Zukünftig häufiger ‚Schweigegeld‘ für Wutbürger?

Foto: Stefan Laurin

In diesen Tagen sorgt der Vorschlag eines ‚Windbürgergeldes‘ für Diskussionen. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch hatte kürzlich angeregt Bürger, die Windräder in ihrer Nachbarschaft akzeptieren, zu belohnen. Eine Möglichkeit hierzu seien direkte Zahlungen in Form eines „Windbürgergeldes“.

Für diese Idee bekommt er prominenten Zuspruch aus den eigenen Reihen. Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagte beispielsweise der FAZ, sie unterstütze Mierschs Vorstoß, „denn wir sollten alles tun, um die Bevölkerung mehr in den Ausbau der Windenergie einzubeziehen“.

Das Alles klingt im ersten Moment ja auch noch durchaus nachvollziehbar. Macht man sich über dieses Belohnungssystem für betroffene Anwohner jedoch einmal ein paar weiterführende Gedanken, dann fällt einem rasch auf, dass das eine echte Schnapsidee ist.

Proteste gegen Bauprojekte in der eigenen Nachbarschaft haben im Deutschland dieser Zeit längst Konjunktur. Egal was konkret geplant wird, die Nachbarschaft hüpft in unseren Breiten fast in jedem Einzelfall direkt auf die Barrikaden.

Eine neue Siedlung, eine weitere Straße, ein Gewerbegebiet? Egal bei welcher konkreten Planung, die Gegner erheben schon im Moment der öffentlichen Vorstellung ihre Stimme und drohen entschlossen mit entsprechenden Klagen, um die Umsetzung zu verhindern. Verzögerungen sind somit garantiert. Das ist in der Praxis nicht nur extrem nervig, das kostet die Vorhabenträger im Regelfall auch ordentlich was, belastet unsere Gerichte zudem mit einer Flut von Klagen.

Die Idee den Protestierenden gegen neue Windkraftanlagen mit einer Art Entschädigung zeitnah und scheinbar elegant entgegenzuwirken liegt also nahe. So könnten sicherlich zahlreiche verärgerte Bürger deutlich besänftigt werden, am Ende von den Planern womöglich in der Summe sogar Geld gespart werden.

Doch sind solche Gedankenspiele natürlich längst nicht auf die derzeit diskutierte Windkraft beschränkt. Warum dann nicht zukünftig auch den Gegnern von Straßen, Gewerbegebieten etc. eine Art ‚Schweigegeld‘ zur Besänftigung zahlen?

Schon der Gedanke daran ist erschreckend. Wo fängt das dann an, wo hört es auf?

Es kann und darf nicht die Lösung sein sich unpopuläre Projekte mit solchen Zahlungen bzw. Vergünstigungen an die betroffenen Nachbarn indirekt zu ‚erkaufen‘. Das wäre nicht nur im Kern unmoralisch, das wäre letztendlich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Fass ohne Boden, das man besser gar nicht erst öffnen sollte.

Dass führende Köpfe der SPD eine solche Idee wie das ‚Windbürgergeld‘ nicht nur vom Grundsatz her unterstützen, eine solche ‚Lösung‘ der Problematik sogar selber auch noch öffentlich vorschlagen, das ist schon ziemlich erschreckend!

 

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ke
ke
4 Jahre zuvor

Ich frage mich nur, ob die Konsequenzen intellektuell nicht erfasst wurden oder ob einfach zu schnell und ohne überlegen aus der Hüfte geschossen wurde. In beiden Fällen sagt dies einiges zum Zustand der Partei aus. Für mich sieht es so aus, dass Frau Esken aktuell in allen Richtungen mit Schrot in die Luft schießt mit der Hoffnung, irgendwo einen Zufallstreffer zu landen.

Sie könnte sich auch auf einige IT- und Bürgerrechts-Themen konzentrieren. In diesen Bereichen verfügt sie über genügend Kenntnisse, und sie schlägt auch die richtige Richtung ein.

Im Bereich erneuerbare Energien fehlt einfach ein Gesamtkonzept. Insbesondere die Stromproduktion ist nur noch chaotisch und wenig effizient.

Als Bürger mache ich es mir einfach. Billig zählt.

discipulussenecae
discipulussenecae
4 Jahre zuvor

"Dass führende Köpfe der SPD eine solche Idee wie das ‚Windbürgergeld‘ nicht nur vom Grundsatz her unterstützen, eine solche ‚Lösung‘ der Problematik sogar selber auch noch öffentlich vorschlagen, das ist schon ziemlich erschreckend!"

Was ist bei der SPD aktuell nicht erschreckend?

Michael
Michael
4 Jahre zuvor

@3
"Was ist bei der SPD aktuell nicht erschreckend?"

Was heißt schon erschreckend? Die SPD unterstützt seit Jahrzehnten ihre Klientel so gut es eben geht, obwohl sich das Kapital dafür nicht besonders erkenntlich zeigt. Aber was soll es, bald ist sie weg vom Fenster.

Arnold Voss
Arnold Voss
4 Jahre zuvor

Es gibt eine besser Lösung. Örtliche Windräder sind mit dem lokalen Energiesystem so zu verknüpfen, dass sie unmittelbar den Anwohnern als günstiger Lieferant dienen und/oder sie als als Mitinvestoren am möglichen Gewinn beteiligen.

discipulussenecae
discipulussenecae
4 Jahre zuvor

@4

Leider sehe ich nicht, um welches Klientel sich die SPD "seit Jahrzehnten" kümmert. Früher waren es mal die einfachen Arbeiter in der Industrie, dann die Facharbeiter und danach der öffentliche Dienst.

Inzwischen ist die Partei nur noch für Akademiker im öffentlichen Dienst sowie ihre eigenen Nachwuchspolitiker zuständig, die außer einer gendergerechten Sprache und parteiinternen Intrigen nichts gelernt haben.

Da sehe ich höchstens eine Kontinuität der Verengung …

Thomas Weigle
4 Jahre zuvor

@ Arnold Voss#5 Klingt erstmal gut. Nur fürchte ich, dass der grüne Studienrat und andere "Besserverdienende" auf so einen "Extraprofit" nicht wirklich angewiesen sind, sich dann sogar als "Märtyrer der guten Sache", inszenieren könnten, die auf einen finanziellen Gewinn verzichten.

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