Update, 28.10.2018, 19:50: Die Funktion „entdecken“ ist unter Suche als neunte Kachel doch noch verfügbar. Spotify hat seinen unique selling point also nicht weggeschmissen, nur sehr, sehr gut versteckt.
Dass ein Internet-Unternehmen die Größe von Spotify erreicht und noch nicht von einem der Giganten gekauft wurde, ist selten. Der schwedische Streaming-Dienst scheint entschlossen, ein eigenständiger Betrieb zu bleiben. Im ersten Halbjahr 2018 hatte er mit 36% Marktanteil die Nase deutlich vor Apple Music (19%) und erst recht vor Amazon, Deezer etc. Derzeit tritt mit Youtube Music ein Konkurrent auf den Plan, der Spotify das Fürchten lehren dürfte. Youtube Music bietet wie Spotify eine werbefinanzierte Gratis-Version. Diese hat zwar einige Nachteile, dafür kriegt momentan jeder Youtube-Nutzer den neuen Dienst unter die Nase gerieben, mit einer Reichweite, die ihresgleichen sucht.
Zeit, sich auf seine Stärken zu besinnen? Offenbar nicht. Wenn man Musikfreunde fragt, hört man immer wieder, was Spotify von den anderen Diensten abhebt: die Empfehlungen. Spotify hat einen unschlagbaren Algorithmus, wenn es darum geht, sich neue Musik vorschlagen zu lassen. Der Dienst hat sich zwar um Podcasts und Hörbücher erweitert, aber er ist in der Musik verwurzelt. Bis eben gerade war Spotify der Dienst, den Liebhaber bevorzugten, weil es eben nicht einfach eine Plattform zwischen Video-on-demand, Cloudspeicher und Sockenversand war, sondern etwas, wo der distinguierte Musikfreund Neues entdecken konnte. Es bot auch Playlists mit den Charts, das ganze radiotaugliche Zeug, Möglichkeiten, schnell seichte und allseits beliebte Musik abzuspielen. Aber unter dem Punkt “entdecken” wurden einem Alben angeboten, die selbst bei einem absurden Musikgeschmack wie dem des Autors dieser Kolumne, von geradezu erschreckender Passgenauigkeit waren. Und die ganz offensichtlich nicht davon beeinflusst waren, wieviele Hörer so ein Album hatte (zweistellige Zahlen bei “monatliche Hörer” waren hier keine Seltenheit).
Soviel zu früher. Vor einigen Tagen wurde die Spotify-App aktualisiert. Jetzt gibt es nur noch den Reiter “Start” und hier erwarten einen zwar noch ein paar bekannte Punkte wie “Neuheiten” oder “Dein Mixtape”. Das Gros der persönlichen Empfehlungen ist aber diversen, generischen Playlists gewichen. Die scheinen grob ausgewählt zu sein. Ich kriege zum Beispiel diverse “Metal”-Playlists, aber eben keine, die genau jene abwegigen Spielarten enthalten, die mich interessieren. Die alte Ansicht war zugegebenermaßen verwirrend. Man musste sich erst durch allerlei Unfug navigieren, bis man bei der großartigen “Entdecken”-Ecke angekommen war. Jetzt hingegen gibt es nur noch den Unfug.
Spotify ist jetzt ein Ort für Menschen, die schnell vorsortierte Musik für ihre Party suchen, keiner mehr für Musik-Nerds. Eine Weile kann man so vielleicht den Marktanteil halten. Aber diese Leute dürften kein Problem damit haben, in einem Wimpernschlag zu Youtube, Apple oder Amazon zu wechseln, wenn es dort einen Euro billiger ist. Das sind keine Fans, die die Reputation eines solchen Unternehmens begründen, die seine Community am Leben halten. Schade. Aber so wird vielleicht die Nische für das nächste Start-Up frei, das mir basierend auf meinen Hörgewohnheiten neue Musik empfiehlt (Tipps gerne in die Kommentare!)
Übrigens: am iPad und Desktop ist Spotify noch nicht kaputt, sucht also dort nach neuer Musik, solange es geht.
Der Autor schreibt hier alle zwei Wochen über Musik. Über Musik redet er auch im Podcast Ach & Krach – Gespräche über Lärmmusik.
Ich nutze eher Deezer und Napster, frage mich aber wie es alle Dienste, die ich kenne, nur schaffen, so komische Benutzerführungen zu bauen.
Eigentlich will ich nur bekannte Alben hören. Natürlich auf allen Geräten inkl. Auto.
Dann wären da noch EBooks und Podcasts,aber das bekommen die Musikdienste nicht hin. EBooks und Podcasts will ich einfach nur der Reihe nach abspielen und sie dann verschwinden lassen.
Die Video Portale schaffen es ja so langsam Serien als gesehen zu markieren. Was für eine Meisterleistung.
Die Musics der 3 grossen Player habe ich wieder gekündigt.
Kommen andere mit den Bedien Konzepten klar?