Wildes Herz: ein mitreißender Film über Feine Sahne Fischfilet

Monchi Foto: MM Filmpresse


Regisseur Charly Hübner begibt sich mit der Dokumentation „Wildes Herz“ auf eine sehr bodenständige und humorvolle Reise mit urigen Protagonisten. Ausgangspunkt seiner filmischen Biografie ist Mecklenburg Vorpommern und die Band Feine Sahne Fischfilet. Sie spielen Ska-Punk und haben sich im Jahr 2007 gegründet. Ihr Sänger Jan „Monchi“ Gorkow steht bei diesem Porträt im Vordergrund und wird intensiv und schonungslos durch sein Leben begleitet. Altes Archivmaterial und gefilmte Nahaufnahmen ergeben so ein sehr berührendes Porträt – von einem echten Typen mit vielen Ecken und noch mehr Kanten.

Jarmen ist mit knapp 3000 Einwohnern ein kleines Dorf in den Weiten Mecklenburgs. „Ich kann mir nicht vorstellen in einer Großstadt zu leben, ich wohne zehn Minuten vom Strand weg. Da gibt es nichts Geileres“, sagt Monchi über seine Heimat. Geprägt vom politischen Wandel der letzten Jahrzehnte ist hier eine Band entstanden, die etwas zu sagen hat. Auf dem Land ist wenig los – und wer in die Langzeit-Abeitslosigkeit abrutscht, ist anfällig für die Parolen von rechten Parteien.

Mit einem hyperaktiv gelagerten Aktionismus, viel Lebensfreude und noch mehr Lokalpatriotismus stellen sich Monchi und seine Bandkumpels Olaf, Christoph, Kai, Köbi und Max hier in der tiefsten Provinz gegen Nazis, Leerstand und Wendeverliererfrust. Der Schauspieler und gebürtige Mecklenburger Charly Hübner erzählt die Geschichte dieses jungen und wilden Lebens hautnah; irgendwo zwischen Selfmade-Punkrock am Lagerfeuer und einem unermüdlichen Drang immer wieder etwas auf die Beine stellen zu wollen. So wird die Band zu großen Festivalauftritten, beim Ausrichten von Fußballtunieren mit Flüchtlingen oder beim Plakate kleben an der Dorf-Bushaltestelle begleitet.

Monchi Foto: MM Filmpresse

Dafür hat Hübner tief gegraben und viele Protagonisten vor die Kamera gezerrt. Die Eltern von Monchi beschreiben besonders die Pubertät als schwierige Zeit. Der Sänger war ein Teil der Hooligan-Szene und innerhalb dieser Jahre oft auf Krawall aus. Beim Hinweg zu einem Spiel gegen Eintracht Braunschweig randalieren die Fans auf einem Bahnhof in Stendal und zünden mehrere Autos und Polizeiwagen an. Er kommt mehrfach in Polizeigewahrsam. „Wir haben ihm immer zu verstehen gegeben, dass wir missachten was er da tut. Aber wir haben ihm auch immer gezeigt, dass wir ihn unendlich lieben“, sagt die Mutter von Monchi in die Kamera.

Schon in der Kinderstube war Monchi ein ungewöhnliches Kind. Als der Weihnachtsmann dem etwa sechsjährigen Monchi gegenüber tritt, soll er zum Dank ein Lied singen. Anstelle von „Stiller Nacht“ oder „Süßer die Glocken nie klingen“ hat Monchi eine bessere Idee und stimmt den Südtribünen-Klassiker „Olé, hier kommt der BVB“ an. Wenn Lehrer, Pastoren und Freunde über Monchi sprechen, ist das auch schon mal ambivalent.

Sein Mitbewohner hält sein Chaos manchmal kaum aus. „Wenn wir baden gehen, ist er zu dämlich an ein eigenes Handtuch zu denken. Und wenn du ihm das dann zum wiederholten Male vorwirfst, nervt es irgendwann.“ Seine Ex-Freundin lobt seine emphatischen Züge, gibt aber auch an, dass seine narzisstischen Phasen nur schwer zu ertragen sind. Auch seine Lehrerin lobt zwar seinen Wissenshunger für eine breite Palette an Themenfeldern, gibt aber auch an, dass gerade beim Werken oder dem geometrischen Zeichnen die Sorgfaltspflicht von Monchi doch arg verbesserungsfähig ist.

Mit Wildes Herz ist ein herzerweichend intimes, als auch mitreißende Porträt gelungen. Monchi und seine Fischfilet-Gang zeigen sich stets mit großem Herzen und einer noch größeren Klappe im Kampf gegen den Rechtsruck in der ostdeutschen Provinz. Mögen sie noch lange Kraft haben und viel positiv gestimmtem Aktionismus weitermachen.

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