktatoren und dem winzigen neuen israelischen Landfleck im Nahen Osten zu entscheiden. Nach längerer Beratung erklärte man sich schließlich dagegen, den Judenstaat zu beliefern.
Und obwohl dies für amerikanische Großkonzerne gar nicht ungewöhnlich war, führten eine Reihe misslicher Umstände und ein ungeschickter Pressesprecher dazu, dass die jüdischen Gemeinden Amerikas hinter diesem strategischen vorgehen Antisemitismus vermuten mussten und zum Boykott ausgerechnet gegen Coca-Cola aufriefen. Der metaphorische Koscher-Stempel wurde dem Konzern entzogen, von denjenigen, die man stolz war befreit zu haben das amerikanische Nationalgefühl maßgeblich prägte. Auf Grund der vermuteten Anzahl auch nicht-jüdischer Sympathisanten also, wäre der errechnete Verlust nicht hinnehmbar geblieben und so fand das Fläschchen bald seinen Einzug ins heilige Land. Daraufhin wiederum wurde sie, was abzusehen war, von der restlichen arabischen Welt boykottiert. Nicht absehbar war, dass dieser Boykott noch länger andauern würde als der Protest gegen beinahe alle anderen amerikanische Produkte, denn die U.S.-Regierung nahm genau diesen Vorfall zum Anlass, die Nichtbelieferung des israelischen Staates bei entsprechender Nachfrage, für alle größeren amerikanischen Unternehmen zu untersagen.
Freiheit verkauft sich besser
Und doch trinken Verschwörungsideologen heute weltweit keine Coca-Cola, im Glauben der Konzern gehöre „den Juden“. Zumindest behaupten sie, sie würden es nicht trinken; vielleicht trinken sie auch lediglich weniger, dadurch, dass sie es schaffen, auf McDonalds zu verzichten. Wenn auf deutschen Straßen Flaschen fliegen – ob von Linken auf Rechte, Linken auf Linke oder Rechten auf Linke – 1968 wie heute, wurde eine bestimmte dabei selten gesichtet. Auch in den kommende Jahren wird wohl keine Partei in keinem Krieg dieser Welt ohne eine kleine Minderheit unter den Sympathisanten auszukommen, die den Gegnern unterstellt mit Coca-Cola gemeinsame Sache zu machen. Aus Umweltschutzgründen setzten sich Studenten und Universitäten besonders im Amerika, aber faktisch weltweit, so auch in Duisburg-Essen und Bochum für den Nichtverkauf ein, während Produkte von Kraft und Nestle natürlich im Sortiment der Mensen verweilen dürfen. Islam-Freunde wissen, dass der Schriftzug von links nach rechts gelesen, so man denn an einigen Stellen ein wenig modifiziert: „Allah gibt es nicht“ bedeutet; Schweineblut sei die wichtigste Zutat; andere Verwirrte meinen es seien Pesizide. Antikommunistisch soll Coca-Cola ebenso sein – und solange antikommunistisch zu sein bedeutet, dass man nur in einer freien Marktwirtschaft existieren kann – dann, ja, dann läge hier vielleicht das heimliche politische Begehren; Es hieße aber auch, dass Nordkorea und Cuba die derzeit „kommunstischsten“ Staaten wären.
Für Andy Warhol jedenfalls vor Coca-Cola eine „demokratische Erfahrung“. Die 100-jährige Flasche hat er sogar noch häufiger an die Leinwand gebracht, als die Flagge der vereinigten Staaten. Das Unternehmen verteidigt lediglich den (und bedient sich des) wichtigsten aller amerikanischen Werte: Freiheit. Es bleibt nunmal dabei, dass das Streben nach Freiheit die eine Sache ist, auf die Amerika bedingungslos stolz sein kann. Cola befindet sich, Untersuchungen zu folge, ganz oben in der Liste von Wörtern, die fast jeder Mensch auf der Welt kennt, doch auch jedes Kind der Welt wird schon einmal vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten gehört haben; so übertrieben diese Darstellung auch ist, für einige haben sie sich eröffnet. Und Coca-Cola verhalf nicht wenigen davon zum Erfolg. Wenn alle von sich sagen würden: „Meine Politik heißt Coca-Cola“, wäre für jeden gesorgt.
Der Anfang des Films ist auch schön. Die Stimme aus dem off( die von Cagney)." …bauen ihre Stadt auf und genießen die Errungenschaften der Demokratie…." und es kommt eine riesige Cola-Werbung ins Bild. Herrlich, so wie der ganze Film. Dabei war der erst ein Flop, 61ff konnte man wohl nicht über eine KaltekriegsKomödie lachen.
Der emanzipative Character von Coca Cola zeigt sich insbesondere durch die 70 Jahre Fanta Feiern …
Friedrich Torberg mochte Cola nicht (ich glaube, er nannte sie "moussierendes Spülwasser") und meinte, das Gute daran sei halt, dass man sie nicht zu trinken brauchte. Offenbar machte er aus der Cola keine Systemfrage – er war allerdings auch kein Antideutscher, sondern ein traditioneller liberaler Antikommunist.
Anfangs soll tatsächlich Cocasud darin gewesen sein. Nach den Drogengesetzen mußte es dann draußen bleiben. Irgendwie haben sie es vermutlich aber geschafft, den Geschmack zu erhalten, so daß die Leute glauben, das Zeug wäre noch drin.
Schade eigentlich, dass mit dem Koks!!