Zwei neugierige Kartoffeln

Jan Feddersen und Philipp Gessler Foto: Aufbau MZydo


Jan Feddersen und Philipp Gessler haben ein Buch über Identitätspolitik geschrieben. Es ist neugierig, mitfühlend und trotzdem klar in der Erkenntnis.

Kaum erschienen, wurde Jan Feddersens und Philipp Gesslers Buch „Kampf der Identitäten“ zumindest im Geiste bereits ein Preis verliehen: Die „Neuen Deutschen Medienmacher*innen“ (NDM), ein Lobbyverein der Empörungsindustrie, verliehen die „Goldene Kartoffel 2021 für die unterirdische Debatte über Identitätspolitik“. Und unterirdisch ist für NDM alles, was sich nicht ihren Ansichten unterordnet.

Das haben die Journalisten Jan Feddersen und Philipp Gessler allein deshalb schon nicht getan, weil Unterordnung nicht zum Berufsbild des Journalisten passt und die beiden viel zu neugierig sind, um einfach zu folgen. „Identitätspolitik von links ist mehr als nur ein flüchtiges Aufregerthema in der Mediengesellschaft: Sie ist die mächtigste Quelle einer kulturellen Neusortierung zumindest der westlichen Welt.“ schreiben sie zu Beginn des Buches, erklären dann den tatsächlich schillernden Begriff der Identitätspolitik und seine Geschichte und kommen zu dem Schluss, die Identitätspolitik wolle zumindest in ihren Auswüchsen nicht nur bestimmen, wie und mit welchen Wörtern über bestimmte Themen gesprochen wird, sondern auch, welche Themen überhaupt behandelt werden dürfen, welche Positionen noch nicht einmal geäußert werden sollen und wer eigentlich nur schweigen und »lernen« soll. „Das aber halten wir nicht für ein probates Prinzip für eine demokratische Gesellschaft und einen offenen gesellschaftlichen Diskurs.“

Feddersen und Gessler nehmen uns mit auf eine Reise durch die USA, dem Epizentrum der Identitätspolitik, wo aus den aus Frankreich stammenden Ideen der Postmoderne eine autoritäre Ideologie geschmiedet wurde, die nun wieder auf den Kontinent zurückschwappt.    Sie führen uns durch die amerikanischen Universitäten, an denen die vor allem aus der gehobenen Mittelschicht stammenden Studenten oft so wirken, als sei „Verletzlichkeit“ ihr Hauptfach. Triggerwarnungen gehören zum Alltag, auch angebliche Mikroaggressionen werden ernst genommen. Beispiel gefällig? „Greg Patton, Professor für Clinical Business Communication an der Marshall School of Business der University of Southern California, verwendete in einem Kurs, den er seit Jahren gibt, ein Wort in Mandarin, das dem N-Wort phonetisch sehr ähnlich ist. Es ist ein chinesisches Füllwort, dem deutschen »Ähm« vergleichbar. Daraufhin beschwerte sich eine Gruppe von Studierenden bei der Leitung der Business School.“ Er wurde von der Hochschule abgemahnt. Getan hatte er schlicht nichts.

Die Autoren werfen einen Blick auf die Kulturszene, in der ein falsches oder auf einer Zoom-Konferenz dank schlechter Übertragung schlecht zu verstehendes Wort das Karriereende bedeuten kann und eine aufgeregte Meute auf Twitter nicht mehr weiß, dass Autorinnen J. K. Rowling und Margaret Atwood ihre Bekanntheit nicht irgendwelchen Privilegien zu verdanken haben, sondern ihrer Arbeit. Viele der identitätspolitischen Akteure seien nun einmal sehr jung, erklärt der in den USA lebende Schriftsteller Daniel Kehlmann, und oft „nicht sehr literarisch sozialisiert“.

Bei den Medien sieht es nicht viel besser aus, zeigen Feddersen und Gessler: Fast die Hälfte der Redakteure der New York Times traut sich nicht mehr, ihre Meinung zu sagen. Immer mehr Journalisten sähen sich eher als Aktivisten, was von den Lesern auch unterstützt wird. Die Autorin Bari Weiss, welche die New York Times verlassen hat und heute auch für die Welt schreibt, erklärt die schnöden finanziellen Hintergründe dieser Entwicklung: Seit dem Einbruch des Anzeigengeschäfts müssten Medien weniger um Werbekunden, sondern mehr um Digitalabonnenten buhlen – und die seien oft sehr engagiert. „Das führt dazu, dass ein Medium seinen Lesern das gibt, was sie bei der Stange hält.“

Von den USA geht es nach Deutschland. Hier ist die Lage entspannter. Aber klar scheint auch, dass sich das gerade ändert. Zwar können Professoren hierzulande wegen ihres Beamtenstatus nicht so schnell gefeuert werden wie in den USA, aber die Festanstellung ist in Deutschland die Ausnahme: 80 Prozent der Wissenschaftler an den Unis und Fachhochschulen haben Zeitverträge und passen sich dem Zeitgeist an: In den Geistes- und Sozialwissenschaften boomt Identitätspolitik. Wer Stellen und Projektmittel will, tut gut daran, sich dem anzupassen, sagt die in Frankfurt lehrende Ethnologin Susanne Schröter. Als die 2018 eine Veranstaltung zum Thema Kopftuch machen wollte, wurde sie unter Druck gesetzt und Demonstranten protestierten gegen die Diskussionsrunde. Dass Schröter auch Befürworterinnen des Kopftuchs eingeladen hatte, interessierte ihre Gegner nicht. Allein die Debatte störte.

In der deutschen Kulturszene sei Identitätspolitik zwar ein Thema, aber nicht so wirkmächtig. Und in den Medien? Tobt teilweise ein Streit, wie in der taz nach der Veröffentlichung von Hengameh Yaghoobifarahs Müll-Kolumne. Aktivisten und Journalisten in der taz-Redaktion stritten erbittert miteinander. taz-Redakteur Felix Zimmermann, berichten die Autoren, habe in seinem Büro sogar ein Pappschild mit der Aufschrift:“ Kein Fußbreit den Aktivisten! Für 100 % Journalismus in der taz“ angebracht.

Der Reise durch die Territorien des postmodernen Wahnsinns schließt sich ein umfangreicher Analyseteil an. Der freundliche Ton, der das ganze Buch und auch die vielen Gespräche mit Befürwortern und Kritikern der Identitätspolitik bestimmt, tritt in den Hintergrund. Feddersen und Gessler reden nun Tacheles: Schon bei der Frage wer was sagen dürfe, dem sogenannten Sprechort, gehe es vor allem „um Macht durch (behauptete) Opfer-Authentizität.“ Auch die beliebten Farbspielereien seien „nicht selten“ eher ein Zaubertrick, der angewendet wird, wenn es passt: „Mal nehmen wir »weiß« wörtlich, etwa wenn weißen Menschen bedeutet wird, sie hätten nur zu schweigen und zu lernen, sobald PoC von ihren Erfahrungen berichten – dann aber wird beispielsweise betont, der blonde, weißhäutige Deutschtürke sei durchaus eine PoC, nämlich als politische Lesart.“  Die Szene sehe nach dem Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ nahezu jeden als Verbündeten, auch Antisemiten oder radikale Mullahs, der sich gegen den Westen und den Kapitalismus stellt. Die Ablehnung finde allerdings ihre Grenzen, wenn es darum ginge, sich an Fördertöpfen zu bedienen.

