„Wir haben das Gebäude mit Leben gefüllt.“

20140823-1Heute Nachmittag waren wir in der besetzten Albertus Magnus Kirche in der Nordstadt. Wir haben mit Michael Gröning, einem der Besetzer gesprochen, und den aktuellen Stand des Projektes begutachten dürfen. Im Innenhof der Kirche, wo Freitagnacht noch Pflanzen wucherten, und es kaum ein durchkommen gab ist es mittlerweile sehr aufgeräumt. Unter einer Überdachung stehen Tische & Stühle, dahinter ein großer Schrank, in dem ein „Umsonstladen“ aufgebaut ist. Geht man weiter über den Hof, eine Treppe hinunter, findet sich der ehemalige Gemeindesaal, hier haben sich die Besetzer eingerichtet. Eine „Küche für Alle“ bietet Essen, aber auch an Obst für zwischendurch usw. mangelt es nicht. Die Arbeitsgemeinschaften der Besetzer haben hier eine Wand mit den anstehenden Projekten aufgebaut, Anregungen, Fragen, und Angebote zur Mithilfe können per Zettelkasten eingereicht werden. In einer Ecke des Kellers werkeln einige Besetzer an der Instandsetzung der ehemaligen Gemeindeküche, und ein weiterer Hof wird gerodet und nutzbar gemacht.

Mit Michael, einem netten, jungen Mann, Mitte 20 setze ich mich auf zwei Sessel im Gemeindesaal, vor uns steht ein Tisch auf dem Kerzen brennen.

Ruhrbarone: Ihr habt die Kirche vor drei Tagen besetzt. Welche Beweggründe hattet ihr dafür?

Michael Gröning: Ziel der Besetzung ist es ein Soziales Zentrum zu errichten. Wir finden es skandalös das Gebäude wie diese Kirche, die architektonisch sehr schön ist, und für das Stadtviertel ein unglaubliches Potential hat, über Jahre leerstehen. Diesen Zustand haben wir beendet, in dem wir am Freitag hier eingezogen sind und begonnen haben das Soziale Zentrum „Avanti“ aufzubauen. Das Zentrum soll als Anlaufpunkt für die Nachbarschaft und darüberhinaus dienen, hier sollen Veranstaltungen stattfinden, und andere Projekte wie der Umsonstladen, der gerade entsteht.

Ruhrbarone: Mit der katholischen Kirche konntet ihr am Samstag schnell eine Einigung erzielen. Wie sind diese Gespräche verlaufen und gab es schon weitere Kontakte zur Kirche?

Michael Gröning: Eine Einigung insofern, dass wir für eine Woche hier geduldet sind. Eine endgültige Entscheidung der Kirche gibt es noch nicht. Es hat heute aber ein weiteres Gespräch mit dem zuständigen Pfarrer gegeben, der uns informiert hat das morgen der Kirchenrat der Gemeinde tagt, und dort über die Besetzung gesprochen wird. Wir hoffen von dieser Seite natürlich auf ein positives Signal. Mit unseren bisherigen Aktionen haben wir dem Gebäude endlich wieder Leben eingehaucht, und hoffen so auf Zustimmung der Kirche für unser Projekt zu treffen.

Ruhrbarone: Ihr wollt euer Zentrum ja mit und für die Anwohner aufbauen. Wie waren die bisherigen Kontakte? 2014-08-25 17.05.03

Michael Gröning: Wir haben immer wieder spontane Kontakte zu den Nachbarn, schon am Freitag haben sich Menschen über unsere Initiative gefreut. Außerdem laden wir jeden Abend um 19 Uhr zu einem Plenum ein, bei dem auch die Nachbarn herzlich eingeladen sind. Außerdem haben wir ein Flugblatt in der Nachbarschaft verteilt, und eine Kontaktnummer angegeben, damit wir für die Menschen erreichbar sind. Wir freuen uns sehr, dass einige der Anwohner auch tatkräftig beim Aufbau unseres Zentrums mithelfen.

Ruhrbarone: Was sind denn die ersten Renovierungsmaßnahmen mit denen ihr begonnen habt?

Michael Gröning: Wir haben den Dschungel in den Höfen gerodet, teilweise Schutt weg geräumt. Teile der Räume haben wir aber erstmal gesperrt, weil wir uns auf den Saal im Keller und einen der Türme beschränken wollen. In der aktuellen Phase des Zentrums haben wir hier mehr als genug Platz. Trotzdem haben wir auch Pläne und Ideen für den Rest des Gebäudes.

Ruhrbarone: Von offizieller Seite steht eine Summe von 2-7 Millionen Euro im Raum, die eine Renovierung der Kirche kosten soll. Glaubt ihr erstens, dass eine Renovierung wirklich so teuer ist, und zweitens das ihr sowas leisten könnt?

