Wolfgang Clement, der ehemalige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens und Bundeswirtschaftsminister, ist nach Medienberichten heute Morgen in seinem Haus in Bonn gestorben. Clement versuchte in seiner Zeit in der nordrhein-westfälischen Politik das Land und seine damalige Partei, die SPD zu modernisieren. Er brannte für diese Aufgabe und wollte sie gegen alle Widerstände bewältigen. Kaum jemand in der Politik dieses Landes war so begeisterungsfähig und ideenreich wie Clement. Dass er Journalist war, kam immer wieder durch: Clement wollte „Leuchttürme“ schaffen, mächtige Symbole des Wandels wie den Metrorapid oder High Definition Oberhausen. Er dachte in Schlagzeilen, was zugleich ein Zeichen des Mutes als auch der Schwäche war. Bei aller Mühe: Gelungen ist ihm das meiste nicht. Untersuchungsausschüsse beschäftigten sich mit seiner Politik. Am Ende war er, der Modernisierer, seiner Partei fremd geworden. Er verließ sie 2008, nachdem sie ihn rauswerfen wollte. Er sah sich als Kämpfer gegen die Deindustralisierung. In der SPD hatte so einer tatsächlich nichts mehr zu suchen. Und so wurde er zu einer tragischen Gestalt, ein Visionär, der oft mit der Wirklichkeit haderte und zuschauen musste, wie seine Partei sich ergrünend dem Niedergang hingab.
Wolfgang Clement ist tot
In ihm zeigte sich die ganze Tragik des Theoretikers, der nicht fähig war praxisgerechte Lösungen zu finden, die dem Handeln und der Realität der Masse der Menschen gerecht wurde.
Womit er unfreiwilig Protagonist eben genau des Niedergangs seiner Partei wurde, die er doch modernisieren wollte.
Er hat doch im Alter seinen Platz gefunden-in bzw. bei der FDP. Wo er auch eigentlich hingehörte, Mancher findet halt erst spät den ihm eigentlich zugehörigen Platz. Zum Schaden vieler anderer, deren Nachteile er kräftig gemehrt hat. NRW und die SPD wären ohne ihn besser dran gewesen.
Wenn ein Mensch stirbt, gebieten es eigentlich die ungeschriebenen Regeln des menschlichen Anstandes, einmal innezuhalten und die früheren Konflikte mit dem Toten ruhen zu lassen. Dies ist der SPD fremd geworden. Sowohl Nowabofakis als auch ein mir namentlich nicht bekannter SPD-NRW-Sprecher treten in Ihren Kondolenzen nach, eine anständige Beileidsbekundung ist wohl zumindest bei den Großkopfeten dieser Restpartei nicht mehr möglich.
@DAVBUB Gerade WC hat ja nun nie inne gehalten, sondern drauf-und nachgetreten auf Genossen und grüne Mitminister, wo er nur konnte. Dazu passt ja auch, dass die größten und uneingeschränkten Lobreden auf ihn nur von politischen Gegnern der SPD kommen. R.I.P. WC ? Aus den eigenen Reihen daher eher nicht. Das ist verständlich!!
Hat er nicht als Mit-Architekt der Agenda 2010 mit zur Auflösung des Wählermillieus der SPD beigetragen?
High Definition (HD-TV) und Radio NRW in Oberhausen. Dortmund, Bochum oder Essen als Standort hätte ich ja noch verstanden. Warum aber Oberhausen?
Gibt es dort ausgerechnet die coolen Studierenden, die als Kabelträger anfangen und später Chef sind?
@6 "Warum aber Oberhausen?"
Weil dass politische Entscheidungen waren und man diese Einrichtungen nach regionalen Defiziten und nicht nach Strukturpotentialen gebaut hat.
Die Entstehung von "High Definition Oberhausen" ist aber auch wirklich ein ganz besonderes Schmankerl und zeigt, dass sich Kreativität nicht von oben verordnen lässt. Und vor allem: Die Kommodifizierung von Trickfilmen funktioniert nicht wie die Kommodifizierung von Kohle und Stahl. Letztere sind industrielle Massengüter, die man mehr oder weniger nach Schema X herstellen kann.
Für gute Trickfilme braucht man güte Drehbuchautoren, die immer wieder neues erfinden, Abwechslung bieten. Regisseure, die visuelle Stile variieren usw.
Bei Kohlestrom ist es GUT u. RICHTIG, dass der Strom der heute aus der Steckdose kommt, derselbe ist, der gestern aus der Steckdose kam.
Aber wer will schon heute den gleichen Trickfilm schauen, den er gestern geguckt hat? Und am Tag zuvor. Und am Tag davor…
Was bei einer kritischen Würdigung Wolfgang Clements definitiv erwähnenswert ist, ist die erfolgreiche Entwicklung des Duisburger Hafens.
"Ich will nicht den bestern Hafenmeister, sondern den besten Unternehmer", so hat Clement die Berufung von Erich Staake zum Duisburger Hafenchef damals begründet. Er hat eben keinen "verdienten Genossen" berufen, sondern jemanden der vorher erfolgreich die Buchlogistik von Bertelsmann in den USA reorganisiert hat.
Wie sehe der Duisburger Hafen heute aus, wenn Clement irgendeinen Unterbezirksführer der SPD zum Chef gemacht hätte?
Es gibt Grund höflich zu bleiben gegenüber einem Verstorbenen, aber keinen die Lobpreisungen seiner Fans nicht zu widersprechen.
Ich unterstelle ihm das Richtige gewollt zu haben, aber er hat nicht das Format besessen auch tatsächlich das Richtige tun zu können.
Damit aber ist er geprägt von den irrigen Vorstellungen unserer Zeit, rechts wie links und auch in der Mitte, die nie die erhardsche soziale Marktwirtschaft verstanden haben oder wenn, sie trotzdem nicht wollten.
Unsere Vorstellungen von Wahlstand, Fairness und sozialen Ausgleich sind schon lange wieder hinter Erhard zurückgefallen und damit auf das Normalmaß des Durchschnitts angekommen.
Es gibt nur noch Umverteiler oder Kapitalisten, es fehlt der wille,die Erkenntnis, das Beides unzureichend ist.
@ 4: Die lebten aber noch und konnten sich wehren.
Wolfgang Clement…..
Wenn es "in der Politik " unabhängig von Parteizugehörigkeit, gesellschaftspolitischer Ausrichtung, von Amt und Mandat mehr, viel mehr Persönlichkeiten geben würde wie Wolfgang Clement eine war , wäre mir wesentlich wohler als das derzeit der Fall ist.
Das nur als verspäteter Nachtrag zum Tode von Wolfgang Clement, veranlaßt durch o.a. Kommentar und durch die Beiträge dazu.
Ob ein Mensch als eine (politische) Persönlichkeit gesehen wird, kann doch nicht davon abhängen, ob dieser "politische Mensch" stets oder überwiegend so gedacht und so gehandelt hat, wie es dem Betrachter wünschenswert erscheint; ganz im Gegenteil.