ZDF bastelt an einem „Anstalts-Twitter“

 (2019) Foto: Florian.Kumb Lizenz: CC BY-SA 4.0

Das ZDF bastelt gemeinsam mit dem CBC aus Kanada, der schweizerischen SRG SSR und Belgiens RTBF an einem neuen sozialen Netzwerk. Das sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler
im Gespräch mit dem Branchendienst DWDL: „Zusammen mit der gemeinnützigen Initiative New Public soll mit einem umfassenden Forschungs- und Entwicklungsprojekt eine neue Kommunikationsplattform in einem geschützten öffentlich-rechtlichen Raum entwickelt werden.“ New Publik verkündet auf seiner Webseite „Musks Twitter wird nicht der Stadtplatz sein, den die Welt braucht“ Wie in den guten, alten Tagen als das Internet noch neu war, schätzt man dort  Metaphern aus der Realwelt: Was damals die Piazza war, ist heute offenbar die Stadt. Man hat sich große Ziele gesetzt: „Dieser Moment großer Veränderungen in den sozialen Medien gibt uns ein Fenster, um einen anderen Weg zu wählen. Es ist an der Zeit, sich nicht mehr auf ein paar Milliardäre oder VCs zu verlassen, um wichtige Entscheidungen für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt zu treffen. Es ist an der Zeit, in öffentliche digitale Räume zu investieren, die der Öffentlichkeit tatsächlich dienen, und gesunde Beziehungen, stabile Gemeinschaften und, nun ja, Menschen zu priorisieren.“ Und was gesunde Beziehungen sind, das weiß natürlich niemand so gut das ZDF,  das als öffentlich-rechtliche Anstalt nur mit Zwangsgebühren überlebt. „Die Verbraucher“, meint  New Publik erkannt zu haben, hätten „dies gespürt und bewegen sich bereits in Richtung eines digitalen sozialen Umfelds mit kleineren und besser regierbaren Räumen. Sie können dies am Aufstieg von Discord, Slack, Gruppenchats und Web3-DAOs sehen – Räume, die sich eigentumsfähiger, regierbarer und sicherer anfühlen als die alten kommerziellen Plattformen. Diese Räume sind jedoch in der Regel entweder hochwertig, gut moderiert und homogen, mit einem Abonnement-Geschäftsmodell, oder ein minderwertiges, heterogenes Free-for-all. Das kritische Projekt, für das die neue Welle von Startups wenig Anreiz hat, sich zu lösen, ist der Aufbau freier, heterogener, gut moderierter Gemeinschaften – und hier spielen die digitalen Räume des öffentlichen Dienstes eine entscheidende Rolle.“

Im Kern ist es eine Gute Nachricht, dass sich das ZDF am Aufbau eines Staats-Twitters beteiligt: Je weniger Geld der Sender für sein Programm ausgibt, umso besser. Spleenige Technikexperimente, hohe Intendantengehälter und Luxuslimousinen mit Massagesitzen sind allemal besser als ein weiterer Ausbau der grünen Dauerberieselung.

Musk und Zuckerberg wird das Projekt allerdings kaum den Schlaf kosten. Behördenlangeweiler, die irgendwann von der Zustimmung noch größerer Langeweiler in Aufsichtsgremien abhängig  sein werden, müssen beide nicht fürchten.

 

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