In dem Kapitel „Die Untiefen der Trans*-Diskussion“ wird eine Debatte vorweggenommen, die in den USA und Großbritannien mit erbitterter Härte geführt wird und in wenigen Monaten auch Deutschland erreicht, wenn die Ampel das Transsexuellengesetz so ändert, dass bereits 14jährige unabhängig von der Zustimmung ihrer Eltern ihr Geschlecht ändern können. Dahinter steckt die postmoderne Ideologie, dass auch das biologische Geschlecht nur ein gesellschaftliches Konstrukt ist. Das ist naturwissenschaftlicher Unsinn, aber wer sich dieser Ideologie nicht unterwirft und darauf besteht, dass es Frauen gibt und wie J. K. Rowling voller Ironie twittert „‚People who menstruate.‘ I’m sure there used to be a word for those people. Someone help me out. Wumben? Wimpund? Woomud?“ muss mit härtesten Konsequenzen rechnen. Rowlings Bücher brannten.

Feddersen und Gessler stellen fest: „Durch keinen Willensakt der Welt sind die biologischen Fakten (mit ihren psychischen Folgen und gesellschaftlichen Voraussetzungen) aus der je eigenen Wirklichkeit zu tilgen.“ Der Grund, warum viele Jugendliche sich heute als transsexuell bezeichnen, sehen sie in der Homophobie: So würden sich junge Lesben teilweise oft als junge Männer sehen, um nicht als Lesben stigmatisiert zu werden. Befeuert werde der Trend von Kliniken, die an entsprechenden Operationen gut verdienen. Und diese Operationen hätten schwerwiegende Folgen: „Wenn die Brüste oder der Penis erst einmal wegoperiert sind, hilft das große Bedauern später auch nichts mehr. Und eine Frau, deren Eierstöcke entfernt wurden, kann keine Kinder mehr bekommen. Das alles hat dann vielleicht doch eine andere Qualität als ein Tattoo, das man wieder loswerden möchte.“

Jan Feddersen und Philipp Gessler sind Linke, darauf legen sie Wert und man spürt das in jeder Zeile des Buches. Aber sie stehen für ein Linke, die in der Tradition der Aufklärung und des Universalismus steht. Das Stammesdenken der Postmoderne lehnen sie ebenso entschlossen ab wie die Verachtung der Naturwissenschaften, die sich in der Trans-Debatte zeigt.

In 18 Thesen legen die beiden am Ende ihres Buches ihre Ideen für die künftige Entwicklung der Gesellschaft vor. Ideen wie einem nach Geschlecht und Herkunft organisiertem Ständestaat erteilen sie dabei ebenso eine Absage wie der Idee eines in den westlichen Gesellschaften strukturell vorhandenen Rassismus oder der kurz bevorstehenden Machtübernahme durch Rechtsradikale. Sie schreiben der zunehmend postmodernen Linken ins Stammbuch: „Eine Linke, die glaubt, auf den Universalismus erst einmal verzichten zu können, um partikularen Interessen besonderes, privilegiertes Gewicht zu geben, oder ihn gerade nicht nötig zu haben, wird sich auf ihn später auch nicht mehr berufen können. Sie wird ihn am Ende verraten. Denn hier ist, wie so oft in der Gesellschaft, auch der Weg das Ziel: Freiheit, gleiche Rechte, Demokratie und Universalismus lassen sich nicht auf später verschieben. Die westlich orientierten Demokratien brauchen den Universalismus, sie brauchen die Vielfalt wie die Luft zum Atmen, aber nicht die intellektuelle Zwangsjacke einer angeblich linken Identitätspolitik.“

Die Debatte über »Identitätspolitik« in bürgerlichen Medien hätte »rechtsradikale Thesen normalisiert und salonfähig gemacht«, schreiben die Neuen Deutschen „Medienmacher*innen“. Das Buch von Jan Feddersen und Philipp Gessler zeigt, dass diese Aussage nur eines ist: Stuss. „Kampf der Identitäten“ gibt einen Überblick über den Stand der Identitätsdebatte und bezieht klar Stellung. Ein wichtiges Buch, ein kluges Buch.

Jan FeddersenPhilipp Gessler: Kampf der Identitäten
Ch.Links Verlag, 18 Euro

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
34 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
sneaking_beauty
sneaking_beauty
3 Jahre zuvor

„Identitätspolitik von links ist mehr als nur ein flüchtiges Aufregerthema in der Mediengesellschaft: Sie ist die mächtigste Quelle einer kulturellen Neusortierung zumindest der westlichen Welt.“

Wenn man so startet, kann's danach nur bergab gehen…. Das klingt mir mehr nach Obsession als nach einer ernsthaften Auseinandersetzung. "Kulturelle Neusortierung" – ernsthaft?

Ohne das buch zu kennen, ist mindestens folgender Sachverhalt absoluter Schwachsinn:

"Feddersen und Gessler nehmen uns mit auf eine Reise durch die USA, dem Epizentrum der Identitätspolitik, wo aus den aus Frankreich stammenden Ideen der Postmoderne eine autoritäre Ideologie geschmiedet wurde, die nun wieder auf den Kontinent zurückschwappt."

Als die postmodernen Theorien aufkamen, wurden diese gerade von den "new social movements" abgelehnt. Roland Barthes rief den "Tod des Autors" just in dem Moment aus, als afroamerikanische Autorinnen begannen, eine eigenständige Stimme zu reklamieren. Nur weil man beides nicht mag, kann man es nicht in einen Topf werfen.

Darüber hinaus: Ist nicht jede Form von Politik immer auch Identitätspolitik? Als sich die Arbeiterinnen und Arbeiter im 19. Jahrhundert emanzipierten, mussten sie dies durch die Artikulierung ihrer eigenen Interessen tun – weil nur sie davon betroffen waren. Es ist immer leicht, gegen Aktivist*innen zu schießen, wenn man selbst nicht von dem Problem betroffen ist.

Und wegen der Machtübernahme durch Rechtsradikale: Trump hatte im Kabinett und in seinem Umfeld Leute mit Verbindungen zu rechtsextremen Organisation, Modi und Bolsonaro ebenso. In mehreren europäischen Ländern waren rechtsradikale Parteien an Regierungskoalitionen beteiligt. Im Gegensatz zur Identitätspolitik ist das also keine imaginäre Gefahr.

thomas weigle
thomas weigle
3 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin Einige Staaten des Westens haben bspw im ersten Golfkrieg, also Iran/Irak beide Seiten mit Waffen beliefert. Einige Staaten des Westens haben im Irak Chaos und Verwüstung und den IS stark gemacht. Einige Staaten des Westens, darunter unserer, haben Afghanistan dem Chaos überantwortet und tw. ihre Ortskräfte der mörderischen Brutalitä der Taliban überlassen.Uswusf. Mit dieser Form von Aufklärung möchte ich nix zu tun haben. Und ein Land, in dem tw. schon Kids im Vorschulalter an halbautomatische Waffen gelassen werden,wie ich letzt im NTV gesehen haben, in dem viele Millionen an Trump und einen Wahlbetrug glauben, scheint mir in der Breite nicht aufgeklärt zu sein.Und was man so liest in Sachen Trumps Zukunft , macht weiß Gott nicht optimistisch
Ich bin kein Feind des Westens, sondern froh hier zu leben. Das verstellt mir aber nicht den Blick auf die Realitäten.

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

Rechte und linke identitäre Konzepte unterscheiden sich nur im "Geschmack", sie basieren, wie Stefan schon schrieb, nicht nur im gemeinsamen Feindbild, sondern schon in der Konzeption von "Identität" auf denselben Prämissen.

Man kann Gesellschaften auch als "NGO" erodieren, dazu muss man nicht regieren oder im Parlament sein. Das sollte jemanden, der sonst mit "Diskursen und Dispositiven der Macht" hantiert, doch eigentlich vertraut sein?

