Wie ein BVB-Sondertrikot zum Sinnbild der aktuellen Krise des Vereins wird

Die BVB-Fanwelt am Stadion im Februar 2025. Foto: Robin Patzwaldt

Wie Tausende andere BVB-Fans auch, kaufe ich mir hin und wieder ein Trikot eines meiner Lieblinge im BVB-Fanshop. In den letzten Jahren konnte ich so einige Leibchen meiner absoluten Favoriten in Schwarz-Gelb zu meiner Sammlung hinzufügen. Trikots mit den Namen und Nummern von Neven Subotic, Mats Hummels, Marco Reus, Erling Haaland und anderen prägenden Figuren der Klubgeschichte hängen mittlerweile in meinem Kleiderschrank.

Als Borussia vor ein paar Tagen das „Sondertrikot Neon 24/25“ ankündigte, war ich sofort begeistert. Zwar ist es wieder einmal etwas teurer als seine Vorgänger, aber die Optik, die dem Trikot der Meistersaison 1994/95 nachempfunden ist, faszinierte mich sofort. Ich überlegte, mir trotz der aktuellen sportlichen Krise ein solches Jersey zu sichern. Doch am Ende entschied ich mich dagegen – und der Grund dafür ist ziemlich einfach, aber zugleich auch ein deutliches Zeichen für die Krise, in der die Dortmunder Profis sich seit Monaten befinden.

Das Sondertrikot im Stil des Meisterjahrs 1994/95 ließ mein Herz höher schlagen. Die Mitte der 90er-Jahre war vielleicht die schönste Zeit meines Lebens als BVB-Anhänger. Die Meistermannschaften dieser Jahre prägten meine Liebe zu Schwarz-Gelb wie keine andere Elf. Es herrschte eine Euphorie in der Stadt, die man sich heute oft zurückwünscht. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, wird mir warm ums Herz. Auf den ersten Blick erscheint die Idee, ein Trikot aus dieser legendären Saison nach rund 30 Jahren wieder auf den Markt zu bringen, sehr nahliegend – und sie kam auch gut an, wie Berichte über den Ansturm auf die Sondertrikots zeigen.

Mein Problem mit dem Trikot jedoch ist einfach: Ich finde keinen Spieler im aktuellen Kader des BVB, der diesem Jersey wirklich würdig ist. Spieler vom Kaliber der damaligen Elf sind, abgesehen vielleicht von Serhou Guirassy, im aktuellen Kader der Saison 2024/25 einfach nicht zu finden. Und das meine ich nicht nur aus sportlicher Sicht, denn auch damals waren nicht alle Spieler Fußballgötter.

Was der heutigen Mannschaft jedoch fehlt, ist Charakter und Identifikation mit dem Klub. Als Fan erwacht heute nur bei wenigen Spielern eine echte Leidenschaft, wenn deren Namen fallen. Damals war das anders, wie ein Blick auf die „Legenden“-Beflockung des Sondertrikots zeigt. Matthias Sammer, Andreas Möller, Stéphane Chapuisat, Flemming Poulsen, Steffen Freund, Kalle Riedle, Günther Kutowski… Es gäbe so viele Spieler von damals, von denen ich gerne ein Trikot in meiner Sammlung hätte.

Dass ich mir trotz dieser Legenden-Option kein Trikot mit entsprechender Beflockung bestellt habe, liegt daran, dass es eben nicht die originalen Trikots von damals sind, die jetzt im BVB-Fanshop angeboten werden. Andere Ausrüstung, anderer Hauptsponsor… Es macht einfach wenig Sinn, über 100 Euro für ein Trikot auszugeben, das nicht dem Original entspricht. Vor diesem Hintergrund käme für mich nur ein aktueller Spieler infrage. Doch diese kriseln nun schon seit Monaten und erweisen sich eines solchen Sondertrikots einfach als unwürdig – wie das peinliche 0:1 gegen den FC Augsburg im Trikot der Sonderedition wieder einmal zeigte.

Die aktuelle Krise des BVB wird vor dem Hintergrund dieser Trikot-Aktion sofort deutlich. Wahrscheinlich sehen die Verantwortlichen beim BVB beim Gedanken an diese Trikots in erster Linie das einbehaltene Geld. Doch das ist nicht alles. Die verlorene „Echte Liebe“ der Fans ist ein Preis, der die Mehreinnahmen in der BVB-Fanwelt bei Weitem übersteigt.

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