WM-Finale: ‚Erfolgsfans‘ fluten das Land

DSC09508 (580x462) (2)Nun steht es also fest. Das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien am Sonntag wird Deutschland gegen Argentinien lauten. Ein Traditionsduell zweier ‚Giganten‘ im Weltfußball. Auch das ‚Spiel um Platz 3‘ wird mit Brasilien und den Niederlanden namhaft und mehr als würdig besetzt sein.

Eigentlich kann man auch als Fußballfreund der mit Clubfußball in der Regel deutlich mehr anfangen kann als mit dem von nationalem Taumel allzu häufig überfrachteten Wettstreit der Nationen, so wie ich, mit dem Verlauf der diesjährigen WM soweit zufrieden sein.

Es war bisher ein durchaus gelungenes und gutes Turnier. Und wohl in vieler Hinsicht auch deutlich besser und positiver als es zahlreiche Skeptiker im Vorfeld dieser WM erwartet hatten. Zumindest bisher. Der Unterhaltung suchende Sport- und Fußballfan wird bisher jedenfalls ein positives Fazit ziehen.

Und in den ersten Turnierwochen ist diesmal auch der nationale ‚Überschwang‘ in ganz gut erträglichen Grenzen gewesen. Zumindest aus meiner Sicht. Es mag allerdings durchaus Zeitgenossen geben denen die ‚Schland‘-Flaggen im Lande bisher schon deutlich zu viele waren.

Im Vergleich zu den letzten großen Turnieren ist es bisher aber, und das verwundert eigentlich etwas, ein deutlich niedrigeres Beflaggungsniveau in der Summe gewesen, als es zuletzt bei vergleichbaren Events schon mitzuerleben war. Dies könnte sich nun am kommenden Wochenende aber noch einmal signifikant steigern.

Schaut man aktuell nämlich mal z.B. durch die weiten des Internets, dann wundert man sich ja schon häufiger mal, welche Leute sich plötzlich in Anbetracht des sportlichen Erfolges der DFB-Kicker scheinbar für Fußball zu begeistern scheinen. Da teilt plötzlich der ein oder andere Facebook-Freund bzw. -Freundin, von dem oder der man doch eigentlich genau weiß, dass er bzw. sie sich noch nie ernsthaft für Fußball interessiert hat, zig Fußball-Cartoons, jubelt über den Finaleinzug der Deutschen Elf und postet seine Vorfreude auf das Finale am Sonntag überschwänglich in die Welt hinaus. Und man spricht mit Bekannten, die zwar noch nie ein Fußballspiel live im Stadion gesehen haben, aber unbedingt zum nächstgelegenen ‚Public Viewing‘-‚Event‘ gehen möchten. Natürlich ist das einerseits ganz nett, wenn das Interesse an einer Sportart zu wachsen scheint, andererseits nerven diese scheinbar unumgänglichen ‚Erfolgsfans‘ des Fußballs aber auch gewaltig. Mich zumindest.

Das Phänomen an sich ist natürlich nicht neu und verläuft eigentlich auch immer ähnlich. Auch ist es bereits vom Vereinsfußball her schon jahrelang in ähnlicher Form bekannt. Ich erinnere mich z.B. noch gut an die großen sportlichen Erfolge des BVB in den 1990er-Jahren. War man ein paar Jahre zuvor, als die Mannschaft aus Dortmund überwiegend noch im unteren Mittelfeld der Liga mitkickte, als Fan häufig noch mit einer recht überschaubaren Menge an Leuten auf der Tribüne anwesend, platzte das Stadion in der Zeit der lukrativen Titel dann plötzlich aus allen Nähten. Und was damals das Stadion so plötzlich füllte, das war in erster Linie kein ’normaler‘ Nachwuchs an Fußballfans, den es natürlich auch darunter gab, es waren die von den ‚alten Fans‘ verächtlich belächelten ‚Erfolgsschnorrer‘, zahlreiche ‚Edelfans‘ die u.a. auch dafür sorgten das z.B. bei der Borussia aus Dortmund der VIP-Bereich sichtbar ‚explodierte‘. Plötzlich war in den nächsten Spielzeiten dann das Essen in der Loge für etliche Besucher aber wichtiger als das Spiel der 22 Profis da unten auf dem Rasen. Und dies waren dann auch die ersten Besucher die das Interesse am eigentlichen Spiel wieder verloren, als der sportliche Erfolg dann wieder etwas nachließ. Irgendwie fühle ich mich aktuell wieder etwas an die damaligen Erlebnisse erinnert. Da kommentieren, ‚liken‘ und schauen plötzlich Leute in den Fußball rein, die sich dafür vor Wochen noch zu ‚fein‘ hielten, Fußball immer eher öde und banal fanden. Bemerkenswert!