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

Stefan #2 Nenne es doch einfach die "Vernunft", eine Erkenntnisform alter, toter, weißer Menschen(sic!), die unabhängig davon, ob sie verstandesmäßig, gefühlig oder wohlfühlig Zustimmung findet, interpersonal wahr ist 😉
Transzendentale Reflexion ist nunmal nicht die stärkste Seite der woken warrior 😉
Eine Erkenntnis die selbst den meisten wohlstandsverwahrlosten aufgeklärten, universalen Westlern Freizeitnachdenkern verschlossen bleibt, auch wenn sie ihre eigene (idiotische im Aristotelischen Sinne) Wohlfühlblase ermöglicht hat #scnr

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

#3 Thomas Weigle
"Und ein Land, in dem tw. schon Kids im Vorschulalter an halbautomatische Waffen gelassen werden"
Die Schweiz? 😉

https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/kinder-am-sturmgewehr-schon-10-jahrige-hantieren-mit-scharfer-munition-ld.1483596

Eine der ältesten Demokratien Europas / Willensnation mit einer Milizarmee? #scnr

Mit einem der liberalsten Waffengesetze der Welt und der geringsten Delinquenz, was legale Schusswaffen anbelangt? Echt jetzt?
Wo fast jeder männliche Schweizer Bürger ein Sturmgewehr (SIG550) mit Munition zuhause hat?

Zu den ach so lieben Ortskräften nur EINE der vielen QUALIFIZIERTEN Meinungen aus direkter Anschauung:
https://www.tagesspiegel.de/politik/ex-bundeswehr-oberst-ueber-afghanische-ortskraefte-innerlich-verachten-uns-diese-menschen/27556252.html

Weniger MSM und mehr Kontakt zu (internationalen) Veteranen könnte schmerzhafte Erkenntnisse tätigen 😉

Es war mir eine Genugtuung, dass das (links)medial geschmähte KSK die "Kartoffeln" aus dem Feuer holen musste und konnte … das geht weniger mit Identitären Diskursen, als mit "robuster" Entschlossenheit die FDGO mit seinem eigenen Leben eidgemäss zu verteidigen.

Das Bundesverdienstkreuz für Jens Arlt, stellvertretend für seine Mannschaft(sic!) war mehr als verdient.
https://www.nzz.ch/international/auszeichnung-fuer-general-deutschland-zeigt-mehr-anteilnahme-fuer-seine-armee-ld.1645930

"People sleep peaceably in their beds at night only because rough men stand ready to do violence on their behalf."
George Orwell

Schlaf/träum weiter …

Tolduso
Tolduso
3 Jahre zuvor

#3:
"Mit dieser Form von Aufklärung möchte ich nix zu tun haben."

Hast du auch nicht, da das was dein dramatisches Szenario beschreibt mit dem Terminus "Aufklärung", zumindest im hiesigen Universum, nicht beschrieben wird.

sneaking_beauty
sneaking_beauty
3 Jahre zuvor

#2 Stefan Laurin: "Wie Victor Orban sind auch die Protagonisten der Identitätspolitik große Feinde der Freiheit. Das passt alles sehr gut zusammen, die gemeinsamen Feinde sind der Westen, die Aufklärung und der Universalismus."

Deswegen schmeißt Orbán ja auch eine Universität aus dem Land, weil die ihm zu "kulturmarxistisch" ist – müsste er sie nach Ihrer Logik nicht als Verbündeten im Kampf gegen die Freiheit und den Westen sehen und demnach fördern? Das tut er scheinbar nicht.

Es gibt unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit und sie hängen sehr davon ab, wieviele Möglichkeiten man bereits in die Wiege gelegt bekommt. Für die einen bedeutet Freiheit, auf einer Autobahn 300 km/h zu fahren oder das N-Wort zu benutzen. Andere haben eine viel umfassendere Vorstellung davon und glauben, dass eine gleichberechtige Teilhabe an einer Gesellschaft eine Akzeptanz durch die Mehrheitsgesellschaft voraussetzt. Da sind wir wieder bei den Erfahrungswerten: wer seit seiner Kindheit häufig Diskriminierung erlebt hat, dem kann man nicht einfach erzählen, dass die doch nur mal Kant lesen sollen und dann wird schon alles wird gut.

Und wenn wir Freiheit zu Ende denken, dann verstehe ich Ihren Gram gegen Transsexuelle nicht. Ist es nicht Liberalismus in Reinform, wenn sich ein selbst denkender Mensch aus freiem Willen für eine Geschlechtsumwandlung entscheidet? Ich halte auch diese Dramatisierung für völlig überzogen. Transsexuelle machen weniger als 1 Prozent der Weltbevölkerung aus und diese winzige Gruppe soll den Westen erodieren? Sorry, aber das ist nicht allzuweit entfernt von antisemitischen Verschwörungstheorien, nach denen auch eine Gruppe, die weniger als 1 Prozent ausmacht, heimlich alles steuert.

@ abraxasrgb:
"Rechte und linke identitäre Konzepte unterscheiden sich nur im "Geschmack", sie basieren, wie Stefan schon schrieb, nicht nur im gemeinsamen Feindbild, sondern schon in der Konzeption von "Identität" auf denselben Prämissen."

Von allem, was ich bisher von ihnen gelesen habe, schimmert es durch, dass Sie ein sehr resoluter Anhänger rechter identitärer Konzepte sind. Nach Ihrer eigenen Logik müssten Sie demnach auch der linken was abgewinnen können, aber das tun Sie scheinbar nicht. Wie auch im Falle Orbán sieht man doch daran gut, wie weit entfernt beide Konzepte voneinander liegen.

Mehr Kontakt zu afghanischen Flüchtlingen könnte Ihnen übrigens auch ein paar Erkenntnisse aus direkter Quelle (und nicht aus der boulevardpresse) liefern.

thomas weigle
thomas weigle
3 Jahre zuvor

@6 Die Schweiz mit den USA vergleichen, darauf muss man erst mal kommen. Respekt!!Der Rest ist auch nicht besser. Die KSK hat eben nicht "die Kastanien aus dem Feuer geholt." Sonst hätte der Krieg ein anderes Ende genommen. Das ist sicher nicht die Schuld der Soldaten,sondern lag wohl daran, dass es kein Konzept gab, dass Erfolg versprach. Die Kastanien übrigens, von denen sie so wohlfeil schreiben, haben die Sowjets bereits 1979 ins afghanische Feuer gelegt.Wo die USA-der Feind meines Feindes ist mein Freund- das Mittelalter mit der Waffentechnik des 20. Jahrhunderts fütterten. Vielleicht erinnern sie sich, dass seinerzeit auch ein damals hoffungsvoller CDU-Nachwuchspolitiker mit dem Mittelalter und Kalaschnikoff am Kajberpass posierte. Hat vielen hierzulande gefallen. Heuer ist dieser Kanzlerkandidat gewesen und sicher kein Freund des Westens mehr.
@7 Ich habe die Aufklärung nicht ins Spiel gebracht. Ich habe nur auf .@ Stefan Laurin Bezug genommen,der ja seit Jahren gerne "den Westen und die Aufklärung" in einem Atemzug nennt, wenn er gegen alle schießt,die seine Sicht auf den Westen nicht teilen.

Tolduso
Tolduso
3 Jahre zuvor

#9:
" Ich habe die Aufklärung nicht ins Spiel gebracht"
Das ist irrelevant, ein geradezu lächerlicher "Einwand". Ich beziehe mich auf deinen Kommentar und seinen Inhalt, und nicht was deiner Ansicht nach Laurin seit Jahren angeblich gerne tut.

Also beziehe ich mich oben in #7 konkret auf deine eigenen Worte und Formulierungen wie folgt:
"Einige Staaten des Westens, darunter unserer, haben Afghanistan dem Chaos überantwortet und tw. ihre Ortskräfte der mörderischen Brutalitä der Taliban überlassen.Uswusf. Mit dieser Form von Aufklärung möchte ich nix zu tun haben"

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

Orban hat diese Universität von Soros rausgeschmissen, weil sie von Soros ist. Mit Marxismus hatte die Uni nix am Hut.
Falls Orban wirklich glaubt, daß hinter dem Konzept der Uni Marxismus stecken sollte, hätte er dies gemeinsam mit deutschen Lifestylelinken.
zumindest @sneaking_beauty scheint das ja zu glauben. Annalena scheint auch SorosFan zu sein, und bei der gehe ich nicht davon aus, dass sie was mit Marx im Sinn hat.

