1997 gab das amerikanische Magazin Wired ein Buch mit dem Namen Reality Check heraus. Experten beantworteten darin die Frage, wann welche technologische Vision Wirklichkeit werden würde. Wir haben mal den Reality Check Check gemacht.
Zwei technische Errungschaften, da war man sich 1997 im Wired-Expertenkreis ziemlich sicher, würden im Jahr 2009 ihren Durchbruch erleben: Zum einen das Orgasmotron, einen Maschine oder eine Tablette, die einen Orgasmus auslöst und die VR-Sonnenbrillen, mit denen man Virtuelle Realitäten, damals ein ganz wichtiges Thema, erfahren könne. Mal davon abgesehen, das Howard Rheingold mit seiner schon damals geäußerten Vermutung, das Orgasmotron sei schon erfunden, sein Erfinder nur nicht in der Lage das Haus zu verlassen, um das Patent anzumelden, recht haben könnte, sieht es mit den VR-Sonnenbrillen schlecht aus. In Laboren gibt es zwar viele Spielereien, aber von marktfähigen Geräten die sich durchgesetzt haben, ist kaum etwas zu sehen.
Die Bilanz des 1997 von US-Computermagazin Wired veröffentlichten Prognosebuches Reality Check ist gemischt: Einige Veränderungen und Innovationen haben sich früher durchgesetzt als damals vermutet wurde. Längst ist die CD zweitrangig (Prognose: 2010), gibt es digitale Bücher (2013) und weltweite Mobiltelefonnummer war auch schon vor 2001zumindet in weiten Teilen der Welt üblich. Ein paar Visionen setzten sich, zumindest in Deutschland, mit etwas Verspätung durch: 1998 waren Telefon-Flatrates ebenso unüblich wie Internet-Flatrates. Beides brauchte noch ein wenig und auch Filme über das Netz konnten nicht schon 1997gekauft werden – es fehlte schlicht an der nötigen Bandbreite.
Und dann gibt es auch die Visionen, die längst da sein sollten, aber bis heute auf ihren Durchbruch warten oder noch gar nicht erfunden sind: Es gibt leider nicht seit 2002 einen Impfstoff gegen AIDS, das allgemeine Organspendetier (2005) steht noch nicht im Stall und auch die Pille für den Mann (2002) gibt es noch nicht in der Apotheke. Selbst die schöne Idee einer sich selbstreinigenden Toilette zu Hause (2006) hat sich noch nicht durchgesetzt.
Weit mehr als die Hälfte der Prophezeihungen im "Reality Check" gingen daneben. Durchgesetzt haben sich vor allem Technologien oder Ideen, die schon Mitte der 90er abzusehen waren, wie das langfristige Ende der CD oder das elektronische Buch. Diese Vorstellungen folgten nur dem durch die Digitalisierung vorgegebenen Entwicklungspfad.
Und so blicken wir entspannt auf die Prognosen, die nun die aus heutiger Sicht nicht mehr ganz so ferne Zukunft betreffen: 2014 werden Überschallflüge für alle sicher nicht üblich sein, wir werden 2020 Menschen keine Menschen auf den Mars schicken und 2015 wird es auch keine Vollverpflegung durch Pillen geben – der Zeitgeist geht gerade in eine andere Richtung.
Das 2014 das Volumen der Werbung online höher sein wird als im TV halte ich für möglich – aber vieles andere Ideen wie die Kontaktaufnahme mit Aliens (2025), die Ernüchterungspille (2020) oder die Freigabe von Drogen in den USA (2019) dürften ihre Ursprung in den Wünschen der von Wired damals interviewten Experten haben.
Trotzdem lohnt es sich, einen Blick in das Buch zu werfen – es gehört zu den wenigen Tech-Büchern die mit den Jahren gewinnen, wenn auch nicht durch die Präzision der Prognosen, sondern eher weil es etwas über unsere Wünsche verrät.
Orgasmatron… that rings a bell…
Ich schaue einfach zuviel Fernsehen…
In einer ihrer letzten Sendungen rechneten diese beiden Herren
https://www.youtube.com/watch?v=geS-s96sfSo
mit der „Orgasmusindustrie“ ab (der Ausschnitt ist aus der betreffenden Sendung). „Vorgestellt“ (in dem Sinne, daß die Sendung eher „mockumentary than documentary“ ist) wurde unter anderem Stuart Meloy und über den schrieb wired im Jahre 2001 folgenden Artikel…
https://www.wired.com/science/discoveries/news/2001/02/41682
Meloy bezeichnet sein Implantat übrigens als „Orgasmatron“
https://www.fursr.com/details.php?id=94&pid=93: hier haben 2 mir bekannte Kerle den sogenannten „Metal Head Orgasmatron“ entwickelt, „MoshPit“ genannt, eine Feedback-Maschine, die auf leidenschaftliches Headbanging kein Instrument spielen könnender Rock-Fans entsprechend enervierend immer rhythmischer und flackernder reagiert. Der eigene kleine, dafür ohrenbetäubende Soundgarten, so dass der auf diese Weise für sich selbst Rockende zumindest eine Rock- bzw. Headbanging-Ekstase erlebt.