Michael Gröning: Nutzbar is das Gebäude ja schon. Wir sind ja seit drei Tagen hier, und haben noch nichts negatives bemerkt. Ich kann jetzt nichts zu den Leitungen, oder der baulichen Substanz sagen. Fakt ist aber auch, dass es zwei Paar Schuhe sind so ein Gebäude für eine proffesionelle Nutzung umzubauen, oder für Initiativen, die das Gebäude selbstorganisiert nutzen und herrichten wollen.

Ruhrbarone: Am Samstag gab es keine 24 Stunden nach der Besetzung einen Naziangriff auf das Gebäude. In einer Polizeimitteilung ist von Steinwürfen der Besetzer die Rede. Wie äußert ihr euch dazu?

2014-08-25 16.53.51Michael Gröning: Offensichtlich haben die Dortmunder Neonazis am frühen Samstagmorgen eine Kundgebung gegen die Hausbesetzung angemeldet. Sie wollten flankiert von einer Rhetorik, in der von „Räumung“ des Hauses die Rede war, gegen unser Projekt vorgehen. Wir finden es sehr unverständlich, dass die Polizei weder uns noch die Nachbarschaft darüber informiert hat, das am Abend eine Nazikundgebung stattfindet. Das polizeiliche Versagen setzt sich an der Stelle vort, wo es den Nazis gelungen ist in die Straße zu maschieren, und zu versuchen ihre Drohungen gegen das Soziale Zentrum „Avanti“ wahrzumachen. Nämlich die Räumung in die Tat umzusetzen. Und bei den Nazis handelt es sich ja nicht um irgendwelche Leute, sondern um eine Struktur auf die zahllose Angriffe und mehrere Morde in den letzten Jahren in Dortmund zurück gehen. In dem Fall ist es nicht verwunderlich, dass die Leute die hier im Haus waren sich einer massiven Bedrohung ausgesetzt sahen. In diesem Zusammenhang wurde ein Gegenstand vom Dach geworfen, dies wäre nicht nötig gewesen, wenn die Polizei ihren Job gemacht hätte, und verhindert hätte das die Nazis unser Projekt anzugreifen versuchen.

Ruhrbarone: Was für ein Programm plant ihr für diese Woche?

Michael Gröning: Unser Programm ist gerade online gegangen und kann hier:http://avantizentrum.noblogs.org/post/2014/08/25/soziales-zetrum-avanti-programm-25-8-bis-29-8/ nachgeschaut werden.

 

 

 

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10 Jahre zuvor

Sehr schöne Aktion in einem Stadtteil der derrtiges Engagement nötig hat! Nähmlich das die Leute vor Ort selber die Sache in die Handnehmen und Raum schaffen für vielfälltige Aktionen. Ich wünsche euch nur das beste und viel Erfolg. Seitens der Kirche wäre es ein schlauer Schachzug den Leuten das Gebäube zu überlassen, so kann zumindest der soziale Aspekt der ehemaligen Kirche fortgeführt werden. Interessant wäre doch ob mögliche kooperationen mit weiteren Initiativen am BPlatz möglich wäre z.B. Borsig 11, Grün-Bau etc.

Hubi
Hubi
10 Jahre zuvor

Die Frage ist dann, ob die Hausbesetzer nach der Woche freiwillig gehen oder ob Gregor Lange räumen lässt ?

http://www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/44147-Nordstadt~/Albertus-Magnus-Kirche-Kirchenvorstand-beraet-ueber-Hausbesetzer;art930,2461918

„Doch das Interesse des Kirchenvorstand sei, „dass die Kirche wieder verlassen wird.“ Es gebe vier Interessenten für das Gebäude, für das eine soziale Nutzung vorgesehen ist.“

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

Wenn man sich einfach vorab ein wenig über das Gebäude, dessen Vergangenheit, Besitzer und Planungen informiert hätte, würde man solche Aktionen nicht derartig für Nüsse abliefern, wenn die Kirche aus verständlichen Gründen nun „Njet!“ zur Besetzung sagt. Aber das mit dem Eigentumsvorbehalt interessiert ja heute Niemanden mehr, solange man mit blankem Aktionismus in die Medien kommt.

Ricardo
Ricardo
10 Jahre zuvor

@Klaus Lohmann: schauen sie sich das Ganze doch einmal vor Ort an, bevor sie rumschwadronieren. Das ist ein ernsthaftes Projekt und die Nordstadt braucht dringend einen größeren Laden.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@#4 | Ricardo: Lesen Sie sich doch bitte erst meine vorherigen Kommentare zum Thema in den anderen Threads durch, bevor Sie hier unqualifizierte Forderungen stellen. Danke.

Narit
Narit
10 Jahre zuvor

Ich finde das ganze Engagement einfach nur toll und die Kirche sollte eigentlich verdammt froh sein, dass ihre ehemaligen Tempel ohne Schäfchen wieder mit Leben gefüllt werden. Macht weiter so!!!

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[…] 25. 8. : Wir sind wieder in der Kirche zu Gast, führen ein Interview mit einem Sprecher der Besetzung. Die Fortschritte sind zu sehen. An allen Ecken der Kirche wird […]

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