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

#9 T Weigle,
dass wir uns missverstehen, kommt ja häufiger vor, deshalb versuche ich noch einmal in einfacher Sprache:
Liberales Waffenrecht bedeutet nicht ursächlich mehr Tote. Die Schweiz ist daher ein sehr gutes Gegen-Beispiel, um den im Text angedeuteten Zusammenhang zwischen jugendlicher Schießausbildung und Schusswaffentoten und liberalem Waffenrecht und Toten durch illegale Schusswaffen.

Übrigens, was sollen denn die ominösen "halbautomatischen" Waffen sein? Hast du eigentlich eine Ahnung, was eine "halbautomatische" Waffe ist und was alles dazu zählt? Kalashnikov oder Kalashnikov übrigens, schreiben wie man spricht ist sogar in der Grundschule wieder vom Lehrplan gestrichen 😉 Ist übrigens ab Werk ein Vollautomat, soweit es sich um die legendäre AK47 handelt 😉 Und somit für Zivilisten in der Schweiz und den USA verboten …

Das KSK wurde von den linkslastigen Medien seit seiner Gründung immer kritisiert. Als es um den missglückten Abzug der letzten deutschen Staatsbürger aus Kabul ging, wurden es eingesetzt. Der Einsatzleiter hat – stellvertretend für seine Kräfte das Bundesverdienstkreuz bekommen. Anfänglich haben dieselben Medien, die das KSK kritisiert haben, verschämt von "Fallschirmjägern" geschrieben, ist ja nicht ganz falsch, aber eben – nun ja, Lückenpresse 😉

Vorher durften deutsche Spezialkräfte in Afghanistan nur zuschauen, wenn SEALS, SAS und andere Kollegen im Einsatz waren. Als Spezialkräfte vorher die letzten Soldaten nach Kabul eskortierten und wieder in Deutschland ankamen, wurden sie von keinem Politiker empfangen. Dann mussten sie wieder dorthin, um das Botschaftspersonal zu retten.

Ich schrieb von Kartoffeln und meinte damit deutsche Staatsbürger (das war jetzt bestimmt für viele manifeste Inländerfeindlichkeit). *Notiz an mich: Ironie ist nicht mehr witzig, wenn sie jeder versteht*

Hatte also alles nix mit der Halbherzigkeit der deutschen Politik in Afghanistan zu tun … mal wieder thematisch falsch abgebogen und mit Vollgas weitergeschrieben …

Das war jetzt hoffentlich einfach genug? *Erklärbar-Modus ausschalt*

Zu dem Thema "Aufklärung" … da gibt es ja von dem lustigen David Graeber einen umfangreichen Schmöker mit der alternativen Geschichtsschreibung, diese sei u.a. als Reaktion auf die ach so tolle "Philosophie" der indigenen Völker in Amerika etc. entstanden. Ich mag ja kreative Ideen, wer also mal eine interessante andere Geschichtsschreibung bzw. etwas spekulative Kulturgeschichte lesen möchte, dem sei das Buch zur Lektüre empfohlen. The Dawn of Everything … ich fand es "inspirierend" 😉

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

#8 sneaking_beauty Jetzt wird es kompliziert, weil meine politische Landkarte mehr als eine Dimension hat … @rechts ist das Gegenteil von links

Der Eindruck, ich sei ein "resoluter Vertreter rechter Konzepte" ist vermutlich der eigenen politischen Perspektive und politischen Selbstkonstruktion als "Linker" geschuldet, was konträre Auffassungen automatisch zu rechten macht. Kann sogar manchmal sein, aber noch viel schlimmer, manchmal habe ich sogar linke Positionen, wenn ich sie für besser halte. Aber dazwischen gibt es noch ca. 42 andere Ausrichtungen, so dass ich manchmal vergesse, woher ich sie geklaut habe.
Übrigens würde mich mal interessieren wann & wo ich rechte Identität Konzepte vertreten hätte. Wobei, wie gesagt, es vorkommen kann, dass ich dieselben Standpunkte wie Identitäre in Detailfragen habe, wie auch mit Linken. Soll ja vorkommen, dass die nicht pauschal blöd sind oder schon die Unwahrheit sagen, wenn sie nur den Mund aufmachen. Das ist mir schlicht zu simpel, um durch die Welt zu kommen.

Ich kenne nur wenige Afghanen persönlich, stimmt. Farsi spreche ich auch nur ein paar Brocken. Dafür habe ich Spezialkräfte und Afghanistan Veteranen in meiner Filterblase und Bekanntenkreis. Habe so etwas in der Art staatlich auch selbst mal gemacht … und bevor jetzt der Pauschal-Fehlschluss "rechts, wusste ich es doch, hah erwischt" kommt: Ein Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen, dafür dass ich muslimische Menschen in ihrem Land vor dem Tod bewahrt habe. War ein bisschen riskanter … als Teddybären am Bahnhof werfen … ich war jung und brauchte das Adrenalin 😉
Boulevardpresse lese ich eigentlich nicht, der Link war nur der erste, der mir in der Suchmaschine passend erschien. Aus Foren zu zitieren bzw. dort zu suchen, war mir ehrlich gesagt für einen Kommentar zu mühselig und aufwändig. Daher mag der Link etwas täuschen …

Walter Stach
Walter Stach
3 Jahre zuvor

-8-
Im "großen und ganzen " einverstanden.

"Es gibt sehr unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit"-sh. -8- einleitend im 3.Absatz.

So ist es.

Und konkret dazu drei Ihre Aussage unterstützenden Anmerkungen meinerseits::

1.
Es geht nicht, zumindest nicht nur. wie von den sog. Libertären "gepredigt, um "Freiheit vom
Staat", sondern gleichermaßen um reale Freiheit in der Gesellschaft, also z.B. um die reale
Freiheit eines Schwarzen in seinem Alltagsleben in Georgia, um reale Freiheit eines Schwulen in
seinem Alltagsleben in Ungarn, um die reale Freiheit eines Unidozenten in seinen Vorlesungen,
um den Buchverleger bei der (Aus-) Wahl von Büchern, die er zu verlegen erwägt, um die reale Freiheit des persönlich und wirtschaftlich abhängigen Arbeitnehmers, um die reale Freiheit von
Frauen in "männerdominierten Gesellschaften", um die reale Freiheit des Harz IV Empfängers in seinem alltägliche Leben, um die reale Freiheit eines Muslims….. .
Das und Ähnliches wäre mitzudenken, wenn über Freiheit diskutiert wird -und zwar grundsätzlich und "zunächst losgelöst" .von dem was dazu die jeweiligen Nomen eines Staates vorgeben.

Wenn "Freiheit vom Staat" eingefordert wird und ein Höchstmaß an realer Freiheit für jedermann verwirklicht werden soll, ist zu fragen, ob dieser "Freiheitsanspruch" davon ausgeht, daß der Mensch ausschließlich Individuum ist oder gleichermaßen auch ein "gesellschaftliches Wesen" – vom letzteres Menschenbild geht das GG aus-. Unterschiedlcie Antworten auf diese Frage führen zu einem unterschiedlcihen Verständnis von Freiheit. Sie führen zu kontroversen Erkenntnisse und Schlußfolgerungen bei allen Diskussionen darüber, ob, in welchem Ausmaß und mit welchen Konsequenzen ein nicht mehr existentes "Wir" und die Dominanz des "Ich" die Gesellschaft prägen.
Das wäre also letztendlcih auch (mit-) zu denken, wenn über Gründe und Ziele aller Identitätsbewegungen gestritten wird. Ich hätte auch sagen können, daß eine Diskussion über Freiheit ohne Diskussion über Verantwortung -gegenüber Staat und Gesellschaft-eine in die Irre führende ist.

