Der FC Bayern München gewann am Wochenende beim Erzrivalen Borussia Dortmund mit 4:0 und zeigte Fußballdeutschland einmal wieder, warum kein anderer Klub ernsthaft am Thron des Rekordmeisters rütteln kann. Eine sportlich erstklassige Leistung wie diese, wäre natürlich Grund genug um über die unglaubliche Überlegenheit der Bayern zu diskutieren. Doch die Nation debattiert aktuell stattdessen über das Verhalten von Münchens Coach Thomas Tuchel, der am Wochenende durch seine auffällige Dünnhäutigkeit nach Kritik der TV-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann auffiel.
Es ist nicht das erste Mal in den vergangenen Monaten, dass vermeintliche Randgeschichten den Bayern die eigentlich im Vordergrund zu erwartenden Feierlichkeiten vermiesen. Was stimmt nicht beim Aushängeschild des deutschen Fußballs?
Fans und Experten waren am Wochenende gleichermaßen überrascht von der völligen Dominanz, die die Bayern am Samstag beim Auswärtsspiel in Dortmund an den Tag legten. Wenige Tage nach dem peinlichen Aus im DFB-Pokal gegen den 1. FC Saarbrücken (1:2) zeigte der Titelverteidiger in der Bundesliga, wie gut er selbst mit aufgrund von Verletzungen und Sperren ausgedünnten Kader sein kann. Gewürdigt wurde dies aber kaum, da die Diskussionen rund um Thomas Tuchel die Öffentlichkeit offenbar mehr emotionalisierten.
Tuchel zeigte sich vor, während und nach dem Spiel beim BVB vor dem Mikrofon ziemlich dünnhäutig, reagierte mit unverhohlenem Sarkasmus auf Kritik, welche ihm zuvor durch die Sky-Experten Didi Hamann und Lothar Matthäus zuteilwurde. Ohne Zweifel ein für einen der besten Coaches der Welt ziemlich unwürdiges Verhalten. Wer Tuchel jedoch schon ein paar Jahre beobachtet, der dürfte von der ‚schwierigen‘ Persönlichkeit des Ex-BVB-Trainers wenig überrascht gewesen sein. So ist er halt, der auch in Dortmund als strittige Persönlichkeit bekannte Übungsleiter.
Seiner Mannschaft tat der Trainer mit seiner Gereiztheit keinen Gefallen, lenkte er die Nachbetrachtungen rund um diesen beeindruckenden Sieg seiner Schützlinge damit inhaltlich zu einem großen Teil doch auf seine eigene Person. Die sportliche Aussagekraft des Auftritts der Bayern im Westfalenstadion, er wurde dadurch unzureichend gewürdigt.
Nun kann man eine solche Erfahrung ja durchaus einmal mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen und für die Zukunft daraus lernen. Das gilt sowohl für Tuchels als auch für den Klub. Doch zumindest was den FC Bayern betrifft, ist es noch gar nicht so lange her, dass eine solche Geschichte den Erfolg der Mannschaft in den Hintergrund treten ließ. Beim Saisonfinale der Bundesliga 2022/23 sicherten sich die Münchener, insbesondere wir hier in Dortmund erinnern uns noch schmerzlich, am letzten Spieltag durch einen 2:1-Sieg beim 1. FC Köln doch noch die elfte Meisterschaft in Serie, da der BVB sein Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 zeitgleich nicht gewinnen konnte und dadurch in ein Tal der Tränen rutschte. Doch statt sich über diesen fast schon abgeschriebenen Titel ausgiebig zu freuen, diskutierten sie an diesem Tag in München in erster Linie über das ausgerechnet an diesem Tag durchgesickerte Aus des Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn und von Sportvorstand Hasan Salihamidžić. Freude über den Titel, der in Dortmund eine ekstatische Feier ausgelöst hätte, war rund um den Rekordmeister dadurch kaum zu beobachten. Die Meisterschaft geriet durch die Personaldebatten völlig in den Hintergrund.
Jetzt, rund fünf Monate später, ein ganz ähnliches Szenario, wenn auch nicht mit einer ganz so großen Bedeutung wie ein Titelgewinn. Die Münchener stürzen den zuvor selbstbewussten und hoffnungsvollen BVB in eine beachtliche Depression, freuen sich auf der anderen Seite aber kaum darüber, wie gut es sportlich für sie lief.
Stattdessen beschäftigen sich die Bayern in Zeiten großer Erfolge in erster Linie mit Themen, die eigentlich nicht diese Bedeutung haben sollten, wie das Geschehen auf dem Rasen.
Schon komisch, was da im Süden der Republik abgeht….