Und irgendwie freue ich mich aktuell nun auch schon wieder auf den Zeitpunkt, wenn die sich im Moment entwickelnde Finaleuphorie rund um diese Weltmeisterschaft dann wieder nachlässt und die Fußballwelt im Lande zum Bundesligastart wieder ein paar Prozent weniger ‚Erfolgsfans‘ aufweist. Weniger ist halt manchmal auch irgendwie mehr. Und ich wette von meinen eigentlich gar nicht wirklich am Fußball interessierten Freunden und Bekannten höre ich dann auch wieder deutlich weniger bis nichts mehr zum Thema. Wetten? 😉

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Thomas Weigle
10 Jahre zuvor

Ich weiß nicht Robin, ob du da nicht ein wenig zu pessimistisch bist, auch in Bezug auf den BVB. Natürlich gibt es die Erfolgs-und Edelfans. Das ist irgendwie menschlich. Die Zuschauerzahlen in der Bundesliga sind auch dort hoch gewesen, wo der Erfolg jetzt nicht so zu Hause gewesen ist, z.B. in der Arena im Frankfurter Stadtwald.Jedenfalls im Vergleich zu den Jahrzehnten vor der Jahrtausendwende. Damals spielte die SGE sicher erfolgreicher als seit dem ersten Abstieg 96.
Mein letzter Besuch in Dortmund ist schon länger her, 2006 glaube ich, ein rappelvolles Stadion gegen Arminia, da kannste doch nicht meckern. Es war das letzte Spiel des Bielefelder Jahrhunderttrainers, aber wegen dem werden die BVB Fans sicher nicht gekommen sein.
Noch eine Bemerkung zu deinem Lieblingstrainer: Laut Lèquipe ist Jogi von den Trainern, die mehr als 10 WM-Spiele haben, der erfolgreichste mit knapp 77% Erfolgsquote, 10 von 13 gewonnen.

Jenner
Jenner
10 Jahre zuvor

Dieses Jahr sieht man doch kaum Deutschlandflaggen durch die Gegend fahren, im Vergleich zu 2010. Frag mich schon, woran das liegt ?

Jenner
Jenner
10 Jahre zuvor

@#3 | Robin Patzwaldt:

Löw könnte 2016 das Double erreichen, vielleicht ein Grund warum er doch bleibt.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
ich finde Löw weder sympatisch noch halte ich für intelligent noch verkörpert er für mich das, was eine Persönlichkeit ausmacht.

Das ändert nichts daran, daß er eine WM-Mannschaft trainiert, die für mich überraschend viel erreicht hat, mindestens die Vize-Weltmeisterschaft. Und das bedeutet, daß Löw jetzt einen Status erreicht hat, der ihm gestattet, ganz allein darüber zu befinden, ob er weitermacht oder nicht. Warten wir ‚mal ab, ob die deutsche Nationalmannschaft Weltmeister wird und wie Löw sich danach entscheiden wird.
Seine Entscheidung wird m.E. „so oder so“ nicht „maßgeblich bestimmend“sein für die zukünftigen Erfolg/Mißerfolge der DFB-Elf.

„Erfolgsfans?“
Jeder kennt doch das Verhalten vieler Menschen, sich dann zu etwas, für etwas öffentlich bekennen und dafür engagieren, wenn dieses „Etwas“ für Erfolg steht und wenn sich erkennen läßt, daß man sich mit seinem Bekenntnis, mit seinem Engagement für dieses „Etwas“ einer bedeutenden Anzahl Gleichgesinnter zugehörig fühlen kann.

Das mag „von Fall zu Fall“ kritisch hinterfragt werden, vor allem von denjenigen, die sich zu diesem „Etwas“ bekannt, sich dafür engagiert haben, als „man“ sich noch in den Niederungen von Mißerfolgen bewegte und noch nicht erfaßt wurde von einem die Massen erfassenden Dabeisenwollen im Erfolg.

Aber…
die Menschen sind wie sie sind; auch im „Erfolgswahn als Erfolgsfans“.

Und…..
Wir als traditionelle Fans des Fußballsportes, als Vereins-Fans, die das sind und bleiben auch im Falle von Mißerfolgen, sollten uns von solchen „Erfolgfans“ unserer Freude über insgesamt interessante, spannende, teilweise auch spielrerisch hochklassige Spiele während der WM einschließlich der Erfolge der deutschen Nationalmannschaft nicht vermiesen lassen.

Nachsatz:
Thomas Weigle -1-

Auch im Stadion des BVB finden sich jährlich zunehmend Zuschauer(innen), die sichtbar und spürbar nicht da sind, weil sie den Fußballsport lieben, weil sie als Fußball-Fans „in guten wie in schlechten Tagen“ zu ihrem Verein stehen, sondern weil………?
Z.B., weil sie wie von Robin angesprochen, der Kategorie „Erfolgsfans“ zugerechnet werden können, aber auch weil es mittlerweile in DO und Umgebung für jeden, für jede eine Pflicht ist, samstags ins Stadion zu gehen, „wenn man gesellschaftlich dazu gehören will“; das ließe sich jetzt weiter erklären und ausführen.
In der Allianz-Arena des FC Bayern stellen diese Zuschauer dem Vernehmen mittlerweile eine deutliche Mehrheit. Wäre es diskriminierend,diese Zuschauer nicht den „Fans des Fußballsportes“ zuzurechnen?

Jedenfalls registrieren wir hier insgesamt im Fußballsport in Deutschand eine interessante Entwicklung auf Seiten der Zuschauer -bei erfolgreichem (!!) Vereinsport, bei erfolgreichem(!1) Auftreten der Nationalmannschaft, die „so oder so“ Auswirkungen auf den Fußballsport -jedenfalls auf den in der Bundesliga- -haben werden bzw. jetzt schon haben.

Ich denke, als Fußball-Fans können wir uns darüber -und über die Vorbereitung zur Bundesliag-Saison 2o14/2o15-ab dem 15./16. wieder unterhalten,wenn wir das WM-Endspiel erlebt -erlitten?- und hinreichend verarbeitet haben.

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