In diesem Sinne erscheint es mir zumindest sehr bedenklich, wenn "heutzutage hierzulande" allein das Nachdenken darüber, ob Freiheit vom Staat, Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen nicht einhergehen müßte, "mit dem Selbstverständnis von jedermann als freien Bürgers gegenüber den ihm grundsätzlich obliegenden Pflichten in Gesellschaft und und Staat". Gegenteiliges ist Fall, und das mit zunehmender Tendenz.

3.
Vorstellungen von Freiheit , auch in ihren Unterschiedlcihkeiten, wie ich sie unter 1. und 2. skizziert haben und wie sie regelmäßig den Diskurs hierzulande prägen, sind dem Denken/der Denker eines jüdisch-christlich-humanistich geprägten Kulturkreises geschuldet.
Weltweit gilt das nicht. Folglich können "unsere" Vorstellungen von Freiheit, von Grenzen derselben, von Freiheit und Verantwortung, von "Menschenrechten und Menschenpflchten" nicht als die denkbar einzig richtigen Gesellschaften und Staaten anderer Kulturkreis aufgezwungen werden. Wie "man" in einem anderen Kulturkreis zu denken und zu diskutieren pflegt, wenn es um "Freiheit und Verantwortung", wenn es um Rechte und Pflichten in und für die Gesellschaft geht, wird deutlich in einem Beitrag eines chinesischen Politikwissenschaftlers in DER SPIEGEL Nr. 43/23. 1o. 2021, S.60/61.

sneaking-beauty
Meine o.a. Anmerkungen sind an Sie gerichtet und dienen nur dem Zweck, Ihre Ausage zu unterstreichen, nach der es unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit gibt. Dabei werde ich es "jetzt und hier belassen".
l

der, der auszog
der, der auszog
3 Jahre zuvor

Apropos Uni und rausschmeißen

Was passiert, wenn auf einmal geregelt wird, wie wer über wen zu berichten hat, kann man derzeit sehr gut an der Universität Duisburg Essen (UDE) studieren. Man möchte glauben, die Universitäten in Deutschland seien frei. Dem ist aber offensichtlich nicht mehr so. Heute wollte der Journalist Stefan Aust an der UDE seine Biographie über Chinas Staatschef Xi Jingping vorstellen. Dies wurde aber mit der Begründung abgelehnt, über Xi „dürfe nicht als normalen Menschen gesprochen oder geschrieben werden“. Vermutlich sind die hierzulande viel gefeierten Konfuziusstiftungen ähnliche Marionettenvereine für Xi, wie die Moschevereine der Ditib für Erdogan. Aber vielleicht ist der Westen auch nur wieder selber schuld. Es wird auf jeden Fall spannend sein, wie sich der Rektor der Uni diesbezüglich erklären wird.

Bezüglich China ist von den Antiamerikanisten hier bei den Ruhrbaronen übrigens bislang wenig kritisches zu lesen oder zu hören gewesen. Vermutlich denkt man in Ostwestfalen beim Stichwort China auch eher an Ente Süßsauer, gebackene Banane oder die E23 mit zusätzlich Erdnusssosse als an die permanenten Menschenrechtsverletzungen, die Folteropfer, den Organraub, die Todesstrafen, und Umerziehungslager…

Aber wem es hier nicht passt, der kann ja auch nach Drüben gehen
oder fahren.

Duisburg liegt am Ende der Seidenstraße, und auch mit der Transsibirischen Eisenbahn lässt sich auf atemberaubende Weise durch das Putinreich bis Peking gleiten mit anschließender Sightseeingtour über den Platz des Himmlischen Friedens. Von ein paar Klitzekleinigkeiten abgesehen sind Russland und China wunderschöne Länder…

https://www.spiegel.de/panorama/bildung/uni-duisburg-lesung-an-der-uni-duisburg-wegen-druck-aus-china-abgesagt-a-1fea18ca-8b6d-45ae-9c30-6c2e64684f3d

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

Nachhilfe Beitrag zum Thema (ein!) libertäres Verständnis von Freiheit.
Tim Moen, kanadischer libertärer Politiker hat ein wunderbar griffiges Mem formuliert:

‘I want gay married couples to be able to protect their marijuana plants with guns’

Um das zu verstehen zu können muss man weder schwul, verheiratet, Kiffer, Waffenbesitzer noch libertär sein.

Der dümmste Weg zur Maximierung gesellschaftlicher Freiheit ist die Einschränkung der Freiheiten anderer Menschen z.B. durch Verbote, Sprachregelungen, Gängelungen oder Nudging. Freiheit gibt es immer nur im Plural, das ist trivial, aber anscheinend eine für manche unüberwindbare Denkhürde. Schwieriger scheint das Verständnis dafür zu sein, das Freiheit kein Apfelkuchen ist, dessen eigene Portion kleiner wird, wenn andere Kirschkuchen bevorzugen.

My freedom does not end where Your feelings begin, snowflake ?

Psychologe
Psychologe
3 Jahre zuvor

" taz-Redakteur Felix Zimmermann, berichten die Autoren, habe in seinem Büro sogar ein Pappschild mit der Aufschrift:“ Kein Fußbreit den Aktivisten! Für 100 % Journalismus in der taz“ angebracht."

Selten so gelacht. Vielleicht hätte man Herrn Zimmermann vorher informieren sollen, dass er bei der linken Bild-Zeitung anheuert.
100% Journalismus bei einer Zeitung einzufordern, die sich nie entscheiden kann, ob sie Tageszeitung oder Titanic-Ausgabe sein will, ist schon optimistisch.

sneaking_beauty
sneaking_beauty
3 Jahre zuvor

@#10 Stefan Laurin:
Das überzeugt mich nicht. "Gecancelt" wurde schon immer, auch in der alten BRD. Nur hieß es damals einfach nur "absagen". Und heuer trifft es eben auch mal Konservative und nicht nur Linke.

Erst vor ein paar Wochen kamen hier täglich Artikel, in denen die Absetzung einer jungen Moderatorin gefordert wurde, weil sie vor ein paar Jahren auf Twitter dummer Sachen schrieb. Ist das auch "canceln"? Oder ist "canceln" nur, wenn es die andere Seite betreibt?

Es ist auch widersprüchlich, dem Gegner gleichzeitig Autoritarismus, in Fragen zu Einwanderungs- oder Geschlechterpolitik jedoch zuviel Offenheit vorzuwerfen.

@#12 Helmut Junge: Ich glaube das auch nicht, die European University hat ungefähr soviel mit Marxismus zu tun wie ich mit Ernst Jünger. Unter den "Lifestylelinken" dürfte das ebenfalls niemand denken – unter den Rechten hingegen umso mehr, zumindest wenn man sich ihren aktuellen Diskurs anschaut. So wie historische Nazis stets von "Kulturbolschewismus" schwafelten, reden heutige Neue Rechte vom "Kulturmarxismus". Da werden dann munter Psychoanalyse, Kritische Theorie, Marxismus und Postmodernismus in einem Topf geworfen, unabhängig davon, dass wir es hier mit sehr unterschiedlichen und einander widersprechenden Richtungen zu tun haben (Adorno/Horkheimer waren sehr kritisch gegenüber der Sowjetunion, ebenso lehnten die Postmodernisten die Maoisten und Stalinisten ab).

@ #14 abraxasrgb:
"Übrigens würde mich mal interessieren wann & wo ich rechte Identität Konzepte vertreten hätte."

Ich habe hier schon mehrfach Kommentare von Ihnen gelesen, die sehr pauschal despektierlich gegenüber Zuwanderern waren, auch mit Vokabular, das sonst eher rechtsaußen benutzt wird. Auch verbunden mit einem entsprechenden theoretischen Unterbau, dass die Eliten heimlich an einem Plan arbeiten. Gehe ich zumindest richtig in der Annahme, dass Sie in Fragen zu Einwanderung, Islam, Patriotismus und deutsche Leitkultur näher an AfD und NPD sind als an der CDU oder FDP?

