Wieviel Gott braucht Hessen?

Der christliche Vorschlag zur Umgestaltung der Hessischen Verfassung. (Symbolfoto)

Das Geschrei über den Islam ist immer und schnell recht groß in den letzten Monaten. Viel leiser ist es aber, wenn Christen versuchen, besondere Privilegien zu erhalten bzw. zu erlangen. Gemeinsam mit den beiden Großkirchen will die CDU nun „die Verantwortung vor Gott“ als Passus in die hessische Landesverfassung aufnehmen. Der Humanistische Verband sowie die Humanistische Gemeinschaft Hessen stellen sich als Interessenvertretung nichtreligiöser Menschen gegen diese Ausgrenzung und Bevormundung.

„Gesetze mit ausdrücklichen Verweisen auf religiöse Vorstellungen widersprechen der Idee von einem demokratischen Staat als verfasstem Gemeinwesen aller Bürgerinnen und Bürger.“ Bereits letztes Jahr hatte Prof. Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), in einer Stellungnahme den Innen- und Rechtsausschuss des Landtags von Schleswig-Holstein ermahnt, auf einen Gottesbezug in der Landesverfassung zu verzichten. Mit nur einer Stimme scheiterte damals der Antrag an den Landtag.

Nun wird auch in Hessen durch die CDU-Fraktion sowie das Kommissariat der Katholischen Bischöfe im Lande Hessen und den Beauftragten der Evangelischen Kirchen in Hessen ein Versuch gestartet, die „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ sowie das Gedenken der „Geschichte und christlich-humanistischen Tradition“ in die Präambel der Landesverfassung aufzunehmen.

„Die Bürgerschaft Hessens gründet auf kultureller Vielfalt, nicht auf religiöser Überzeugung oder einem Staatskirchentum“, erklärt Dr. Holger Behr, Landessprecher der Humanistischen Gemeinschaft Hessen. „Die beabsichtigte Erwähnung Gottes und christlicher Wurzeln trägt nicht dazu bei, Menschen unterschiedlichen Glaubens oder Nichtglaubens miteinander zu verbinden, und behindert die kulturelle Integration.“

Als in der Nachkriegszeit die Landesverfassung geschrieben wurde, waren noch weit über 95 % der Bürger und Bürgerinnen Mitglieder einer christlichen Kirche. Mittlerweile sind es nur noch knapp über 60 %. „In einer zunehmend säkulareren Gesellschaft einen Gottesbezug in die Verfassung aufzunehmen wirkt wie ein Versuch, sich mit Zwang gegen die Freiheit zum Nichtglauben zu stellen. Bei der aktuellen politischen Situation würde das Land Hessen damit ein bedenkliches Zeichen gegen eine offene Gesellschaft setzen“, resümiert Dr. Florian Zimmermann, Landesvorsitzender des HVD Hessen.

Bereits 2005 gab es einen überparteilichen Antrag auf Verfassungsänderung in Hessen, der auch einen Gottesbezug beinhalteten sollte. Der Versuch scheiterte damals aufgrund unterschiedlicher Positionen bei anderen Aspekten. Mit dem Gottesbezug hatte damals keine im Landtag vertretene Partei unüberwindbare Schwierigkeiten. Der Humanistische Verband und die Humanistische Gemeinschaft rufen deshalb dazu auf, ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis zu bilden, um gemeinsam einen Gottesbezug in der hessischen Landesverfassung zu verhindern. Eine entsprechende Petition kann hier unterschrieben werden.

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kE
kE
7 Jahre zuvor

Das klingt nicht nach einer aktuellen Nachricht.
Haben die Hessen und insbesondere die Kirchen keine anderen Probleme.
Die Kirchen sollten sich um ihren Markenkern und um die Verbreitung der christliche Botschaft kümmern. Ihre Mitglieder erreichen sie nicht mehr.
Dies wird nicht mit Aktivitäten bzgl. der Verfassung gelingen. Das zeigt nur, wie weit die Kirchenführer und die CDU von den Bürgern des Landes entfernt sind.

