Im Marketing bei Penny hatten sie eine großartige Idee. Wenn man alle Umweltkosten eines Produkts berücksichtigen würde, dann wäre dieses Produkt wesentlich teurer und wenn man die Preise in den Filialen eine Woche lang entsprechend anheben würde, dann fänden einen sicher alle ganz toll. „Also ich kaufe sowieso nur Bio“, sagte Björn und Lilith sagte, ihre Eltern würden die ganze Woche eh nur Wurst fressen, diese Umweltsäue, und denen müsste man das ohnehin mal zeigen, dass das nicht geht mit der Wurst für unter drei Euro. Also: gesagt, getan.
Nun bietet Penny diese Woche neun seiner Produkte zum „wahren Preis“ an. Das sei der Preis, würden alle Umweltkosten über die Lieferkette hinweg berücksichtigt. Mit der Aktion wolle man ein Problembewusstsein schaffen und aufklären. Na klar.
Natürlich geht es bei der Aktion nicht um Aufklärung oder Problemlösung. Sonst würde Penny sich einfach ganz aus dem Discounter-Geschäft zurückziehen oder – der Degrowth-Logik entsprechend – komplett aufhören zu existieren. Es geht um Marketing und es ist ein wirklich zynischer Versuch, auf Kosten armer Menschen ein paar Fleißpunkte bei der Zielgruppe mit der „richtigen Haltung“ einzufahren.
Man geht nicht zum Discounter, um sich belehren zu lassen
Penny ist ein Discounter. Zwar gehen in Deutschland bei Weitem nicht nur „einkommensschwache“ Menschen zum Discounter. Dennoch sind diese Läden für einen großen Teil der Bevölkerung überlebensnotwendig, und zwar weil die Produkte dort besonders günstig sind. Man geht nicht zum Discounter, um sich belehren oder aufklären zu lassen, sondern um etwas zum Fressen zu haben.
Nun ist die Inflation hoch und die Energiewende sehr teuer. Man hat also wenig Geld, geht in eine Penny-Filiale und dann liegt da dieser Käse, der plötzlich 4,84 statt 2,49 Euro kostet. Ist ja schließlich nur eine coole Aktion.
Wie alle Marketing-Aktionen sendet auch diese natürlich eine Botschaft und die Botschaft lautet nicht – wie man sich bei Penny wohl dachte – „Schaut her, wir tun etwas Gutes“, sondern sie lautet: „Willkommen bei Penny! Du bist nicht nur arm, sondern ignorant, unwissend und zerstörst unseren Planeten!“
Marketing auf Kosten armer Menschen
Nachhaltig, divers, sozial – dieser ganze Marketing-Purpose-Haltungs-Fetisch hat immer auch eine Kehrseite, und zwar die Negation dessen, was er als seinen Zweck ausgibt. Nämlich etwas Gutes zu tun oder zumindest das Gute zu wollen. Und wenn man das nicht tut, tut man mindestens nichts Gutes, vielleicht sogar etwas Schlechtes. Zum Beispiel Maasdamer-Käse für 2,49 statt für 4,84 Euro zu kaufen.
In meinen Augen ist die Aktion ein zynischer Versuch, auf Kosten armer Menschen Marketing zu betreiben. Und das funktioniert offenbar, schließlich reden alle darüber und finden es supertoll, nachhaltig, cool und progressiv. Eine gute Aktion eben. Und wie arme Menschen wissen: Für gute Aktionen muss man zum Discounter.
Ohne Discounter müssten 20% der Deutschen weniger Essen bzw. das Hungern würde sich ausbreiten. Discounter erfüllen einen systemkritischen sozialen Zweck.
🇩🇪
Deutschland verarmt.
Marketingheinis gelten nicht unbedingt als die hellsten Kerzen auf der Geburtstagstorte. Hier liefern sie den Nachweis. (Das Management von Penny allerdings auch.)
Wer kauft bei Penny ein? Die grüne Blase, die kobe-rindfleischkauend über den ökologischen Schaden von billig Fleisch sinniert, als ob teuer auch ökologisch bedeuten würde?
Hinzu kommt, Umweltkosten sind häufig hochgradig spekulativer Natur. Wer erinnert sich noch an die virtuellen Wasser, die durch deutsche Haushalte strömten? Die sind inzwischen gnädigem Vergessen anheim gestellt worden, zog die Konstruktion doch etliche Fragen nach, auf die es häufig keine Antwort gab.
Vielleicht ist die Aktion aber auch nur der Versuch leichtgläubigen Konsumenten, die es sich leisten können, für mindere Qualität gehobene Preise aus der Tasche zu ziehen. Der eine oder andere Einfaltspinsel verwechselt schließlich teuer mit ökologisch.