„Wir wissen ja, dass der FC Bayern einen Geheimkontrakt mit dem Fußballgott hat“

Sollte sich der der FC Bayern nach einem neuen Trainer und Sportdirektor umschauen? | Foto: wikipedia / Harald Bischoff / CC BY-SA 3.0

Willkommen in der Fußball-Vorschau. Machtkampf bei den Bayern, Ralf Rangnick entwickelt sich zum heiß gehandelten Kandidaten im Flurfunk und Hertha BSC muss für drei Spiele in Quarantäne. Außerdem schimpft Ewald Lienen über die letzten vier Clubs in der Champions League, der FC Augsburg hat neue Geldgeber an Bord und im US-Sport ticken die Uhren doch „gerechter“. Zwischen „tief betrübt“ und „relativ egal“ diskutieren Robin Patzwaldt und Peter Hesse beim Pausentee in dieser Woche alles Wichtige zum Thema Fußball.

Peter Hesse: Hallo Robin, in dieser Woche sind der FC Bayern und Borussia Dortmund in der Champions League ausgeschieden. Beim BVB ist das wenig überraschend, bei den Bayern mutet das schon kurios an. Vor allem wenn man die schwelenden Konflikte zwischen Sportchef Hasan Salihamidžić und Hansi Flick dazu betrachtet. Ich vermute, dass die beiden auch streiten wegen der Kaderplanung der Bayern. Denn seit Lewandowski verletzt ausgefallen ist, läuft die Offensiv-Maschine des FCB nicht mehr richtig. Was in den Vorjahren bei den Bayern immer stimmte, war ihre zweite Mannschaft – die Bayern hatten immer Hochkaräter auf der Bank sitzen – momentan ist klar, das Choupo-Moting nicht der Stürmer-Back Up ist, der er sein müsste. Ich glaube, Flick ist so gestresst von dem ständigen Druck bei den Bayern, dass er zum DFB wechseln wird. Nur dann stellt sich die Frage: wer könnte sein Nachfolger werden?

Robin Patzwaldt: Hallo Peter! Über diese Frage hatten wir ja schon kurz in der Vorwoche diskutiert. Ich sagte damals, dass ich Nagelsmann und Klopp für die Kandidaten halte, die in meiner Wahrnehmung am meisten Sinn machen. Beide haben schon dementiert. Trotzdem wird der Name Nagelsmann noch immer genannt. Ich hielte das auch für eine gute Wahl der Bayern. Wirklich viele namhafte Kandidaten gibt es sonst ja auch nicht. Spannend finde ich ja auch die Frage, wer überhaupt willig ist sich in dieses offenkundige Spannungsfeld in München zu begeben, wenn dort gerade der Machtkampf hinter den Kulissen tobt. Vielleicht sollte man den Brazzo dann dort auch gleich mit ersetzen….

Ein gefragter Mann im Flurfunk und in der Gerüchteküche: Ralf Rangnick | Foto: wikipedia / Steffen Prößdorf / CC BY-SA 4.0

Peter Hesse: Sollte Brazzo gehen, müsste auch hier ein adäquater Nachfolger gefunden werden – und die wachsen ja auch nicht gerade an Bäumen, wie wir wissen. Der medial vielfach abgefeierte Ralf Rangnick ist nach dem DFB und Schalke war in dieser Woche plötzlich bei Eintracht Frankfurt in Doppelfunktion im Gespräch – er soll nach den Abgängen von Adi Hütter (zu Borussia Mönchengladbach) und Fredi Bobic (zu Hertha BSC Berlin) die Geschicke der Frankfurter Eintracht als Sport-Manager und Trainer leiten. Aber das hat sich ja nun auch zerschossenen. Es wird zum Saisonende eh viel rotiert in den Personalabteilungen von Liga eins und zwei. Auch Wolfsburgs Oliver Glasner ist plötzlich bei der Eintracht im Gespräch – für mich ist das auch ein guter Trainer. Für die Bayern sicher noch eine Nummer zu klein, aber mal sehen wie es ausgeht: vielleicht bleibt er ja auch einfach in Wolfsburg…

Robin Patzwaldt: Ja, etwas zu viel Personalspekulationen für mich, ehrlich gesagt. Die Frankfurter schauen sich gerade in Italien um, wie man liest. Schon irre, was da gerade so abgeht. Es wäre doch schön, wenn der Fußball wieder mehr in den Mittelpunkt rücken würde. Aber so sind wohl die Zeichen der Zeit. Die spannendsten Woche der Saison stehen ins Haus und über viele Dinge müssen wir gar nicht mehr sprechen, weil sie bereits vorentschieden scheinen. Schalke steigt ab. Köln, Bielefeld und Mainz machen den Rest im Tabellenkeller unter sich aus. Bayern wird Meister und Leipzig Vize. Die große Spannung scheint uns diesmal nicht mehr ins Haus zu schneien, bis zum Saisonende. Stattdessen diskutieren wir über Manager und Trainer. Na ja. Immerhin ist in diesen Tagen durch den Sport noch für etwas Zerstreuung gesorgt. Aber so faszinierend wie früher, finde ich das Alles gerade nicht mehr, um ehrlich zu sein.