In den Filterblasen hängen wir alle. Umso wichtiger ist es, sich mit Leuten außerhalb des eigenen Tellerrandes zu unterhalten. Mitunter findet man dann heraus, dass die politischen Meinungen außerhalb Europas noch deutlicher auseinanderdriften und im Vergleich dazu die "Twitter wars" in Europa und Nordamerika relativ kuschelig sind.

Ich möchte jetzt auch keinen Schwanzvergleich starten, wer hier wann für wen mehr getan hat. Aber dennoch muss ich darauf hinweisen, dass in der Flüchtlingshilfe meistens ehrenamtlich gearbeitet wird. Die Leute dort machen das aus freien Stücken und in ihrer Freizeit – fehlendes Bundesverdienstkreuz hin oder her.

#15 Walter Stach:
Richtig. Die Vorstellung, nach der die Meinungs- und Redefreiheit die elementarste und wichtigste Freiheit ist, ist auch nur unter einer winzigen Schicht in den USA, Großbritannien und eventuell noch Skandinavien verbreitet. Diese Vorstellung muss man sich halt auch leisten können. Reist man aber nur schon in ärmere Gegenden der EU, gilt dort oft der Spruch "Freedom of speech won't feed my children". Ich habe auch festgestellt, dass gerade Libertäre oftmals überhaupt nicht so libertär sind, wenn es um die freizügige Wahl des Wohnortes geht. Oft vertreten sie nicht mehr als einen Vulgärliberalismus à la "Freiheit ist, dass ich machen kann, was ich will und mich niemand daran hindert".

Tolduso
Tolduso
3 Jahre zuvor

#19:
"Das überzeugt mich nicht."
Das kann vorkommen. Aber was überzeugt denn nicht? Laurin schrieb in #10 lediglich: "Sie verstehen es nicht: Es geht bei beiden Seiten um canceln. Und beide Seiten sind autoritär."

Weiter, als Replik zu dieser Aussage: "Gecancelt" wurde schon immer, auch in der alten BRD".
Das hat aber nichts mit Orban und dieser Uni zu tun, und ist im Kontext des Artikels sachlich falsch.

Weiter: "Nur hieß es damals einfach nur "absagen"
Der "Rauswurf" einer Uni heisst "absagen"? Der Begriff "Cancel Culture" ist für dich ein Synonym für "absagen"?

"Erst vor ein paar Wochen kamen hier täglich Artikel, in denen die Absetzung einer jungen Moderatorin gefordert wurde"
Mir ist keiner bekannt, ich bin erstaunt. Da es ja scheinbar eine Flut solcher Artikel gibt, ist es doch sicher kein Problem für dichmal drei, oder fünf, hier zu verlinken.

"…weil sie vor ein paar Jahren auf Twitter dummer Sachen schrieb"
Was für dumme Sachen waren das denn? Doch nicht etwa Nazi-Sprüche und homophobe Entgleisungen?

"Ist das auch "canceln"?"
Kommt darauf an. Aber geht ja ohnehin um das Phänomen "Cancel Culture".
Was eine gewisse Wirkmächtigkeit, und die Eigenschaft eines soziokulturellen Phänomenes impliziert.

"Oder ist "canceln" nur, wenn es die andere Seite betreibt?"
Nein. Im Kontext einer "Cancel Culture" ist das auch mehr eine Frage der objektiven realen Machtverhältnisse.

"Es ist auch widersprüchlich, dem Gegner gleichzeitig Autoritarismus, in Fragen zu Einwanderungs- oder Geschlechterpolitik jedoch zuviel Offenheit vorzuwerfen."
Nein, ist es nicht. Egal. Wer macht das denn, an welcher Stelle?

thomas weigle
thomas weigle
3 Jahre zuvor

Was die Stalinismus in China und dessen größtes Verbrechen angeht,steht bei in der umfangreichen Literatur zum Thema nur ein Buch, dass sich mit China beschäftigt. Das hat es aber in sich: "Grabstein" von Yang Jisheng. Ist harter Tobak. Er schreibt darin auch, dass die chin. Regierung zwar die selbstgemachte Hungerkatastrophe 58-62 nicht mehr ableugnet, aber klein redet,was die Opferzahl angeht und abstreitet das es zu Kannibalismus gekommen sei. Das Buch habe ich um 2012 erworben. Insofern weiß ich nicht, wie sich Peking heute dazu äußert.
Der Autor schildert auch ein Gespräch zwischen Nikita Ch. und Mao bei der Konferenz der kommunistischen und Arbeiterparteien in Moskau 1957. Mao erläuterte dort seine Absicht,Atom waffen zu bauen. Der Kremchef wies Mao daraufhin, dass die SU der Bau der Atombombe mehr als eine Million Menschenleben gekostet habe, da der Bau u.a.auf Kosten der Nahrungsmittelerzeugung gegangen sei. Mao, ganz der kommunistische Menschenfreund, sinngemäß: Menschen wären das Einzige, an dem kein Mangel in China herrsche.
Den FB-Nutzern rate ich mal bei der JW vorbeizuschauen. Dort steht China hoch im Kurs. Im Gegensatz zu den USA, die ja gerade Taiwan zu recht ihre volle Unterstützung zugesagt haben. Das ist natürlich "us-amerikanische Kriegstreiberei." Immerhin werde ich da nicht blockiert. Das ist doch hochanständig, nicht wahr.

thomas weigle
thomas weigle
3 Jahre zuvor

@Walter Stach Wir haben ja beide in Sachen Freiheit durchaus auch mal unterschiedliche Ansichten. Mir ist in den letzten Tagen eine Äußerung von Popper wieder eingefallen, die da sinngemäß lautet: Wenn die Toleranten die Intoleranten tolerieren, dann führt das dazu, dass als Folge erst die Toleranz und dann die Toleranten verschwinden.Und ganz ehrlich: so tolerant bin ich heuer nicht mehr. Im Sommer 89 oder 90 sollte Singer an der UniDo einen Vortrag halten. Nun ist er ja heftig umstritten in Sachen Eugenik/Euthanasie. Es gab große Aufregung und die Veranstaltung wurde abgesagt. Ich fand das damals schade, es hätte die Chance geboten, sich auch mit den Wurzeln der modernen Eugenik zu beschäftigen, die ja starke Wurzeln im angelsächsichen Raum hat.
Heute sehe ich das anders. In den folgenden 10 jahren war ich Mitglied des Arbeitskreises "NS-Verfolgte" der grünen LWL-Fraktion. Wir beschäftigten uns mit der Geschichte der heutigen Westfälischen Kliniken in den 1000 Jahren-Zwangssterilisation und Kindermorde aus eugenischen Gründen. Eine solche Debatte führt unweigerlich wieder zu solchen Handlungen-Stück für Stück. Nicht zu vergessen auch,dass auch die evangelische Kirche war, die kräftig mitgemischt hat und das Thema schon vor 33 auf der Agenda hatte. In Bethel gab es nicht nur Bodelschwingh, sondern auch solche,die aktiv Kinder aussortierten, Bodelschwingh eher zögerlich, ehe er dann umschwenkte. Das Betheler Krankenhaus Gilead hat sich, kaum war das Gesetz zur Zwangssterilisation in Kraft,sofort schriftlich bei den Behörden als Ort für solche Eingriffe angeboten. Und nach dem Krieg hat Bethel zugesandte Spenden weitergeleitet-an die "Rotjacken" in Landsberg, die dort als verurteilte Kriegsverbrecher auf ihre Hinrichtung warteten.

thomas weigle
thomas weigle
3 Jahre zuvor

Es muss natürlich "zum Thema Stalinismus" heißen und nicht nur "zum Thema".

Walter Stach
Walter Stach
3 Jahre zuvor

Thomas Weigle -22-
"Wir haben ja beide in Sachen Freiheit durchaus 'mal unterschiedliche Ansichten".