Jan W.
Jan W.
7 Jahre zuvor

Mein Kompromissvorschlag: man verzichtet auf beides – Gottesbezug und Gottesleugnung in der Verfassung und überlässt die Frage einfach jedem individuell.

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

Also so lange Gott nicht zweifelsfrei auf dem Boden der FDGO steht ( dieser Beweis steht noch aus), hat er in keiner bundesdeutschen (Länder)Verfassung was zu suchen!!!

Jan W.
Jan W.
7 Jahre zuvor

@4
Vor allem sollte so eine Regelung das Wahlverfahren für das Verfassungsorgan Gott umreißen, die Dauer der Amtszeit und Möglichkeiten der Abberufung verankern. Angesichts von Gerüchten über eine Nichtsterblichkeit wären auch Amtszeitbegrenzungen überlegenswert.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

"Die" Hessen scheinen dabei zu sein, wörtlich das übernehmen zu wollen, was im ersten Halbsatz der der Präambel des GG steht, was im ersten Satz derr Präambel der NRW-Landesverfassung steht, was ähnlich im Vorspruch der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz steht….

"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen…….."

Daran sei erinnert. Insofern "nichts Neues".

Ich erkenne allerdings kein zwingendes gesellschaftspolitisches Erfordernis, heutzutage eine Ergänzung der Landesverfassungs um einen solchen Zusatz durchsetzen zu wollen. Im Gegenteil, dieses Bemühen wird dazu beitragen,daß sich neue Gräben in der Gesellschaft auftun bzw. vorhandene vertieft werden.

Und warum das Alles?

Weil "man" sich seiner Sache nicht sicher ist, hier der Gewißheit, daß die Gesellschaft weitestgehend nicht nur gottgläubig ist, sondern daß sie sich in ihrem Tun und Lassen Gott verpflchtet sieht? Soll der Staat dieserhalb die Gesellschaft an ihre "Pflicht gegenüber Gott" erinnern bzw. sie Gott gegenüber in die Pflicht nehmen? Das mag so gewollt sein, widerspricht aber ganz und gar meinem Verständnis vom Wesen und vom Zweck eines Staates, hier eines freiheitlichen und demokratischen Rechtstaates.

Oder ist das dem Bemühen geschuldet, das CDU-Verständnis von der "deutschen Leitkultur", wenn es sich nicht als solches verfassungsrechtlich implementieren läßt, zumindest über den Gottesbezug indirekt verfassungsrechtlich zu verankern? Wenn das so sein würde, bliebe auch dann das Bemühen der CDU zumindest ein fragwürdiges.

Nicht fragwürdig, sondern begrüßenswert würde ich es finden, wenn aufgrund der Bemühungen der CDU in Hessen in der dortigen Gesellschaft "über Gott und die Welt" im allgemeinen diskutiert und dabei u.a..konkret über die Frage, ob "man" sich und wie "man" sich nach diesem Gottesverständnis den nach Deutschland Geflüchteten annehmen müßte.

Noch eine verfassungsrechtliche Anmerkung:
Nach Auffassung des BVerfG führ die Ausrufung Gottes in der Präambel n i c h t zu einer religiösen Bindung aus der Verfassung. Maßgeblich sind hier ausschließlich die Art.4(1) und 14o GG in Verbindung mit Art. 137 WRV. Insofern könnte also der Gottesbezug in der Präambel in die Irre führen, denn juristisch hat sie keinen Sinngehalt.

abraxasrgb
abraxasrgb
7 Jahre zuvor

Gerade im Netz gelesen und als passend empfunden:
Religion is like a penis.
It's okay to have one.
It's okay to be proud of it.
HOWEVER
do not pull it out in public.
Do not push it on children.
Do not write laws with it.
Do not think with it.

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