Peter Hesse: In der zweiten Liga ist es auch nicht viel besser. Die ursprünglich für den kommenden Dienstag angesetzten Partien des Hamburger SV gegen den Karlsruher SC, sowie die einen Tag später terminierte Partie von Holstein Kiel gegen den SV Sandhausen sind nun von der DFL abgesetzt worden. Die Entscheidung war für den Ligaverband alternativlos, da die Mannschaften von Kiel und Karlsruhe wegen Corona-Fällen im Team noch bis Dienstag in Quarantäne bleiben müssen. Bei Kiel sind einige Profis nun bereits zum dritten Mal in dieser Serie in häuslicher Isolation – und die Nordlichter müssen nach dem Ende dieser Quarantäne ganze vier (!) Begegnungen nachholen. Das ist doch alles nicht mehr normal…

Das Team von Holstein Kiel muss schon wieder in Karantäne | Foto: wikipedia / Almightyjonny / CC BY-SA 3.0

Robin Patzwaldt: Ist mir aber lieber, dass man da vorsichtig ist. In der 1. Liga müssen selten ganze Teams in Quarantäne nun hat es Hertha BSC getroffen. Ist mir irgendwie unerklärlich. Der Druck die Bundesliga durchzuziehen scheint größer zu sein, als in der 2. Liga. Warum auch immer. Vielleicht entgeht mir da aber auch nur was. Wie auch immer, für mehr Spaß am Fußball sorgt das bei mir leider auch nicht.

Peter Hesse: Bleiben wir mal bei den freudlosen Momenten: Beim FC Augsburg ist ein US-amerikanischer Investor eingestiegen. Das Unternehmen „Bolt Football Holdings“ hat Anteile in Höhe von gut 5,5 Millionen Euro beim bayrischen Club erworben. Hinter der Bolt-Gruppe steht der amerikanische Milliardär David Blitzer, den der Augsburger Präsident Klaus Hofmann bereits seit 20 Jahren persönlich kennt. Blitzer hält Minderheitsbeteiligungen an mehreren Klubs aus verschiedenen Sportarten, darunter Crystal Palace aus der englischen Premier League, das Basketballteam Philadelphia 76ers aus der nordamerikanischen NBA sowie die New Jersey Devils aus der Eishockeyliga NHL. Der belgische Erstligist Waasland-Beveren gehört der Bolt-Gruppe seit September 2020 zu 97 Prozent. Ist das nun ein Schritt weiter hin zu britischen Verhältnissen, wo ja fast jeder Club einem Scheich, Oligarch oder sonstigem Großinvestor gehört? Oder wie soll man das bewerten?

Robin Patzwaldt: Da muss man jetzt differenzieren, denke ich. Im US-Sport funktioniert das prima. Da habe ich auch gar kein Problem damit. Ganz im Gegenteil. Das System dort hat viele Vorteile. Hier bei uns sind auch nicht die Investoren das Problem aus meiner Sicht, sondern viel mehr die Tatsache, dass es hier ebenso unterschiedliche Verhältnisse und Zustände in den Klubs gibt. In der NHL ist es zum Beispiel so, dass alle 31 Mannschaften einen gewissen Finanzrahmen vorgegeben bekommen. Das Ergebnis ist eine extrem spannende und ausgeglichene Liga. Das finde ich super. Hier gibt es ja unter anderem auch deshalb so viel Ärger, weil Gönner wie Hopp oder Red Bull einzelne Teams nach oben schießen können, während andere Teams zurückfallen und keine gleiche Wettbewerbs-Chancen haben. Da macht der US-Sport das deutlich besser. Und dort stört es auch nicht, dass die Franchises Eigentümer und Geldgeber haben. Das ist halt ein geschlossenes Ligasystem. Das ist hier traditionell anders aufgebaut. Aber das ist ein abendfüllendes Thema, dass wir hier auf die Schnelle nicht ausreichend aufdröseln können, um ihm gerecht zu werden.

Der FC Augsburg hat einen neuen Teilhaber an Bord | Foto: wikipedia / gemeinfrei

Peter Hesse: Ich fand ziemlich gut, wie schnippisch Ewald Lienen gestern über die Halbfinalteilnehmer in der Champions League gelästert hat. Er sagte mit ironischen Unterton, dass nun „Katar gegen Abu Dhabi spielt und ein russischer Oligarch gegen den spanischen Staat“ in der letzten Runde ist. Hintergrund seiner Aussage: PSG gehört „Qatar Sports Investments“, einem Unternehmen des katarischen Staates. An Manchester City ist zu 86 Prozent die Abu Dhabi United Group Investment beteiligt. Chelsea wiederum ist im Besitz des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch, während Real Madrid im Verdacht steht, vom spanischen Staat Steuervorteile erhalten zu haben. Dagegen verhalten sich Borussia Dortmund und Bayern München ja fast noch wie Start Ups aus einer zusammen gekloppten Gartenlaube. Kommen wir trotzdem mal zum Liga-Spieltag. Ich gehe mal davon aus, dass Leipzig gegen Hoffenheim gewinnt – und wenn Wolfsburg am Samstag die Kräfte bündelt, könnten sie die Bayern besiegen. Dann wäre der Vorsprung des FC Hollywood auf zwei Punkte zusammen geschmolzen – und vielleicht könnte der Endspurt der Liga nochmal spannend werden. Das würde ich mir wünschen – aber wir wissen ja, dass der FC Bayern einen Geheimkontrakt mit dem Fußballgott hat. Wünschen nutzt da vermutlich nur wenig…

Robin Patzwaldt: Solange der BVB am Ende den DFB-Pokal holt, mache ich mit der Saison trotz alle negativen Geschehnisse zuletzt am Ende trotzdem meinen Frieden. Früher hieß ja immer, du musst da sein, wenn die Bayern schwächeln. das war bzw. ist diesmal zweifelsohne der Fall. Nur der BVB schwächelt eben auch. Das ist bitter. Der Pokalsieg könnte das übertünchen. Um mehr geht es für mich aus Dortmunder Sicht aktuell nicht mehr. Wer dann Meister wird, wäre mir fast wurscht. Dass die Bayern endlich mal nicht Meister würden, wäre schön. Aber ausgerechnet Leipzig als Profiteur dieser Schwäche, das muss ja auch nicht sein.

 

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