Ja, selbstverständlich. Wäre das nicht so, hätten wir beide deshalb Anlass, "unser Freiheitsverständnis" kritisch zu hinterfragen.

Ich habe ergänzend und bestätigend zu Aussagen von sneaking-beauty -8- (sh. ua. dessen Feststellung, "es gibt sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Freiheit-) unter -15- einige Aspekte vorgetragen, die mir bedenkenwert erscheinen, wenn Grundsätzliches zur Freiheit des Menschen, zur Freiheit der Menschen, zu ihren grundsätzlichen und ihren Schranken vorgebracht und diskutiert wird. Dem will ich jetzt und hier nichts hinzufügen.

Tomas Weigle,
die von Dir -22- angesprochene konkrete Problematik bringt mich jedoch dazu, 'mal wieder daran zu erinnern, daß die Verfassungen in Rechtstaaten, z.B das GG-, versuchen, auf der Grundlage des Postulates " Freiheit" allgemeine Rechtsgrundsätze verbindlich für die Gesetzgebung, die ausführende Gewalt und die Rechtsprechung- festzulegen, um so Antworten zu ermöglichen für viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und für staatliche Tuns/Unterlassen finden zu können, wenn es dort jeweils um Inhalte und Schranken von Freiheit geht. Wenn es im Rahmen dieser Verfassungsgrundsätze/Verfassungsregeln dann zu konkreten (Verfassungs-) Rechtstreitigkeiten kommt , die -selbstverständlich sind und immer wieder anstehen, werden diese verbindlich nicht entschieden durch die Medien, durch die Politik, durch Diskussionen bei den Ruhrbaronen, sondern durch unabhängige Gerichte und Richter, letztendlcih durch das BVerfG. Das finde ich "gut so" .U.a. deshalb bin ich ein sog. Verfassungspatriot, also nicht zuletzt wegen des "Umganges" des GG mit Freiheit, mit ihren Inhalten und Schranken und mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für einschlägige Rechtsstreitigkeiten.

Thomas Weigle,
bezogen auf die von Dir angesprochene Problematik erinnere ich an das jüngste Urteil des BVerfG zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Freiheit des Individuums diesem das Recht auf individuelle Selbstbestimmung zugesteht, wenn es um die medizinische Ermöglichung der vom Menschen gewollten Beendigung seines Lebens geht. Alle damit einhergehenden grundsätzlichen Fragen "zum Wesen des Menschen, zu dem, was Freiheit ist und wo und sie im konkreten Falle ihren Inhalt und ihre Schranken findet, sind im entsprechenden Verfahren vor dem BVerFG und durch das Gericht aufgegriffen und diskueirt worden und sie werden vor , während und nach dem entsprechenden Gesetzgebungsverfahen zu diskutieren sein -nicht nur im Bundestag, in den Parteien und Fraktionen, in allen gesellschaftlichen relevanten Gruppen, sondern dann auch hier bei den Ruhrbaronen.

Ich persönlich hoffe sehr darauf, daß alsbald (!!( die neue Bundestagsmehrheit von SPD/Grünen/FDP sich daran machen wird, im Sinne der Vorgaben des BVerfG, damit eine entsprechende gesetzliche Regelung in Kraft treten kann, die nicht auch, sondern vor allem auch in einer solchen Lebenssituation der Freiheit des einzelnen Menschen gegenüber allen anderen bedenkenswerten Rechtsgütern Vorrang einräumt. Leider haben CDU/CSU vor allem in Person von Jens Spahn, in der abgelaufenen Legislaturperiode alles getan, um eine solche, vom BVerfG eingeforderte Entscheidung des Gesetzgebers hinaus zu zögern.

Thomas Weigle,
es wird also und hoffentlich bald u.a. bei den Ruhrbaronen wieder kontrovers über Inhalte und Schranken individuelle Freiheiten zu diskutiert sein. Dann jedoch über Substantielles , über Wesentliches, über Wichtiges, z.B. im Vergleich zu den Diskussionen über Inhalte und Schranken von Freiheit, wenn es um ein Tempolimit, um das Rauchverbot, um das Läuten der Glocken, um den Ruf es Muezzin u.ä. mehr geht.

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

#22 T. Weigle
Die Singer Debatte habe ich "hautnah"miterlebt. Hast du das damals diskutierte Buch "praktische Ethik" gelesen? Singer redet von Euthanasie in einem völlig anderen Begriffsverständnis, um Suizid bzw. eine würdevolle Selbsttötung ethisch zu legitimieren. Also "Euthanasie" als aus dem griechischen stammend "schöner Tod", nicht Massenvernichtung.
Bei der Diskussion um Behinderte ging es um das Recht auf Abtreibung von Eltern.
Singer wurde beworfen, körperlich attackiert … in Deutschland. Als Antisemit diffamiert, wobei er jüdischer Abstammung ist und Angehörige im KZ verloren hat. *Kopf-Tisch-Kopf-Tisch*
Heute Professor für philosophische Ethik in Princeton, hmmm.

Damals habe ich Menschen mit Trillerpfeifen und Plakaten Veranstaltungen und philosophische Seminare sprengend erlebt, die meinten sie müssten ein Buch nicht gelesen haben, um es abzulehnen. Also mit SA-Methoden aus Ignoranz gegen das vermeintlich Böse?

Die ganze(n) Geschichte(n) aus der Zeit habe kürzlich an anderer Stelle wieder gegeben, weil es für mich genau diese Haltung war, die heute Cancel-Culture genannt wird. Sie ist nicht klüger, rationaler oder ernstzunehmender geworden …

Es gab ca. 10 Jahre später eine ähnlich dumme Kampagne gegen den Philosophen Peter Sloterdijk, bei der er mit völlig unhaltbaren Vorwürfen überhäuft wurde (Regeln für den Menschenpark hiess der Vortrag in Schloß Elmnau). Das Muster ist immer identisch und findet sich schon bei Monty Pythons Leben des Brian: Er hat Jehova gesagt, steinigt ihn …
Cancel Culture etc. heute, political correctness damals. Manifeste Gewalt durch physische Angriffe ersetzen keinen Diskurs …

YMMV

Es gibt bei TED einen genialen Talk von Peter Singer zum Thema "reziproker Altruismus", da kann man einiges an philosophischer Argumentation und sehr viel über den Menschen Peter Singer lernen.
Wenn man das überhaupt möchte …

nussknacker56
nussknacker56
3 Jahre zuvor

#19

sneaking_beauty, was Sie hier als „junge Moderatorin“ umschwärmen, ist eine arabische Antisemitin, für die man beim WDR ein liebevoll gewärmtes Plätzchen bereithält. Ich weiß, dass Sie mit dieser Spezies keine Probleme haben, aber dann sollten Sie zumindest dazu stehen und nicht mit Verharmlosungen arbeiten – so viel Offenheit muss sein.

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

#19 sneaking_beauty

Leider komplett daneben getippt.

Ad rem: Die Stellen würde ich gerne lesen, wo ich pauschal gegen Migranten bin?
Ad hominem: Unendlich unwahrscheinlich, denn ca. 70% meiner engsten Familie sind erkennbar nicht-biodeutsch und migrantisch.

Ad rem: Verschwörungstheorien von mir?
Ad hominem: Ich konfrontiere VTler immer mit Hanlon´s Razor, vermute keine VT, wo schlichte oder strukturelle Dummheit zur Erklärung ausreicht 😉

Ad rem: Mein Vokabular lasse ich mir nicht durch Rechte (oder Linke) vorschreiben, ich überlasse denen keine exklusive Besetzung und Deutungshoheit irgendwelcher Begriffe oder Diskurse.
Ad hominem: Na klar bin ich "despektierlich" bzw. polemisch (im antiken Sinne … also mag das robuste Wortgefecht). Das richtet sich meist gegen Kommentatoren und deren myopische Perspektive oder deren, aus meiner Sicht, bornierten Weltsicht und Einseitigkeit. Na und, ich mag Schneeflocken, besonders dann, wenn sie schmelzen. Außerdem komme ich aus dem Ruhrgebiet, hier gilt immer noch, dass man lieber eine gute Freundschaft riskiert, als einen blöden Spruch auszulassen.

Ad rem: Mein Freundeskreis und meine Medienlektüre ist international, aber das gebe ich unumwunden zu, überwiegend in Englisch.
Ad hominem: Völlige Zustimmung, hier in Deutschland ist libertär weitestgehend unbekannt bzw. missverstanden. Vor allem Linke, mit ihrem Gehorsam gegenüber Doktrinen und Mehrheitsmeinungen sehen Libertäre als kompaktes, vollmassives Feindbild, was falscher nicht sein könnte, weil Libertäre sich i.d.R. nicht als untertänige Anhänger einer vorgedachten und vorgeschriebenen Mehrheitsmeinung sehen. Und vor allem nicht als "Gruppe". Jetzt dürfen von mir aus alle anderen Libertären gegen diese Auffassung polemisieren, streiten oder einfach widersprechen. Etikettierungen dienen oft doch nur zur Abgrenzung bzw. Diskreditierung, ich würde mich als politischen Agnostiker bezeichnen 😉

Ad Islam, Einwanderung, Patriotismus und Leitkultur. Warum diese Kombination, wenn sie nicht einfach dümmliche Polemik sein soll. Klar steht es dir frei, mich dort einzuordnen, ist aber komplett falsch.
Islam: Ambivalent, aber nicht pauschal uninteressant. Gilt aber auch für das Christentum, Hinduismus, Konfuzianismus, Daoismus, Judentum, Scientology, Paganismus, Esoterik etc.
Aber einige meiner besten Freunde und einige meiner Expartnerinnen sind / waren Muslime.
Einwanderung: Siehe oben, wobei ich pauschal gegen Merkels katastrophalen Alleingang 2015ff war und immer noch bin und nicht gegen die Menschen, die sie herein gelassen hat. Den Rest könnten wir mal differenziert diskutieren, wenn wir eine Ebene finden, auf der es inhaltlich wird. ich verrate dir aber schon einmal, dass einer der Gründe für meine Ablehnung war, dass es zu einem erstarken von völkischen Stimmen und zu einer Polarisierung der politischen Kultur kommen würde. Ich habe aus Gründen meines Freundeskreises (immer die schwarzhaarigen – lies ausländischen – Besucher) mal die Wohnung bei einem privaten Vermieter vor langer Zeit verloren.
Positive Einwanderung wäre ja mal etwas, vielleicht nach australischem, kanadischen, schweizerischen, neuseeländischen System nach Punkten etc. Aber das hat sich doch für Deutschland längst erledigt, weil wir für die internationale Funktions- und Ausbildunsgelite, die sich ihren Arbeitsplatz global aussuchen kann, ein – leider – völlig uninteressantes Land geworden sind. "Wir" haben in diesem Bereich sogar einen brain drain, statt brain gain.

Das leitet nahtlos zu "Patriotismus" über: Ich mag dieses Land tatsächlich und vieles an seiner Kultur. Da ich auch schon im Ausland gelebt habe, kann ich ein wenig vergleichen. Bedeutet nicht, dass ich es unkritisch sehe, es chauvinistisch überhöhe oder glaube in dem besten Land der Welt zu leben. Ganz im Gegenteil. Ich kann mir immer noch gut vorstellen wieder in einem anderen Land zu leben, aktuell vielleicht sogar mehr denn je.
Leitkultur? C´mon … mir würde schon mal ein deutliches mehr an "Kultur" genügen, da sind die meisten unserer Landsleute nämlich Banausen.
Es gibt bei der AfD politische Positionen, die ich teile, na und? Welche das sind, wirst du vermutlich eher nicht erraten, ich weiss ehrlich gesagt nicht einmal mehr, ob die das immer noch in der Programmatik haben. Die habe ich sogar bei der Linken und bei den Grünen. NPD und CDU gar nicht und die FDP ist mir liberal zu weich gespült. Politik ist für mich nicht nur Parlament und Parteien.
Völkische Rassisten sind mir zuwider (ich gebe zu, dass ich das NPD Programm nicht einmal gelesen habe, aber da glaube ich mal, was man über sie sagt).

Schwanzvergleich mit einer Frau (vermute ich, zumindest biologisch)? Echt jetzt?
Mache ich aber auch mit Männern nicht. War übrigens freiwillig und "ehrenamtlich", sprich amtlich/staatlich und uniformiert, aber ohne Sold. Soweit zum Thema Missverständnis aus Vorurteilen 😉
Wäre ich böse, würde ich jetzt freudianisch mit Penisneid antworten 😉 #scnr

Ich kann aber auch gut damit Leben, für manche Menschen "rechts" zu sein, für mich bedeutet das oft einfach nur rechtsstaatlich. Selbst politische, nicht verbotene, rechte Meinung kann ich mit denen teilen, wie ich es mit linken Meinungen (z.B. Wagenknecht über Lifestyle-Linke, tolles Buch). Ich wurde auch schon mal als links tituliert. Was ich früher übrigens selbstdefiniertermaßen auch mal aktiv war. Nur ein einziges Mal wurde mir öffentlich unterstellt, ich sei ein politisch Grüner. Das fand ich tatsächlich ehrenrührig 😉 Es gibt sogar politisch Grüne in meinem Freundeskreis und in meiner Familie, die politischen Diskussionen mit denen machen mir beinahe den größten Spaß 😉
OK, beruflich passiert mir das – natürlich – häufiger, aber das hat mehr mit dem Inhalt "Sustainability" und "Kreislaufwirtschaft" zu tun.
Versuch dir mal einen Menschen vorzustellen, der weder noch links, sondern sehr geradeaus ist und Spaß an der eigenen Meinung hat, auch wenn sie erklärungsbedürftig ist. Es kann gut sein, dass mein Herz immer noch links schlägt, aber mein Hirn ist nunmal geradeaus.

Lehrer Lempels letzte Fluppe
Lehrer Lempels letzte Fluppe
3 Jahre zuvor

Treffen sich zwei Stalinisten zur Buchbesprechung im Bücherregal von Thomas Weigle Sagt der eine:……………

Thomas Schweighäuser
Thomas Schweighäuser
3 Jahre zuvor

Wie es früher verschlagerte "deutsche Originalaufnahmen" von Welthits gab, so werden heute Bestseller wie Caroline Fourests "Generation beleidigt" von deutschen Autoren noch einmal geschrieben. Tenor beider Bücher: es finden schlimme Sachen statt an einigen amerikanischen Unis, wer weiß, wann auch bei uns.
Hanebüchen indes das Pochen der Autoren auf einen "Universalimus" und die "Vielfalt", welche die westlichen Demokratien ebenso brauchen "wie die Luft zum Atmen". Wenn die Geschichte der westlichen Staaten etwas lehrt, dann die sehr konkrete Schikanierung und Verfolgung von Minderheiten. Verraten wurden nicht "westliche Werte", verraten wurden die "wilden" Streikenden 1973, die Opfer der Pogrome 1991ff., verraten wurden die Opfer des NSU und von Hanau, um nur ein paar zu nennen.

Thomas Schweighäuser
Thomas Schweighäuser
3 Jahre zuvor

@Stefan Laurin: Die Fourest habe ich, da täuscht Ihr Gefühl, gelesen und muss daher, wenn mich mein Gefühl nicht täuscht, das hier beworbene eben nicht lesen.

Thomas Schweighäuser
Thomas Schweighäuser
3 Jahre zuvor

@Stefan Laurin: Nehmen Sie es doch als Kompliment, dass Sie das Buch so gut beschrieben haben, dass eine Lektüre überflüssig geworden ist.

trackback

[…] Mehr zu dem Thema: Zwei neugierige Kartoffeln […]

Werbung